Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Streitteile sind seit 1954 miteinander verheiratet. Der Ehe entstammen 9 bereits selbsterhaltungsfähige Kinder. Der letzte gemeinsame eheliche Wohnsitz war in Unterbuch 47.
Die Antragstellerin begehrt, ihre gesonderte Wohnungsnahme für rechtmäßig zu erklären, weil ihr ein weiteres Zusammenleben mit dem Antragsgegner wegen dessen Verhalten nicht zumutbar sei. Die Vorinstanzen haben dem Begehren der Antragstellerin stattgegeben, wobei sie im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausgingen:
In den letzten Monaten verlief das eheliche Zusammenleben nicht mehr harmonisch. Der Antragsgegner begann im Februar 1986 seine Gattin zu beschimpfen und wurde bisweilen auch tätlich. So hat er sie in der Ehewohnung eingesperrt, ihr in der Nacht die Bettdecke weggezogen, so daß sie nackt in der Kälte liegen mußte, ihr auch Kleidungsstücke vom Leib gerissen und diese dann eingeheizt. Nachdem es schon am Muttertag, dem 11. Mai 1986, zu einem heftigen Streit gekommen war, ereignete sich am 7. Juni 1986 ein besonders krasser Vorfall: Die Antragstellerin hatte sich die Haare gewaschen und ging mit den Lockenwicklern am Kopf zu Bett. Der Antragsgegner wollte sie zum Geschlechtsverkehr bewegen, was die Antragstellerin ablehnte. Darauf wurde der Antragsgegner wütend, riß der Antragstellerin die Unterwäsche vom Leib und warf sie brutal in sein Bett. Da die psychischen Belastungen für die Antragstellerin nicht mehr erträglich waren, verließ sie das gemeinsame eheliche Wohnhaus und zog zu ihrer Schwester.
Rechtlich vertraten die Vorinstanzen den Standpunkt, durch die festgestellten Vorfälle werde dem anderen Ehegatten ein weiteres Zusammenleben derart verleidet, daß eine Unzumutbarkeit im Sinne des § 92 Abs.2 ABGB anzunehmen sei.
Der vom Antragsgegner erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Da im vorliegenden Fall übereinstimmende Entscheidungen der Vorinstanzen vorliegen, wäre ein weiteres Rechtsmittel gemäß § 16 AußStrG nur wegen Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit oder offenbarer Gesetzwidrigkeit zulässig.
Eine Aktenwidrigkeit wird nicht behauptet.
Der Antragsgegner macht hauptsächlich geltend, das Rekursgericht habe von ihm im Rekurs gegen die Entscheidung der ersten Instanz vorgebrachte Neuerungen nicht beachtet. Nun stellt aber die Nichtbeachtung von Neuerungen grundsätzlich bloß die Behauptung eines Verfahrensmangels dar, der im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses, wenn überhaupt, nur aufgegriffen werden könnte, wenn er in seinen Auswirkungen einer Nichtigkeit gleichkommt, also etwa, falls eine Neuerung geeignet wäre, die gesamten Entscheidungsgrundlagen zu verändern oder umzustoßen (EFSlg. 19.053, 19.048, 2 Ob 629/86, 5 Ob 523/86 u.a.).
Im vorliegenden Fall betrafen die Neuerungen im Rekurs ausschließlich die erstrichterliche Beweiswürdigung. Das Rekursgericht hat jedoch die erstrichterliche Beweiswürdigung gebilligt und die Feststellungen des Erstgerichtes übernommen. Ein derartiger Akt der Beweiswürdigung des Rekursgerichtes kann mit einem außerordentlichen Revisionsrekurs nicht mehr bekämpft werden. Im übrigen hat der Antragsgegner, wie das Rekursgericht zutreffend hervorhebt, selbst Beschimpfungen der Antragstellerin durch ihn als möglich zugegeben. Selbst wenn man daher auf Grund der Durchführung weiterer Beweise zu dem Ergebnis gelangen würde, daß auch die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner fallweise zu weit gegangen ist, würde dies keinesfalls dazu führen, daß die Entscheidungsgrundlagen zur Gänze verändert würden. Ob zur Verbreiterung der Entscheidungsbasis weitere Beweise aufzunehmen sind, fällt in das Gebiet der vorinstanzlichen Schaffung der Tatsachengrundlagen. Allfällige Unterlassungen in dieser Richtung könnten höchstens einen einfachen Verfahrensverstoß begründen, der keinesfalls mit einem außerordentlichen Revisionsrekurs nach § 16 AußStrG aufgegriffen werden dürfte. Geht man von den festgestellten Umständen aus, so kann von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit keine Rede sein. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nämlich nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird (JBl. 1975, 547, RZ 1975, 10 u.a.). Wenn es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, kann offenbare Gesetzwidrigkeit schon begrifflich nicht vorliegen (NZ 1982, 142, SZ 49/76 u.a.).
Welche konkreten Umstände eine Entscheidung nach § 92 Abs. 2 ABGB rechtfertigen, ist dieser gesetzlichen Bestimmung nicht zu entnehmen. Demnach kann die Wertung eines konkreten festgestellten Verhaltens im Sinne dieser Gesetzesbestimmung keine offenbare Gesetzwidrigkeit begründen.
Im übrigen geht die Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens in der Regel nicht dadurch verloren, daß der eine Teil das unzumutbare Verhalten des anderen Teiles eine Zeitlang hinnimmt (MietSlg. 30.002 u.a.). Welche schwere Eheverfehlungen das Zusammenleben vorübergehend unzumutbar machen, ist bei der Bedachtnahme auf die gesamten Umstände der Familie nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichtes zu beurteilen und kann daher schon begrifflich nicht offenbar gesetzwidrig sein
(EFSlg. 35.079 u.a.).
Mangels Vorliegens einer der Anfechtungsgründe des § 16 AußStrG war demnach der Revisionsrekurs zurückzuweisen.
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