Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 39.799,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von 6.600 S und die Umsatzsteuer von 3.018,15 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte die Feststellung, daß der von den Streitteilen am 17.Juni 1983 unterschriebene Kaufvertrag über Teile der Liegenschaft EZ 477 des Grundbuches über die Katastralgemeinde Oberlaa-Land, Gerichtsbezirk Favoriten, keine Rechtsverbindlichkeit habe. Sie brachte hiezu vor, daß der Gesamtwert der Liegenschaft EZ 477 KG Oberlaa-Land ca. 60 - 70 Millionen S betrage, demnach der Wert des Drittelanteiles der Klägerin ca. 20 - 23 Millionen S. Alois P***, der Geschäftsführer der Beklagten, habe die Klägerin überredet, den von Rechtsanwalt Dr. Friedrich W*** verfaßten Vertrag über den Verkauf eines noch gar nicht existierenden Bauplatzes A der - ebenfalls noch nicht real
geteilten - Liegenschaft EZ 477 KG Oberlaa-Land an die Beklagte zu einem Kaufpreis von 10,000.000 S zuzüglich der Übernahme einer bei der R*** W*** reg. Genossenschaft m.b.H. aufgenommenen Darlehensschuld von 4,375.000 S zu unterfertigen. Dabei habe die Klägerin den Sonderversprechungen des Alois P***, welche in der Folge nicht in den Vertragstext aufgenommen worden seien, Glauben geschenkt. Die Klägerin habe nicht erkannt, daß mit dem Vertrag ein Bauplatz verkauft werden sollte, der weder bei Vertragsunterfertigung existierte, noch später geschaffen werden konnte, weil weder die behördlichen Genehmigungen, noch die Zustimmung aller Miteigentümer vorlag. Auch entspreche der Kaufvertrag hinsichtlich des Kaufpreises nicht dem Parteiwillen. Für die Klägerin sei klar gewesen, daß das Gesamtentgelt 14,375.000 S betrage; nach Unterfertigung des Vertrages habe jedoch Rechtsanwalt Dr. Friedrich W*** der Klägerin erläutert, daß die Darlehensforderung der R*** W*** reg. Genossenschaft m. b.H. mit einem Höchstbetrag von 4,375.000 S entgegen dem Wortlaut des Punktes 5. des Kaufvertrages vom 17.Juni 1983 nicht von der Beklagten, sondern von der Klägerin zu tilgen sei. Dem Kaufvertrag komme auch deshalb keine Rechtswirksamkeit zu, weil in dessen Punkt XI. in der Aufsandungsklausel die Klägerin als Eigentümerin der Liegenschaft bezeichnet werde und damit die Tatsache des Bestehens einer Miteigentümergemeinschaft übergangen worden sei. Der Liegenschaftsmiteigentümer Viktor A*** habe am 14.Dezember 1982 nicht der in dem Kaufvertrag erwähnten Realteilung zugestimmt. Aus dem Schreiben des Viktor A*** an Rechtsanwalt Dr. Friedrich W*** vom 29.September 1982 ergäbe sich, daß Viktor A*** seine Zustimmung zur Realteilung von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht habe; diese Bedingungen seien in der Folge nie eingetreten. Die Unmöglichkeit der Durchführung des Teilungsplanes des Dipl.Ing.Manfred E*** sei mangels Zustimmung des Viktor A*** zur Realteilung von Anfang an gegeben gewesen. Die Klägerin habe keine gegen Treu und Glauben verstoßenden Handlungen gesetzt. Sie sei auch nicht in Annahmeverzug geraten, weil von der Beklagten eine Bezahlung des Kaufpreises nicht angeboten worden, beziehungsweise eine Zahlung nicht erfolgt sei. Die Beklagte habe in dem beim Landesgericht für ZRS Wien zu 29 Cg 435/84 anhängigen Verfahren (O*** gegen P*** wegen Abgabe einer Willenserklärung) selbst vorgebracht, daß der hier streitgegenständliche Kaufvertrag mit Nichtigkeit behaftet sei.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, daß der strittige Kaufvertrag "grundsätzlich mit dem ersten Kaufvertrag aus Oktober 1982 übereinstimme" und lediglich als eine Anpassung an die zitierten Teilungspläne und an die zwischen den Miteigentümern am 14.Dezember 1982 abgeschlossene Vereinbarung über die Realteilung zustande gekommen sei. Der Verkehrswert der Liegenschaft betrage nur etwa 35 Millionen S, der Wert des Anteiles der Klägerin liege wegen der Schwierigkeiten bei der Verwertung ideeller Miteigentumsanteile unter 1/3 des Gesamtwertes. Die in Punkt V. des Vertrages enthaltene Regelung für die Lastenfreistellung - ausgenommen das Pfandrecht für die R*** W*** reg. Genossenschaft m.b.H. für einen Höchstbetrag von 4,375.000 S - habe darauf abgestellt, daß die Übergabe und Übernahme des Kaufobjektes in den rechtlichen Besitz und Genuß der Käuferin mit dem Tag der Vertragsunterfertigung durch die Verkäuferin zu erfolgen habe, die Tilgung der vorerwähnten pfandrechtlich gesicherten Forderung jedoch erst bis zum 30. September 1984 erfolgen sollte. Aus dieser Regelung könne daher nicht abgeleitet werden, daß die Beklagte als Käuferin die Darlehensvaluta aufzubringen habe und deshalb der Gesamtkaufpreis 14,375.000 S betrage. Es sei somit völlige Einigung der Vertragsparteien über das Kaufobjekt und den Preis erzielt worden. Die Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages sei vom Eintritt zweier Bedingungen, nämlich "von der fristgerechten Kaufpreisabdeckung durch die Käuferin" und von der grundbücherlichen Durchführung der Realteilung laut dem Teilungsplan des Dipl.Ing. Manfred E*** abhängig gemacht worden. Die Klägerin habe gegen Treu und Glauben verstoßend den Eintritt beider Bedingungen vereitelt. Sie habe in Punkt I/2 des Kaufvertrages die der Beklagten gegebene und für die Auflösung des Vertrages vom 1.Oktober 1982 maßgebliche Zusicherung bestätigt, daß zwischen allen Liegenschaftseigentümern, also auch mit Viktor A***, eine Einigung über die Realteilung erfolgt sei. Im Herbst 1982 sei in wiederholten Verhandlungen zwischen allen Miteigentümern, also auch mit Viktor A***, eine Einigung über eine Realteilung der Liegenschaft im Sinne der von Geometern Dipl.Ing. E*** (am 14.September 1982) und Dipl.Ing. F*** (am 24.Februar 1983) erstellten Pläne erzielt worden. Es sei der Beklagten aber nicht bekannt geworden, daß die Rechtsnachfolger nach dem am 14.Jänner 1983 verstorbenen Viktor A*** einer Realteilung laut dem Teilungsplan des Dipl.Ing. E*** zugestimmt hätten. Das Ausbleiben der behördlichen Genehmigung der Realteilung sei nicht auf die durch das Ableben des Viktor A*** eingetretene Verfahrenshemmung, sondern darauf zurückzuführen, daß die Klägerin, gegen Treu und Glauben verstoßend, durch direkte Intervention beim Magistrat der Stadt Wien die Durchführung des von Dipl.Ing. Manfred E*** erstellten Teilungsplanes zu verhindern versucht habe. Der Klagevertreter habe mit Schreiben vom 27.Dezember 1983 dem Dipl.Ing.Raimund F*** mitgeteilt, daß mit gleicher Post die Magistratsabteilung 64 davon verständigt werde, daß eine Einigung über die Realteilung der Liegenschaft EZ 477 KG Oberlaa-Land nicht zustande gekommen und daher der seinerzeit von Dipl.Ing.E*** der Behörde vorgelegte Teilungsplan gegenstandslos sei. Laut einem Schreiben des Magistrates der Stadt Wien vom 9.November 1983 hätten gegen die Durchführung des erwähnten Teilungsplanes seitens des Magistrates vom baubehördlichen Standpunkt keine Bedenken bestanden. Der wahre Hintergrund für das Begehren der Klägerin auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Kaufvertrages sei die beabsichtigte Veräußerung ihres Anteiles an Dritte. Da die Klägerin die Erfüllung der beiden genannten Bedingungen vereitelt habe, müsse sie gegen sich die Bedingungen als eingetreten gelten lassen. Die Klägerin sei hinsichtlich des zum 30.September 1984 fällig gewesenen Restkaufpreises in Annahmeverzug geraten. Auch aus diesem Grund dürfe sich die Klägerin nicht auf die auflösende Bedingung des Punktes VIII/1 des Vertrages berufen. Die Beklagte habe in dem vor dem Landesgericht für ZRS Wien zu 29 Cg 435/84 geführten Verfahren die Unwirksamkeit des Dissolutionsvertrages vom 30.Mai 1983/5.Juli 1983 nur für den Fall behauptet, daß die Wirksamkeit des Kaufvertrages vom 17.Juni 1983 verneint werde.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge, bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs. 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das Berufungsurteil aufzuheben oder die Urteile der ersten und zweiten Instanz dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Beklagte macht in der Revision unter dem Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z 2 ZPO nur geltend, daß sie im Berufungsverfahren vergeblich eine Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens gerügt habe, weil das Erstgericht a) Hermine A*** nicht als Zeugin einvernommen habe; ferner daß b) die Zeugenaussage Dr. K*** im Verhandlungsprotokoll vom 9.Juli 1985 unvollständig wiedergegeben wurde. Die ergänzende Einvernahme des Beklagtenvertreters im Berufungsverfahrens sei vergeblich beantragt worden. Die Verfahren erster und zweiter Instanz seien daher mangelhaft geblieben; "hätte nämlich der verstorbene Viktor A*** c) die Teilungsvereinbarung vom 14. Dezember 1982 genehmigt gehabt, wäre der streitgegenständliche Kaufvertrag in Rechtskraft erwachsen." Gerade im vorliegenden Verfahren wären die Vorinstanzen verpflichtet gewesen, die Tatfrage einer besonders genauen und gründlichen Prüfung zu unterziehen; diese sei aber unvollständig gelöst geblieben.
Unter Heranziehung des Revisionsgrundes nach § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO wird wiederum nur releviert, daß das Verhandlungsprotokoll vom 9. Juli 1985 unrichtig übertragen worden sei. Die Zeugenaussage sei zwar richtig und vollständig diktiert worden; erst als der Beklagten - "gegen Ende der Rechtsmittelfrist und 6 Monate nach der Tagsatzung vom 9.Juli 1985 die Ausfertigung der Übertragung des Verhandlungsprotokolles zugestellt wurde" - sei sie in der Lage gewesen festzustellen, daß die Übertragung unvollständig geblieben war. Das Berufungsgericht habe daher zu Unrecht den Beweisantrag auf ergänzende Einvernahme des Zeugen Dr. K*** verworfen. d) Schließlich werde wie zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens "die Unterlassung der Erörterung von entscheidungswesentlichen Tatsachen gerügt."
Hiezu ist auszuführen:
Nach ständiger Rechtsprechung kann ein angeblicher Verfahrensmengel erster Instanz, der vom Berufungsgericht nicht als solcher anerkannt wurde, im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg gerügt werden (SZ 22/106; SZ 50/14; SZ 51/8; zuletzt etwa 3 Ob 569/85 uza). Da das Berufungsgericht zu lit. a (S 15 und 16 des Berufungsurteiles) und zu lit. b (S 18 bis 20 des Berufungsurteiles) ausdrücklich das Vorliegen eines Verfahrensmangels erster Instanz verneinte, können diese Fragen im Revisionsverfahren im Sinne der dargestellten Judikatur nicht mehr neuerlich aufgerollt werden. Eine weitere Begründung für diese der ständigen Rechtsprechung entsprechenden Grundsätze ist im übrigen zufolge § 510 Abs. 3 ZPO nicht zu geben. Soweit schließlich die unrichtige oder unvollständige Lösung von Tatfragen releviert wird, ist darauf zu verweisen, daß der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz ist und mit Beweisfragen nicht mit Erfolg konfrontiert werden kann. Wenn daher das Berufungsgericht zur Rüge lit. c ausdrücklich feststellte, daß die von der Rechtsmittelwerberin vermißte Feststellung - wonach Viktor A*** die Teilungsvereinbarung vom 14.Dezember 1982 doch genehmigt habe - aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens nicht abzuleiten ist (S 20 des Berufungsurteiles), kann dem im Revisionsverfahren nicht entgegengetreten werden; auch die Feststellung, daß etwas nicht festgestellt werden kann, ist eine Tatsachenfeststellung, deren Überprüfung dem Obersten Gerichtshof entzogen ist (JBl. 1981, 206; ZVR 1982/16; 8 Ob 186/82; 8 Ob 514/85 uza).
Die als Rechtsrüge bezeichneten, in Wirklichkeit aber wiederum eine unzulässige Verfahrens- und Beweisrüge darstellenden weiteren Ausführungen der Revisionswerberin darüber, daß das Verhandlungsprotokoll unrichtig sei, wurde bereits oben jenen Grundsätzen zugeordnet, wonach die Verneinung eines Verfahrensmangels erster Instanz durch das Berufungsgericht nicht mehr revisibel ist. Auch soweit in diesem Zusammenhang bekämpft wird, daß der Beklagtenvertreter im Berufungsverfahren nicht ergänzend vernommen wurde, wird keine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Nach Judikatur und Literatur sind zwar Tatsachen und Beweismittel zur Dartuung oder Widerlegung der geltend gemachten Rechtsmittelgründe vom Neuerungsverbot des § 482 ZPO ausgenommen; diese Ausnahmevorschrift ermöglicht aber keine Neuerungen zur Stützung oder Widerlegung des Sachantrages, sondern nur solches Vorbringen, das den konkreten Rechtsmittelgrund selbst betrifft (Fasching, Zivilprozeßrecht Rdz 1730). Zur Unterstützung des Berufungsgrundes der unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung dürfen neue Beweismittel nicht vorgebracht werden (JBl. 1968, 89; JBl. 1958, 150; EFSlg. 41.719; 6 Ob 545, 546/86 uva): Die Einvernahme Dris. K*** wurde aber ausdrücklich zum Beweis dafür beantragt (AS 289), "daß die Klägerin auch ihm gegenüber die Zustimmung des Miteigentümers Viktor A*** zur Liegenschaftsteilung gemäß Vereinbarung vom 14.Dezember 1986 mitgeteilt hat". Im übrigen hat sich das Berufungsgericht eingehend mit der Behauptung der unvollständigen Protokollierung der Aussage des Beklagtenvertreters durch die erste Instanz auseinandergesetzt und das Vorliegen eines Verfahrensmangels diesbezüglich ausdrücklich verneint. Es ist daher wiederum auf die oben dargestellten Grundsätze zu verweisen, die auch nicht über den Umweg der Behauptung eines damit korrespondierenden Verfahrensmangels zweiter Instanz zum Tragen kommen können. Soweit schließlich zu lit. d) die in der Verfahrensrüge geltend gemachten Anfechtungspunkte vorsorglich auch unter dem Gesichtspunkt einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhoben werden, stehen den von der Beklagten nunmehr bloß summarisch gehaltenen Darlegungen die bereits oben behandelten Grundsätze entgegen. Eine Rechtsrüge, die zumindest hinsichtlich irgend einer Rechtsfrage gesetzmäßig ausgeführt sein müßte (JBl. 1957, 566; SZ 41/68 ua), ist in diesen Ausführungen nicht zu erblicken.
Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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