OGH 5Ob553/87

OGH5Ob553/8728.4.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Klinger und Dr. Kodek als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Karl F. E***, Rechtsanwalt, Wien 3., Esteplatz 4, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P*** P***

Gesellschaft mbH, wider die beklagte Partei Dipl. Ing. Armin R***, Kaufmann, Wien 12., Schönbrunner Allee 34/4, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 60.000 samt Anhang infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 8. Jänner 1987, GZ 3 R 216/86-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 4. Juni 1986, GZ 33 Cg 321/82-31, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Es wird der außerordentlichen Revision Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuen Entscheidung über die Berufung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Die P*** P*** Gesellschaft mbH, über deren

Vermögen mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 7. Juli 1981 zu S 142/81 der Konkurs eröffnet worden ist, wurde am 5. Juli 1978 gegründet. Am 21. August 1979 übernahm die A*** H*** Gesellschaft mbH (nunmehr B*** H*** G***) den Stammanteil der weiteren Gründungsgesellschaft, sodaß sie die Alleingesellschafterin der Gemeinschuldnerin wurde. Am 21. Mai 1980 wurde der Gesellschaftsvertrag der Gemeinschuldnerin geändert. Gemäß § 8 Abs. 2 lit. j des geänderten Gesellschaftsvertrages bedarf es zur Beschlußfassung der Generalversammlung über die Zustimmung (unter anderem) zur Übertragung, Teilung und Belastung von Geschäftsanteilen einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen. Gemäß § 10 Z 2 des geänderten Gesellschaftsvertrages bedarf jedwede Verfügung über Geschäftsanteile durch entgeltliche oder unentgeltliche Rechtsgeschäfte unter Lebenden unabhängig davon, ob sie (offenbar gemeint: die Erwerber) der Gesellschaft noch nicht oder bereits als Gesellschafter angehören, der Zustimmung der Generalversammlung, die mit 3/4-Mehrheit hierüber zu entscheiden hat. Soweit durch den Gesellschaftsvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung nichts anderes bestimmt ist, gelten für die Gesellschaft gemäß dessen § 14 die Vorschriften des GmbH-Gesetzes. Am 27. Mai 1980 trat die damalige Alleingesellschafterin der Gemeinschuldnerin Anteile am Stammkapital an diverse Gesellschafter der P*** P*** G*** & CO KG, darunter auch an den Beklagten einen Anteil im Nominalbetrag von S 80.000, auf den damals lediglich S 20.000 eingezahlt waren, ab. Die Gemeinschuldnerin gab dem Handelsregister beim Handelsgericht Wien am 18. Juni 1980 die Liste ihrer neuen (einschließlich der Gründungsgesellschafterin insgesamt 16) Gesellschafter bekannt. Darunter befindet sich auch der Beklagte. In einem am 30. Juni 1980 gefaßten Gesellschafterbeschluß scheint auch der Beklagte auf. Mit den Notariatsakten vom 1. und 24. August 1980 trat der Beklagte seinen Geschäftsanteil an die Ö*** K***-T***

G*** MBH ab, wobei die Rechtswirksamkeit der Abtretung von den in den Gesellschaftsverträgen vorgesehenen Zustimmungen abhängig gemacht wurde. Die Generalversammlung der Gemeinschuldnerin faßte keinen formellen Beschluß über die Zustimmung zu dieser Abtretung. Es kam auch zu keiner schriftlichen Abstimmung außerhalb einer Generalversammlung. Die Gemeinschuldnerin meldete beim Registergericht nicht an, daß ihre Gesellschafterin Ö*** K***-T*** G*** den Geschäftsanteil des Beklagten erworben habe. Die Gemeinschuldnerin führt kein Anteilbuch.

Mit der am 24. Mai 1982 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P*** P*** G*** die Verurteilung des Beklagten zur Einzahlung der noch nicht bezahlten Stammeinlage im Betrag von S 60.000 samt Anhang. Er brachte vor, der Beklagte sei nach wie vor Gesellschafter der Gemeinschuldnerin und zur Einzahlung der Stammeinlage verpflichtet. Die Genehmigung der Abtretung der Gesellschaftsanteile an den Beklagten durch die Generalversammlung sei nicht erforderlich gewesen, weil diese Abtretung von der Alleingesellschafterin vorgenommen worden sei. Die vom Beklagten behauptete Bedingung der Gewährung öffentlicher Förderungsmittel sei bei dieser Abtretung nicht gesetzt worden. Eine solche wäre auch nicht zulässig gewesen. Der Abtretung des Geschäftsanteiles des Beklagten an die Ö*** K***-T*** G*** habe die Generalversammlung der Gemeinschuldnerin nie zugestimmt. Der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Ö*** K***-T*** G*** sei vom Vertrag betreffend die Abtretung des Geschäftsanteiles des Beklagten an der P*** P*** G*** an die Ö*** K***-T*** G*** gemäß § 21 Abs. 1 KO

zurückgetreten. Sollte die durch den Beklagten vorgenommene Abtretung jedoch wirksam (geworden bzw. geblieben) sein, so hafte er als Vorgesellschafter für die Zahlung des Stammanteiles, weil die Erwerberin den Anteil ebenfalls nicht bezahlt habe, obwohl die Gemeinschuldnerin das Kaduzierungsverfahren eingeleitet habe. Die Gemeinschuldnerin benötige das Stammkapital zur Befriedigung richtiger Forderungen von Konkursgläubigern; von einer schikanösen Rechtsausübung könne daher keine Rede sein.

Der Beklagte bestritt das Klagevorbringen, beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, er sei nicht Gesellschafter der Gemeinschuldnerin. Deren Generalversammlung habe der Übertragung von Geschäftsanteilen an ihn nie (allenfalls nicht mit der dazu erforderlichen Mehrheit) zugestimmt. Er sei auch nicht in das Anteilbuch der Gesellschafter eingetragen worden. Außerdem sei die für die Wirksamkeit der Übertragung der Geschäftsanteile an ihn vereinbarte Bedingung, nämlich die Gewährung von Förderungsmitteln durch die burgenländische Landesregierung, nicht eingetreten. Schließlich habe er seinen Anteil am Stammkapital der Gemeinschuldnerin wirksam an die Ö*** K***-T*** G*** abgetreten. Die Einforderung der Stammeinlage erfolge schikanös, weil ihr "keine Forderung gegen die Gesellschaft gegenüberstehe". Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und führte in rechtlicher Hinsicht aus:

Da die Gemeinschuldnerin kein Anteilbuch geführt habe, werde die Ausübung der Gesellschafterrechte nicht an eine Eintragung in ein solches geknüpft. Die Eintragung werde durch die bloße Kenntnisnahme der Gesellschaft von der Abtretung ersetzt. Eine Zustimmung der Generalversammlung zur Übertragung eines Geschäftsanteiles an den Beklagten sei nicht erforderlich gewesen, weil die Abtretung durch die damalige Alleingesellschafterin der Gemeinschuldnerin erfolgt sei. Die vom Beklagten behauptete Bedingung für die Wirksamkeit dieser Abtretung sei im darüber aufgenommenen Notariatsakt nicht enthalten. Eine allfällige mündliche Nebenabrede wäre im Hinblick auf die Formvorschrift ungültig. Der Beklagte sei daher Gesellschafter der Gemeinschuldnerin geworden. Die zwischen ihm und der Ö*** K***-T*** G*** vereinbarte Abtretung seiner Geschäftsanteile sei nicht wirksam geworden, weil die notwendige Zustimmung der Gesellschafter weder in einer Generalversammlung noch durch einen Umlaufbeschluß erklärt worden sei. Daher hafte der Beklagte für die Einzahlung der Stammeinlage.

Das Berufungsgericht wies die Klage ab und sprach aus, daß die Revision mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht zulässig sei. Es verneinte den gerügten Verfahrensmangel (Unterlassung der beantragten Einvernahme eines Zeugen), übernahm die bekämpfte Feststellung, daß die Gemeinschuldnerin kein Anteilbuch geführt habe, und traf folgende ergänzende Feststellungen:

Der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, der auch der Geschäftsführer der Mehrheitsgesellschafterin B***

H*** G*** ist, erklärte mündlich seine Zustimmung zur Übertragung der Anteile des Beklagten an die Mitgesellschafterin Ö*** K***-T*** G***. Die B***

H*** G*** ist an der Gemeinschuldnerin mit S 488.000, die Ö*** K***-T*** G*** war an der Gemeinschuldnerin vor dieser Übertragung mit S 272.000 beteiligt. Das Stammkapital der Gemeinschuldnerin beträgt S 1,000.000. Mit Schreiben vom 26. April 1984 forderte der Kläger den Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Ö*** K***-T*** G*** auf, die

aushaftenden Einzahlungen auf die Stammeinlage im Betrag von S 60.000 unverzüglich vorzunehmen. Mit Schreiben vom 1. Juli 1985 erklärte er diesem den bedingten Ausschluß der Ö*** K***-T*** G*** infolge Nichtleistung der ausständigen Zahlungen auf die Stammeinlage.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus:

Die Ansicht des Beklagten, er sei schon deshalb nicht Gesellschafter der Gemeinschuldnerin geworden, weil er nicht als solcher in das Anteilbuch eingetragen worden sei, sei unzutreffend. Da nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen kein Anteilbuch geführt wurde, sei die Eintragung durch die bloße Kenntnisnahme der Gesellschaft von der Abtretung des Geschäftsanteils eines Gesellschafters ersetzt und damit gegenüber der Gesellschaft wirksam geworden (JBl. 1981, 326 = NZ 1980, 92 mwH; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 645). Auch die Auffassung des Beklagten, die Übertragung des Geschäftsanteils an ihn sei wegen der fehlenden Zustimmung der 3/4-Mehrheit der Gesellschafter unwirksam, sei unzutreffend. Jeder Beschluß der Gesellschafter könne auch konkludent zum Ausdruck kommen (Gellis, GmbHG 2 , 235; Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes 4 , 307; HS 2191, 5570). Eine förmliche Beschlußfassung der Generalversammlung über die Zustimmung zur Übertragung der Geschäftsanteile an den Beklagten durch die damalige Alleingesellschafterin sei daher für den Eintritt der Wirksamkeit dieser Übertragung nicht erforderlich gewesen, weil die Alleingesellschafterin durch die Abtretung der Anteile an den Beklagten auch ihre Zustimmung zu dieser Übertragung als Gesellschafterin mit der erforderlichen Mehrheit erklärt habe. Da die Übertragung auch nicht bloß bedingt vereinbart wurde, sei der Beklagte rechtswirksam Gesellschafter der Gemeinschuldnerin mit einem Anteil am Stammkapital von S 80.000 geworden, auf den nur S 20.000 eingezahlt wurden.

Die Übertragung der Anteile des Beklagten an die Mitgesellschafterin Ö*** K***-T*** G*** sei

formgültig mittels zweier Notariatsakte erfolgt. Aber auch die nach der Satzung für ihre Wirksamkeit erforderliche Zustimmung der Gesellschafter mit 3/4-Mehrheit liege entgegen der Ansicht des Erstgerichtes vor. Nach § 8 Abs. 2 lit. j und § 10 Z 2 des Gesellschaftsvertrages in der am 1. und 24. August 1980 maßgeblichen Fassung bedürfe es zwar der Zustimmung der Gesellschafter zur Übertragung eines Geschäftsanteiles mit der qualifizierten Mehrheit in einer Generalversammlung. Wie aber bereits dargelegt worden sei, reiche auch die mündliche Zustimmung der Gesellschafter zu einer Maßnahme aus (Kastner aaO, Gellis aaO und 406 f). Insbesondere bedürfe es keiner ausdrücklichen Zustimmungserklärung jener Gesellschafter, die das Geschäft abschlössen, für dessen Wirksamkeit die Zustimmung der Mehrheit der Gesellschafter erforderlich sei, soweit nicht ein besonderer Grund vorliege, etwa dem abtretenden Gesellschafter das Stammrecht gemäß § 8 GmbHG zu versagen. Ein solcher sei jedoch im vorliegenden Fall nicht aktenkundig. Da die Hauptgesellschafterin, die B*** H*** G***, der Übertragung mündlich zugestimmt habe und ihr Anteil sowie die Anteile der den Abtretungsvertrag schließenden Parteien zusammen mehr als die erforderliche 3/4-Mehrheit am Stammkapital der Gemeinschuldnerin ausgemacht hätten, sei die Zustimmung der in der Satzung vorgesehenen Mehrheit der Gesellschafter vorgelegen, wenn darüber auch kein förmlicher Beschluß in einer Generalversammlung oder durch eine schriftliche Abstimmung gefaßt worden sei. Da es aber bloß auf das Vorliegen der erforderlichen Zustimmungserklärungen ankomme, sei die Übertragung der Geschäftsanteile durch den Beklagten an die Ö***

K***-T*** G*** wirksam geworden.

Als ehemaliger Gesellschafter der Gemeinschuldnerin hafte der Beklagte somit nur mehr unter den Voraussetzungen der §§ 65 ff GmbHG für die fehlende Einzahlung auf den Stammanteil. Das tatsächlich vom Kläger eingeleitete Verfahren habe jedoch nicht die Wirkungen der §§ 66, 67 GmbHG gezeitigt. Nach der erfolglosen Einforderung weiterer Einzahlungen auf nicht voll eingezahlte Stammeinlagen (§ 64 GmbHG) könne die Gesellschaft dem säumigen Gesellschafter gemäß § 66 Abs. 1 GmbHG unter Bestimmung einer Nachfrist für die Einzahlung den Ausschluß aus der Gesellschaft mittels rekommandierten Schreibens androhen. Die Nachfrist sei mindestens mit einem Monat vom Empfang der Aufforderung an zu bemessen. Das Schreiben des Klägers vom 26. April 1984 enthalte weder die Setzung einer Nachfrist noch die Androhung des Ausschlusses für den Fall des fruchtlosen Verstreichens derselben. Es könne daher nur als Einforderung gemäß § 64, 65 Abs. 2 GmbHG angesehen werden. Gemäß § 66 Abs. 2 GmbHG seien die säumigen Gesellschafter nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist als ausgeschlossen zu erklären und hievon abermals mittels rekommandierten Schreibens zu benachrichtigen. Dieser vom Kläger tatsächlich gesetzte Schritt habe jedoch mangels Einhaltung der zwingenden Formvorschriften des § 66 Abs. 1 GmbHG (Reich-Rohrwig aaO 594; Gellis aaO 373 f) keine Wirkungen zeitigen können. Von diesen Formerfordernissen könne auch nicht im Verkehr unter Rechtsanwälten abgegangen werden, weil sich sonst die Unklarheit für den Aufgeforderten ergäbe, ob ihm überhaupt die Kaduzierung angedroht worden sei oder nicht. Mangels eines wirksamen Ausschlusses der Ö*** K***-T*** G*** aus der Gemeinschuldnerin könne auch die Haftung des Beklagten als Vormann dieser Gesellschafterin nicht Platz greifen.

Darauf, daß der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Ö*** K***-T*** G*** von dem seiner Auffassung nach

von beiden Teilen noch nicht erfüllten Abtretungsvertrag gemäß § 21 Abs. 1 KO zurückgetreten sei, komme es bei dieser Beurteilung nicht an. Ein solcher Rücktritt setze nämlich einen sowohl vom Gemeinschuldner (hier Ö*** K***-T*** G***) als auch vom anderen Teil (hier Beklagter) noch nicht oder nicht vollständig erfüllten zweiseitigen Vertrag voraus. Der Beklagte habe jedoch durch die Abtretungserklärung sämtliche für die Abtretung seines Geschäftsanteiles erforderlichen Leistungen erbracht. Der Vertrag sei durch die Annahme der Ö*** K***-T*** G***

zustandegekommen. Für den Rücktritt durch den Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Ö*** K***-T*** G***

nach § 21 Abs. 1 KO sei somit kein Raum geblieben, weil im Zeitpunkt der Konkurseröffnung nur mehr die Pflicht dieser Gemeinschuldnerin zur Zahlung des Abtretungsbetrages noch nicht erfüllt gewesen sei. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 in Verbindung mit Abs. 2 ZPO gestützte außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Der Beklagte beantragt, der außerordentlichen Revision nicht Folge zu geben.

Die außerordentliche Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger macht zutreffend geltend, daß das Berufungsurteil auf der unrichtigen Lösung der im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage beruht, ob die nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Zustimmung der Generalversammlung mit einer 3/4-Mehrheit der abgegebenen Stimmen durch die ausdrückliche oder schlüssige (schriftliche oder mündliche) Zustimmung von Gesellschaftern ersetzt wird, die über 3/4 des Stammkapitals verfügen.

Die Übertragung von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann gemäß § 76 Abs. 2 Satz 3 GmbHG im Gesellschaftsvertrag von weiteren Voraussetzungen (außer jener, daß es zur Übertragung von Geschäftsanteilen mittels Rechtsgeschäftes unter Lebenden nach § 76 Abs. 2 Satz 1 GmbHG eines Notariatsaktes bedarf), insbesondere von der Zustimmung der Gesellschaft, abhängig gemacht werden. Nach § 8 Abs. 2 lit. j, § 10 Z 2 des Gesellschaftsvertrages der Gemeinschuldnerin vom 21. Mai 1980 bedarf die Übertragung von Geschäftsanteilen an der Gemeinschuldnerin durch entgeltliche oder unentgeltliche Rechtsgeschäfte unter Lebenden der Zustimmung der Generalversammlung mit einer 3/4-Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Gemäß § 34 GmbHG werden die durch das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag den Gesellschaftern vorbehaltenen Beschlüsse in der Generalversammlung gefaßt, es sei denn, daß sämtliche Gesellschafter sich im einzelnen Fall schriftlich mit der zu treffenden Bestimmung oder doch mit der Abstimmung im schriftlichen Weg einverstanden erklären, wobei die nach dem Gesetz oder dem Gesellschaftsvertrag zu einer Beschlußfassung der Generalversammlung erforderliche Mehrheit bei der Abstimmung im schriftlichen Weg nicht nach der Zahl der abgegebenen, sondern nach der Gesamtzahl der allen Gesellschaftern zustehenden Stimmen berechnet wird.

Der Oberste Gerichtshof hat in SZ 26/58 (= HS 2191) ausgesprochen, daß die Einhaltung der Bestimmungen über die Einberufung der Generalversammlung und über das schriftliche Verfahren dann nicht von Bedeutung sein könne, wenn ein einstimmiger Beschluß sämtlicher Gesellschafter vorliege. Es sei nicht einzusehen, warum nicht durch die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter, möge sie auch nicht in einer Generalversammlung oder schriftlich gegeben sein, ein vom Geschäftsführer geschlossenes Geschäft genehmigt werden könnte. Die Vorschriften über die Einberufung und die Abhaltung der Generalversammlung sowie über die schriftliche Abstimmung könnten für einen solchen Fall nur als Ordnungsvorschriften gewertet werden, die das einwandfreie Zustandekommen des Gesellschaftswillens, vor allem auch eines allfälligen Mehrheitswillens als Gesellschaftswillen, gewährleisten sollen. Wenn ohnedies sämtliche Gesellschafter in ihrem Willen Übereinstimmen und dies erklären, wäre es eine überflüsse Formalität, auch noch die Einhaltung der Formvorschriften für die Generalversammlung oder die schriftliche Abstimmung zu verlangen. Diese Formvorschriften sinken in einem solchen Fall zur Bedeutung bloßer Beweisbestimmungen herab (ebenso HS 5570, SZ 49/163, 8 Ob 505/80). Auch zu 1 Ob 581/80 legte der Oberste Gerichtshof dar, daß die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ihre Funktion als höchstes Organ der Gesellschaft nicht nur in der Form ausüben können, daß sie zu einer Generalversammlung zusammentreten oder schriftliche Beschlüsse fassen, sondern daß es genügt, wenn sie die zu einer Maßnahme erforderliche Zustimmung einzeln in formloser Weise geben. In diesem Fall kann von der Einhaltung der Formvorschriften über die Einberufung und Durchführung der Generalversammlung, die eine überflüssige Formalität wäre, abgesehen werden. Es müssen nur alle Gesellschafter in der Sache einig sein.

Die Lehre vertritt denselben Standpunkt. Kastner (Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts 4 , 307), Reich-Rohrwig (Das österreichische GmbH-Recht 323 ff), Gellis-Feil (GmbHG 2 , 235; auf

S 407 wird allerdings ausgeführt, daß es einer Zustimmungserklärung aller Gesellschafter zur Übertragung eines Geschäftsanteiles nicht bedürfe, wenn diese ein unnötiger Formalismus wäre, zB wenn der Kontrahent der Majoritätsgesellschafter mit der notwendigen Stimmenmacht für einen Beschluß sei) und Holzhammer (Österreichisches Handelsrecht III Gesellschaftsrecht 162) betonen übereinstimmend, daß die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ihre Funktion als höchstes Organ der Gesellschaft in dreifacher Form ausüben können, nämlich dadurch:

a) daß sie zu einer Generalversammlung zusammentreten und dort Beschlüsse fassen, b) daß sie schriftliche Beschlüsse fassen, c) daß sie, falls ihre Zustimmung zu einer Maßnahme erforderlich ist, diese einzeln (schriftlich oder mündlich, ausdrücklich oder schlüssig) abgeben, wobei alle Gesellschafter mitwirken und in der Sache einig sein müssen.

Dem Kläger ist darin beizupflichten, daß es der Schutz der Minderheitsgesellschafter erfordert, dann, wenn weder die Vorschriften über die Einberufung und Abhaltung der Generalversammlung noch die Vorschriften über die Abstimmung im schriftlichen Weg eingehalten worden sind, zu verlangen, daß alle Gesellschafter und nicht nur die jeweils erforderlichen Gesellschaftermehrheiten ihre Zustimmung geben. Würde man sich mit der formlosen Zustimmung der jeweils erforderlichen Gesellschaftermehrheit begnügen, dann wäre den Minderheitsgesellschaftern die Möglichkeit genommen, sich mit der Abstimmung im schriftlichen Weg nicht einverstanden zu erklären und in der sodann einzuberufenden und abzuhaltenden Generalversammlung durch Teilnahme an der Beratung und Diskussion ihre Interessen zu vertreten. Aus diesen Erwägungen vermag sich der Oberste Gerichtshof der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht anzuschließen, daß die Übertragung des Geschäftsanteils des Beklagten an der Gemeinschuldnerin auf die Ö*** K***-T*** G*** schon deshalb (ungeachtet des Fehlens einer Beschlußfassung in einer Generalversammlung oder auf schriftlichem Weg) wirksam geworden sei, weil die Anteile der B*** H*** G*** (die der Übertragung mündlich zustimmte) und der Partner des Abtretungsvertrages zusammen die 3/4-Mehrheit am Stammkapital erreichten.

Daraus folgt, daß das Berufungsgericht noch - unter Zugrundelegung der vom Obersten Gerichtshof zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht sowie gegebenenfalls unter Beachtung des § 496 Abs. 3 ZPO - die Beweisrüge des Beklagten, das Erstgericht sei aufgrund der Beweisergebnisse zu Unrecht nicht davon ausgegangen, daß sämtliche Gesellschafter der Gemeinschuldnerin in anderer Form der Übertragung seines Geschäftsanteiles auf die Ö*** K***-T*** G*** zugestimmt hätten, zu behandeln haben wird. Bevor dies geschehen ist, erübrigt es sich, auf die Bedeutung der behaupteten Erklärung des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der Ö*** K***-T*** G*** (Eröffnung des Ausgleichsverfahrens am 20. März 1981 zu Sa 4/81 des Kreisgerichtes Wiener Neustadt, Eröffnung des Anschlußkonkurses am 5. Mai 1981 zu S 16/81 dieses Gerichtshofes; siehe Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 27. März bzw. 9. Mai 1981) einzugehen, er trete gemäß § 21 Abs. 1 KO von der Übernahme des Geschäftsanteils des Beklagten an der Gemeinschuldnerin zurück.

Es war daher der außerordentlichen Revision Folge zu geben und spruchgemäß zu beschließen.

Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte