OGH 8Ob75/86

OGH8Ob75/864.12.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z*** K*** Versicherungen-AG, Direktion für Österreich, Schwarzenbergplatz 15, 1015 Wien, vertreten durch Dr. Hans Gradischnig, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagten Parteien 1.) V*** DER Ö*** B***, Versicherungs-AG, Direktion für Österreich, Praterstraße 1-7, 1021 Wien, und 2.) Ö***

R*** K***, Bezirksstelle, Koschatstraße 22, 9800 Spittal/Drau, beide vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 186.760,- s.A. und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 2. Juli 1986, GZ 4 R 99/86-19, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 24.März 1986, GZ 20 Cg 290/85-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seinen Urteilsspruch durch gesonderte Aussprüche über den Wert des Streitgegenstandes hinsichtlich des auf der Leistung an Barbara R*** beruhenden Anspruchsteiles (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO) sowie die Zulässigkeit der Revision allenfalls hinsichtlich dieses und jedenfalls des auf der Leistung an Mathias W*** beruhenden Anspruchsteiles zu berichtigen (ergänzen).

Text

Begründung

Am 20.12.1982 kam es in Villach im Bereich der Kreuzung Ossiacherzeile-Emil von Behringstraße zu einem Verkehrsunfall, an welchem der bei der Klägerin haftpflichtversicherte PKW Mazda 323 und der bei der Erstbeklagten haftpflichtversicherte Rotkreuzwagen des Zweitbeklagten beteiligt waren. Die Klägerin leistete an vier Verletzte bisher S 410.280,--. In diesem Umfang sind Ersatzansprüche auf sie übergegangen.

Die Klägerin begehrte von den Beklagten den Ersatz eines Drittels ihrer bisherigen Leistungen an die vier bei dem Unfall verletzten Personen im Betrag von S 136.760,-- s.A.; sie stellte auch ein Feststellungsbegehren für allfällige weitere Zahlungen. Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klagebegehren. Das Erstgericht erkannte der Klägerin - von einer Verschuldensteilung im Verhältnis 3 : 1 zu ihren Lasten ausgehend - S 102.570,-- s.A. zu und gab dem Feststellungsbegehren auf der gleichen Verschuldensteilungsbasis statt. Das Mehrbegehren wies es ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren und das Feststellungsbegehren über die Regreßpflicht der Beklagten zu 1/3 abwies. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des nicht ausschließlich in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstandes S 15.000,--, jedoch nicht S 300.000,-

- übersteigt. Es erklärte die Revision gemäß § 502 Abs.4 Z 1 ZPO für zulässig.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs.1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Beklagten beantragen in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Auf diese Rechtsmittel ist derzeit meritorisch noch nicht einzugehen, weil das Berufungsgericht vorerst aus nachstehenden Gründen seinen Urteilsspruch zu ergänzen hat:

Vorweg ist klarzustellen, daß sich das Leistungsbegehren der Klägerin aus verschiedenen Ansprüchen zusammensetzt. Sie erbrachte nach ihrer Behauptung folgende Leistungen:

an Barbara R*** 300.000,-- S Rudolf L***

30.000,-- S Mathias W*** 73.000,-- S Erwin

S*** 7.280,-- S zusammen

410.280,-- S.

Davon machte die Klägerin im Regreßwege gegen die Beklagten jeweils ein Drittel geltend, was demnach im einzelnen folgende Beträge ergibt:

Barbara R*** 100.000,-- S Rudolf L***

10.000,-- S Mathias W*** 24.333,34 S Erwin

S*** 2.426,66 S zusammen

136.760,-- S.

Hinzu kommt ein Feststellungsbegehren, das in seinem Antrag zwar nicht unterscheidet, auf welchen der Verletzten es sich bezieht, das aber nach dem Vorbringen der Klägerin und den Feststellungen der Vorinstanzen sich lediglich auf die für Barbara R*** erfolgten Auslagen beziehen kann, und das ebenfalls auf der Basis von einem Drittel gestellt wurde.

Das Erstgericht sprach - ausgehend von einer Verschuldensteilung von

3 : 1 - nur ein Viertel, demnach für Barbara R***

S 75.000,-- S Rudolf L*** S 7.500,-- S

Mathias W*** S 18.250,-- S Erwin S***

S 1.820,-- S zusammen S 102.570,-- S

zu.

Es gab weiters dem Feststellungsbegehren auf der Grundlage einer Verschuldensteilung von 3 : 1, also zu einem Viertel, statt. Das Mehrbegehren wies es ab.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es - ausgehend vom alleinigen Verschulden der Lenkerin des bei der Klägerin versicherten Fahrzeuges - das Leistungsbegehren von S 102.570,-- abwies (der darüber hinausgehende Betrag von S 34.190,-- war bereits vom Erstgericht rechtskräftig abgewiesen worden). Demnach ergab sich bei den dargestellten Anspruchsgruppen folgende Abänderung:

Barbara R*** S 75.000,-- S Rudolf L***

S 7.500,-- S Mathias W*** S 18.250,-- S

Erwin S*** S 1.820,-- S.

Das Berufungsgericht wies aber auch noch das offen gebliebene Feststellungsbegehren von einem Viertel ab. Dieses bezieht sich nach den dargelegten Erwägungen nur auf den Anspruchsteil, der auf Leistungen an Barbara R*** beruht.

Nach ständiger Lehre und Rechtsprechung sind für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche unter der Voraussetzung des § 55 Abs.1 Z 1 ZPO zusammenzurechnen, wenn sie also in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (Fasching Kommentar IV 282 und Lehrbuch Rdz. 1831; Jud. 56 neu = SZ 24/335 uva.). Trifft dies nicht zu, dann muß die Revisionszulässigkeit hinsichtlich jedes einzelnen Anspruches gesondert beurteilt werden. Dabei reicht nicht jede Verknüpfung zweier Sachverhaltsbilder schlechthin aus, um die Zusammenrechnung von Ansprüchen nach § 55 JN zu bewirken. Während der rechtliche Zusammenhang von Ansprüchen dann zu bejahen ist, wenn sie aus einem einheitlichen Vertrag oder einer einheitlichen Rechtsvorschrift abgeleitet werden, ist der tatsächliche Zusammenhang zu bejahen, wenn die Ansprüche zwar nach verschiedenen rechtlichen Kriterien, aber aus ein und demselben Sachverhalt ableitbar sind, ohne daß noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (siehe dazu Fasching Kommentar I 344 ff; 6 Ob 221/60; EvBl.1969/163; 1 Ob 703/70; 1 Ob 554/81; 2 Ob 64/84; 8 Ob 540/85 ua). Nach ständiger Rechtsprechung sind Ansprüche mehrerer Geschädigter aus demselben Unfallereignis nicht zusammenzurechnen, weil es sich bei ihnen nur um formelle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 2 ZPO handelt (ZVR 1972/35; ZVR 1973/194 uva). Auch wenn die Ansprüche mehrerer Geschädigter aus demselben Unfallereignis durch Zession auf einen Kläger übergehen, sind sie nicht zusammenzurechnen. Tritt ein Sozialversicherungsträger, der an mehrere bei einem Unfall verletzte Personen Leistungen erbracht hat und dafür mit einer einheitlichen Klage Ersatz begehrt, als Legalzessionar auf, so werden die von den einzelnen Versicherten auf ihn übergegangenen Ansprüche bei der Beurteilung der Revisionszulässigkeit nicht zusammengerechnet (zuletzt JBl.1985, 111 mit weiteren Nachweisen). Das gleiche muß aber auch im vorliegenden Fall gelten, in welchem die Klägerin an die bei dem Unfall verletzten vier Geschädigten Leistungen erbrachte und diese mit der Behauptung, daß deren Ersatzansprüche damit auf sie übergegangen seien, von den Beklagten im Regreßweg zurückersetzt verlangt. Es ist daher im vorliegenden Fall die Revisionszulässigkeit hinsichtlich eines jeden einzelnen der oben angeführten Ansprüche gesondert zu beurteilen (vgl. 8 Ob 540/85 ua). Dies führt zu dem Ergebnis, daß die globalen Aussprüche des Berufungsgerichtes, wie sie oben wiedergegeben wurden, nicht ausreichen. Vielmehr werden in Berichtigung (Ergänzung) des Urteilsspruches die dem Gesetz entsprechenden Aussprüche (§ 500 Abs.2 Z 3 ZPO und allenfalls § 500 Abs.3 ZPO) für den auf Leistungen an Barbara R*** beruhenden Anspruchsteil und jenen, der auf Leistungen an Mathias W*** beruht (§ 500 Abs.3 ZPO) gesondert vorzunehmen und dabei die dargestellten Grundsätze zu beachten sein (8 Ob 505/84; 1 Ob 731/83 ua). Für den Fall, als die Revision hinsichtlich einzelner gesondert zu behandelnder Ansprüche nicht für zulässig erklärt werden sollte, wäre die Revision der Klägerin zur erforderlichen Ergänzung im Sinne des § 506 Abs.1 Z 5 ZPO zu übermitteln.

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