OGH 8Ob505/85

OGH8Ob505/8525.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.

 Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Aloisia F*****, vertreten durch Dr. Anton Kern, Rechtsanwalt in Frohnleiten, wider den Antragsgegner Friedrich F*****, vertreten durch Dr. Alfred Lind, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens, infolge Revisionsrekurses beider Streitteile gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 5. November 1984, GZ. 1 R 306, 307/84‑47, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 22. Februar 1984, GZ. 33 F 3/82‑35, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00505.850.0425.000

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird ebenso wie die Entscheidung des Erstgerichtes aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind als weitere Kosten des Verfahrens in erster Instanz zu behandeln.

 

Begründung:

Die Streitteile haben am 8. April 1967 die Ehe geschlossen. Diese Ehe wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 3. November 1981, 11 Cg 76/81, aus dem überwiegenden Verschulden der Antragstellerin geschieden. Der Ehe entstammen zwei Kinder, und zwar die mj. Anita, geboren am *****, und der mj. Gerald, geboren am *****. Der am 3. Mai 1970 von der Antragstellerin geborene Sohn Mario wurde außer der Ehe geboren. Die elterlichen Rechte und Pflichten hinsichtlich der beiden ehelichen Kinder stehen der Antragstellerin zu; der Antragsgegner hat für diese beiden Kinder monatlich S 1.900,‑ an Unterhalt zu bezahlen. Auch der mj. Mario lebt im Haushalt seiner Mutter. Der Antragsgegner erhielt mit Vertrag vom 30. Juli 1974 die 877 m 2 große Liegenschaft EZ ***** KG *****, bestehend aus dem Grundstück Nr. *****, von seiner Mutter geschenkt. Mit Notariatsakt vom 8. November 1974 übertrug er einen Hälfteanteil an dieser Liegenschaft der Antragstellerin. Das Einfamilienhaus ***** wurde auf dieser Liegenschaft in den Jahren 1974 bis 1977 errichtet, diente bis zur Scheidung der Ehe als Ehewohnung und wird seither weiterhin sowohl von der Antragstellerin mit den drei Kindern als auch vom Antragsgegner bewohnt, wobei der Antragsgegner das Schlafzimmer allein und die anderen Räumlichkeiten mitbenützt.

Mit ihrem am 2. März 1992 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrte die Antragstellerin die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens in der Weise, daß hinsichtlich des als Ehewohnung anzusehenden Einfamilienhauses die Benützung in der Weise geregelt werde, daß ihr die im Erdgeschoß gelegenen Räume und dem Antragsgegner das Dachgeschoß zuzuweisen seien. Der Hausrat sei in der Form aufzuteilen, daß der Antragstellerin im wesentlichen die Einrichtung der beiden Kinderzimmer und des Wohnzimmers und dem Antragsgegner die Küchen‑ und Schlafzimmereinrichtung zugewiesen werde. Später änderte die Antragstellerin ihre Aufteilungsvorschläge dahin ab, daß das Haus einem der Streitteile ins Alleineigentum zuzuweisen und dem anderen Teil Ausgleich in Form einer Geldleistung zu gewähren sei. Die Antragstellerin begehre für ihren Anteil an der Ehewohnung einen Betrag von S 705.000,‑ und die Zuweisung der Wohnungseinrichtung (ON 22). Von der Wohnungseinrichtung verlange die Antragstellerin nur die Zuweisung der Einrichtung der Kinderzimmer, des Staubsaugers und der Nähmaschine (ON 23). Später verlangte die Antragstellerin wieder die Aufteilung der Wohnungseinrichtung in anderer Weise (ON 26 S 119). Zuletzt machte die Antragstellerin den Vorschlag, ihre Liegenschaftshälfte dem Antragsgegner gegen Zahlung eines Betrages von S 300.000,‑ und gegen Zuweisung der Fahrnisse zu überlassen. Wenn der Antragsgegner nicht in der Lage sei, eine Ausgleichszahlung zu leisten, sei die Antragstellerin bereit, seine Liegenschaftshälfte gegen Leistung einer Ausgleichszahlung in gleicher Höhe wie von ihm angeboten in ihr Eigentum zu übernehmen (ON 33 S 157 ff).

Der Antragsgegner vertrat primär den Standpunkt, daß die Liegenschaft nicht der Aufteilung unterliege, weil ihm der Grund von seiner Mutter geschenkt worden sei und das Haus ausschließlich aus seinen Mitteln errichtet worden sei. Im Fall der Aufteilung sei die Liegenschaftshälfte der Antragstellerin ihm zu übertragen. Während der Antragsgegner zunächst (ON 26 S 111) eine Ausgleichszahlung von ca. S 250.000,‑ bis S 270.000,‑ anbot, erklärte er später, nicht in der Lage zu sein, der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung zu leisten (ON 33 S 163).

Das Erstgericht übertrug den Hälfteanteil des Antragsgegners an der Liegenschaft EZ ***** KG ***** Zug um Zug gegen Bezahlung einer Teilausgleichszahlung von S 300.000,‑ durch die Antragstellerin bis längstens 2 Monate nach Rechtskraft des Beschlusses unter Aufrechterhaltung sämtlicher im Grundbuch sichergestellter Verbindlichkeiten der Antragstellerin. Der Antragsgegner sei schuldig, Zug um Zug gegen Bezahlung einer Teilausgleichszahlung von S 300.000,‑ durch die Antragstellerin in die Einverleibung des Eigentumsrechtes auf seinem Hälfteanteil an der genannten Liegenschaft für die Antragstellerin einzuwilligen (Punkt 1 des Beschlusses). Die Antragstellerin sei schuldig, dem Antragsgegner bestimmte im einzelnen bezeichnete Fahrnisse aus der ehemaligen Ehewohnung zu überlassen (Punkt 2 des Beschlusses). Der Antragsgegner sei schuldig, die im Erdgeschoß und im Keller des Hauses ***** gelegenen Räume Zug um Zug nach Erhalt einer Teilausgleichszahlung von S 300.000,‑ bis längstens 2 Monate ab Rechtskraft des Beschlusses zu räumen und der Antragstellerin geräumt von seinen Fahrnissen zu übergeben (Punkt 3 des Beschlusses). Die Antragstellerin sei schuldig, dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung in der Höhe von S 600.000,‑ zu leisten. Davon sei ein Betrag von S 300.000,‑ bis längstens 2 Monate nach Rechtskraft des Beschlusses Zug um Zug gegen die Überlassung der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners von der Antragstellerin an diesen zu bezahlen. Der restliche Betrag von S 300.000,‑, sei bis längestens 5 Jahre nach Rechtskraft des Beschlusses zu bezahlen und ab Rechtskraft des Beschlusses bis zum Tag der Zahlung mit 4 % zu verzinsen (Punkt 4 des Beschlusses). Die Antragstellerin sei schuldig, nach erfolgter Übertragung der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners an sie ihre Liegenschaft EZ ***** KG ***** für die restliche Ausgleichszahlung von S 300.000,‑ samt 4 % Zinsen ab Rechtskraft des Beschlusses bis zum Tag der tatsächlichen Bezahlung zugunsten des Antragsgegners zum Pfand zu bestellen. Die Antragstellerin sei schuldig, nach Übertragung der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners an sie in die Einverleibung eines Pfandrechtes in der Höhe von S 300.000,‑ samt 4 % Zinsen ab Rechtskraft des Beschlusses zugunsten des Antragsgegners ob ihrer Liegenschaft EZ ***** KG ***** einzuwilligen (Punkt 5 des Beschlusses). Punkt 6 des Beschlusses des Erstgerichtes betrifft die Kostenentscheidung.

Das Erstgericht stellte abgesehen von dem bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt im wesentlichen folgendes fest:

Die Streitteile begannen im Jahr 1974 mit dem Hausbau, der teilweise mit Eigenmitteln und teilweise mit Krediten finanziert wurde. Die Arbeitsleistungen wurden hauptsächlich von den Streitteilen selbst und von Verwandten erbracht. Nur sehr selten wurden fremde Personen gegen Bezahlung mit der Durchführung einzelner Arbeiten beauftragt. Die Antragstellerin verrichtete am Bau die verschiedensten Arbeiten. So führte sie beim Kellerbau Planierungsarbeiten und die Rollierung durch; sie bediente die ganze Zeit die Mischmaschine und brachte die Ziegel. Sie half dem Antragsgegner auch bei der Verspachtelung der Deckenplatten. Unter der Woche führte sie Aufräumarbeiten durch und bereitete Verschiedenes für den Antragsgegner am Bau vor. Der Bruder des Antragsgegners mauerte unter Mithilfe der Streitteile das Haus von Grund auf. Der Antragsgegner selbst stellte die Zwischenmauern auf und führte den Innenausbau mit Rigipsplatten durch. Beide Streitteile verwendeten jede freie Minute, um den Bau weiter voranzutreiben. Verwandte beider Streitteile arbeiteten am Bau mit. Der Onkel der Antragstellerin stellte das Holz für den Dachstuhl zur Verfügung, das vom Antragsgegner und vom Onkel der Antragstellerin geschnitten wurde. Der Antragsgegner fertigte dem Onkel der Antragstellerin dafür einen Anhänger im Wert von S 10.000,‑ an. Die Großeltern der Antragstellerin stellten ihr von Juli 1974 bis Juli 1976 Barmittel in der Höhe von ca. S 30.000,‑ bis S 31.000,‑ zur Verfügung, ihre Eltern ca. S 10.000, ‑ ‑ bis S 12.000,‑. Auch dieses Geld wurde für den gemeinsamen Hausbau verwendet.

Der Wert des Grundes, auf dem das Haus errichtet wurde, beträgt derzeit S 188.555,‑, der Bauwert des Hauses S 1,222.408,39; daraus ergibt sich ein Gesamtwert der Liegenschaft von S 1,410.963,39.

Vom Beginn der Ehe bis zur Fertigstellung des Hauses im Jahre 1977 wohnten die Streitteile beim Bruder des Antragsgegners; sie mußten dafür eine monatliche Miete von ca. S 250,‑ zahlen.

Die Antragstellerin war zu Beginn der Ehe nicht berufstätig; sie führte den Haushalt und betreute die Kinder. Ab 1970 ging sie aushilfsweise arbeiten, und zwar insbesondere auf Landwirtschaften in der Nachbarschaft, wofür sie Naturalleistungen erhielt, die sie für den gemeinsamen Haushalt verwendete. Ab 1976 bis 1977 führte sie ständig Aushilfsarbeiten durch. So half sie von April 1977 bis Dezember 1978 an Wochenenden in einer Gastwirtschaft aus, wodurch sie pro Wochenende ca. S 200,‑ verdiente. In den Jahren 1977 bis 1979 war sie bei der Firma S***** beschäftigt, wo sie insgesamt ca. S 70.000,‑ verdiente. Danach verdiente sie durch gelegentliche Arbeiten als Aufräumerin pro Tag ca. S 300,‑ bis S 400,‑; dies jedoch nur stundenweise nach Bedarf. Seit Februar 1981 ist die Antragstellerin bis heute laufend bei der Gebäudereinigungsfirma M***** als Aufräumerin beschäftigt.

Der Antragsgegner ist von Beruf Maschinenschlosser. Er verdiente zu Beginn der Ehe ca. S 5.000,‑ bis S 6.000,‑ monatlich. Gegen Ende der Siebzigerjahre verdiente er ca. S 8.000,‑ bis S 9.000, ‑ monatlich und gegen Ende der Ehe S 7.000,‑ monatlich, weil er aus gesundheitlichen Gründen nur mehr 30 Stunden wöchentlich arbeiten konnte. In diesen Beträgen ist die Familienbeihilfe für die drei Kinder enthalten. Bis Ende 1980 bezog der Antragsgegner auch die Familienbeihilfe für den mj. Mario; er leistete auch Unterhalt für dieses Kind. Der Antragsgegner ist nunmehr infolge eines Hüftleidens zu 50 % Invalide; seine Erwerbsfähigkeit ist um 50 % gemindert. Vom 27. Mai 1983 bis 5. Jänner 1984 war er im Krankenstand und bezog ein Krankengeld von ca. S 6.000,‑. Seit 5. Jänner 1984 ist er arbeitslos; er hat keinerlei Arbeit in Aussicht. Seine bisherige Tätigkeit als Maschinenschlosser kann er nicht mehr fortsetzen, weil er nur mehr eine sitzende Tätigkeit ausüben können wird. Er wird daher höchstwahrscheinlich in einen anderen Beruf umgeschult werden. Die Umschulung sollte im März 1984 beginnen und ca. 1 1/2 Jahre dauern. Während dieser Zeit würde der Antragsgegner nur ein Taschengeld für seinen Lebensunterhalt beziehen.

Zum Zeitpunkt der Scheidung waren insgesamt noch gemeinsame Verbindlichkeiten von S 205.587,09 vorhanden, von denen ein Betrag von mindestens S 30.000,‑ für das Behindertenfahrzeug des Antragsgegners in Abzug zu bringen ist. Die übrigen Kredite wurden für den Hausbau verwendet. Sämtliche Kreditrückzahlungen wurden vom Antragsgegner geleistet. Auch nach der Scheidung leistete er weitere Rückzahlungen für das Haus in der Höhe von S 23.075,47 allein. Im Lastenblatt der Liegenschaft der Streitteile ist ein Pfandrecht in der Höhe von S 190.000,‑ s.A. und ein Veräußerungsverbot gemäß dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 zugunsten des Landes Steiermark einverleibt. Sonstige grundbücherliche Lasten sind nicht vorhanden. Für diesen Kredit der Steiermärkischen Landesregierung sind jährliche Rückzahlungsraten von S 1.916,‑ zu leisten, die in den Jahren 1982 und 1983 vom Antragsgegner geleistet wurden.

Auch nach der Scheidung bezahlte der Antragsgegner die Betriebskosten für das Haus zur Gänze allein. Die Antragstellerin finanzierte nur die Heizkosten mit; sie erhielt von ihrem Vater Brennholz. Die Antragstellerin führte auch nach der Scheidung teilweise den Haushalt für den Antragsgegner.

Die Streitteile hatten eine gemeinsame Kasse. Der Antragsgegner gab der Antragstellerin Wirtschaftsgeld, welches je nachdem, wieviel Geld für den Bau benötigt wurde, bemessen wurde. Der Rest wurde für den Bau verwendet. Auch die Antragstellerin legte ihr Einkommen, soweit sie nicht Naturalleistungen erhielt oder ihren Verdienst zusätzlich zum Wirtschaftsgeld für den Haushalt benötigte, in diese Kasse, aus der der Bau finanziert wurde.

Die Einrichtung des Hauses wurde teilweise aus der alten Wohnung mitgebracht und teilweise im Lauf der Zeit dazugekauft. Die Kinderzimmer fertigte der Antragsgegner unter Mithilfe der Antragstellerin selbst an; es wurde nur das Material gekauft. Das Schlafzimmer wurde von der Antragstellerin in die Ehe mitgebracht. Das Klavier erhielt der Antragsgegner von seinem Arbeitskollegen für Gegenleistungen geschenkt. Der Gesamtwert der ehelichen Fahrnisse beträgt S 41.380,‑.

Die Antragstellerin wäre in der Lage, dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung von ca. S 300.000,‑ mehr oder weniger in angemessener Frist zu leisten. Der Antragsgegner ist der Zeit nicht in der Lage, irgendeine Ausgleichszahlung zu leisten. Dazu wäre er frühestens in mehr als 1 1/2 Jahren nach erfolgter Umschulung und unter der Voraussetzung, daß er in seinem neuen Beruf Arbeit findet, in der Lage.

Eine Teilung der Erdgeschoßwohnung in zwei Wohnungen ist wirtschaftlich untunlich, da die Umbaukosten zur Schaffung von zwei Wohnungen, die der Steiermärkischen Bauordnung entsprechen, so groß sind, daß sie in keinem Verhältnis zum erzielten Wert stehen. Die Kosten für den Ausbau des Dachgeschoßes zu einer Wohneinheit würden S 970.113,07 betragen; sie stehen in keinem Verhältnis zur erzielten Wohnfläche. Auch die Adaptierung der Kellerräume für Wohnzwecke erfordert einen derart hohen Kostenaufwand, daß sie nicht als sinnvoll anzusehen ist.

Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, daß das aufzuteilende Gebrauchsvermögen von beiden Ehegatten erworben worden sei und das Gericht ohne Bindung an die Anträge der Parteien, jedoch deren Vorschlägen entsprechend nach Billigkeitsgrundsätzen vorzugehen habe. Im Hinblick darauf, daß eine Teilung des Hauses untuntlich sei und mit einem zu hohen Kostenaufwand verbunden wäre, käme im vorliegenden Fall nur eine Anordnung dahingehend in Frage, einem der Ehegatten die Liegenschaftshälfte des anderen zuzuweisen und diesem die Leistung einer Ausgleichszahlung aufzuerlegen. Werde bedacht, daß die Antragstellerin mit drei Kindern wohnversorgt werden müsse und überdies nach ihren Angaben im Gegensatz zum Antragsgegner in der Lage sei, diesen für die Überlassung seiner Liegenschaftsanteile zu entschädigen, sei die Übertragung der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners an die Antragstellerin begründet. Bei der Ausmittlung der Ausgleichszahlung sei zu berücksichtigen, daß die Antragstellerin nicht nur den Haushalt geführt, die Kinder betreut und beim Bau des Hauses mitgeholfen habe, sondern auch nebenbei fallweise einer Beschäftigung nachgegangen sei, weshalb ihr Beitrag jenem des Antragsgegners übersteige. Da jedoch der Antragsgegner auch nach der Scheidung für die Lasten der gemeinsamen Liegenschaft allein aufgekommen sei, könne zur Generalbereinigung ein von der Antragstellerin zu bezahlender Betrag von S 600.000,‑ als angemessen angesehen werden, Hievon seien S 300.000,‑ binnen zwei Monaten in Verbindung mit der Übertragung der Liegenschaftshälfte zu leisten, womit der Antragsgegner für sich eine entsprechende Wohnversorgung zu erlangen imstande sei. Der zweite Teil der Ausgleichszahlung im gleich hohen Betrag müsse bücherlich sichergestellt werden; für den Antragsgegner bestehe trotz des Vorpfandrechtes für das Land Steiermark auch bei einer allfälligen Zwangsversteigerung volle Deckung. Die Aufteilung der Fahrnisse sei in der von der Antragstellerin vorgeschlagenen Weise vorgenommen worden.

Rechtliche Beurteilung

Diese Entscheidung wurde von beiden Streitteilen mit Rekurs bekämpft.

Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs des Antragsgegners keine Folge. Hingegen gab es dem Rekurs der Antragstellerin teilweise Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes, den es in seinem Punkten 1 sowie 3 bis 6 bestätigte, in seinem Punkt 2 dahin ab, daß es eine andere Aufteilung der Einrichtungsgegenstände vornahm. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt.

Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, daß im Verfahren zur Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse eine quantitative Bindung des Gerichtes an die Anträge der geschiedenen Ehegatten bestehe. Qualitativ sei das Gericht aber nicht verpflichtet, sich an die Anträge oder Vorschläge der Ehegatten zu halten; es könne sogar eine von keinem Beteiligten vorgeschlagene Regelung treffen. Allerdings solle den Parteien nicht etwas aufgezwungen werden, was diese selbst nicht haben wollten.

Die Antragstellerin habe fristgerecht ihren Antrag auf „Aufteilung des Haushaltes und Zuweisung einer Wohnung“ gestellt. Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung nach § 85 EheG sollten daher die Ehewohnung (im gemeinsamen Einfamilienhaus) und der Hausrat sein. Die Modifikation des ursprünglichen Begehrens der Antragstellerin, das praktisch auf eine Benützungsregelung hinausgelaufen sei und die von ihr im Lauf des Verfahrens gemachten „Vorschläge“ könnten nicht dazu führen, die Entscheidung des Erstgerichtes als über einen bereits verspäteten Antrag getroffen anzusehen, zumal eine Erörterung und das Einholen weiterer Vorschläge durch das Gericht während des rechtzeitig eingeleiteten Verfahrens sogar geboten erscheine, um die letztlich nach Billigkeit zu treffenden Anordnungen zu ermöglichen. Der Einwand des Antragsgegners, seine geschiedene Gattin habe erst über zwei Jahre nach der Scheidung ihre Bereitschaft bekundet, seine Liegenschaftshälfte gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von S 300.000,‑ zu übernehmen, weshalb ihr Antrag in Bezug auf die Ehewohnung verspätet sei, treffe daher nicht zu.

Nach § 82 Abs. 2 EheG sei die Ehewohnung stets in die Aufteilung einzubeziehen, wenn ein Ehegatte zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse auf ihre Weiterbenützung angewiesen sei. Da die gesamte Familie nach wie vor im gemeinsamen Haus wohne und eine anderweitige Wohnversorgung nur mit einer Ausgleichszahlung erst geschaffen werden könnte, treffe diese Ausnahmsregelung des § 82 Abs. 2 EheG grundsätzlich auf beide Parteien zu. Der Umstand, daß das Grundstück, auf dem während der Ehe das Einfamilienhaus errichtet wurde, von der Mutter des Antragsgegners stamme, sei lediglich bei der Prüfung der beiderseitigen Beiträge von Belang. Der Finanzierung des Hausbaues durch Kredite, die der Antragsgegner aus seinem Einkommen zurückgezahlt habe, stünden die vom Erstgericht zutreffend dargelegten Leistungen der Antragstellerin bei der Schaffung und Wertsteigerung des ehelichen Gebrauchsvermögens gegenüber; darüber hinaus habe die Antragstellerin zwangsläufig auch einen Konsumverzicht in Kauf nehmen müssen, um den Bau des Hauses zu ermöglichen. Die Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit dem Haus ***** unterliege daher zweifellos der Aufteilung.

§ 84 EheG sehe eine Aufteilung in der Form vor, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berühren sollten. Dieser Grundsatz gehe jenem des § 90 EheG vor, wonach die Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen nur angeordnet werden dürfe, wenn eine billige Regelung in anderer Weise nicht erzielt werden könne. Das Erstgericht habe, abgesehen von der unbestrittenen wirtschaftlichen Unmöglichkeiten einer Realteilung der Liegenschaft, nur die Möglichkeit gehabt, entweder das Miteigentum der Streitteile an der Liegenschaft zu belassen und einem von ihnen die ausschließliche Benützung, allenfalls gegen Leistung eines monatlichen Entgeltes, einzuräumen oder einem von ihnen die Liegenschaftshälfte des anderen zu übertragen und diesem nach § 94 EheG die Leistung einer billigen Ausgleichszahlung aufzuerlegen. Ein Beibehalten des bisherigen Zustandes (gemeinsame Weiterbenützung der Liegenschaft) werde dem Gebot des § 84 EheG in Verbindung mit § 87 EheG nicht gerecht. Gegen die erster Variante spreche, daß der Kontakt zwischen den Streitteilen weiterhin, wenn auch in einem geringeren Ausmaß, aufrechterhalten würde und daß der die Liegenschaft räumende Ehegatte höchstens ein bescheidenes monatliches Benützungsentgelt bekäme, welches ihm kaum die Beschaffung einer eigenen Wohnung gestatte. Bei der mit Recht gewählten zweiten Lösungsmöglichkeit stelle sich die Frage, welchem der beiden Ehegatten die Liegenschaft als ganzes zukommen solle. Das überwiegende Verschulden der Antragstellerin an der Scheidung und die Tatsache, daß das Grundstück von der Familie des Antragsgegners herrühre, würden eine Entscheidung zugunsten des Antragsgegners rechtfertigen. Dem stünden aber andere Umstände gegenüber (Wohl der Kinder, Anbot einer kurzfristig zu leistenden Ausgleichszahlung, leichtere Wohnungsbeschaffung für eine einzelne Person), die eine Entscheidung zugunsten der Antragstellerin rechtfertigten. Der Hinweis des Antragsgegners auf anderslautende Entwürfe für eine außergerichtliche Regelung sei nicht zu beachten, weil derartige Vorschläge im Verfahren nicht gemacht worden seien und überdies – zumindest bisher – kein Konsens über eine derartige Regelung in allen Punkten eingetreten sei. Es sei einleuchtend, daß die Antragstellerin mit ihrem Lohn als Aufräumerin die Kreditrückzahlung nur schwer werde bewerkstelligen können. Jedoch sei nicht von der Hand zu weisen, daß diesem Angebot der Antragstellerin das Wissen um andere Finanzierungsmöglichkeiten (Wiederverehelichung ?) zugrunde gelegen sei. Die Übertragung der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners auf die Antragstellerin sei ohnehin von der Bezahlung der ersten Rate von S 300.000,‑ abhängig gemacht worden.

Bezüglich der Höhe der Ausgleichszahlung sei zu bedenken, daß zwar höhere Beiträge der Antragstellerin als erwiesen angenommen worden seien, daß jedoch der Antragsgegner den Grund für den Hausbau eingebracht und die mit der gemeinsamen Liegenschaft verbundenen Lasten auch noch nach der Scheidung allein getragen habe, sodaß eine Ausgleichszahlung von nur S 300.000,‑ zu gering sei. Überdies habe die Antragstellerin als letzte Lösung den Vorschlag gemacht, die Liegenschaft allein zu übernehmen, woraus auf eine mögliche Verkaufsabsicht ihrerseits geschlossen werden könnte. Unter diesem Aspekt läge eine krasse Benachteiligung des Antragsgegners vor, wenn er sich mit bloß 300.000,‑ abfinden lassen müßte. Der Betrag von S 600.000,‑ für die Liegenschaftshälfte sei als billige Ausgleichszahlung zu bezeichnen. Die vom Erstgericht der Antragstellerin für die restliche Ausgleichszahlung von S 300.000,‑ gewährte Frist von 5 Jahren gebe dieser die Chance, diesen Betrag innerhalb dieses Zeitraumes aufzubringen, sodaß nicht von vornherein von einer nicht zu verkraftenden Belastung der Antragstellerin gesprochen werden könne. Die lange Zahlungsfrist rechtfertige die Sicherstellung der restlichen Ausgleichsforderung durch Verpfändung der Liegenschaft und eine Verzinsung mit dem gesetzlichen Zinsfluß.

Von den Einrichtungsgegenständen sei entgegen der vom Erstgericht getroffenen Regelung die Kücheneinrichtung der Antragstellerin zuzuweisen.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionsrekurse beider Streitteile. Die Antragstellerin verlangt die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, daß ihr gegen Übertragung der Liegenschaftshälfte des Antragsgegners eine Ausgleichszahlung von S 300.000, ‑ auferlegt werde; der Antragsgegner stellt erkennbar den Rechtsmittelantrag, daß der Antrag, der Antragstellerin auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens hinsichtlich des gemeinsamen Hauses abgewiesen werde.

Die Antragstellerin hat eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag erstattet, dem Rechtsmittel des Antragsgegners nicht Folge zu geben.

Beide Rekurse sind zulässig und im Ergebnis auch berechtigt.

Soweit der Antragsgegner in seinem Rechtsmittel den Standpunkt vertritt, der Aufteilungsantrag der Antragstellerin sei im Hinblick auf seine mehrfache Abänderung im Verfahren erster Instanz im Sinne des § 95 EheG verfristet, kann ihm nicht gefolgt werden. Das Rekursgericht hat zutreffend ausgeführt, daß der Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens im Sinne der §§ 81 ff EheG insoweit für das Verfahren quantitativ bindend ist, als es dem Antragsteller freisteht, den Umfang des aufzuteilenden Vermögens durch seine Antragstellung zu beschränken. Die Art der vom Antragsteller angestrebten Regelung ist aber für das Gericht nicht bindend; es hat vielmehr die Anordnungen zu treffen, die den Aufteilungsgrundsätzen am ehesten gerecht werden (SZ 53/81 mit weiteren Hinweisen ua.). Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin bereits in ihrem das Verfahren einleitenden Antrag den Umfang des aufzuteilenden ehelichen Gebrauchsvermögens genau abgegrenzt, nämlich auf die Ehewohnung (das ist die den Parteien gemeinsam gehörige Liegenschaft mit dem darauf errichteten Haus) und die in dieser befindliche Einrichtung. Da dieser Antrag innerhalb der Jahresfrist des § 95 EheG gestellt wurde, kann von einer Verfristung des Aufteilungsanspruches der Antragstellerin im Sinne dieser Gesetzesstelle keine Rede sein, auch wenn sie ihre Vorschläge über die Art der Durchführung dieser Aufteilung im Verfahren erster Instanz mehrmals, auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG, änderte.

Dem Antragsgegner ist auch nicht zu folgen, wenn er darzutun versucht, daß die gemeinsame Liegenschaft nicht der Aufteilung nach den Vorschriften der §§ 81 ff EheG unterliege, weil sie dem Antragsgegner von seiner Mutter geschenkt worden sei. Die gemeinsame Liegenschaft mit dem darauf errichteten Einfamilienhaus bildet ein einheitliches Rechtsobjekt und diente im Sinne des § 81 Abs. 2 EheG während der aufrechten ehelichen Gemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten als Ehewohnung. Nach den Intentionen des Gesetzgebers soll der Aufteilung Vermögen unterliegen, das die Ehegatten gemeinsam geschaffen haben und zu dessen Erwerb sie während der Ehe beigetragen haben (SZ 53/52 ua). Da nach den Feststellungen der Vorinstanzen beide Ehegatten zur Errichtung des als Ehewohnung dienenden Einfamilienhauses während aufrechter Ehe beigetragen haben und damit dieses Gebrauchsvermögen gemeinsam geschaffen haben, unterliegt es, obwohl der Grund dem Antragsgegner von seiner Mutter geschenkt wurde, schon im Sinne der Vorschrift des § 81 EheG der Aufteilung, ohne daß es erforderlich wäre, auf die Vorschrift des § 82 Abs. 2 EheG weiter einzugehen.

Soweit sich der Antragsgegner aber gegen die Art der von den Vorinstanzen vorgenommenen Aufteilung wendet, kann seinem Rechtsmittel im Ergebnis Berechtigung nicht abgesprochen werden.

Gemäß § 84 EheG soll die Aufteilung so vorgenommen werden, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berühren. Dies bedeutet, daß im vorliegenden Fall, in dem nach den Feststellungen der Vorinstanzen eine Aufteilung der Räume des gemeinsamen Hauses zwischen den Ehegatte in der Weise, daß sie völlig getrennt voneinander wohnen könnten, nicht in Betracht kommt, nur einem von ihnen die ausschließliche Benützung des gemeinsamen Hauses eingeräumt werden kann, während der andere auf entsprechende Ausgleichsleistungen verwiesen bleiben muß.

Welchem der beiden Streitteile die ausschließliche Benützung des gemeinsamen Hauses ermöglicht werden soll, wird nach den im § 83 EheG normierten Aufteilungsgrundsätzen zu beurteilen sein. Dabei wird unter anderem zu berücksichtigen sein, ob einer der beiden Ehegatten eine andere Wohnmöglichkeit hat. Dies läßt sich auf Grund der bisher getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht beurteilen. Der allein festgestellte Umstand, daß beide Streitteile nach wie vor im gemeinsamen Haus wohnen, sagt nichts darüber, ob nicht einer von ihnen eine andere Wohnmöglichkeit hat.

Im übrigen darf gemäß § 90 Abs. 1 EheG die Übertragung des Eigenheims an unbeweglichen Sachen oder die Begründung von dinglichen Rechten daran nur angeordnet werden, wenn eine billige Regelung in anderer Weise nicht erzielt werden kann. Ob im vorliegenden Fall eine den Grundsätzen der Billigkeit entsprechende Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung nur durch die Übertragung des Eigentumsanteiles des einen Ehegatten an der gemeinsamen Liegenschaft an den anderen gegen Bestimmung einer angemessenen Ausgleichszahlung erfolgen kann, wird erst dann beurteilt werden können, wenn klargestellt ist, daß eine solche Regelung durch Begründung eines schuldrechtlichen Benützungsverhältnisses (§ 89 EheG) oder allenfalls durch Begründung eines dinglichen Gebrauchsrechtes (§ 90 Abs. 1 EheG) für den Streitteil, dem die ausschließliche Benützung des gemeinsamen Hauses – und zwar gegen Leistung einer angemessenen Ausgleichszahlung – einzuräumen ist, nicht möglich ist.

Es wird daher nach erschöpfender Klärung der Frage, welchem der beiden Streitteile nach den im § 83 EheG normierten Aufteilungsgrundsätzen die ausschließliche Benützung des gemeinsamen Hauses zu überlassen ist, mit den Parteien zu erörtern sein, ob diese Regelung nicht dadurch erreicht werden kann, daß diesem Streitteil – gegen Leistung einer angemessenen Ausgleichszahlung – durch Begründung eines schuldenrechtlichen, allenfalls eines dinglichen Benützungsrechtes die ausschließliche Benützung des gemeinsamen Hauses ermöglicht wird, wobei durch die anzuordnende Ausgleichszahlung nur der Verlust der Gebrauchsmöglichkeit der Liegenschaft für den Betroffenen abzugelten wäre. Erst dann, wenn sich herausstellen sollte, daß eine derartige Regelung nicht in Betracht kommt, wird mit der Übertragung des Eigentumsanteiles eines Ehegatten an der gemeinsamen Liegenschaft auf den anderen gegen entsprechende Ausgleichszahlung vorgegangen werden können.

Bei Aufteilung der Einrichtungsgegenstände wird auf die Aufteilungsanordnung bezüglich der Ehewohnung Bedacht zu nehmen sein.

Die Antragstellerin ist mit ihren Rechtsmittelausführungen, die nur die Höhe der ihr auferlegten Ausgleichszahlung zum Gegenstand haben, auf die obigen Ausführungen zu verweisen.

Da sich somit eine Ergänzung des Verfahrens in erster Instanz als notwendig erweist, um eine erschöpfende Beurteilung in dieser Aufteilungssache zu ermöglichen, waren in Stattgebung der vorliegenden Rechtsmittel die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufzutragen.

Der Vorbehalt der Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 234 AußStrG.

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