Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.829,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Umsatzsteuer von S 257,25) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Am 29.5.1979 rann in Spielfeld aus der Ladung eines griechischen LKW-Zuges der Firma Petros L***, Katerini, Griechenland, mit dem Kennzeichen NX 8995 die giftige Flüssigkeit Dursban von der Ladefläche auf die Oberfläche eines Parkplatzes. Eine zu dem abgestellten LKW-Zug beorderte Einsatztruppe entlud 31 Blechfässer zu je 200 l und stellte fest, daß bei einem Faß ein Schaden entstanden war.
Die klagende Partei brachte vor, daß der "Verursacher" den ihm mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 29.5.1979 erteilten Auflagen zur Durchführung von Schutzmaßnahmen zur Vermeidung einer Grundwasserverunreinigung nicht entsprochen habe, so daß sie als Wasserrechtsbehörde verpflichtet gewesen sei, die erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung durchzuführen. Durch diese Maßnahmen seien Kosten in der Höhe von S 39.205,43 entstanden. Der Beklagte sei als Haftpflichtversicherer des LKW-Zuges verpflichtet, ihr den erbrachten Aufwand gemäß § 1042 ABGB zu ersetzen.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren. Er wandte ein, daß der griechische LKW-Zug am 28.5.1979 in den Abendstunden beim Grenzübergang Spielfeld von Jugoslawien nach Österreich wegen eines Schadens an der Motorkupplung durch ein anderes Fahrzeug hereingebracht und nach der Zollabfertigung ca 100 m nach dem Zollamtsgebäude auf einem Parkplatz abgestellt worden sei; bei diesem Vorfall habe es sich daher nicht um einen Unfall gehandelt, welcher einen Sachschaden verursachte. Dieser sei vielmehr durch das Ladegut, nicht aber während der Verwendung des Kraftfahrzeuges entstanden und damit nicht vom Versicherungsschutz des Beklagten umfaßt. Überdies sei ein allfälliger Ersatzanspruch verjährt. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende Feststellungen:
Mit dem Bescheid vom 29.5.1979, GZ 3042/1979, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz dem verpflichteten Petros L*** zur Vermeidung einer Grundwasserverunreinigung beziehungsweise zum Schutze des Grundwassers wegen Gefahr im Verzuge gemäß § 57 Absatz 1 AVG und §§ 31, 98 WRG 1959 verschiedene Aufträge, die in diesem Bescheid im einzelnen unter den Punkten 1 - 9 angeführt sind und im wesentlichen die Beseitigung der aus dem LKW-Zug ausgetretenen Flüssigkeit, Vorkehrungen zu ihrer schadlosen Beseitigung sowie zur Vermeidung weiterer Austritte umfaßten. Für die Erfüllung dieser Aufträge wurde im angeführten Bescheid eine Frist gesetzt und ausgesprochen, daß im Falle der Überschreitung dieser Termine oder des Versuches, mit offenbar untauglichen Mitteln vorzugehen, wegen Gefahr im Verzuge das Land Steiermark beauftragt werde, auf Kosten des Verpflichteten die angeführten Maßnahmen ordnungsgemäß durchzuführen.
Ausgehend von diesem Sachverhalt und dem Vorbringen der klagenden Partei, wonach sie infolge Nichtdurchführung der aufgetragenen Maßnahmen diese selbst vollzog, folgerte das Erstgericht im wesentlichen, daß ein Anspruch nach § 1042 ABGB nicht vorliege. Voraussetzung hiefür sei, daß für einen anderen ein Aufwand erbracht werde, den dieser nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen, und daß jede vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung zur Erbringung des Aufwandes fehle. Die klagende Partei habe aber in Erfüllung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz gehandelt. Selbst wenn man ihr Einschreiten ohne Auftrag durch Bescheid als zuständige Behörde nach dem Wasserrechtsgesetz annehme, sei die klagende Partei in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben zum Handeln verpflichtet gewesen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge und änderte die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, daß es mit Zwischenurteil das Klagebegehren dem Grunde nach als berechtigt erkannte. Die Revision wurde gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig erklärt. Das Gericht zweiter Instanz vertrat die Auffassung, daß der Klägerin als Gebietskörperschaft, die einen Aufwand zur Vermeidung größerer Gefahren erbrachte, die am auslösenden Vorfall Schuldigen zu haften hätten. Es handle sich um einen zivilrechtlichen Ersatzanspruch, für den der Haftpflichtversicherer im Rahmen des Versicherungsschutzes aufzukommen habe. Der Beklagte hafte unabhängig davon, daß der LKW auf einem Parkplatz abgestellt war und daß der Schade bloß von seiner Ladung herrührte. Solange ein Fahrzeug mit seiner Ladung auf einer öffentlichen Verkehrsfläche abgestellt und der Weitertransport der Ladung beabsichtigt ist, stehe es in Verwendung im Sinne des § 1 KFG. Nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten sei der Zugwagen um 18 Uhr des 29.5.1979 nach Graz zur Reparatur gebracht worden und sei schon am nächsten Tag gegen 13,30 Uhr repariert wieder in Spielfeld eingetroffen. Der durch den Kupplungsschaden verursachte Stillstand sei somit nur vorübergehend und die Störung kurzfristig behebbar gewesen. Daß es sich nicht um einen Unfall im Sinne des § 1 EKHG handelte, sei nicht relevant, weil die Haftung nach § 1 KFG nicht auf einzelne, bestimmte Haftpflichtgesetze beschränkt ist, sondern "auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen" in allen in Gesetzen vorgesehenen Haftpflichtfällen, insbesondere auch in jenen des ABGB oder wie hier der Sondernorm des § 31 WRG und des § 92 StVO, gegeben sein müsse. Sie umfasse auch reine Vermögensschäden, also Schäden, die jemand an seinem Vermögen erleidet, ohne daß in seiner eigenen Rechtssphäre ein Personen- oder Sachschaden eingetreten ist. Der Ersatzanspruch des geschädigten Dritten gegen den Versicherer unterliege der gleichen Verjährung wie jener gegen den ersatzpflichtigen Versicherten; die Verjährung von Ansprüchen nach § 1042 ABGB trete aber erst nach 30 Jahren ein. Auch die absolute Frist des § 63 Abs 2 KFG von 10 Jahren ab dem Schadensereignis sei noch nicht abgelaufen; die Klageforderung sei daher nicht verjährt. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Zwischenurteil aufgehoben und das Klagebegehren abgewiesen werde.
Die klagende Partei verweist in der Revisionsbeantwortung darauf, daß die Revision zu Unrecht für zulässig erklärt worden sei. Sie beantragt weiters, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein nach § 1042 ABGB zu beurteilender privatrechtlicher Anspruch auch vor, wenn die dem Begehren zugrunde liegende gesetzliche Verpflichtung öffentlich-rechtlicher Natur war (SZ 52/79; SZ 51/141; 1 Ob 8/86 ua; Rummel, ABGB, Rdz 10 zu § 1042). Kommt daher ein nach § 31 Abs 1 WRG Verpflichteter seiner sich aus § 31 Abs 2 WRG ergebenden Verpflichtung nicht nach, unverzüglich dhe zur Vermeidung einer Verunreinigung von Gewässern erforderlichen Maßnahmen zu treffen, und werden diese Maßnahmen von einem Dritten, der auch eine Gebietskörperschaft sein kann, durchgeführt, so kann dieser Dritte den Aufwand, der den Verpflichteten getroffen hätte, ersetzt verlangen (ZVR 1982/136; SZ 49/115; 1 Ob 8/86 ua). Das Berufungsgericht ist dieser ständigen Rechtsprechung gefolgt; es hat weiters zutreffend erkannt, daß der Beklagte als Haftpflichtversicherer des LKW-Zuges, von dessen Ladefläche die giftige Flüssigkeit Dursban infolge eines defekten Fasses der Ladung auf den Parkplatz floß, Versicherungsschutz zu gewähren und der ihm gemäß § 1042 ABGB in Anspruch nehmenden Klägerin gegenüber zu haften hat:
Gemäß Art. 1 Abs 1 AKHB umfaßt die Versicherung die Befriedigung begründeter Ersatzansprüche, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen gegen den Versicherungsnehmer erhoben werden, wenn durch die Verwendung des Fahrzeuges gemäß § 1 Abs 1 KFG Menschen verletzt oder getötet werden, Sachen beschädigt oder zerstört werden oder abhanden kommen oder ein Vermögensschaden verursacht wird. Unter "gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen" im Sinne dieser Norm sind aber auch Schadenersatzvorschriften des ABGB (ZVR 1985/43) und Ersatzansprüche nach § 1042 ABGB (ZVR 1982/136) zu verstehen. Der Begriff der "Verwendung eines Fahrzeuges" in den AKHB darf nicht enger ausgelegt werden, als der Begriff des "Betriebes" im Sinne des § 1 EKHG (SZ 54/118; ZVR 1982/284 ua). Nach Punkt II. des ADE zu § 1 KFG 1967 hat ein Fahrzeug als auf Straßen mit öffentlichem Verkehr "verwendet" zu gelten, wenn es sich auf der Straße befindet und seine weitere Verwendung als Fahrzeug auf der Straße als möglich oder als beabsichtigt angenommen werden kann. Stillstehende Fahrzeuge haben auch dann als auf der Straße "verwendet" zu gelten, wenn sie nur vorübergehend, etwa wegen einer leicht behebbaren Störung oder Beschädigung nicht in Betrieb genommen werden können. Genau dies war nach den eigenen Angaben des Beklagten der Fall, weil der durch den Schaden an der Kupplung verursachte Stillstand des LKW-Zuges auf dem Parkplatz nur vorübergehender Natur war. Nach Lehre und neuerer Rechtsprechung ist ein Unfall beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges nicht nur dann gegeben, wenn er mit den insbesondere aus der großen Geschwindigkeit hervorgehenden typischen Betriebsgefahren im Zusammenhang steht, sondern auch dann, wenn er in einem adäquat ursächlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht (Geigel, Haftpflichtprozeß 18 656 Rz 27; JBl 1979, 151; 1974, 157; ZVR 1978/63; 1982/361; 8 Ob 207/82 ua). Zur Betriebseinrichtung zählen nicht nur die Bestandteile des Kraftfahrzeuges und sein Zubehör, sondern auch seine Ladung; auch deren Herunterfallen oder wie im vorliegenden Fall das Ausrinnen flüssigen Ladegutes betrifft daher den Betrieb des Kraftfahrzeuges (ZVR 1970/91; 1978/6; ZVR 1984/326 ua).
Alle diese Grundsätze hat das Berufungsgericht richtig erkannt; es ist bei der Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes zur Gänze der ständigen Judikatur gefolgt. Neue Gesichtspunkte beachtlicher Art werden vom Revisionswerber nicht aufgezeigt. Unter diesen Umständen bestand kein Anlaß, die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zuzulassen. Das Revisionsgericht ist gemäß § 508 a ZPO an einen Ausspruch nach § 500 Abs 3 ZPO nicht gebunden. Das hat zur Folge, daß die Revision aufgrund der dargestellten Erwägungen als unzulässig zu erkennen und wie im Spruch zurückzuweisen war. Die klagende Partei hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen; ihr Rechtsmittel diente daher der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weshalb der Kostenzuspruch an sie gerechtfertigt erscheint.
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