OGH 2Ob525/86

OGH2Ob525/8610.2.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Anna K***, Hausfrau, 5020 Salzburg, Dr. Gmelin-Straße 72, vertreten durch Dr. Peter Kaltschmid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Antragsgegner Josef Tobias K***, Autohändler, 5020 Salzburg, Burgfriedgasse 2, vertreten durch Dr. Gerald Kopp, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 18. Dezember 1985, GZ 33 R 575/85-31, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 11. Juli 1985, GZ 21 F 36/83-26, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die unterinstanzlichen Beschlüsse werden hinsichtlich der dem Antragsgegner in Punkt 1 des erstgerichtlichen Beschlusses auferlegten, über S 258.000,-- hinausgehenden Ausgleichszahlung von S 86.425,-- aufgehoben. In diesem Umfang wird die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Im übrigen wird dem Rekurs nicht Folge gegeben. Die Kosten des Rekursverfahrens werden gegeneinander aufgehoben

Text

Begründung

Die Antragstellerin begehrte nach der am 15. September 1983 erfolgten Scheidung ihrer im Jahre 1970 geschlossenen Ehe mit dem Antragsgegner am 21. Oktober 1983 die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens gemäß den §§ 81 ff EheG, wobei sie im einzelnen angeführte Vermögenswerte nannte, ihren Antrag in der Folge mehrfach abänderte und die Leistung einer entsprechenden Ausgleichszahlung durch den Antragsgegner forderte.

Der Antragsgegner beantragte Antragsabweisung, weil der Antragstellerin bereits sämtliche in der Ehewohnung befindlichen Fahrnisse zugekommen und die von ihr genannten Vermögenswerte zur Besicherung gemeinsam aufgenommener Darlehen verpfändet worden seien. Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner, der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung in der Höhe von S 344.425,-- zu leisten.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge. Es erklärte den Rekurs gegen seinen Beschluß für zulässig. Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung erhebt der Antragsgegner einen Revisionsrekurs mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß der Antragstellerin lediglich eine von ihm zu leistende Ausgleichszahlung in der Höhe von S 70.000,-- zuerkannt werde; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die Antragstellerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist teilweise gerechtfertigt.

Das Erstgericht ging davon aus, daß im Aufteilungsverfahren Vermögenswerte von insgesamt S 727.890,31 zu berücksichtigen sind, und zwar eine im Alleineigentum des Antragsgegners stehende Liegenschaft im Werte von S 325.000, vier bestehende Lebensversicherungen mit Rückkaufswerten in der Höhe von S 98.860,--, S 76.062,--, S 53.345 und S 15.189, ein Bausparkassenguthaben von S 139.914,31 sowie Fahrnisse im Werte von S 19.520,--. Es stellte fest, daß der Antragsgegner innerhalb der Zweijahresfrist des § 91 Abs 1 EheG eigenmächtig und ohne Wissen der Antragstellerin das vorgenannte Grundstück sowie drei der genannten Lebensversicherungen verpfändet und das angeführte Bausparguthaben gekündigt und sich zur Gänze zugeeignet hat. Die vom Antragsgegner verpfändeten Vermögensstücke - auch neun am Autoverkaufsplatz stehende PKW - im Gesamtwerte von S 1,023.267,-- dienten der Besicherung von Schulden des seit dem Jahre 1982 einen Autohandel führenden Antragsgegners bei der Volksbank Oberndorf in der Höhe von S 765.775,70, wobei es offenkundig sei, daß der Antragsgegner dadurch auch das gemeinsam erworbene Vermögen der Ehegatten dem Zugriff der Antragstellerin entziehen wollte. Der Grundstückskauf sei im Jahre 1978 zum Preise von rund S 250.000,-- bar erfolgt, die damalige Aufnahme eines Darlehens habe lediglich dem Kauf eines PKW der Marke Jaguar XIS um S 260.000,-- gedient, welchen der Antragsgegner nach Herbeiführung eines Totalschadens "schließlich ins Firmenvermögen des Autohandels" eingebracht habe. Aus diesem Darlehen war per 15. September 1983 noch ein Betrag von S 172.998,90 offen, die monatlichen Rückzahlungsraten trug der Antragsgegner. Er hat bisher aus dem von ihm betriebenen Handel mit Neu- und Gebrauchtwagen nur Verluste erwirtschaftet, der Betrieb erscheint durct eine zunehmende Überschuldung gefährdet. Die von der Antragstellerin aus der ehemaligen Ehewohnung übernommenen Fahrnisse haben einen Gesamtschätzwert von S 19.520,--. Der Ehe entstammen vier Kinder, deren Pflege und Erziehung der Antragstellerin oblag. Neben der Führung des Haushaltes leistete sie dem Beklagten auch Mitarbeit in dessen Autohandels-Betrieb. Während der aufrechten Ehe führten die Streitteile einen verhältnismäßig großzügigen Lebensstil und es war der Ankauf des Grundstückes, mehrerer PKW der Marke Jaguar, diverser Perser- und Seidenteppiche, Schmuck, Uhren, Silbermünzen, eines Videogerätes sowie die Einzahlung der mehreren Lebensversicherungen möglich. Hinsichtlich der "letztgenannten Gegenstände" beschuldigen sich die Streitteile gegenseitig, diese Sachen im Zuge der ehelichen Streitigkeiten eigenmächtig verbracht zu haben.

In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht auf die für das Aufteilungsverfahren gemäß §§ 81 ff EheG geltenden Grundsätze, wonach das eheliche Gebrauchsvermögen und die Ersparnisse unter Berücksichtigung der vorhandenen, im Zusammenhang stehenden Schulden nach dem Grundsatz der Billigkeit auf beide vormaligen Ehegatten aufzuteilen seien, wobei auf den Umfang und das Gewicht des jeweiligen Beitrages jedes Ehegatten zum Erwerb dieses Vermögens sowie auf das Wohl der Kinder Bedacht genommen werden müsse. Im Sinne des § 91 Abs 1 EheG seien auch durch einen Ehegatten erfolgte eigenmächtige Verringerungen des gemeinsamen ehelichen Gebrauchsvermögens zu veranschlagen. Vorliegendenfalls müsse im Hinblick auf die Tätigkeit der Antragstellerin im Haushalt und bei der Kinderbetreuung sowie ihrer zusätzlichen Unterstützung des Antragsgegners bei Ausübung seines Berufes von einem gleichteiligen Beitrag zum Erwerb des während der Ehe angesammelten Vermögens ausgegangen werden. Es gebühre ihr daher die Hälfte des vorhandenen Vermögens von S 727.890,31, somit S 363.945,--. Unter Bedachtnahme auf die ihr bereits zugekommenen Fahrnisse im Werte von S 19.520,-- stehe ihr daher eine Ausgleichszahlung von S 344.425,-- zu.

Das Rekursgericht hielt die vom Erstgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen für unbedenklich, insbesondere auch hinsichtlich des Wertes der angeführten Liegenschaft und der vorhandenen Fahrnisse. Eine Feststellung, ob die fiktiv zugrundegelegten Rückkäufe der Lebensversicherung Steuerabzüge nach sich gezogen hätten, sei nicht erforderlich. Der Antragsgegner habe nämlich gar nicht behauptet, daß die Beiträge zu dieser Versicherung als Sonderausgaben nach § 18 Abs 1 Z 2 EStG geltend gemacht worden seien und daher gegebenenfalls der Rückkauf innerhalb von 10 Jahren einer Nachversteuerung unterliegen könnte. Schon gar nicht habe er aber eine konkrete Behauptung über einen tatsächlich erfolgten Rückkauf und deswegen erfolgte Nachversteuerungen aufgestellt. Aus seinem Vorbringen, die Antragstellerin habe von den Verpfändungen des ehelichen Gebrauchsvermögens für Zwecke des Autohandels gewußt und diesen zugestimmt und von einer Vermögensverringerung und damit fiktiven Anrechnung im Sinne des § 91 Abs 1 EheG könne nicht die Rede sein, sei für ihn im Ergebnis nichts zu gewinnen. Die Besicherung eines im Rahmen des Unternehmens des Antragsgegners aufgenommenen Darlehens mit Gegenständen, die dem ehelichen Gebrauchsvermögen bzw. den ehelichen Ersparnissen zuzuordnen seien, bewirke nämlich für sich noch keine Verringerung der Aufteilungsmasse im Sinne des § 91 Abs 1 EheG, sodaß der Wert der grundsätzlich der nachehelichen Aufteilung unterliegenden, für das Unternehmen verpfändeten Gegenstände in die Aufteilung einzubeziehen sei. Auch gegen den vom Erstgericht festgestellten Aufteilungsschlüssel von 1 : 1 bestünden im Hinblick auf den nach den Umständen als gleichwertig anzusehenden Beitrag der Antragstellerin keine Bedenken. Die zuerkannte Ausgleichszahlung von S 344.425,-- erscheine insgesamt betrachtet auch als billig. Bei ihrer Bemessung dürften nicht nur die wirtschaftlichen Interessen des Antragsgegners sondern müßten die Interessen beider Teile im Hinblick auf die Notwendigkeit der getrennten Lebensführung beachtet werden. Demgemäß könne nicht eine Ausgleichszahlung festgelegt werden, wie sie der Zahlungspflichtige ohne weiteres aufbringen könne, vielmehr müsse er nach der Judikatur unter Anspannung aller seiner Kräfte und unter äußerster Einschränkung seiner Lebensbedürfnisse zum Ausgleich beitragen. Bei Fortbestand der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Betriebes sei dem Antragsgegner auch wiederum die Annahme einer unselbständigen Arbeit zuzumuten. In seinem Revisionsrekurs bekämpft der Antragsgegner zunächst die Feststellung des Wertes des in die Aufteilung einzubeziehenden Grundstückes.

Da die Entscheidung des Rekursgerichtes gemäß § 232 Abs 2 AußStrG nur wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft werden kann, ist die Anfechtung der eine Tatfrage darstellenden Bewertung des Grundstückes nicht zulässig (2 Ob 509/84, 2 Ob 581/83 ua).

Im weiteren vertritt der Antragsgegner den Standpunkt, auch der Wert des PKW Jaguar XIS zum Aufteilungszeitpunkt wie auch die auf diesen bezogene Darlehensverbindlichkeit seien bei der Aufteilung zu berücksichtigen. Dieser Rechtsansicht ist grundsätzlich beizupflichten.

Nach den ausdrücklichen erstgerichtlichen, vom Rekursgericht übernommenen Feststellungen wurde von den damaligen Ehegatten das um S 250.000,-- gekaufte Grundstück aus vorhandenen Barmitteln, der Kaufpreis des PKW Jaguar XIS von S 260.000,-- dagegen durch ein Darlehen der B*** finanziert. Dieser PKW bildete zunächst unbestritten eheliches Gebrauchsvermögen und wurde, wie das Erstgericht feststellte "nach einem vom Antragsgegner herbeigeführten Totalschaden schließlich ins Firmenvermögen des Autohandels des Antragsgegners eingebracht".

Gemäß § 82 Abs 1 Z 3 EheG unterliegen Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, nicht der Aufteilung. Das Autowrack als solches bzw. dessen Wert ist somit als Firmenvermögen nicht in die vorliegende Aufteilung einzubeziehen. Die im Aufteilungszeitpunkt offene Darlehensschuld ist aber, da der Kauf des PKW und die Aufnahme des Darlehens während der Ehe erfolgten, als Schuldpost, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen in innerem Zusammenhang steht (§ 81 Abs 1 zweiter Satz EheG) zu veranschlagen. Dabei ist allerdings der Gegenwert des PKW-Wracks, weil er dem Kaufpreisrest während der Ehe zunächst - vor Einbringung in das Unternehmen - als Aktivum gegenüberstand, billigerweise zu berücksichtigen. Dies gesteht der Rekurswerber auch selbst zu (S 3 des Revisionsrekurses). Der Wert dieses Wracks wurde von den Unterinstanzen allerdings nicht festgestellt. Es ist demach derzeit nicht möglich, die Höhe des um diesen Wert zu verringernden Schuldpostens von S 172.998,90 zu ermitteln. Das Erstgericht wird daher das Verfahren insoweit zu ergänzen, den festgestellten Wrackwert vom vorgenannten Betrag in Abzug zu bringen und die solcherart errechnete Schuldpost vom festgestellten Aktivvermögen von S 727.890,31 in Abzug zu bringen haben.

Mit seiner neuerlichen Rüge, die Unterinstanzen hätten über den Verbleib weiterer, in der Ehewohnung vorhandener Fahrnisse keine Feststellungen getroffen, ist der Rekurswerber darauf zu verweisen, daß sich die Unterinstanzen im Hinblick auf die divergierenden Angaben der Parteien zu diesbezüglichen Feststellungen nicht in der Lage sahen. Die tatsächlich in der Ehewohnung vorhandenen Fahrnisse wurden vom Sachverständigen hinsichtlich ihres Wertes geschätzt und in die Aufteilung einbezogen.

Auch die Festsetzung der Rückkaufswerte der vom Antragsgegner während der Ehe abgeschlossenen Lebensversicherungen ist nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner konnte weder behaupten, daß und allenfalls welcher seinerzeit gewährten Steuerbegünstigungen er durch einen Rückkauf verlustig würde, noch daß ein solcher Rückkauf tatsächlich stattgefunden habe.

Die schließlich vom Rekurswerber bekämpfte Aufteilung des Vermögens der vormaligen Ehegatten im Verhältnis von 1 : 1 ist durchaus gerechtfertigt. Gemäß § 83 Abs 1 EheG hat die Aufteilung nach Billigkeit zu erfolgen, wobei ua besonderes Gewicht auf den Umfang des Beitrages jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zu legen ist. Nach § 83 Abs 2 EheG ist als Beitrag auch die Mitwirkung im Erwerb, soweit sie nicht anders abgegolten worden ist, sowie die Führung des gemeinsamen Haushaltes, die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder und jeder sonstige eheliche Beistand zu werten.

Vorliegendenfalls hat die Antragstellerin während der Ehe nicht nur den gemeinsamen Haushalt geführt, sondern auch vier gemeinsame Kinder gepflegt und erzogen und darüberhinaus zeitweise auch noch im Erwerb des Antragsgegners mitgewirkt. Unter diesen Umständen kann nicht bezweifelt werden, daß ihr Beitrag im Sinne des § 83 Abs 1 EheG billigerweise als dem des Antragsgegners gleichwertig anzusehen ist. Bei der Festsetzung der Ausgleichszahlung ist daher von einem Aufteilungsschlüssel von 1 : 1 auszugehen. Da die im Zusammenhang mit dem PKW Jaguar bestehende, im Aufteilungszeitpunkt mit S 172.998,90 festgestellte Schuld und der Abzug des Wrackwertes zu berücksichtigen ist, ergibt sich somit eine Ausgleichszahlung von annähernd S 270.000,--. Die Festsetzung eines solchen Betrages ist auch im Hinblick auf die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners gerechtfertigt, weil er einerseits verpflichtet ist, alle seine Kräfte zu dessen Aufbringung anzuspannen, und andererseits die Aufteilung auch für die Antragstellerin ein tragbares Ergebnis darstellen muß.

In diesem Sinne war der Antragstellerin somit der im Spruch genannte Teilbetrag für das halbe Aktivvermögen von S 344.425,-- abzüglich der Hälfte der Schuld, d.i. von rund S 86.425,--, somit S 258.000,-- zuzuerkennen (vgl. EFSlg 43.811).

Im übrigen war die Entscheidung aufzuheben und dem Erstgericht die Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung aufzutragen. Nach Feststellung des Wrackwertes zum Aufteilungszeitpunkt wird der Antragstellerin noch die Hälfte desselben als restliche Ausgleichszahlung zuzusprechen sein.

Dem Revisionsrekurs war somit teilweise Folge zu geben. Im Hinblick auf den Teilerfolg des Rechtsmittels des Antragsgegners scheint es billig, die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gegeneinander aufzuheben (§ 234 AußStrG).

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