Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Am 21. November 1973 wurde die L*** Grundstücksverwertungsgesellschaft mbH & Co KG (im folgenden Kommanditgesellschaft) in das Handelsregister des Landesgerichtes Innsbruck zu HRA 3683 eingetragen. Komplementär dieser Kommanditgesellschaft war die L*** Grundstücksverwertungsgesellschaft mbH (im folgenden Gesellschaft mbH). Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Handelsgerichtes vom 10. Oktober 1977, HR 3683-19, wurde die Kommanditgesellschaft von Amts wegen gelöscht. Dies wurde zu HRA 3683 des Landesgerichtes Innsbruck am 12. Oktober 1977 eingetragen. Die Gesellschaft mbH ist zu HRB 1274 beim Kreisgericht Wels als Handelsgericht am 11. November 1976 eingetragen worden. Mit Beschluß der Generalversammlung vom 13. Jänner 1983 wurde sie aufgelöst und trat in Liquidation. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 26. Juni 1985, S 40/85-2, wurde über das Vermögen der Gesellschaft mbH der Konkurs eröffnet; zum Masseverwalter wurde Dr. Ernst C***, Rechtsanwalt in Wels, bestellt.
Die klagende Partei begehrt von der Kommanditgesellschaft die Rückzahlung eines Darlehens von S 1 Mill. samt Anhang bei sonstiger Exekution in zwei dieser Kommanditgesellschaft gehörigen Liegenschaften. Die Klage wurde an den Geschäftsführer der seinerzeitigen Komplementärgesellschaft zugestellt. Die beklagte Kommanditgesellschaft wendete unter anderem ein, sie sei infolge Löschung im Handelsregister des Landesgerichtes Innsbruck schon im Zeitpunkt der Klagseinbringung nicht mehr existent gewesen. Sie betreibe kein Handelsgewerbe mehr, ihr mangle es an der Partei- und Prozeßfähigkeit.
Das Erstgericht gab mit Ausnahme der Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens dem Klagebegehren statt. Die beklagte Kommanditgesellschaft sei zwar von Amts wegen im Handelsregister gelöscht worden, sie bleibe jedoch während der Liquidation parteifähig und habe auch Prozesse unter der Abwicklungsfirma zu führen. Die Kommanditgesellschaft bestehe im Liquidationsstadium weiter, solange ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten noch nicht abgewickelt seien. Auch zu einer Änderung der Parteienbezeichnung bestehe in diesem Fall kein Anlaß.
Nach Zustellung des Urteiles des Erstgerichtes wurde der Kommanditgesellschaft mit Beschluß vom 23. Oktober 1984, ON 30, die Verfahrenshilfe im vollen Umfang gewährt und Dr. Walter B*** jun. vom Ausschuß der Rechtsanwaltskammer zum Verfahrenshelfer bestellt.
Das Urteil des Erstgerichtes wurde von der Kommanditgesellschaft mit Berufung bekämpft. Das Berufungsgericht beschloß über Antrag der klagenden Partei, die Parteienbezeichnung der beklagten Partei dahin richtigzustellen, daß sie zu lauten habe "Firma L*** Grundstücksverwertungsgesellschaft mbH in Liquidation"; es verwarf die Berufung, soweit sie Nichtigkeit geltend machte und gab ihr im übrigen nicht Folge. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wurde Dr. Walter B*** am 25. April 1984 zugestellt. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhob die durch den Verfahrenshelfer Dr. Walter B*** jun. vertretene Kommanditgesellschaft Revision, gegen den Beschluß, womit die Parteienbezeichnung richtiggestellt wurde, Rekurs.
Rechtliche Beurteilung
Mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 28. August 1985, 1 Ob 607, 608/85, wurden diese Rechtsmittel mangels Beschwer zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Urteil sei nicht die Kommanditgesellschaft, sondern die Gesellschaft mbH verpflichtet worden, der klagenden Partei den Betrag von S 1 Mill. samt Anhang zu bezahlen. Mit dem von der klagenden Partei unangefochten gebliebenen Beschluß des Berufungsgerichtes sei die Kommanditgesellschaft aus dem Verfahren, das nur möglich gewesen sei, weil ihr Geschäftsführer die Klage, obwohl er die nicht mehr existente Kommanditgesellschaft nicht mehr vertreten konnte, entgegengenommen hatte, ausgeschieden. Ein rechtliches Interesse, an einem nicht mehr gegen sie geführten Verfahren beteiligt zu sein, könne ihr nicht zukommen. Am 22. Oktober 1985 bestätigte das Erstgericht die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit seines (in der Parteienbezeichnung nicht berichtigten) Urteiles vom 24. September 1984, ON 28. Am 9. Jänner 1986 beantragte der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft mbH die Zustellung des Urteils des Berufungsgerichtes. Diese erfolgte am 15. Jänner 1986. Der Masseverwalter brachte am 29. Jänner 1986 gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes ON 39 Revision und Rekurs ein.
Das Erstgericht unterbrach mit Beschluß vom 12. März 1986, 2 Cg 489/85-10, aufgrund einer vom Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft mbH gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz ON 39 eingebrachten Wiederaufnahmsklage das Revisions- und das Rekursverfahren gemäß § 545 Abs. 2 ZPO. Am 3. Juni 1986 beantragte der Masseverwalter, die am 22. Oktober 1985 durch das Erstgericht erteilte Vollstreckbarkeitsbestätigung als gesetzwidrig und irrtümlich erteilt aufzuheben.
Diesen Antrag wies das Erstgericht ab. Durch die vom Berufungsgericht erfolgte Richtigstellung der Parteienbezeichnung sei das Rechtssubjekt als solches unverändert geblieben. Rechtsmittel der beklagten Partei gegen das Urteil des Berufungsgerichtes seien vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen worden.
Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs des Masseverwalters Folge. Es änderte den Beschluß dahin ab, daß es die Vollstreckbarkeitsbestätigung gemäß § 7 Abs. 3 EO aufhob. Es sei von zwei verschiedenen Rechtsgebilden, der Kommanditgesellschaft und der Gesellschaft mbH, auszugehen. Nach der Aktenlage sei die Zustellung des Urteiles ON 39 an Dr. Walter B*** verfügt worden. Dieser sei zu der angeführten Zeit nicht mehr Vertreter der beklagten Partei gewesen, weil er mit Eingabe vom 24. April 1984 dem Gericht die einvernehmliche Auflösung des Vollmachtsverhältnisses angezeigt habe. Die Bestimmung des § 36 Abs. 1 ZPO komme nicht mehr zur Anwendung, da für die damals beklagte Kommanditgesellschaft im Berufungsverfahren Dr. Walter B*** jun. zum Verfahrenshilfeanwalt bestellt worden sei. Aus der Zustellverfügung des Erstgerichtes vom 23. April 1985 (AS 252) lasse sich nicht schließen, daß eine Zustellung der Entscheidung des Berufungsgerichtes an die Gesellschaft mbH erfolgen sollte, sodaß sich auch eine nähere Prüfung erübrige, ob eine Heilung des Zustellmangels im Sinne des § 7 ZustG eingetreten sei. Eine Zustellung der Berufungsentscheidung an die Gesellschaft mbH, für die das Schriftstück bestimmt sein sollte, sei gar nicht verfügt worden. Es sei davon auszugehen, daß die rechtmäßige Zustellung an die Gesellschaft mbH erst am 15. Jänner 1986 zu Handen des Masseverwalters erfolgt sei, der sodann rechtzeitig am 29. Jänner 1986 den Rekurs- bzw. Revisionsschriftsatz beim Erstgericht überreicht habe.
Der von der klagenden Partei erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Gemäß § 7 Abs. 3 EO ist eine gesetzwidrig oder irrtümlich erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit von dem Gericht, das sie erteilt hat, aufzuheben. Die Prüfung, ob die Voraussetzungen vorlagen, ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Vollstreckbarkeitsbestätigung erteilt uwrde (EvBl. 1970/181; ZBl. 1935/412; Heller-Berger-Stix 210). Die Bestätigung des Erstgerichtes vom 22. Oktober 1985, sein Urteil vom 24. April 1984, ON 28, sei vollstreckbar, die ohne Berichtigung der Parteienbezeichnung in der Urschrift nur im Zusammenhang mit dem Urteil des Berufungsgerichtes verstanden werden kann, hätte daher nur dann erteilt werden dürfen, wenn der Gesellschaft mbH, gegen die sich das Urteil des Berufungsgerichtes ON 39 richtete, der Beschluß und dieses Urteil wirksam zugestellt worden wären.
Zustellung ist die Übermittlung von Geschäftsstücken; sie ist hoheitliche, rechtlich geregelte Tätigkeit mit dem Ziel, das Geschäftsstück dem jeweiligen Adressaten zukommen zu lassen (Walter-Mayer, Das österreichische Zustellrecht 20). Wem ein Geschäftsstück zugestellt werden soll, aber auch den Weg und die Art der Zustellung bestimmt der Richter durch einen Beisatz zur Urschrift der Entscheidung (Zustellverfügung; § 123 Abs. 1 Geo in Verbindung mit § 89 Abs. 1 ZPO). Ist in bürgerlichen Rechtssachen eine Partei durch einen Bevollmächtigten vertreten, so ist diesem zuzustellen (§ 93 Abs. 1 ZPO; § 123 Abs. 4 Geo). Der Verfahrenshelfer ist in diesem Punkte dem Bevollmächtigten gleichgestellt (§ 64 Abs. 1 Z 3 ZPO; Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 485). Sind bei der Zustellung Mängel unterlaufen, so gilt die Zustellung gemäß § 7 ZustG als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger), tatsächlich zugekommen ist. Eine Heilung von Zustellmängeln ist daher nur möglich, wenn das Gerichtsstück schließlich der Person zukam, der es kraft gerichtlicher Verfügung hätte zugestellt werden sollen (EvBl. 1986/144; vgl. EvBl. 1957/209; Walter-Mayer aaO 42; Fasching aaO Rz 521). Die vom Revisionsrekurs aufgeworfene, im Verfahren nach § 7 Abs. 3 ZustG allenfalls zu prüfende (EvBl. 1977/176) Frage, ob einem vertretungsbefugten Organ der Gesellschaft mbH der Beschluß und das Urteil des Berufungsgerichtes ON 39 zugekommen sind - die bloße Kenntnis dieser Entscheidung wäre nicht ausreichend (EvBl. 1986/144; SZ 23/264; 3 Ob 1032/85; Fasching aaO) - stellte sich daher nur dann, wenn Adressat der Zustellverfügung des Erstgerichtes vom 23. April 1985 die Gesellschaft mbH gewesen wäre.
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 23. Oktober 1984 ON 30 wurde der Kommanditgesellschaft als beklagter Partei die Verfahrenshilfe im vollen Umfang gewährt; vom Ausschuß der Rechtsanwaltskammer wurde Dr. Walter B*** jun. zum Vertreter dieser beklagten Partei bestellt. In dieser Eigenschaft erhob Dr. Walter B*** jun. auch Berufung gegen das Urteil des Erstgerichtes ON 28 und beteiligte sich am Berufungsverfahren. Obwohl die Parteibezeichnung vom Berufungsgericht über Antrag der klagenden Partei auf Gesellschaft mbH iL "richtiggestellt" worden war, ordnete der Erstrichter in seiner Zustellverfügung vom 23. April 1985 an, daß die Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht an die Gesellschaft mbH, sondern an Dr. Walter B*** zuzustellen sei. Dieser war vor der Bestellung des Dr. Walter B*** jun. zum Verfahrenshelfer gewillkürter Vertreter der Kommanditgesellschaft. Daraus kann nur der Schluß gezogen werden, daß das Erstgericht die Zustellung der Entscheidung an die Kommanditgesellschaft anordnete. Der Mangel dieser Zustellverfügung, der darin zu erblicken war, daß nicht dem Verfahrenshelfer, sondern dem seinerzeitigen gewillkürten Vertreter zugestellt wurde, ist offensichtlich in der Folge saniert worden, hat doch der Verfahrenshelfer der Kommanditgesellschaft innerhalb offener Rechtsmittelfrist gegen die Entscheidung ON 39 Rekurs und Revision namens der nach Ansicht des Berufungsgerichtes aus dem Verfahren ausgeschiedenen Kommanditgesellschaft erhoben. Auch er verstand demnach die Zustellverfügung des Erstgerichtes dahin, daß ihm nicht als bestelltem oder ernanntem Vertreter der Gesellschaft mbH, sondern als Verfahrenshelfer der Kommanditgesellschaft das amtliche Schriftstück zukommen sollte. Selbst wenn dann der Liquidator oder der Masseverwalter eine Ausfertigung der Entscheidung ON 39 erhalten hätte, könnte dadurch, weil eine Zustellung an die Gesellschaft mbH nicht beabsichtigt und angeordnet war, eine Sanierung eines Zustellmangels nicht erfolgt sein. Die erste wirksame Zustellung an die Gesellschaft mbH erfolgte demnach an den Masseverwalter Dr. Ernst C*** am 15. Jänner 1986. Innerhalb offener Frist bekämpfte dieser die Entscheidung des Berufungsgerichtes ON 39 mit Rekurs und Revision, über die, da die Rechtsmittelverfahren unterbrochen wurden, noch nicht entschieden wurde. Das erstgerichtliche Urteil kann dann noch nicht rechtskräftig und damit vollstreckbar sein.
Dem Revisionsrekurs ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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