Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird als nichtig aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm den Kinderzuschuß für seine Tochter Margarete K*** über das 26. Lebensjahr hinaus zu gewähren.
Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger einen Kinderzuschuß für die Zeit vom 11. September 1985 bis 25. Juni 1986 im gesetzlichen Ausmaß zu bezahlen und bestimmte eine Durchführungsfrist von 8 Wochen.
Im Berufungsverfahren über die von der Beklagten rechtzeitig erhobene Berufung wurde deren Gleichschrift dem Vertreter des Klägers am 11. Dezember 1986 zugestellt. Am 7. Jänner 1987 langte beim Landesgericht St. Pölten, an das die Rechtssache gemäß § 101 Abs 1 Z 2 ASGG als überwiesen galt, eine Berufungsbeantwortung des Klägers ein. Keiner der beiden Streitteile hatte die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt. Die Berufungsbeantwortung des Klägers ist dem Berufungsgericht nicht vorgelegt worden.
Mit dem angefochtenen Urteil gab das Gericht zweiter Instanz in nichtöffentlicher Sitzung der Berufung der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren in der Fassung des stattgebenden Ersturteils ab. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils, hilfsweise auf Urteilsaufhebung.
Die Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist gemäß § 46 Abs 4 i.V.m. § 101 Abs 2 ASGG zulässig.
Sie ist auch berechtigt.
Auch nach der für das Berufungsverfahren geltenden Rechtslage vor dem 1. Jänner 1987 war dieses zweiseitig (§ 402 Abs 2 ASVG). Gemäß dem nach § 2 Abs 1 ASGG anzuwendenden § 469 Abs 1 ZPO wäre daher die erst nach dem 1. Jänner 1987 eingelangte Berufungsbeantwortung des Klägers dem Berufungsgericht vorzulegen gewesen. Das Gericht zweiter Instanz entschied aber über die Berufung der Beklagten ohne Kenntnis der Berufungsbeantwortung des Klägers. Damit wurde diesem durch einen ungesetzlichen Vorgang im Sinne des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO die Möglichkeit, sich am Berufungsverfahren zu beteiligen, entzogen und ihm auf diese Weise das rechtliche Gehör verwehrt (vgl. zu den Fällen des zweiseitigen Rekursverfahrens SZ 46/93; RZ 1986/48; 7 Ob 674/84; 1 Ob 681/86). Dies mußte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils als nichtig führen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 2 Abs 1 ASGG i.V.m. § 52 ZPO (vgl. Fasching II 356).
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