OGH 8Ob619/86 (8Ob620/86)

OGH8Ob619/86 (8Ob620/86)23.10.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen 33 F 11/85 und 33 F 12/85 der Antragstellerin Monika G***, Angestellte, 8052 Graz, Grottenhofstraße 90, vertreten durch Dr. Alfred Lind und Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwälte in Graz, wider den Antragsgegner Werner G***, Angestellter, 8047 Graz, Pfanghofweg 116, vertreten durch Dr. Hans Lehofer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin und des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 12. Juni 1986, GZ. 1 R 117, 120/86-26, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21. Jänner 1986, GZ. 33 F 11/85-21, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Beiden Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten der Antragstellerin und des Antragsgegners werden gegeneinander aufgehoben.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben der Einschreiterin H*** Schuh Aktiengesellschaft an Kosten des Revisionsrekursverfahrens je S 850,-- binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die am 13.7.1968 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 13.4.1984 zu 6 Cg 64/84 aus dem Verschulden des Antragsgegners geschieden. Ihr entstammt der am 10.2.1970 geborene Sohn Andreas, der der Antragstellerin in Pflege und Erziehung überlassen wurde und für den der Antragsgegner einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 2.500,-- zu zahlen hat. Die Antragstellerin begehrte die Aufteilung der ehelichen Ersparnisse und des ehelichen Gebrauchsvermögens in der Form, daß ihr die Ehewohnung samt Einrichtung zugewiesen werde. Der Antragsgegner stellte seinerseits einen Aufteilungsantrag, verlangte eine Ausgleichszahlung von S 20.000,-- für die der Antragstellerin überlassenen Einrichtungsgegenstände und forderte eine weitere Ausgleichszahlung von S 60.000,-- für den Fall der Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin.

Beide Rechtssachen wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Das Erstgericht verpflichtete 1.) den Antragsgegner zur Leistung einer Ausgleichszahlung von S 25.000,-- an die Antragstellerin, wies

2.) den Hausrat der Antragstellerin zu, wies 3.) den Antrag der Antragstellerin auf Zuweisung der Ehewohnung ab und verpflichtete

4.) den Antragsgegner zum Ersatz der anfallenden Übersiedlungskosten der Antragstellerin.

Es traf nachstehende Feststellungen:

Bei der aus zwei Zimmern, Küche, Vorraum, Bad, WC und Abstellraum bestehenden Ehewohnung handelt es sich um eine Dienstwohnung des Antragsgegners, die ihm sein Dienstgeber, die Firma H*** Schuh-AG, mit Vertrag vom 10.2.1970 für die Dauer seines Dienstverhältnisses zur Verfügung stellte. Für deren Benützung wurden dem Antragsgegner S 500,-- im Monat von seinem Einkommen abgezogen und auf ein eigens dafür vorgesehenes Kautionskonto gutgeschrieben und verzinst. Der angesammelte Betrag wäre bei Räumung der Dienstwohnung frei und stünde dem Antragsgegner zur freien Disposition. Das Kautionskonto wies im Zeitpunkt der Ehescheidung einen Einlagenstand von S 58.638,-- auf, Ende April 1985 einen solchen von S 64.638,--. Der Dienstgeber des Antragsgegners stimmte der Zuweisung der Dienstwohnung an die Antragstellerin unter Hinweis auf deren unentgeltliche Benützung nicht zu.

Der Wert der von den Streitteilen gemeinsam angeschafften Einrichtungsgegenstände beträgt S 9.480,--.

Im Jahre 1981 kaufte der Antragsgegner einen PKW Fiat 131, der von der Familie benützt wurde. Nach der Scheidung tauschte er ihn im Zuge des Kaufes eines anderen Fahrzeuges um S 10.000,-- bis S 16.000,-- ein.

In der Zeit von der Eheschließung bis zur Geburt des Sohnes verdiente die Antragstellerin monatlich S 3.000,-- bis S 4.000,--. Nach einer 3 1/2jährigen Pause nahm sie ihre Berufstätigkeit halbtägig wieder auf und verdiente monatlich S 3.000,-- bis S 3.500,--. Nunmehr verfügt sie über ein durchschnittliches Einkommen von S 9.916,-- im Monat. Sie führte den gemeinsamen Haushalt und betreute das eheliche Kind. Vom Antragsgegner erhielt sie ein monatliches Wirtschaftsgeld von S 3.000,-- bis S 4.000,-- monatlich. Für die Wohnungskosten (Betriebskosten) kam der Antragsgegner separat auf. Zu Beginn der Ehe verdiente der Antragsgegner ca. S 4.000,-- im Monat. Sein Einkommen steigerte sich bis auf nunmehr S 15.000,-- monatlich. Nach der Ehescheidung zog er aus der Ehewohnung aus. Er hat sich wieder verheiratet und wohnt bei seiner jetzigen Ehegattin.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß von einer gleichgewichtigen Beitragsleistung der vormaligen Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse auszugehen sei, weil beide gleichermaßen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes der Familie beisteuerten. Die Antragstellerin habe neben ihrer Berufstätigkeit den Haushalt geführt und das Kind betreut, der Antragsgegner habe das Wirtschaftsgeld gereicht und sei für die Wohnungskosten (Betriebskosten) aufgekommen. Die Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin wäre an sich zweckmäßig, weil sie und das Kind auf diese Wohnung angewiesen seien, jedoch habe der Dienstgeber des Antragsgegners hiezu seine Zustimmung nicht gegeben. Diese wäre aber erforderlich, weil die Dienstwohnung unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. Der während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft von den Streitteilen benützte PKW sei bei der Aufteilung nicht zu berücksichtigen, weil seine Einbeziehung in die Aufteilung erst am 26.4.1985 und somit nach Ablauf der Frist des § 95 EheG beantragt wurde. Das Guthaben auf dem Kautionskonto als eheliches Ersparnis sei zu halbieren, ebenso der Wert der Einrichtungsgegenstände, sodaß der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von rund S 25.000,-- gebühre.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin teilweise Folge. Es bestätigte Punkt 3) des erstgerichtlichen Beschlusses und änderte Punkte 1) und 4) dahin ab, daß es dem Antragsgegner insgesamt eine Ausgleichszahlung von S 60.000 auferlegte. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde mit Rücksicht darauf, daß der Gegenstand, über den das Rekursgericht entschied, an Geld oder Geldeswert S 60.000,-- überstieg, für zulässig erklärt. Das Rekursgericht führte aus, daß es sich bei der Ehewohnung (Punkt 3)) um eine Dienstwohnung handelte, die an die Antragstellerin als vormalige Ehegattin des Dienstnehmers nur mit Zustimmung des Dienstgebers übertragen werden könnte, weil die Voraussetzung der Z 2 des § 88 Abs.1 EheG, nämlich Fehlen eines Entgeltes für die Benützung, vorliege. Aus dem Umstand, daß in der Dienstwohnungsvereinbarung ein monatlicher Entschädigungsbetrag von S 2.000,-- festgehalten ist, könne die Rekurswerberin keineswegs die Entgeltlichkeit der Benützung ableiten. Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung sei im Falle der Beendigung des Dienstverhältnisses die Dienstwohnung innerhalb eines Monates zu räumen. Bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung sei dann an den Dienstgeber "als Entschädigung für das entzogene Verfügungsrecht" ein monatlicher Betrag von S 2.000,-- zu bezahlen. Aus dieser erst nach beendetem Dienstverhältnis platzgreifenden Regelung könne eine Entgeltlichkeit der Dienstwohnungsbenützung während des aufrechten Dienstverhältnisses nicht abgeleitet werden. Als Surrogat für den Verlust der Ehewohnung und als Starthilfe zur Beschaffung einer neuen Wohnung sei der Antragstellerin billigerweise ein Betrag von S 60.000,-- aus der Kautionssumme zuzuerkennen. Hiebei sei zu berücksichtigen, daß die Antragstellerin für den mj. Sohn zu sorgen hat, ein dringendes Wohnbedürfnis auf ihrer Seite und der des mj. Sohnes vorliegt und daß auch Gewicht und Umfang ihres Beitrages zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse und zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens diese Vorgangsweise durchaus rechtfertigen, zumal der Antragsgegner selbst wohnversorgt ist und durch den Zuspruch dieses angesparten Betrages als Ausgleichszahlung an die Antragstellerin in seiner Lebensgrundlage keineswegs beeinträchtigt wird. Dafür sei er aber auch von der Tragung der nicht näher bestimmten Übersiedlungskosten, die nur Anlaß zu Streitigkeiten geben könnten, zu entbinden gewesen. Nicht übersehen werden dürfe, daß ihm der Wert des PKWs Fiat 131 von etwa S 15.000,-

- zur Gänze zugute kommt. Es habe sich bei diesem PKW um eheliches Gebrauchsvermögen gehandelt, das während aufrechter Ehe angeschafft wurde und der ganzen Familie diente. Er unterliege auch der Aufteilung, weil entgegen der Ansicht des Erstgerichtes eine diesbezügliche Verfristung im Sinne des § 95 EheG nicht vorliegt. Seine Einbeziehung in die Aufteilung sei nicht erst mit Schriftsatz vom 26.4.1985, ON 3, beantragt worden, sondern bereits im Schriftsatz vom 11.4.1985, ON 1, wo er neben Ehewohnung und Einrichtung ausdrücklich genannt wird.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, in welchem sie die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin beantragt, ihr die Ehewohnung zu übertragen oder ihr für den Fall der Abweisung dieses Antrages eine Ausgleichszahlung von S 87.000,-- zuzuerkennen. Der Antragsgegner erhebt Revisionsrekurs mit dem Antrag, die Ausgleichszahlung (auf die Höhe des erstgerichtlichen Beschlusses) herabzusetzen und dies kostenmäßig zu berücksichtigen. Nur die Antragstellerin und die H*** Schuh-Aktiengesellschaft erstatteten eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

1.) Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:

Die Antragstellerin stellt sich auf den Standpunkt, daß der Dienstgeber des Antragsgegners sich nicht auf die Unentgeltlichkeit der Benützung der Dienstwohnung berufen habe, weshalb sich auch der Antragsgegner nicht darauf (§ 88 Abs.1 Z 2 EheG) stützen könne. Dies ist jedoch nicht richtig:

Auszugehen ist davon, daß gemäß § 88 Abs.1 Z 2 EheG dann, wenn die Ehewohnung aufgrund eines Dienstverhältnisses benützt wird, das Gericht eine Anordnung hinsichtlich einer solchen Wohnung nur mit Zustimmung des Dienstgebers ... treffen kann, wenn diese unentgeltlich oder gegen ein bloß geringfügiges, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt benützt wird. Die "Zustimmung" des Dienstgebers ist allerdings keine formale Prozeßerklärung des Dienstgebers, dem in diesem Verfahren Beteiligtenstellung zukommt (vgl. SZ 53/48 ua), sie stellt vielmehr eine materiellrechtliche Voraussetzung für den Anspruch des geschiedenen Ehegatten des (früheren) Dienstgebers auf Zuweisung der Wohnung zur alleinigen Benützung dar. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist von Amts wegen zu klären (8 Ob 643/84 ua). Im Gegensatz zu den Ausführungen der Rechtsmittelwerberin hat der Dienstgeber aber ganz deutlich erklärt, daß es sich bei der Dienstwohnung um eine unentgeltlich zur Verfügung gestellte Wohnung handelt (ON 4) und daß er einer Übertragung der Wohnung an die Antragstellerin "unter keinen Umständen" zustimmt (ON 7). Diesen Standpunkt nimmt er auch noch in seiner Revisionsrekursbeantwortung mit dem Hinweis darauf ein, daß er den entgegenstehenden Darstellungen der Antragstellerin, die sich auf Schikane berufe, weiterhin die Rechtmäßigkeit seiner Weigerung zur Wohnungsübertragung entgegenhalte. Damit erledigen sich alle weiteren Ausführungen der Antragstellerin zu diesem Thema, weil sie an dieser klar zum Ausdruck gebrachten Haltung des Dienstgebers vorbeigehen. Welche Erwägungen für den Standpunkt des Dienstgebers maßgeblich waren, ist nicht entscheidend.

Die Antragstellerin strebt für den Fall, daß ihr die Dienstwohnung nicht zugewiesen wird, an, die Ausgleichszahlung um S 27.000,-- zu erhöhen. Sie bleibt die Begründung dafür jedoch schuldig, weil sie nur auf ihre seinerzeitigen Rekursausführungen verweist, was nicht zulässig ist (vgl. EFSlg. 39.585; EFSlg.

37.355 uza). Davon abgesehen hat das Rekursgericht eingehend begründet, wie es zur angemessen erachteten Ausgleichszahlung von S 60.000,-- gelangte und hiebei die in ständiger Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze berücksichtigt: Danach ist anzustreben, die Folgen der Scheidung in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide Teile möglichst ausgeglichenen Weise zu regeln (EvBl. 1982/195; 8 Ob 586/85; 7 Ob 564/85; 8 Ob 653/85 ua), welchem Postulat die rekursgerichtliche Entscheidung in zutreffender Weise entspricht.

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin war somit der Erfolg zu versagen.

2.) Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:

Der Rechtsmittelwerber stellt sich zunächst auf den Standpunkt, daß die vom Erstgericht festgesetzte Ausgleichszahlung von S 25.000,-- eher der Billigkeit entsprochen hätte. Für ihn gilt aber ebenso wie für die Antragstellerin, daß auf die wirtschaftlichen Belange beider Seiten im oben dargestellten Sinn Bedacht zu nehmen ist. Zutreffend verwies das Rekursgericht darauf, daß der Antragsgegner wohnversorgt ist, während der Antragstellerin infolge der oben behandelten Weigerung seines Dienstgebers, ihr die Dienstwohnung zukommen zu lassen, die mit den verschiedensten Belastungen finanzieller und anderer Art verbundene Wohnungssuche obliegt. Im Gegensatz zu seinen weiteren Ausführungen wurde auch zutreffend berücksichtigt, daß ihm der Wert des dem ehelichen Gebrauchsvermögen zuzurechnenden PKWs von S 15.000,-- verbleibt. Von einer verfristeten Geltendmachung dieses Aufteilungspostens durch die Antragstellerin kann nicht die Rede sein, weil sie schon in ihrem Aufteilungsantrag ON 1 ausdrücklich auf den angeschafften PKW verwies. Dem Antragstellenden steht es zwar frei, den Umfang des aufzuteilenden Vermögens durch seine Antragstellung zu beschränken;

die Art der vom Antragsteller angestrebten Regelung ist aber für das Gericht nicht bindend; es hat vielmehr die Anordnungen zu treffen, die den Aufteilungsgrundsätzen am ehesten gerecht werden (SZ 53/81 mit weiteren Hinweisen; 8 Ob 505/85 ua). Diese Grundsätze hat das Rekursgericht aber unter Bedachtnahme auf die Interessen beider Seiten eingehalten, weshalb sich auch der Revisionsrekurs des Antragsgegners als nicht berechtigt erweist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG. Unter diesem Gesichtspunkt waren dem Dienstgeber als Beteiligtem (SZ 53/165 ua) für seine Revisionsrekursbeantwortung ein entsprechender Kostenanteil zuzuerkennen und dieser beiden Teilen zur Hälfte aufzuerlegen.

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