OGH 8Ob3/87

OGH8Ob3/8711.6.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wider die beklagten Parteien 1) Herbert B***, Schlosser, Muhrhoferweg 1-5/14/1, 1110 Wien, vertreten durch Dr. Ludwig Draxler, Rechtsanwalt in Wien, und 2) Friederike S***, Pensionistin, Wienerherberger Straße 35, 2435 Wienerherberg, vertreten durch Dr. Josef Deitzer, Rechtsanwalt in Schwechat, wegen S 46.099,20 s.A., infolge Rekurses der klagenden und der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 31. Juli 1986, GZ. 16 R 257/85-34, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 20. Mai 1985, GZ. 23 Cg 703/85-11, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere

Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Am 13. Jänner 1984 ereignete sich gegen 23 Uhr im 11. Wiener Gemeindebezirk im Bereich der Kreuzung der Straßenzüge Am Kanal - Weichseltalweg und einer unbenannten Straße hinter dem Zentralfriedhof ein Verkehrsunfall, an dem der Polizeibeamte Günther K*** als Lenker des PKW der Klägerin mit dem Kennzeichen BP 3.618 und der Erstbeklagte als (unberechtigter) Lenker eines KKW der Zweitbeklagten (Ford Taunus, ohne Kennzeichen) beteiligt waren. Der Erstbeklagte, der von dem genannten Polizeibeamten verfolgt wurde, kam mit dem KKW der Zweitbeklagten von der Fahrbahn ab und fuhr durch einen Zaun auf das Gelände einer Grabsteinfirma. Dabei wurden der KKW der Zweitbeklagten, der Zaun und Grabsteine beschädigt. Auch der verfolgende Polizeibeamte kam mit dem PKW der Klägerin von der Fahrbahn ab und fuhr gegen einen Zaunsteher; dabei wurde der PKW der Klägerin beschädigt. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. Mai 1984, 1 c Vr 3441/84-21, wurde der Erstbeklagte unter anderem der Vergehen der unbefugten Inbetriebnahme eines zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichteten Fahrzeuges und des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt verurteilt. Es wurde ihm in diesem Zusammenhang zur Last gelegt, daß er am 13. Jänner 1984 den KKW der Zweitbeklagten ohne deren Einwilligung in Betrieb nahm und daß er an diesem Tag in Schwechat dadurch, daß er als Lenker dieses Fahrzeuges mit hoher Fahrgeschwindigkeit auf den Polizeibeamten Günther K***, der ihm anläßlich einer Verkehrskontrolle mit einem beleuchteten Signalstab (Rotlicht) das Zeichen "Halt" gab, um eine Lenkerkontrolle durchzuführen, so zufuhr, daß der Beamte zur Seite springen mußte, um nicht überfahren zu werden, einen Beamten mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern versuchte.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 46.099,20 s.A. (Reparaturkosten des beschädigten Fahrzeuges der Klägerin) im wesentlichen mit der Begründung, daß der Erstbeklagte am 13. Jänner 1984, ohne im Besitz einer Lenkerberechtigung zu sein, den in der Scheune des von der Zweitbeklagten in Wienerherberg betriebenen Heurigenlokales unversperrt mit steckendem Zündschlüssel frei zugänglich stehenden KKW Ford Taunus L der Zweitbeklagten unbefugt in Betrieb genommen habe. Er sei damit in Richtung Schwechat gefahren, wo er vom PKW N 87.455 die Kennzeichentafeln abmontiert und an dem von ihm benützten Kraftfahrzeug angebracht habe und sei sodann gegen 23 Uhr nach einem Diskothekenbesuch in Margarethen/Moos mittelstark alkoholisiert nach Kledering gefahren. Dort habe ihm der Polizeibeamte Günther K*** in Ausübung seines Dienstes mit der Anhaltekelle Haltezeichen gegeben. Der Erstbeklagte habe diese Zeichen nicht beachtet, sondern sei mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug geflohen. K*** habe mit dem Fahrzeug der Klägerin unter Verwendung von Blaulicht und Folgetonhorn die Verfolgung aufgenommen. Der Erstbeklagte sei unter stetiger Erhöhung seiner Geschwindigkeit bis zu 130 km/h geflüchtet, wobei er zuletzt die unbenannte Straße hinter dem Zentralfriedhof befahren habe. Anläßlich dieses außergewöhnlichen, für Dritte im höchsten Maß gefährlichen Fluchtverhaltens und der aus diesem Verhalten des Erstbeklagten erschließbaren potentiellen Gefährlichkeit sei eine weitere Verfolgung des Flüchtenden trotz des hohen Risikos und der geringen Ortskenntnis des Verfolgers geboten gewesen, weshalb K*** dem Erstbeklagten in hohem Tempo gefolgt sei; er habe sich etwa 50 m hinter diesem befunden. Plötzlich habe er die Bremslichter des flüchtenden Kraftfahrzeuges aufleuchten gesehen; gleichzeitig habe er bemerkt, daß die Straße nicht in gerader Richtung weiter verlaufen sei. Auch K*** habe daraufhin ein Bremsmanöver eingeleitet. Der Erstbeklagte sei frontal durch ein Gitter auf das Grundstück der Grabsteinfirma G*** gefahren, wo er mit dem KKW mehrere Grabsteine zertrümmert habe. Auch K*** habe das Fahrzeug der Klägerin nicht mehr rechtzeitig zum Stillstand bringen können und sei mit dem Einsatzwagen gegen einen Steher des Grundstücksgitters geprallt. Der Erstbeklagte habe in der Folge festgenommen werden können. Der Unfall sei auf das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten des Erstbeklagten zurückzuführen; die Zweitbeklagte habe die Benützung ihres Kraftfahrzeuges durch den Erstbeklagten verschuldet und hafte daher nach § 6 EKHG; im übrigen werde das Klagebegehren auf alle sonst noch erdenklichen Rechtsgründe gestützt.

Über das gegen den Erstbeklagten gerichtete Klagebegehren ist noch nicht entschieden; ein gegen ihn am 26. April 1985 erlassenes Versäumungsurteil (ON 9) wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 8. August 1985 als nichtig aufgehoben (ON 27).

Die Zweitbeklagte wendete im wesentlichen ein, sie sei Eigentümerin des vom Erstbeklagten gelenkten Fahrzeuges gewesen. Es treffe aber nicht zu, daß sie dieses Fahrzeug ungesichert abgestellt habe. Es sei in einer Scheune gestanden, in der landwirtschaftliche Maschinen verwahrt worden seien. Diese Scheune sei nicht von außen zugänglich. Das Tor sei lediglich von innen zu öffnen und zu schließen; es sei verschlossen gewesen. Im übrigen sei das Fahrzeug durch eine Plane abgedeckt gewesen. Der Zündschlüssel sei am Fahrzeug gesteckt, weil der Zweitbeklagten seitens der Gemeinde mitgeteilt worden sei, daß bei Abstellen der Fahrzeuge in der landwirtschaftlichen Betriebshalle die Schlüssel bei den Maschinen zu verbleiben hätten, damit diese im Brandfall unverzüglich aus dem Gefahrenbereich gebracht werden könnten. Das Alleinverschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalles treffe den Lenker des Polizeikraftwagens, der offensichtlich eine überhöhte Geschwindigkeit eingehalten habe. Es sei zu keiner Kollision zwischen dem KKW der Zweitbeklagten und dem Polizeiauto gekommen. Die Zweitbeklagte hafte weder gemäß § 6 EKHG noch für ein allfälliges Verschulden des Polizeibeamten, für den ebenfalls die Bestimmungen der StVO gegolten hätten. Durch die Verfolgung des Erstbeklagten sei eine erhebliche Gefahrenquelle für die Allgemeinheit geschaffen worden. Der Unfall sei lediglich durch die Verfolgung provoziert worden und gehe daher weit über die im EKHG normierte Haftung hinaus. Der Schaden sei nicht durch das Fahrzeug der Zweitbeklagten, sondern erst durch die Verfolgung herbeigeführt worden; schon aus diesem Grund habe die Zweitbeklagte nach den Bestimmungen des EKHG nicht zu haften. Endlich wendete die Zweitbeklagte behauptete Schadenersatzansprüche aus diesem Verkehrsunfall aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung ein, und zwar den an ihrem Fahrzeug eingetretenen Totalschaden in der Höhe von S 25.000,-- und Kosten der beschädigten Grabsteine in der Höhe von S 153.130,--.

Außer Streit steht, "daß das gestohlene Fahrzeug mit steckendem Zündschlüssel in einer von außen versperrten, von innen frei zugänglichen Scheune stand und mit einer Plane zugedeckt war, daß der Erstbeklagte als Heurigengast gemeinsam mit seinen Eltern, die Bekannte der Zweitbeklagten waren, bei der Zweitbeklagten war und daß die Geschwindigkeit des nachfahrenden Polizeibeamten 120 km/h betrug" (ON 10 S 27).

Das Erstgericht wies das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Klagebegehren ab.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Am 13. Jänner 1984 besuchte der Erstbeklagte mit seinen Eltern das Heurigenlokal der Zweitbeklagten in Wienerherberg. Dort nahm er, ohne im Besitz einer Lenkerberechtigung zu sein, den sich in der Scheune des Heurigenlokals befindlichen KKW der Zweitbeklagten unbefugt in Betrieb. Der KKW war unversperrt; der Zündschlüssel steckte. Der Erstbeklagte fuhr zunächst in Richtung Schwechat, montierte dort die Kennzeichentafel eines fremden Autos ab und befestigte sie an dem von ihm unbefugt gelenkten Fahrzeug. Dann besuchte er eine Diskothek; in weiterer Folge fuhr er mittelstark alkoholisiert nach Kledering. Dort führte zu diesem Zeitpunkt die Bundespolizeidirektion Wien in der Klederinger Straße nächst der Gärtnergasse eine "Aktion Planquadrat" durch. Im Zug dieser Aktion gab der Angehörige dieser Behörde Insp. K*** dem Erstbeklagten mit der Haltekelle ein Haltezeichen, welches von diesem jedoch nicht beachtet wurde.

Deshalb nahm der Sicherheitswachebeamte mit dem bundeseigenen PKW unter Verwendung von Folgetonhorn und Blaulicht die Verfolgung des Erstbeklagten auf. Dieser erhöhte daraufhin seine Geschwindigkeit und es entwickelte sich in weiterer Folge innerhalb des Ortsgebietes von Kledering eine regelrechte Verfolgungsjagd zwischen dem Erstbeklagten und dem Sicherheitswachebeamten, wobei mindestens eine Geschwindigkeit von 120 km/h erreicht wurde. Obwohl der Polizeibeamte wenig Ortskenntnis besaß, folgte er dem Zweitbeklagten stets in diesem hohen Tempo mit einem Abstand von ca. 50 m.

An der Kreuzung Weichseltalweg - Am Kanal - unbenannte Straße konnten weder der Erstbeklagte noch der Sicherheitswachebeamte infolge der weitaus überhöhten Geschwindigkeit erkennen, aß die Straße dort nicht mehr in gerader Linie weiterverlief. Beide leiteten ein Bremsmanöver ein, konnten jedoch die von ihnen gelenkten Fahrzeuge nicht mehr rechtzeitig zum Stillstand bringen. Der Erstbeklagte fuhr frontal durch ein Gitter auf das Grundstück der Grabsteinfirma G*** und zertrümmerte dabei auch einige Grabsteine; der Sicherheitswachebeamte prallte mit seinem Einsatzwagen gegen den Steher des Grundstücksgitters. Beide Fahrzeuge wurden bei diesem Unfall schwer beschädigt. In der Folge wurde der Erstbeklagte festgenommen und zu 1 c Vr 3441/84 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien rechtskräftig verurteilt.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die Zweitbeklagte den Zündschlüssel am Fahrzeug stecken gelassen und es überdies unversperrt abgestellt habe; hiedurch habe sie die unbefugte Inbetriebnahme des Kraftfahrzeuges erst ermöglicht. Sie hafte daher gemäß § 6 EKHG grundsätzlich neben dem Benützer für den Ersatz des durch die unbefugte Benützung des Kraftfahrzeuges entstandenen Schadens. Im vorliegenden Fall sei aber der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Schadensverursachung und Schadenseintritt unterbrochen. Denn das schädigende Ereignis sei allein auf das Eingreifen des Sicherheitswachebeamten, auf das die Zweitbeklagte keinen Einfluß gehabt habe und mit dem sie nach den Erfahrungen des täglichen Lebens und dem gewöhnlichen Ablauf der Dinge nicht rechnen habe können, ausgelöst worden. Lenker eines Einsatzfahrzeuges müßten grundsätzlich gemäß § 26 StVO auch bei der Verfolgung von Personen, die sich im Straßenverkehr rechtswidrig verhielten, bei der Wahl ihrer Geschwindigkeit auf die konkreten Verhältnisse Bedacht nehmen. Selbst die Verwendung des Blaulichtes erlaube die Verletzung von Verkehrsvorschriften, die dem Schutz der Allgemeinheit dienten, nicht. Keinesfalls dürfe es auf Grund einer Verfolgung mit einem Einsatzfahrzeug zu einer Gefährdung oder gar Beschädigung bzw. Verletzung von Personen oder Sachen kommen. Erschwerend sei zudem, daß der Polizeibeamte über keinerlei Ortskenntnis verfügt habe und, statt diesem Umstand Rechnung zu tragen, mit mindestens 120 km/h durch das Ortsgebiet von Kledering gerast sei. Der Schadenseintritt könne infolge des unverständlichen Verhaltens des Sicherheitswachebeamten der Zweitbeklagten nicht zugerechnet werden. Es könne von Glück gesprochen werden, daß das Verhalten des Sicherheitswachebeamten nur Sachschaden verursacht habe.

Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluß Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht führte im wesentlichen aus, es sei gleich dem Erstgericht der Ansicht, daß die Zweitbeklagte ihren KKW unzureichend verwahrt habe und sie daher die Haftung für Betriebsunfälle mit dem vom Erstbeklagten in Betrieb genommenen Fahrzeug weiterhin treffe (§ 6 EKHG).

Der Kausalzusammenhang zwischen der unbefugten Inbetriebnahme des KKW der Zweitbeklagten und dem Unfallsgeschehen durch die Verfolgung des Erstbeklagten durch den Sicherheitswachebeamten sei nicht unterbrochen worden. Kausal sei nach der Äquivalenztheorie jeder Umstand, ohne den der schädigende Erfolg nicht eingetreten wäre. Demnach sei die unbefugte Inbetriebnahme des KKW durch den Erstbeklagten Bedingung für den Anhalteversuch des Sicherheitswachebeamten und dieser die Bedingung für die Flucht des Erstbeklagten, die die Bedingung für die Verfolgung und diese wieder die Bedingung für die Fortsetzung der Flucht und Erhöhung der Fluchtgeschwindigkeit sei; letztere sei aber die Bedingung für den Unfall. Durch die Willensbetätigung des Sicherheitswachebeamten, die Verfolgung aufzunehmen, sei die Kausalkette nicht unterbrochen worden; der Entschluß zur Verfolgung sei vielmehr eine Reaktion auf die Flucht des Erstbeklagten vor der Kontrolle, sodaß durch sie überhaupt erst die Situation geschaffen worden sei, die die Willensbetätigung des Sicherheitswachebeamten ausgelöst habe. Es liege demnach ein Fall von psychischer Kausalität vor. Die Grenze, bis zu der dem Verursacher eine Haftung für die Folgen seiner Handlung zugemutet werden könne, werde durch die Adäquanz bestimmt. Hienach bestehe eine Haftung für alle Folgen eines schuldhaften Verhaltens, mit denen in abstracto gerechnet werden mußte; sie bestehe nur nicht für einen atypischen Erfolg. Es genüge dabei, daß die generelle Eignung einer Ursache, den Schaden herbeizuführen, von jedem vernünftigen Menschen erkannt werden konnte - möge auch die Einzelfolge gerade nicht erkennbar gewesen sein -, wenn sie nur nicht außerhalb der allgemeinen menschlichen Erfahrung liege. Die Adäquanz zwischen Flucht, Verfolgung, überhöhter Geschwindigkeit und Unfall sei gegeben; sie wäre nur dann weggefallen, wenn nach der Flucht mit der Verfolgung und auf Grund der Verfolgung mit der überhöhten Geschwindigkeit und dem Unfall nach der Lebenserfahrung, also objektiv, nicht zu rechnen gewesen wäre.

Aber auch der Rechtswidrigkeitszusammenhang sei gegeben. Der Erstbeklagte, der die Haltezeichen des Sicherheitswachebeamten mißachtet habe und geflüchtet sei, habe gegen § 97 Abs. 5 StVO verstoßen und damit rechtswidrig gehandelt. Der Sicherheitswachebeamte habe zwar grundsätzlich selbstverantwortlich den Entschluß zur Verfolgung des Flüchtenden getroffen, der als solcher aber wegen des öffentlichen Interesses an der Feststellung von Verkehrssündern rechtmäßig gewesen sei. Er habe sich auch hiezu herausgefordert fühlen dürfen, weil der Erstbeklagte durch seine Flucht ohne Notwendigkeit eine Gefahr realisiert habe, die gerade im Schutzbereich der verletzten Norm gelegen sei. Die Haftung für den Unfall sei daher dem Erstbeklagten zuzurechnen.

Allerdings habe der Erstbeklagte das Verschulden nicht allein zu tragen, weil eine Verfolgung nur dann im Interesse der Allgemeinheit liege, wenn eine Interessenabwägung ergebe, daß die durch die Verfolgung gefährdeten Güter höher zu bewerten seien als die durch sie zu wahrenden Interessen. Eine solche Diskrepanz hätte der Sicherheitswachebeamte schon deshalb erkennen können, weil er insbesondere als Ortsunkundiger im Ortsgebiet eine Geschwindigkeit von 120 km/h eingehalten habe, wiewohl ihm bewußt sein habe müssen, daß das organisch gewachsene Straßennetz einer Ortschaft nicht nur aus geradlinig geführten Fahrbahnen bestehe. Das Mitverschulden des verfolgenden Sicherheitswachebeamten wiege unter den aufgezeigten Prämissen gleich schwer. Das Verschulden sei daher im Verhältnis von 1 : 1 aufzuteilen.

Da das Erstgericht weder Feststellungen über die Höhe des Schadens der Klägerin noch über die Gegenforderung getroffen habe, werde es im fortgesetzten Verfahren die entsprechenden Beweise aufzunehmen und sodann neuerlich zu entscheiden haben. Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richten sich die Rekurse beider Streitteile. Die Klägerin beantragt, "in Stattgebung ihres Rechtsmittels dem Berufungsgericht aufzutragen, unter Abstandnahme von der geäußerten Rechtsansicht, die Republik Österreich habe ein Mitverschulden im Ausmaß von 50 % zu prästieren, nach Verfahrensergänzung neuerlich zu entscheiden". Die Zweitbeklagte beantragt, "die angefochtene Entscheidung zu beheben und in Wiederherstellung des Urteiles erster Instanz das Klagebegehren kostenpflichtig abzuweisen; in eventu das Urteil des Obersten Gerichtshofes im aufgezeigten Sinn derart abzuändern, daß ein meßbares Verschulden der beklagten Partei nicht festgestellt werde bzw. eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 1 : 5 zugunsten der beklagten Partei vorgenommen werde".

Die Zweitbeklagte hat eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag erstattet, dem Rekurs der Klägerin keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rechtsmittel sind im Ergebnis insoweit unberechtigt, als es bei der aufhebenden Entscheidung des Berufungsgerichtes zu verbleiben hat; allerdings kann den Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes nicht im vollen Umfang beigetreten werden. Entscheidend für die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreites ist zunächst die Frage, ob der Erstbeklagte dem Grunde nach für den von der Klägerin geltend gemachten Sachschaden zu haften hat. Zur Frage der sogenannten "Verfolgungsschäden" besteht, soweit überschaubar, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. In der österreichischen Literatur wird dazu in zum Teil sehr unterschiedlicher Weise Stellung genommen (siehe dazu etwa Koziol, Haftpflichtrecht2 I 61, 98 f., 158, 171 f; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 10 zu § 1295; Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 18 zu § 1295; Wagner, Zur Haftung aus Verfolgungsjagden in JBl. 1984/525 ff). Nach Rechtsprechung und Lehre in der BRD hat der Flüchtende zumindest bei bestimmten Konstellationen Verfolgungsschäden zu tragen; als maßgebend dafür wird im wesentlichen angesehen, daß sich der Verfolgende in der gewählten Art und Weise zum Handeln herausgefordert fühlen durfte (siehe dazu Wagner aaO und die dort von ihm zitierte deutsche Lehre und Rechtsprechung). Der erkennende Senat bejaht im vorliegenden Fall die Haftung des Erstbeklagten für den der Klägerin entstandenen Sachschaden (Fahrzeugschaden) dem Grunde nach aus folgenden Überlegungen:

Gemäß § 1295 Abs. 1 ABGB ist jedermann berechtigt, vom Beschädiger den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, zu fordern. Das Verhalten des Erstbeklagten, das zu seiner Verfolgung durch einen Sicherheitswachebeamten mit dem Einsatzfahrzeug der Klägerin führte, war zunächst rechtswidrig und schuldhaft. Die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ergibt sich insbesondere aus der Vorschrift des § 97 Abs. 5 StVO, die ihn verpflichtete, der Aufforderung des Sicherheitswachebeamten zum Anhalten Folge zu leisten. Daß sein Verhalten schuldhaft war, ergibt sich im Sinne des § 268 ZPO für das Zivilgericht bindend aus seiner strafgerichtlichen Verurteilung wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Im Sinne der herrschenden Adäquanztheorie (ZVR 1977/238; ZVR 1980/16; ZVR 1983/19 uva.) ist die juristische Kausalität zwischen dem rechtswidrigen und schuldhaften Fehlverhalten des Erstbeklagten und der Beschädigung des Fahrzeuges der Klägerin, mit dem der Sicherheitswachebeamte die Verfolgung des Erstbeklagten aufnahm, nicht zu bezweifeln. Denn mit der Verfolgung des flüchtenden Erstbeklagten durch einen Sicherheitswachebeamten mit einem Einsatzfahrzeug der Klägerin mußte nach der Lage des Falles in abstracto gerechnet werden; bei der Beschädigung dieses Fahrzeuges der Klägerin handelt es sich keinesfalls um einen atypischen Erfolg. Das dem Sicherheitswachebeamten erkennbare Fehlverhalten des Erstbeklagten erschöpfte sich nicht darin, daß er der Aufforderung zum Anhalten nicht Folge leistete; er fuhr auch auf den Sicherheitswachebeamten so zu, daß dieser zur Seite springen mußte, um nicht überfahren zu werden; damit setzte der Erstbeklagte den strafgerichtlich zu ahndenden Tatbestand des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Der Sicherheitswachebeamte war unter diesen Umständen nicht nur berechtigt, sondern im Sinne des § 24 Abs. 1 StPO verpflichtet, die Maßnahmen zu treffen, die zur Aufklärung der Sache dienen und die Flucht des Täters verhindern konnten. Zu diesem Zweck kam primär die Verfolgung des flüchtenden Erstbeklagten durch den Sicherheitswachebeamten mit dem ihm zur Verfügung stehenden Einsatzfahrzeug der Klägerin in Betracht. Der erkennende Senat vertritt die Rechtsansicht, daß von dem verfolgenden Sicherheitswachebeamten eine Beurteilung der Frage, ob das vom Flüchtenden verletzte Rechtsgut die Aufnahme einer Verfolgung mit den damit verbundenen Gefahren rechtfertigt, schon deswegen nicht verlangt werden kann, weil er in der Regel ja gar nicht weiß, welche Rechtsgüter von einem Flüchtenden (außer einer Mißachtung der Aufforderung zum Anhalten) verletzt wurden. Hat der Sicherheitswachebeamte hinreichende Gründe für die Annahme, daß der Flüchtende in der im § 24 Abs. 1 StPO beschriebenen Weise straffällig geworden sein könnte - und dies traf im vorliegenden Fall bezüglich des Erstbeklagten ohne jeden Zweifel zu -, dann hat er im Sinne dieser Gesetzesbestimmung vorzugehen, wozu auch die Verfolgung eines Flüchtenden mit einem Kraftfahrzeug gehört. Das notwendige Regulativ für das Verhalten des Sicherheitswachebeamten in diesem Zusammenhang bilden die Vorschriften des § 26 Abs. 2 und Abs. 3 StVO; eine weitere Rechtsgüterabwägung ist von ihm nicht zu verlangen.

Es trifft sicher zu, daß der Schutzzweck der Vorschrift des § 97 Abs. 5 StVO nicht unmittelbar darin liegt, eine Beschädigung des verfolgenden Fahrzeuges zu vermeiden. Der Erstbeklagte schuf aber durch seine von der Rechtsordnung verpönte Flucht eine eminente Gefahrenlage - unter anderem für seinen Verfolger - und war daher schon nach dem in der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz, daß jeder, der eine Gefahrenquelle schafft, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen hat, um eine Schädigung anderer nach Tunlichkeit abzuwenden (SZ 30/22; SZ 37/97; SZ 55/180 uva.), verpflichtet, ein Verhalten zu setzen, durch das diese Gefahrenlage wieder beseitigt wurde. Dieses konnte nur in der alsbaldigen Aufgabe seines Fluchtversuches bestehen; dazu war der Erstbeklagte jederzeit in der Lage. Solange er aber diese durch seine Flucht geschaffene Gefahrenlage für den Verfolger aufrecht erhielt, verletzte er diese auch dem Schutz seines Verfolgers dienende Rechtspflicht und erscheint es daher sachlich gerechtfertigt, ihn auch mit der Haftung für einen Schaden am verfolgenden Kraftfahrzeug der Klägerin zu belasten (im Ergebnis ähnlich Wagner aaO).

Dabei muß sich die Klägerin allerdings ein allfälliges Mitverschulden des ihr Fahrzeug lenkenden Sicherheitswachebeamten anrechnen lassen.

Die im § 26 Abs. 2 erster Satz StVO vorgesehene Entbindung des Lenkers eines Einsatzfahrzeuges von allen nicht im Abs. 3 dieser Gesetzesstelle erwähnten Verkehrsverboten oder Verkehrsbeschränkungen erlaubt im Hinblick auf das im § 26 Abs. 2 zweiter Satz StVO verankerte Gebot der Vermeidung der Gefährdung von Personen oder der Beschädigung von Sachen nicht eine völlig ungehemmte Art der Lenkung eines Einsatzfahrzeuges. Auch wenn der Lenker eines solchen Fahrzeuges nicht an die Geschwindigkeitsbeschränkung des § 20 Abs. 2 StVO gebunden ist, hat er dennoch die Wahl seiner Fahrgeschwindigkeit unter Bedachtnahme auf die Entbindung der Einsatzfahrzeuge von sonstigen Verkehrsbeschränkungen den konkreten Verhältnissen anzupassen (8 Ob 192/77; ZVR 1983/295; 8 Ob 224/83 ua.). Dieser Verpflichtung ist im vorliegenden Fall der verfolgende Sicherheitswachebeamte nicht nachgekommen, wenn er mit dem Einsatzfahrzeug der Klägerin eine solche Geschwindigkeit einhielt, daß er dem Fahrbahnverlauf nicht mehr folgen konnte, infolge der den örtlichen Verhältnissen nicht angepaßten Geschwindigkeit von der Fahrbahn abkam und mit dem Fahrzeug der Klägerin gegen einen Zaunsteher fuhr.

Die Abwägung des dem Erstbeklagten und dem ihn verfolgenden Sicherheitswachebeamten anzulastenden Verschuldens ergibt ein eindeutiges Übergewicht des Verschuldens des Erstbeklagten. Denn er war es, der durch sein von der Rechtsordnung verpöntes Verhalten die Notwendigkeit seiner Verfolgung selbst herbeiführte und der seine Flucht in sehr gefährlicher Weise fortsetzte, obwohl er sie jederzeit aufgeben hätte können, während dem verfolgenden Sicherheitswachebeamten in Ausübung seines Dienstes eine aus der gegebenen Situation verständliche Fehleinschätzung darüber unterlief, welche Geschwindigkeit er mit dem verfolgenden Fahrzeug ohne Gefahr der Beschädigung von Personen oder Sachen noch einhalten konnte. Wenn dieses Fehlverhalten des verfolgenden Sicherheitswachebeamten schon wegen der von ihm zu fordernden besonderen Sachkenntnis und wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Vorschrift des § 26 Abs. 1 zweiter Satz StVO auch nicht vernachlässigt werden kann, wird es doch unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen durch das Gewicht des dargestellten Fehlverhaltens des Erstbeklagten derart überwogen, daß eine Verschuldensteilung im Ausmaß von 1 : 4 zu Lasten des Erstbeklagten gerechtfertigt erscheint. Die Klägerin hat daher gegen den Erstbeklagten Anspruch auf Ersatz von 80 % der Reparaturkosten ihres beschädigten Fahrzeuges.

Sodann ist zu prüfen, ob die Zweitbeklagte der Klägerin gegenüber für die Erfüllung dieser Verpflichtung des Erstbeklagten haftet.

Gemäß § 6 Abs. 1 EKHG haftet der Halter neben dem Schwarzfahrer für den Ersatz des Schadens, wenn die Benützung des Kraftfahrzeuges durch sein oder der Personen Verschulden ermöglicht worden ist, die mit seinem Willen beim Betrieb des Kraftfahrzeuges tätig waren. Nach dieser Gesetzesstelle haftet der Halter nach Haftpflichtrecht für Schwarzfahrten, wenn sich sein Verschulden in der Ermöglichung der Benützung des Kraftfahrzeuges erschöpft. Es handelt sich hier um eine reine Gefährdungshaftung mit den Rechtsfolgen des EKHG (ZVR 1979/127; ZVR 1981/192 uva.). Hat das Verschulden des Halters aber eine darüber hinausgehende Bedeutung, insbesondere dann, wenn er eine Schutzvorschrift im Sinne des § 1311 ABGB verletzt (so die sinngemäß auch auf den Halter anzuwendende - ZVR 1975/117; ZVR 1981/221 ua. - Vorschrift des § 102 Abs. 6 KFG) und die Allgemeinheit unmittelbar gefährdet (ZVR 1979/127; ZVR 1981/191 uva.), dann haftet er für die Folgen der Schwarzfahrt nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes. In beiden Fällen muß zwischen dem Verschulden des Halters und dem eingetretenen Schaden kein adäquater Zusammenhang bestehen; es genügt, daß ein solcher Zusammenhang zwischen dem Verschulden des Halters und der Benützung des Fahrzeuges zur Schwarzfahrt besteht (ZVR 1978/78; ZVR 1981/221 ua.).

Im vorliegenden Fall ist die Zweitbeklagte ihrer aus § 102 Abs. 6 KFG abzuleitenden streng auszulegenden (ZVR 1979/127; ZVR 1981/221 ua.) Verwahrungspflicht in keiner Weise nachgekommen, wenn sie ihren KKW nach den Feststellungen der Vorinstanzen mit steckendem Zündschlüssel in fahrbereitem Zustand in einer von ihrer Liegenschaft aus frei zugänglichen und zu öffnenden Scheune so verwahrte, daß er, wie der hier zu beurteilende Vorfall zeigt, von jedem Unbefugten ohne ernstliches Hindernis in Betrieb genommen werden konnte. Da dies noch dazu im Rahmen eines Heurigenbetriebes geschah, wobei die Zweitbeklagte in verstärktem Maße mit der Möglichkeit eines Zugriffes alkoholisierter oder zumindest durch Alkoholgenuß beeinträchtigter Gäste auf dieses Fahrzeug rechnen mußte, hat die Zweitbeklagte im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes für den dem Erstbeklagten anläßlich seiner Schwarzfahrt zuzurechnenden Schaden einzustehen. Selbst dann, wenn sie nur nach den Bestimmungen des EKHG zu haften hätte, bestünde im vorliegenden Fall kein Zweifel an ihrer Haftung für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden. Denn für die Annahme eines Betriebsunfalles im Sinne des § 1 EKHG ist nicht erforderlich, daß ein Schaden durch eine Berührung mit einem in Betrieb befindlichen Kraftfahrzeug herbeigeführt wurde;

maßgebend ist, daß der Schaden auf eine adäquate Ursache zurückzuführen ist, die ein in Betrieb befindliches Kraftfahrzeug gesetzt hat und die mit dem Betrieb zusammenhängt (ZVR 1981/254;

ZVR 1982/361). Dies ist hinsichtlich eines im Zuge einer Verfolgung an einem verfolgenden Fahrzeug eingetretenen Schadens durchaus zu bejahen.

Dies führt zu dem Ergebnis, daß die Zweitbeklagte zur ungeteilten Hand mit dem Erstbeklagten und im gleichen Umfang wie dieser der Klägerin für den an ihrem Fahrzeug eingetretenen Schaden haftet.

Was allerdings die von der Zweitbeklagten eingewendeten Gegenforderungen betrifft, ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, daß gegen die Erhebung eines privatrechtlichen Anspruches eines Rechtsträgers im Sinne des AHG ein Mitverschuldenseinwand des Beklagten aus einer hoheitlichen Tätigkeit ohne Durchführung eines Aufforderungsverfahrens nach dem AHG ebenso zuzulassen ist wie die prozessuale Aufrechnung mit einer Gegenforderung aus einem Verhalten von Organen des klagenden Rechtsträgers ohne Einhaltung der verfahrensrechtlichen Ausnahmebestimmungen des AHG (Schragel, Kommentar zum AHG Rz 248, 259; SZ 51/7; SZ 55/18).

Die von der Zweitbeklagten aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen sind aber aus rechtlichen Gründen jedenfalls unberechtigt. Es handelt sich dabei um Ersatzforderungen für Schäden, die am Fahrzeug der Zweitbeklagten entstanden bzw. von diesem Fahrzeug verursacht wurden. Wie oben dargestellt, hat der den Erstbeklagten verfolgende Sicherheitswachebeamte der Vorschrift des § 26 Abs. 2 zweiter Satz StVO zuwidergehandelt, weshalb sich die Klägerin den Abzug eines diesem Mitverschulden des verfolgenden Beamten entsprechenden Teiles von ihrem Schadenersatzanspruch gefallen lassen muß.

Der Schutzzweck dieser Bestimmung liegt aber eindeutig nur darin, die Schädigung von Personen oder Sachen durch das verfolgende Fahrzeug zu verhindern, nicht aber darin, die Zufügung von Schäden durch das flüchtende Fahrzeug zu vermeiden. Denn der Lenker dieses Fahrzeuges bleibt ja ohnehin an die allgemeinen Verkehrsvorschriften gebunden und kann überdies, wie bereits ausgeführt, durch Abstehen von seiner durch die Rechtsordnung verpönten Flucht jederzeit die Entstehung einer besonderen Gefahrenlage vermeiden oder eine solche beseitigen. Ein spezifischer Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Schutzvorschrift des § 26 Abs. 2 zweiter Satz StVO und eingetretenen Schäden besteht daher nur insoweit, als solche Schäden durch das verfolgende Fahrzeug unmittelbar, sei es gegenüber dem Verfolgten oder gegenüber Dritten, verursacht wurden, nicht aber insoweit, als der Lenker des verfolgten Fahrzeuges selbst derartige Schäden herbeiführt, ohne daß der Verfolger dazu in anderer Weise als durch die Tatsache der Verfolgung an sich beigetragen hat. Drängt also etwa der Verfolger den Verfolgten von der Fahrbahn ab und entsteht dadurch ein Schaden, dann wird diese unmittelbare Einwirkung noch vom Schutzzweck der Norm des § 26 Abs. 2 zweiter Satz StVO umfaßt sein. Kommt aber der Verfolgte - wie im Fall - nur deshalb von der Fahrbahn ab, weil er sich vom Verfolger nicht einholen lassen will und deswegen mit überhöhter Geschwindigkeit fährt, ohne daß der Verfolger außer der Tatsache, daß er dem Flüchtenden nachfuhr, ein weiteres die Fahrweise des Flüchtenden beeinträchtigendes Verhalten gesetzt hätte, dann liegt der vom Flüchtenden verursachte Schaden außerhalb des Schutzbereiches der Vorschrift des § 26 Abs. 2 zweiter Satz StVO; er kann daher im vorliegenden Fall weder dem verfolgenden Sicherheitswachebeamten noch der Klägerin zugerechnet werden. Die von der Zweitbeklagten eingewendeten Gegenforderungen sind daher gegenüber der Klägerin jedenfalls unberechtigt. Da aber zur Höhe der Klagsforderung keine Feststellungen getroffen wurden, ist die Aufhebung der Entscheidung des Erstgerichtes durch das Berufungsgericht berechtigt. Nach Ergänzung des Verfahrens in dieser Richtung wird im Sinne obiger Rechtsausführungen zu entscheiden sein. Da die Rekurse beider Streitteile zur Klärung der Rechtslage beigetragen haben, ist die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens im Sinne des § 52 ZPO dem weiteren Verfahren vorzubehalten (EvBl. 1958/28 ua.).

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