OGH 11Os7/87

OGH11Os7/877.4.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.April 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Cortella als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Michael L*** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und 3 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 24. November 1986, GZ 36 Vr 33/85-81, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Stöger als Vertreters der Generalprokuratur, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB (Punkt 1 des Urteilssatzes) und wegen des Vergehens nach dem § 165 StGB (Punkt 2 des Urteilssatzes) und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Michael L*** wird von der Anklage, er habe

1. zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 1981 oder 1982 in Innsbruck fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich ein Briefmarkenalbum, dem Karl Peter S*** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, sowie

2. Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert, die ein anderer durch ein Verbrechen, und zwar durch einen Einbruchsdiebstahl, sohin durch eine mit Strafe bedrohte Handlung, die aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedroht ist, erlangt hat, gekauft bzw. an sich gebracht, wobei ihm die Umstände bekannt waren, die diese fünf Jahre erreichende Strafdrohung begründen, nämlich im August oder September 1981 in Innsbruck einen Farb-TV-Radiorecorder Marke Orion Color 8000 im Wert von 6.990 S, sowie einen Fotoapparat, Marke Konica C 35 AF im Wert von 3.790 S, welche Gegenstände Ludwig L*** und Bruno S*** in der Nacht zum 20.August 1981 bei einem Einbruchsdiebstahl in das Kaufhaus "F***" in Innsbruck erbeutet hatten,

gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Michael L*** wird für das ihm weiter zur Last fallende Verbrechen der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und Abs. 3, letzter Fall, StGB sowie für die Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 StGB bzw. § 88 Abs. 1 und Abs. 4, erster Fall, StGB, nach dem § 164 Abs. 3 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB und unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 150 Tagen Freiheitsstrafe, verurteilt. Die Entscheidungen über die Höhe des einzelnen Tagessatzes, die Vorhaftanrechnung sowie über die Verfahrenskosten erster Instanz werden aus dem Urteil des Erstgerichtes übernommen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften, auch unangefochten gebliebene Teilfreisprüche enthaltenden Urteil wurde der am 30.September 1957 geborene kaufmännische Angestellte Michael L*** des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB (Punkt 1./), des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens von Sachen nach dem § 165 StGB (Punkt 2./), des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und Abs. 3, letzter Fall, StGB (Punkt 3./) und des zweifachen Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 StGB bzw. § 88 Abs. 1 und Abs. 4, erster Fall, StGB (Punkt 4./) schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach dem Inhalt dieser Schuldsprüche hat er zu Punkt 1./: im Jahr 1980 in Innsbruck dem Karl Peter S*** ein Briefmarkenalbum in einem 5.000 S nicht übersteigenden Werte mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen; zu Punkt 2./: im August oder September 1981 in Innsbruck einen Farb-TV-Radiorecorder der Marke Orion Color 8000 im Wert von 6.990 S und einen Fotoapparat der Marke Konica C 35 AF im Wert von 3.790 S, somit Sachen, die Ludwig L*** und Bruno S*** in der Nacht zum 20. August 1981 bei einem Einbruchsdiebstahl ins Kaufhaus F*** in Innsbruck, also durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatten, fahrlässig um den Preis von 3.500 S angekauft (ein diesem Erwerbsakt nachfolgender weiterer Sorgfaltsverstoß wurde - von der Anklagebehörde ungerügt - nicht festgestellt);

zu Punkt 3./: am 27.Oktober 1984 in Hall eine Videoanlage, bestehend aus einem Videorecorder, einer Videokamera mit Mikrofon, zwei Akkus, einem Netzgerät, drei Videokassetten, einer Tragtasche und diversen Kabeln sowie eine Reisetasche, also Sachen im Gesamtwert von ca. 50.000 S angekauft, die Mario S*** bei einem in der Nacht zum 27.Oktober 1984 zum Nachteil des Leo W*** verübten Autoeinbruch, sohin durch eine mit Strafe bedrohte Handlung, die aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedroht ist, erlangt hatte, wobei dem Angeklagten die Umstände, welche die fünf Jahre erreichende Strafdrohung begründeten, bekannt waren; zu Punkt 4./: am 10.Dezember 1984 in Innsbruck die Polizeibeamten Gerhard W*** und Ulrich Ö*** auf seiner Flucht vom 4.Stock des Gebäudes der Bundespolizeidirektion Innsbruck in Richtung Ausgang dadurch fahrlässig am Körper verletzt, daß er auf sie zulief und sie zur Seite stieß, wobei Gerhard W*** eine Beckenprellung (somit eine dem Grad nach leichte Verletzung) und Ulrich Ö*** einen Einriß des Nagels am linken kleinen Finger und einen Teilabriß der Strecksehne am linken Kleinfinger erlitten und die Tat bei Ulrich Ö*** eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung zur Folge hatte.

Diese Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte Michael L*** mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit. a und lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der insoweit Berechtigung zukommt, als der Beschwerdeführer unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. b der zitierten Gesetzesstelle Verjährung der zu den Punkten 1./ und 2./ angeführten Straftaten (Vergehen des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB und Fahrlässigkeitsdelikt nach dem § 165 StGB) geltend macht:

Rechtliche Beurteilung

I./ Die Verjährungsfrist für die beiden erwähnten Delikte beträgt angesichts der dafür im Gesetz vorgesehenen Strafdrohungen jeweils ein Jahr (§ 57 Abs. 3 StGB). Der Angeklagte L*** verübte zwar während dieser Verjährungsfrist neuerlich (zum Teil auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende) Straftaten und wurde deshalb vom Bezirksgericht Innsbruck zum AZ 9 U 843/81 am 6. Juli 1981 (mit Strafverfügung, rechtskräftig seit 29.Juli 1981) wegen Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB (Tatzeit: 18. Mai 1981), ferner mit Urteil vom 15.Juni 1983 (rechtskräftig seit 8. November 1983), AZ 9 U 1.000/82, wegen Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 2 StGB (Tatzeit: 30.April 1982) und schließlich mit rechtskräftigem Urteil vom 14.November 1983, AZ 9 U 1.280/83, wegen Vergehens nach dem § 165 StGB (Tatzeit: zwischen dem 21. und 27.Juni 1983) jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt (vgl. die Strafregisterauskunft, S 393 dA, sowie die drei angeschlossenen Vorstrafakten); eine Ablaufhemmung der Verjährungsfrist im Sinn des § 58 Abs. 2 StGB für die laut dem vorliegenden Schuldspruch unter den Punkten 1./ und 2./ bezeichneten Vergehen (nach dem § 127 Abs. 1 StGB und nach dem § 165 StGB) trat aber durch diese weiteren Straftaten des Angeklagten nicht ein. Denn selbst unter der - hier gar nicht mehr mit Sicherheit feststellbaren - Voraussetzung, daß das in der Strafregisterauskunft, S 393 dA, unter Punkt 1./ bezeichnete Delikt nach dem § 125 StGB vom Angeklagten am 18.Mai 1981 noch während der einjährigen Verjährungsfrist für das unter Punkt 1./ des Schuldspruchs bezeichnete Vergehen des Diebstahls (als Tatzeit wurde hier das Jahr 1980 ohne einen näher feststellbaren Tatzeitpunkt angenommen) begangen worden sein sollte und selbst unter Berücksichtigung des weiteren, vom Angeklagten am 30.April 1982 verübten Delikts nach dem § 83 Abs. 2 StGB, das zu den hier aktuellen Vergehen nach dem § 127 Abs. 1 StGB bzw. nach dem § 165 StGB (Punkte 1./ und 2./ des Schuldspruchs) nicht auf der gleichen schädlichen Neigung (§ 71 StGB) beruht und daher den Ablauf der Verjährung im Sinn des § 58 Abs. 2 StGB nicht hemmen konnte, wäre die Verjährungsfrist für die beiden im angefochtenen Urteil unter den Punkten 1./ und 2./ bezeichneten Delikte bereits im September 1982 abgelaufen. Die weitere vom Bezirksgericht Innsbruck am 14.November 1983 zu 9 U 1280/83 abgeurteilte Straftat des Angeklagten wegen § 165 StGB wurde hingegen bereits außerhalb der erwähnten (erstreckten) Verjährungsfrist, nämlich erst in der Zeit zwischen dem 21. und 27.Juni 1983, begangen und konnte somit für die im Urteil zu den Punkten 1./ und 2./ angeführten Straftaten keine Ablaufhemmung der Verjährung im Sinn des § 58 Abs. 2 StGB mehr nach sich ziehen. Die im Urteil unter den Punkten 3./ und 4./ bezeichneten Delikte (Verbrechen der Hehlerei, zweifaches Vergehen nach dem § 88 Abs. 1 StGB bzw. nach dem § 88 Abs. 1 und Abs. 4, erster Fall, StGB) verübte der Angeklagte erst am 27.Oktober bzw. 10. Dezember 1984. Da wegen der vom vorliegenden Schuldspruch erfaßten Straftaten (Punkte 1./ bis 4./ des Urteilssatzes) Gerichtsanhängigkeit im Sinn des § 58 Abs. 3 Z 2 StGB am 4. Jänner 1985 (durch entsprechende gegen den Angeklagten gerichtete gerichtliche Maßnahmen; vgl. S 2 des Antrags- und Verfügungsbogens) eintrat, setzte eine Fortlaufhemmung der Verjährung gemäß dem § 58 Abs. 3 Z 2 StGB erst ab diesem Zeitpunkt ein. Somit liegt, wie der Beschwerdeführer zutreffend aufzeigt, bei den im angefochtenen Schuldspruch unter den Punkten 1./ und 2./ bezeichneten Straftaten nach dem § 127 Abs. 1 StGB und nach dem § 165 StGB der Strafaufhebungsgrund der Verjährung vor.

Im Hinblick darauf erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere, dem Schuldspruch zu Punkt 2./ (wegen Vergehens nach dem § 165 StGB) gewidmete Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO.

Dagegen sind die Beschwerdeeinwände gegen die im Urteilssatz unter den Punkten 3./ und 4./ bezeichneten Schuldsprüche wegen Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und Abs. 3, letzter Fall, StGB sowie wegen des zweifachen Vergehens nach dem § 88 Abs. 1 StGB und nach dem § 88 Abs. 1 und Abs. 4, erster Fall, StGB nicht stichhältig:

II./ In Bekämpfung des Schuldspruchs wegen der beiden zuletzt angeführten Vergehenstatbestände (Punkt 4./ des Urteilssatzes) rügt der Beschwerdeführer, gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO, die Annahme fahrlässigen Verhaltens im Sinn des § 6 StGB, weil ihm nach den Urteilsfeststellungen bei seiner Flucht am 10.Dezember 1984 über das Stiegenhaus des Amtsgebäudes der Bundespolizeidirektion Innsbruck ein Anhalten oder Ausweichen vor den beiden ihm entgegentretenden Polizeibeamten W*** und Ö*** nicht möglich gewesen sei.

Damit ist die Beschwerde nicht im Recht.

Dem Beschwerdeführer ist zwar einzuräumen, daß allein aus der Tatsache des unternommenen Fluchtversuchs an sich ein die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität einer anderen Person umfassendes fahrlässiges Verhalten noch nicht abgeleitet werden könnte. Es kommt vielmehr entscheidend auf die näheren Begleitumstände an: Nach den hiezu vom Erstgericht

getroffenen - übrigens unbekämpft gebliebenen - wesentlichen Urteilsfeststellungen unternahm der von der Polizei festgenommene Angeklagte am 10.Dezember 1984 während einer Vernehmungspause auf dem Gang im 4.Stockwerk des Polizeigebäudes in Innsbruck einen Fluchtversuch. Er wurde zunächst von dem ihn begleitenden Polizeibeamten (Karl S***) eingeholt und festgehalten. Der Angeklagte riß sich los und flüchtete in der Folge mit hoher Laufgeschwindigkeit vom 4.Stockwerk über die Stiegen in Richtung Gebäudeausgang. Auf Grund der lauten, auch vom Angeklagten zugegebenermaßen wahrgenommenen (vgl. S 65 und 368 dA) Zurufe des Polizeibeamten S*** ("aufhalten"), die auf die Flucht aufmerkam machen sollten (S 71 und 371 dA) und auch von den damals im Stiegenaufgang befindlichen Polizisten Gerhard W*** und Ulrich Ö*** gehört wurden, stellten sich diese Polizeibeamten dem Flüchtenden in den Weg, um ihn aufzuhalten. Der Angeklagte, der so schnell unterwegs war, daß er seinen Lauf nicht stoppen konnte (S 432 dA), lief auf die beiden Beamten zu und stieß sie zur Seite (S 416 dA), wobei durch den wuchtigen Anprall der Polizeibeamte W*** gegen das Stiegengeländer geschleudert wurde und hiebei eine Beckenprellung erlitt, während sich der Polizeibeamte Ö*** beim Festhalten des Angeklagten ua eine - erhebliche - Verletzung am linken kleinen Finger (Teilabriß der Strecksehne) zuzog, die mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung verbunden war (vgl. S 431 und 432 dA).

Angesichts dieser vom Angeklagten an sich gar nicht in Abrede gestellten (vgl. S 368 und 369 dA) Begleitumstände seines Fluchtversuches unterlief dem Erstgericht kein Rechtsirrtum, wenn es die stattgefundenen Körperverletzungen der Polizeibeamten W*** und Ö*** als fahrlässig herbeigeführt beurteilte. Denn der Angeklagte muß sich bei der hier gebotenen Heranziehung der Maßfigur eines mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen, besonnenen und einsichtigen Menschen nach Lage des Falles zunächst schon den Vorwurf eines objektiv sorgfaltswidrigen Verhaltens im Zusammenhang mit der Art und Weise seines Fluchtversuches gefallen lassen; war doch die Herbeiführung eines Verletzungserfolges bei dem festgestellten Verhalten des Angeklagten, der auf Grund der (auch von ihm wahrgenommenen) Zurufe ("aufhalten") damit rechnen mußte, daß sich ihm jemand entgegenstellen würde, um ihn aufzuhalten, durchaus vorhersehbar. Wenn nämlich der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen mit einer solchen Laufgeschwindigkeit die Stiegen hinab flüchtete, daß er seinen Lauf vor einer - wie von ihm zu erwarten - sich ihm entgegenstellenden Person nicht mehr stoppen konnte (S 432 dA), so liegt die objektive Vorhersehbarkeit der Gefährlichkeit dieses Verhaltens auf der Hand (vgl. hiezu Burgstaller, WK, Rz. 35, 38 und 48 zu § 6 StGB), unbeschadet der weiteren Urteilsannahme, daß der Angeklagte auf die beiden Polizeibeamten zulief und sie zur Seite stieß (S 416 dA). Anhaltspunkte dafür, daß dem Angeklagten die deliktstypische Gefährlichkeit seines Fluchtversuches und demnach die objektive Sorgfaltswidrigkeit seiner Vorgangsweise im Tatzeitpunkt nach seinen intellektuellen und körperlichen Fähigkeiten nicht erkennbar gewesen wäre, liegen nicht vor, sodaß auch die für den Fahrlässigkeitsbegriff des § 6 Abs. 1 StGB erforderliche subjektive Sorgfaltswidrigkeit vom Erstgericht zutreffend bejaht wurde. Sind doch dem gesamten Verfahren keine Hinweise zu entnehmen, daß der Angeklagte nach seinen persönlichen Verhältnissen den objektiven Sorgfaltsanforderungen nicht nachkommen hätte können. Das Erstgericht bejahte sohin - entgegen der Beschwerdeauffassung - zu Recht die Voraussetzungen fahrlässigen Handelns des Angeklagten im Sinn des § 6 Abs. 1 StGB. Vollständigkeitshalber sei bemerkt, daß die Beschwerdebehauptung, die Beamten hätten sich nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. U*** ihre Verletzungen selber zugefügt, schon deshalb unbeachtlich ist, weil sie von den Urteilsfeststellungen abweicht und in unzulässiger Weise bloß auf den Versuch der Bekämpfung der freien schöffengerichtlichen Beweiswürdigung hinausläuft.

III./ Die gegen den Schuldspruch wegen Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und Abs. 3 (letzter Fall) StGB (Punkt 3./ des Schuldspruchs) gerichtete Mängelrüge des Angeklagten (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) entbehrt zum Großteil einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung:

Die Urteilsfeststellung über die Kenntnis des Angeklagten davon, daß die im Schuldspruch zu Punkt 3./ im einzelnen angeführten Geräte aus einem Einbruchsdiebstahl stammten, stützte das Erstgericht auf die auch insoweit den Angeklagten eindeutig belastenden Angaben der Zeugin Christine P*** vor der Polizei (S 27 und 28 dA), die sie im wesentlichen auch vor dem Untersuchungsrichter (ON 5 dA) wiederholte. Weiters konnte das Erstgericht auch noch auf das, später allerdings nicht mehr aufrechterhaltene, aber mit den belastenden Angaben der Zeugin P*** im Vorverfahren im Einklang stehende Eingeständnis des Angeklagten vor der Polizei (S 38 dA) verweisen, aus der Zeitung erfahren zu haben, daß solche Geräte bei einem Autoeinbruch gestohlen worden seien, und die von der Zeugin P*** angekauften Geräte mit diesem Zeitungsbericht in Verbindung gebracht zu haben (Ersturteil, S 429 dA). Im angefochtenen Urteil blieb aber auch nicht unberücksichtigt, daß die Zeugin P*** ihre den Angeklagten belastenden Angaben im Vorverfahren in der Hauptverhandlung (am 22.September 1986) nicht aufrechterhielt (vgl. S 369 und 370 dA). Es wird vielmehr ausführlich dargelegt, aus welchen Erwägungen das Erstgericht die belastenden (und auch mit dem ursprünglichen Eingeständnis des Angeklagten übereinstimmenden) Angaben der Zeugin P*** als taugliche Grundlage für die Sachverhaltsfeststellung zum Schuldspruch Punkt 3./ heranzog und ihrer entlastenden Darstellung in der Hauptverhandlung den Glauben versagte (Ersturteil, S 438, 439 und 440 dA).

In seiner gegen den Schuldspruch zu Punkt 3./ gerichteten Mängelrüge will der Beschwerdeführer nach Inhalt und Zielsetzung seiner Beschwerdeausführungen bloß darlegen, daß der ihn entlastenden Aussage der Zeugin P*** in der Hauptverhandlung der Vorzug einzuräumen gewesen wäre, woraus er für ihn günstigere Schlußfolgerungen gezogen wissen will. Damit bekämpft der Angeklagte aber der Sache nach in einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und demnach unbeachtlichen Weise nur die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, ohne eine Undeutlichkeit, Unvollständigkeit, Widersprüchlichkeit oder einen sonstigen, dem angefochtenen Urteil im Schuldspruch zu Punkt 3./ anhaftenden formalen Begründungsmangel in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO aufzuzeigen.

Soweit schließlich der Beschwerdeführer Begründungsmängel zu dem vom Erstgericht angenommenen Wert der vom Schuldspruch zu Punkt 3./ erfaßten Sachen behauptet, übersieht er zunächst, daß das Schöffengericht nur von einem - ungefähren - Wert dieses verhehlten Diebsgutes in der Höhe von ca. 50.000 S ausgeht (S 426 dA). Im übrigen behauptet der Beschwerdeführer gar nicht einen unter der Wertqualifikation des § 164 Abs. 2 StGB (von 5.000 S) liegenden Wert, sodaß die Mängelrüge insoweit auch keine entscheidende Tatsache berührt.

Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten teilweise Folge zu geben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Schuldspruch zu Punkt 1./ (wegen Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB) und zu Punkt 2./ (wegen Vergehens nach dem § 165 StGB) und demzufolge auch im Strafausspruch aufzuheben und im Umfang der Aufhebung gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst dahin zu erkennen, daß der Angeklagte (auch) insoweit gemäß dem § 259 Z 3 StPO (infolge Verjährung der Taten) freigesprochen wird.

Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zu verwerfen.

Für die verbliebenden Schuldsprüche wegen Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und Abs. 3, letzter Fall, StGB und wegen des zweifachen Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs. 1 StGB und § 88 Abs. 1 und Abs. 4, erster Fall, StGB war die Strafe nach dem § 164 Abs. 3 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB und unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB neu zu bemessen.

Bei dieser Neubemessung wertete der Oberste Gerichtshof das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und die einschlägigen Vorstrafen als erschwerend. Als mildernd berücksichtigte er demgegenüber die Schadensgutmachung.

Bei sorgfältiger Abwägung dieser Strafzumessungsgründe wird eine Geldstrafe im Ausmaß von 300 Tagessätzen dem Unrechtsgehalt der Tathandlungen, der Schwere der Schuld und der Täterpersönlichkeit des Angeklagten gerecht.

Die Anwendung des § 43 Abs. 1 StGB kam nicht in Betracht, weil es nach der Lage des Falles der Vollstreckung der Geldstrafe bedarf, um die Strafzwecke zu erreichen.

Die Entscheidungen über die Höhe des einzelnen Tagessatzes, die Vorhaftanrechnung und die Verfahrenskosten erster Instanz wurden aus dem angefochtenen Urteil übernommen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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