Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird dahin Folge gegeben, daß die über Dr.Karl P*** verhängte Freiheitsstrafe auf 5 (fünf) Jahre erhöht wird.
Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil (das auch einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch enthält) wurde der am 10.Juli 1943 geborene, suspendierte Richter des Bezirksgerichtes Voitsberg Dr.Karl P*** des Verbrechens der Freiheitsentziehung nach dem § 99 Abs. 1 und 2, 1. bis 3. Fall StGB (A) und des Vergehens des Quälens und Vernachlässigens eines Unmündigen, Jugendlichen und Wehrlosen nach dem § 92 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (B) schuldig erkannt. Darnach hat Dr.P*** in Paldau teils durch eigenes Tun, teils durch Unterlassung der Abwendung des Erfolges der von seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau Eva Maria P*** und der gesondert verfolgten Maria H*** begangenen Straftaten, zu welcher Abwendung er zufolge einer ihn als Adoptiv- bzw Pflegevater der Opfer im besonderen treffenden Verpflichtung verhalten war, wobei die Unterlassung der Erfolgsabwendung einer Verwirklichung des gesetzlichen Tatbildes durch ein Tun gleichzuhalten ist (§ 2 StGB):
A. im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken mit Eva Maria P*** und Maria H*** nachgenannte Personen widerrechtlich gefangengehalten oder gefangenhalten lassen, wobei er die Freiheitsentziehung teilweise länger als einen Monat aufrechterhielt und zum Teil auf solche Weise, daß sie den Festgehaltenen besondere Qualen bereitete, und unter solchen Umständen, daß sie für sie mit besonders schweren Nachteilen verbunden war, beging, indem die Festgehaltenen teils den Einwirkungen empfindlicher Kälte und ihrer eigenen Exkremente ausgesetzt waren, teils auch durch Anhaltung in Kellern und durch Verweigerung ausreichender Nahrung, und zwar
I. Elisabeth M***
1. im September oder Oktober 1983 während der Dauer von zwei Wochen,
2. im November 1983 während der Dauer einer Woche im Schutzraum und anschließend für die Dauer von weiteren vier Wochen im Haus,
3. im Februar 1984 während der Dauer von zwei Wochen;
II. Kurt P***
1. in der Zeit von 1983 bis Sommer 1984 mehrmals jeweils für die Dauer eines Tages oder einer Nacht oder zumindest mehrerer Stunden,
2. und 3. im Dezember 1983 bzw in der Karwoche 1984 je während vier Tagen,
- 4. vom 3.Juni bis 7.Juni 1984,
- 5. am 1.Juli 1984 während der Dauer eines Tages und einer Nacht;
III. Gabriele R***
- 1. im Sommer 1982 drei Tage und drei Nächte,
- 2. in der Zeit vom 10.Februar bis Ende 1983 zu wiederholten Malen durch Anketten an einem Bett während der Nachtstunden;
IV. Franz P*** in der Zeit von Sommer 1983 bis Sommer 1984 mehrmals jeweils für die Dauer einer Nacht oder zumindest mehrerer Stunden;
B. teils im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbarer Täter mit Eva Maria P*** und Maria H***, teils allein nachgenannten Personen, welche seiner Fürsorge und Obhut unterstanden und (teilweise) das 18.Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und wegen Schwachsinns und Krankheit wehrlos waren, durch nachangeführte Handlungen körperliche und seelische Qualen zugefügt (§ 92 Abs. 1 StGB), teilweise seine Verpflichtung zur Fürsorge und Obhut solchen Menschen gegenüber gröblich vernachlässigt und dadurch, wenn auch nur fahrlässig, deren Gesundheit und körperliche Entwicklung beträchtlich geschädigt (§ 92 Abs. 2 StGB), nämlich
I. Kurt P***
1. im Frühjahr 1981 durch heftige Schläge mit einer Maisstange auf den Rücken und Duldung der Verabreichung zahlreicher heftiger Ohrfeigen durch die Mittäter,
2. im Jänner 1984 dadurch, daß er ihm Faustschläge gegen den Körper und Tritte gegen die Oberschenkel versetzte sowie ihn in eine Zimmerecke schleuderte;
II. Gabriele R***
1. am 10.Februar 1983 durch Duldung von Schlägen mit einer Krücke durch Maria H*** sowie durch Versetzen zahlreicher heftiger Ohrfeigen nach einem Selbstmordversuch;
2. am 10.Februar 1983, indem er es unterließ, die von Gabriele R*** bei dem Selbstmordversuch erlittene Verletzung (Zerrung und Bluterguß am rechten Sprunggelenk) einer ärztlichen Behandlung zuzuführen;
3. zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Sommer 1982, indem er ihr in wenigstens zweimaligen Angriffen heftige Ohrfeigen versetzte, wobei sie in zumindest einem Fall heftiges Nasenbluten erlitt;
III. Franz P***
1. im Frühjahr 1984 durch zahlreiche Schläge mit einem Besenstiel gegen Hände und Schulter;
2. im Oktober 1984 durch heftige Schläge mit einer mit scharfen Spitzen versehenen Mistgabel gegen den Rücken;
3. in der Zeit von 1982 bis 1984 in wiederholten Angriffen durch zahlreiche Schläge mit verschiedenen Gegenständen und durch Verabreichen heftiger Ohrfeigen;
IV. Jacqueline P*** im Sommer 1984 (im Urteil offenbar verschrieben: September 1983) dadurch, daß er sie im Zusammenwirken mit Eva Maria P*** und Maria H*** durch Festhalten und gewaltsames Öffnen des Mundes zwang, erbrochenes Essen wieder zu schlucken;
V. Elisabeth M*** Ende 1983-Anfang 1984, indem er es unterließ, die von ihr anläßlich der Freiheitsentziehung im November 1983 und Februar 1984 (A I 2 und 3) erlittenen Erfrierungen ärztlicher Behandlung zuzuführen.
Diesen Schuldspruch ficht der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an, wogegen den Strafausspruch die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte mit Berufung bekämpfen.
Zu der mit der Mängelrüge (Z 5) relevierten Garantenstellung des Angeklagten in jenen Fällen, in denen sein deliktisches Verhalten nicht in einem aktiven Tun, sondern in einer pflichtwidrigen Unterlassung der Erfolgsabwendung bestand, die einer Verwirklichung durch ein Tun gleichzuhalten ist (Begehung durch Unterlassung: § 2 StGB), traf das Schöffengericht folgende wesentliche Feststellungen:
Der Angeklagte - der seit 1.Juli 1979 Rechtspraktikant, seit März 1982 Richteramtsanwärter und seit dem 1.Jänner 1984 Richter des Bezirksgerichtes Voitsberg war - und seine am 27.März 1985 in der Untersuchungshaft durch Selbstmord verstorbene Gattin Eva Maria P*** gründeten - nachdem sie schon vorher in Wien psychisch und physisch geschädigte Kinder familiär aufgenommen und adoptiert hatten - im Jahr 1979 das Modell eines "Sozialprojektes", das in der Aufnahme physisch und psychisch stark behinderter Personen, insbesondere von Kindern in den Familienverband (der Ehegatten P***) bestehen sollte, um solcherart die Voraussetzung für eine bestmögliche "alternative" Pflege und Erziehung zu schaffen. Zu diesem Zweck erwarben die Eheleute P*** mit finanzieller Hilfe der Stadt Wien ein landwirtschaftliches Gut in Paldau (Häusla Nr 15), bestehend aus ca 3 ha Wald, 5 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und einem alten Bauernhaus. Für dessen Sanierung sowie für den Bau eines weiteren Hauses wurden Mittel zahlreicher öffentlicher Institutionen und privater Spender in Anspruch genommen. Der Angeklagte identifizierte sich nach außen hin vorbehaltlos mit dem Projekt, beteiligte sich in besonderem Maße an dessen Aufbau und wirkte an der Öffentlichkeitsarbeit mit. Ab seiner Ernennung zum Richter trat er zwar in der Öffentlichkeit etwas in den Hintergrund, setzte jedoch bis zu dem mit der Verhaftung seiner Ehefrau eingetretenen offiziellen Zusammenbruch des Projektes weiterhin seine Autorität, insbesondere als Richter, ein, wenn es darum ging, gegen Kontrollen durch die Fürsorgebehörde oder Erhebungen der Gendarmerie aufzutreten, um die immer lauter werdende Kritik (am Projekt) zurückzuweisen. Nicht nur nach außen, sondern auch innerhalb des Projektes hatte der Angeklagte tatsächlich die einem Adoptiv- oder Pflegevater zukommende Stellung inne, auch gegenüber den bereits großjährigen, doch geistig und körperlich schwer gestörten Kuranden Elisabeth M*** und Gabriele R***, die überdies
vollentmündigt war. Er galt bei sämtlichen Pfleglingen als "Papa" bzw "Vater", übte zusammen mit seiner Frau die Erziehungsgewalt über die Adoptiv- und Pflegekinder aus und beteiligte sich an der Pflege sämtlicher in das Projekt Integrierter, wobei eine interne Kompetenzabgrenzung zwischen ihm und seiner Frau weder bestand noch praktisch überhaupt durchführbar gewesen wäre, zumal die Grundidee des Projektes darin lag, die Behinderten in den Familienverband zu integrieren und ihnen solcherart sowohl Mutter als auch Vater - letzteren in der Person des Angeklagten - zu bieten. Der Angeklagte billigte die Ansichten und konkreten Maßnahmen seiner Ehefrau, nahm regen Anteil am Familienleben (Zusammenleben im Sozialmodell) und verbrachte seine Freizeit nahezu ausschließlich auf dem Anwesen in Paldau. Vom Vorsteher des Bezirksgerichtes Voitsberg hatte er sogar die Bewilligung erwirkt, an zwei Werktagen pro Woche nicht an seinen Dienstort zu kommen, sondern seine richterlichen Agenden zu Hause zu erledigen.
Dr.P*** war damit einverstanden, daß die im Februar 1980 auf das Gut in Paldau aufgenommene (in einem gesonderten Verfahren verfolgte) Haushälterin Maria H*** alsbald zur Stellvertreterin seiner Frau und damit zur "Erziehungsautorität" gegenüber den Pfleglingen aufrückte und diese Funktion auch faktisch ausübte; ihre im Laufe der Jahre begangenen schweren Verfehlungen kannte, duldete und billigte er.
Von den - zuvor teils in Heimen, teils in Krankenanstalten untergebrachten - Opfern der urteilsgegenständlichen Übergriffe waren der am 3.Mai 1969 geborene Kurt P*** und der am 29.Mai 1966 geborene Franz P*** Wahlkinder des Angeklagten (Adoption des ersteren im Jahr 1977, des letzteren am 7.Dezember 1983), nachdem sie vordem (ersterer im August 1976, letzterer im September 1982) schon als Pflegekinder in den Familienverband aufgenommen worden waren. Die am 26.Juni 1968 geborene Jacqueline P***, deren Adoption von den Eheleuten P*** ebenfalls beabsichtigt war, kam im Sommer 1983 als Pflegekind zu ihnen. Auch die Pflege der am 13. Juli 1963 geborenen Elisabeth M*** und der am 12. Februar 1960 geborenen Gabriele R***, beide zwar großjährig - jedoch (worauf näher einzugehen sein wird) zufolge Schwachsinns, Verhaltensgestörtheit, bzw R*** auch wegen Epilepsie mit psychogenen und organischen Ausfällen mit zunehmenden Gehstörungen im erheblichen Ausmaß hilfe- und pflegebedürftig -, wurde von den Eheleuten P*** gemeinsam vertraglich übernommen. Der Angeklagte bemängelt diese Urteilsannahmen über seine Garantenstellung (§ 2 StGB) als unvollständig begründet. Seiner Auffassung nach habe sich das Erstgericht nicht ausreichend mit seiner Verantwortung befaßt, wonach zwischen ihm und seiner Ehefrau die ausdrückliche und familienrechtlich wirksame Vereinbarung getroffen wurde, daß ausschließlich Eva Maria P*** sich um die Kindererziehung und Betreuung der Pfleglinge kümmere. Auch seine weitere Verantwortung, er habe sich (in der in Betracht kommenden Zeit) fast ständig in seinem Zimmer aufgehalten und deshalb von den Unzukömmlichkeiten nichts bemerkt, was sich auch aus der Darstellung der Maria H*** sowie der Zeugin Angelika S*** ergebe, sei übergangen worden.
Die Beschwerde zieht selbst nicht in Zweifel, daß den Angeklagten die Verpflichtung zur Erfolgsabwendung in den Fällen der Adoptivkinder schon auf Grund des Gesetzes (§ 182 Abs. 1 ABGB in Verbindung mit den §§ 137, 140, 144, 146 ABGB) traf und daß er diese Verpflichtung in Beziehung auf die Pflegekinder Dritten gegenüber vertraglich übernahm, ohne sie bei den Vertragspartnern jemals zu widerrufen (§ 2 StGB). Sie will aber dartun, daß Dr.P*** die ihn wohl rechtlich treffende Garantenpflicht tatsächlich nicht ausgeübt, seine Rechte und Pflichten vielmehr seiner das Projekt dominierend beherrschenden Ehefrau abgetreten habe.
Rechtliche Beurteilung
Dem ist entgegenzuhalten, daß die Eltern bei der Ausübung der Rechte und der Erfülllung der Pflichten einvernehmlich vorgehen sollen (§ 144 ABGB), das Gesetz keinen einseitigen Verzicht auf die Elternrechte und die damit verbundenen Pflichten kennt (EFSlg 33.464, 38.429) und bei Pflichtverletzungen eines Elternteiles, die der andere Elternteil nicht verhindern kann, das Gericht einzuschalten ist (§ 176 ABGB). Aber auch die freiwillig übernommenen Pflichten als Pflegevater trat der Beschwerdeführer an, sodaß er sich durch eine allfällige spätere, mit den Vertragspartnern (Jugendwohlfahrtsbehörden, Krankenanstalten) nicht abgestimmte Vereinbarung mit seiner Ehefrau seiner Garantenpflicht nicht mehr entledigen konnte (vgl hiezu Leukauf-Steininger 2 , RN 21 zu § 2 StGB). Daraus folgt, daß der Angeklagte durch die behauptete interne Abmachung mit seiner Gattin der Garantenstellung nicht hätte verlustig werden können. Ein Irrtum hierüber wäre ihm jedenfalls vorzuwerfen (§ 9 Abs. 2 StGB).
Das Gericht verneinte aber in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) mängelfrei die Richtigkeit dieser Verantwortung und konstatierte unter Hinweis auf die Stellung des Angeklagten in der Familie und innerhalb des Projekts auch unter Berücksichtigung seines (intimen) Verhältnisses zu der Mittäterin Maria H***, daß es zu der behaupteten ausdrücklichen Kompetenzabgrenzung zwischen den Eheleuten P*** niemals kam und diese Abgrenzung in der Praxis auch nicht durchführbar war (S 25, 26/XI).
Bei Begründung der Feststellung der Kenntnis des Angeklagten von den kriminellen Geschehnissen, an denen er sich nicht aktiv beteiligte, war die in der Beschwerde reklamierte Erörterung seiner Verantwortung, er habe sich fast ständig in seinem Zimmer aufgehalten und es hätten ihn "nur die kleinen Kinder jederzeit stören können" (S 409/X), der Aussagen der Zeugin S***, wonach sie "glaube", daß nicht der Angeklagte, sondern Eva Maria P*** ihr "Chef" gewesen sei, letztere "das Sagen gehabt", der Angeklagte nur ab und zu beim Essen anwesend gewesen, (sonst) sich aber meist in seinem Zimmer aufgehalten habe (S 454), sowie der verlesenen Verantwortung der Maria H***, derzufolge der Angeklagte bei Kenntnis des Einsperrens in den sogenannten "Bunker" (A I, II 1 bis 3, 5, IV) mit seiner Frau gestritten und das Einsperren abgelehnt habe (S 448 llll/I in Verbindung S 529), nicht geboten. Diese Verfahrensergebnisse stehen nämlich - wie dargelegt - den entscheidungswesentlichen Schlußfolgerungen über die Kenntnis der schweren Übergriffe und die Möglichkeit der Erfolgsabwendung durch den Angeklagten weder in logischer noch empirischer Beziehung entgegen. Sie konnten daher bei der Abfassung der Urteilsgründe in der erforderlichen gedrängten Darstellung (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) zulässigerweise unerwähnt bleiben. Mit der in der Beschwerde angesprochenen Möglichkeit, aus den vorliegenden Beweisergebnissen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlüsse zu ziehen, wird nicht der formale Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO zur Darstellung gebracht, sondern in Wahrheit die schöffengerichtliche Beweiswürdigung angezweifelt, die im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof keiner Anfechtung unterliegt. Dies gilt auch für die (an anderer Stelle) zum Faktum B V (Unterlassung der Herbeiholung ärztlicher Hilfe für Elisabeth M***) erhobenen Einwände.
In bezug auf die Fakten B I 1 und 2 (Kurt P***), B II 1, gemeint: 3 (Gabriele R***), B III 1 bis 3 (Franz P***) und B IV (Jacqueline P***) macht der Angeklagte in weiterer Ausführung seiner Nichtigkeitsbeschwerde materielle Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO und teils auch andere Begründungsmängel (als die schon behandelten) nach der Z 5 leg cit geltend. Das Erstgericht trennte zwar im Urteilsspruch zur Faktengruppe B nicht ausdrücklich die Fälle des Abs. 1 von jenen des Abs. 2 des § 92 StGB, brachte aber im Rahmen der Feststellungen (S 12 bis 24/XI) und der rechtlichen Beurteilung (S 34,35/XI) mit hinlänglicher Deutlichkeit zum Ausdruck, daß nur die Fakten B II 2 (R***) und B V (M***) dem Tatbestand des § 92 Abs. 2 StGB subsumiert wurden, während alle übrigen hier bekämpften und in der Folge zu erörternden Fakten dem Abs. 1 der genannten Strafnorm unterstellt wurden. Dieses Vergehens macht sich schuldig, wer einer seiner Fürsorge oder Obhut unterstehenden jugendlichen oder wehrlosen Person körperliche oder seelische Qualen zufügt. Unter dem allgemein verständlichen Begriff der "Qual" ist zu verstehen, daß es sich um einen gewissen Zeitraum andauernde oder sich wiederholende Schmerzen, Leiden, aber auch Angstzustände handelt, die mit einer erheblichen Beeinträchtigung des psychischen oder physischen Wohlbefindens verbunden sind (Leukauf-Steininger 2 RN 5 zu § 92 StGB; 12 Os 101,102/82, 13 Os 83/83). Das Tatbild erfordert daher - im Gegensatz zu dem des Abs. 2, zu dem es die lex specialis darstellt - über das Zufügen der Qualen hinaus keine weiteren Tatfolgen (EvBl 1985/18), somit auch nicht die Folgen des § 83 StGB. Es bedarf auch nicht der Herbeiführung eines qualvollen Zustandes. Körperliche Qualen werden in der Regel wohl durch Verletzungen zugefügt, was aber nur bei höherer Strafdrohung mit dem Vergehen nach dem § 92 StGB ideal konkurriert (Leukauf-Steininger 2 , RN 14 zu § 92 StGB), können aber auch durch Mißhandlungen oder Freiheitsbeschränkungen bewirkt werden, wogegen seelische Qualen auch nur durch (verbale) Bedrohungen und Beschimpfungen oder durch sonstige Erniedrigungen hervorgerufen werden können (vgl Mayerhofer-Rieder 2 , Anm 3 zu § 92 StGB). Soweit die Beschwerde somit fehlende Feststellungen in diese Richtung moniert, geht sie aus den aufgezeigten rechtlichen Gründen ins Leere. Den erstgerichtlichen Feststellungen nach waren die Opfer psychisch und teils auch geistig und körperlich schwer beeinträchtigte junge Menschen, von denen einige zum jeweiligen Tatzeitpunkt auch noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatten.
Kurt P*** (B I) war in seiner Entwicklung erheblich zurückgeblieben und zufolge seiner vom Angeklagten und den beiden übrigen Beteiligten unter Ausschaltung entsprechender Behandlungen und Ausbildungsmöglichkeiten aufrechterhaltenen Isolation in einem Zustand der Affektlabilität, charakterisiert durch steigende Angst und Aggressivität (S 12, 13/XI).
Gabriele R*** (B II) litt, wie bereits erwähnt, nicht nur an Schwachsinn, sondern auch an Epilepsie mit psychogenen und organischen Ausfällen sowie in zunehmendem Maße an Gehstörungen, sodaß sie sich im Freien mit Krücken fortbewegen mußte. Sie war daher sowohl geistig als auch seelisch und körperlich schwer behindert (S 17/XI).
Franz P*** (B III) war zufolge einer frühkindlichen Hirnläsion ebenfalls hochgradig schwachsinnig (S 10, 19, 20/XI). Jacqueline P*** (B IV) litt nach einer vermutlichen Geburtsschädigung und Frühverwahrlosung an reduzierter Intelligenzentwicklung (S 10, 20/XI).
Aufgrund ihrer Behinderungen waren sie alle wehrlos gegen die Brutalitäten der Ehegatten P*** und deren Gehilfin Maria H***. Sie hatten, gerade weil sie besonderer Fürsorge, Zärtlicheit und Führung bedurft hätten, nicht die Möglichkeit, sich Frustrationen zu entziehen, und erlebten deshalb die Leidenszustände viel intensiver als gesunde Menschen. Sie wurden auf diese Weise insbesondere durch die Mißhandlungen einer Art Ghetto-Situation ausgesetzt, welche ihnen das Gefühl völligen Ausgeliefertseins und der Ohnmacht gegenüber der gewalttätigen Autorität ihrer Peiniger vermittelte. Die dauernde, in den Tätlichkeiten, mit Ausnahme von Jacqueline P*** auch in Verbindung mit den Freiheitsentziehungen, kulminierende Angstsituation - also an sich schon ein Zustand seelischer Qualen im Sinn der dargelegten Kriterien - führte darüber hinaus bei sämtlichen Pfleglingen tatsächlich zu einer zumindest vorübergehenden Verschlechterung des psychischen Zustandes. Angesichts der Art und Intensität der urteilsgegenständlichen schweren Mißhandlungen Kurt und Franz P*** sowie Gabriele R*** - heftige Schläge mit verschiedenen Werkzeugen und Gegenständen, heftige Ohrfeigen, Faustschläge, Fußtritte, Schleudern in eine Zimmerecke - im Zusammenhang mit der beengten Lebenssituation, die ein Sachverständiger mit den Haftbedingungen in den Konzentrationslagern vergleicht (S 519/X), bejahte das Erstgericht rechtsrichtig auch körperliche Qualen, ohne daß es hiezu weiterer Feststellungen tatsächlicher Natur bedurft hätte. Ob Kurt P*** (B I 2) die Fußtritte allein als qualvoll empfand, ist sohin nicht entscheidend, weil es sich hiebei um Teilakte einer schweren Mißhandlung des damals noch nicht einmal 15-jährigen Knaben handelte, die der Angeklagte mit Faustschlägen begann und dadurch beendete, daß er das Opfer in eine Zimmerecke schleuderte (S 14/XI). Die im gegebenen Zusammenhang in der Rechtsrüge (sachlich aber aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO) relevierten aus dem Zusammenhang gelösten Passagen aus einem Sachverständigengutachten über die Auswirkungen des Tretens allein (S 526 bzw 518/X) stehen den Urteilskonstatierungen nicht entgegen und waren deshalb nicht erörterungsbedürftig. Ebensowenig liegt ein innerer Widerspruch (Z 5) des Ersturteils insoweit vor, als die dem Angeklagten unter B I 1 zur Last liegende Duldung (§ 2 StGB) von Mißhandlungen Kurt P*** durch andere und die selbst verübte Mißhandlung (heftige Schläge mit einer Maisstange) zeitmäßig in das Frühjahr 1981 fallen, wogegen nach einer anderen Urteilsfeststellung (S 12/XI) sich jedenfalls (und nicht "erst", wie die Beschwerde aktenwidrig argumentiert) ab 1982 zeigte, daß "von dem in der Öffentlichkeit viel gepriesenen Sozialmodell keine Rede mehr war". Denn beide Feststellungen können logisch nebeneinander bestehen.
Erneut aktenwidrig ist die Beschwerdeeinwendung, es fehle im Schuldspruchfall B II 1, gemeint: 3 Gabriele R*** - Versetzen heftiger Ohrfeigen - zur inneren Tatseite an "jedweder Feststellung, daß der Angeklagte die grausamen Wirkungen seiner Tat zumindest billigend in Kauf nahm". Das Ersturteil enthält im Gegenteil die - den Voraussetzungen wenigstens bedingten Vorsatzes (§ 5 Abs. 1 StGB) entsprechende - Feststellung, daß der Angeklagte sich in den, in der Faktengruppe B des Urteilstenors beschriebenen Fällen nicht nur des Alters und der Wehrlosigkeit der Opfer, sondern auch der Möglichkeit bewußt war und sich damit abfand, ihnen körperliche und seelische Qualen zuzufügen (S 24, 30, 31, 35/XI). Die Urteilsfeststellung, daß durch die wiederholten Mißhandlungen, aber auch durch die noch zu erörternden Freiheitsentziehungen (B III 1 bis 3 bzw A IV) der psychische Zustand des Franz P*** noch verschlechtert wurde (S 20/XI), hat für das Delikt nach dem § 92 Abs. 1 StGB lediglich illustrativen Charakter und war - wie bereits dargestellt - für die strafrechtliche Subsumtion des Verhaltens des Angeklagten unter dieses Tatbild nicht erforderlich.
In bezug auf den Schuldspruch B IV (Quälen der Jacqueline P*** durch gewaltsames Einflößen von Erbrochenem) wendet die Beschwerde zunächst unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO ein, daß der Urteilsspruch mit den Feststellungen in den Urteilsgründen nicht übereinstimme, ferner daß der Angeklagte seiner Verantwortung nach den Eindruck hatte, Jacqueline P*** habe das Essen in einer Art Provokation ausgespuckt, ähnliche Wahrnehmungen habe auch Eva Maria P*** gemacht, das Wiedereinflößen von "frisch ausgespucktem Essen" sei nach Auffassung des Angeklagten eine "sinnvolle Erziehungsmaßnahme", die auch die anderen Kinder vom Ausspucken des Essens hätte abhalten sollen, und sein Vorsatz sei daher nicht auf das Quälen der Jacqueline P*** ausgerichtet gewesen. Nach dem Urteilsspruch zwang der Angeklagte im Zusammenwirken mit seiner Frau und mit Maria H*** Jacqueline P*** durch Festhalten und gewaltsames Öffnen des Mundes, erbrochenes Essen wieder zu schlucken. In den Urteilsgründen wird festgestellt, daß das Kind, als es während des Essens erbrechen mußte und sich weigerte, weiter zu essen, von Eva Maria P*** und Maria H*** festgehalten wurde, während der Angeklagte ihm das Erbrochene wieder in den Mund einführte und es zum Schlucken zwang (S 21/XI). Die Konkretisierung der Tat im Urteilsspruch steht daher mit den hiezu getroffenen Feststellungen im Einklang. Das Erbrechen ist insbesondere durch die - vom Erstgericht in freier Beweiswürdigung für glaubwürdig befundene - Aussage des Opfers (S 437/X), aber auch durch die verlesene Verantwortung der Beteiligten Maria H*** (S 110 f/X in Verbindung mit S 529/X) gedeckt und daher mängelfrei begründet. Eine Provokation durch das Mädchen wurde nicht festgestellt. Wenn das Erstgericht auch im gegenständlichen Fall unter Berücksichtigung der beim Angeklagten angesichts seines Berufes als Richter vorauszusetzenden Intelligenz und Einsicht ebenfalls als erwiesen annahm, daß sein zumindest bedingter Vorsatz (§ 5 Abs. 1 StGB) auch die grausamen Wirkungen der Tat umfaßte (S 30, 31/XI), und damit die in der Beschwerde erwähnte Verantwortung (des Angeklagten) ablehnte, so ist dies ein mängelfreier und unanfechtbarer Akt freier Beweiswürdigung und keine Scheinbegründung.
Soweit der Beschwerdeführer, diese Feststellung negierend, in seinen Ausführungen unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO neuerlich behauptet, er hätte nicht die "Absicht" verfolgt, Jacqueline P*** zu quälen, führt er die Rechtsrüge, die ein Festhalten an den Urteilskonstatierungen tatsächlicher Natur voraussetzt, nicht dem Gesetz gemäß aus.
Der Umstand, daß die Tathandlung (allenfalls) nur kurz dauerte, ist ohne Belang. In der Lage des Opfers, das ungeachtet seines erst kürzeren Aufenthaltes bei den Ehegatten P*** zur Tatzeit wie die anderen Pfleglinge "ghettoisiert" und wiederholt von Eva Maria P*** teils auch mit gerade verfügbarem Werkzeug geschlagen worden war (S 20, 21/XI), führte das gewaltsame Einflößen von Erbrochenem ohne Zweifel zu einem seelischen Schmerzzustand, der dem erläuterten Gesetzesbegriff der "Qual" durchaus entspricht.
Schließlich wendet sich die Beschwerde gegen die ihrer Meinung nach rechtsirrtümliche Annahme der strafsatzerhöhenden Qualifikationen des Abs. 2 des § 99 StGB (§ 281 Abs. 1 Z 10 StPO) bei den Schuldspruchsfakten A I 2 (Elisabeth M***), A II 4 (Kurt P***), A III 2 (Gabriele R***) und A VI (Franz P***), wobei teilweise auch Begründungsmängel (Z 5) behauptet werden. Das Vergehen der Freiheitsentziehung (§ 99 Abs. 1 StGB) wird zum Verbrechen qualifiziert, wenn der Täter die Freiheitsentziehung länger als einen Monat aufrechterhält, oder sie auf eine solche Weise, daß sie dem Festgehaltenen besondere Qualen bereitet, oder unter solchen Umständen begeht, daß sie für ihn mit besonders schweren Nachteilen verbunden ist (§ 99 Abs. 2 StGB). Das Gericht bringt im Urteilsspruch zur Faktengruppe A zum Ausdruck, daß es diese Qualifikationen jeweils nur bei einzelnen Fakten annimmt, und konkretisiert dies im Rahmen der Feststellungen und der rechtlichen Beurteilung dahin, daß die Freiheitsentziehungen allen behinderten und schutzbedürftigen Opfern besondere Qualen bereiteten. Überdies war Elisabeth M*** in einem Fall durchgehend (in verschiedenen Räumen) länger als einen Monat eingesperrt (A I 2) und diese und die nachfolgende Einkerkerung (A I 3) waren für sie auch mit besonders schweren gesundheitlichen Nachteilen verbunden (S 34 in Verbindung mit S 22, 23/XI). Auch die psychischen und physischen Folgen des nächtlichen Ankettens der Gabriele R*** wurden als schwerwiegende Nachteile qualifiziert (S 19/XI).
Den Feststellungen zum Schuldspruch A I 2 zufolge wurde Elisabeth M***, nachdem sie erst im September oder Oktober 1983 in den sogenannten Schutzraum gesperrt worden und dort mit Zustimmung des Angeklagten ca zwei Wochen verblieben war (A I 1), Ende November 1983 neuerlich mit Billigung des Angeklagten etwa eine Woche lang in diesem Raum verschlossen gehalten. Daß die Umstände der Gefangenschaft in der verliesartigen fensterlosen Kellerräumlichkeit, die keine künstliche Lichtquelle aufwies und deren Wände und Lehmboden feucht waren, worin das nur mit Wasser und Brot ernährte Opfer ohne warme Kleidung zuletzt (A I 2) Nachttemperaturen bis zu -7 o C (!) erdulden, am Boden schlafen und die Notdurft in einer Ecke verrichten mußte, besondere Qualen für das Opfer bedeuteten, das zufolge Intensität und Dauer hiedurch besonders schwer getroffen und physisch und psychisch geraume Zeit beeinträchtigt war (Burgstaller im WK, RN 53 zu § 84 StGB; SSt 51/43; LSK 1985/61 zu § 99 Abs. 2 StGB ua), kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Ebensowenig die mit der Freiheitsentziehung verbundenen besonders schweren Nachteile; hatte Elisabeth M*** doch neben eitrigen und blutenden Erfrierungen an den Füßen auch eine schwere Verkühlung mit Unterleibsschmerzen davongetragen. Diese Erfrierungswunden brachen während der folgenden zweiwöchigen Gefangenschaft (A I 3) wieder auf, bluteten und eiterten. Zusammen mit der Einschließung Elisabeth M*** zunächst (für einige Tage) im Zimmer des Kurt P*** und sodann im sogenannten Gästezimmer bis Anfang Jänner 1984 (S 23/XI) währte die von einem einheitlichen Tätervorsatz getragene und in einem aktions- und zeitmäßigen Zusammenhang stehende Freiheitsentziehung A I 2 mehr als einen Monat (S 22, 23, 34/XI). In der Unterbringung im Gästezimmer erblickte das Erstgericht entgegen der Beschwerde ersichtlich (S 34/XI) weder die Qualifikation der besonderen Qualen noch der besonders schweren Nachteile. Der von der Beschwerde erhobene Vorwurf (Z 5) des Unterbleibens einer Erörterung der Verantwortung der Maria H***, wonach Elisabeth M*** während ihrer Gefangenschaft im Gästezimmer sinngemäß unter geordneten Bedingungen lebte, betrifft daher jedenfalls keinen entscheidungswesentlichen Tatumstand, weil die bekämpften Qualifikationen - wie dargelegt - schon durch das Einsperren im Schutzraum samt Folgen gegeben sind (LSK 1976/372 uva). Nach den Feststellungen zum Schuldspruch A II 4 wurde Kurt P*** in der Zeit zwischen dem 3. und 7.Juni 1984 im Kartoffelkeller gefangengehalten. Infolge dieser Freiheitsentziehung geriet Kurt P*** derart aus dem seelischen Gleichgewicht, daß er einen Selbstmordversuch durch Einnahme von Valium-Tabletten unternahm (S 16/XI). Dem Erstgericht ist beizupflichten, wenn es unter Berücksichtigung des psychischen Zustandes des Opfers und der durch wiederholte Freiheitsentziehungen verursachten bedeutenden Verschlimmerung eine für den Begriff der besonderen Qualen charakteristische, länger fortwirkende sehr erhebliche psychische Beeinträchtigung auch in diesem Fall für gegeben erachtet. Daß die näheren Umstände der Gefangenschaft Kurt P*** im Kartoffelkeller nicht derart unmenschlich gewesen sein mögen wie jene in dem vorbeschriebenen Schutzraum spielt dabei, der Beschwerde zuwider, keine Rolle, weil gerade dieser Bursche durch das eskalierende Verhalten seiner Adoptiveltern vollkommen aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht wurde, sodaß er schließlich sogar einen Raubüberfall beging, um sich die Flucht finanzieren zu können (S 16/XI). Die gerügte Nichterörterung (Z 5) der Darstellung der Maria H*** über die Bedingungen der Anhaltung im Kartoffelkeller betrifft daher ebenfalls keine entscheidende Tatsache. Unbegründet ist auch der Einwand (Z 5), das Erstgericht habe die Verantwortung Maria H*** mit Stillschweigen übergangen, wonach sie nicht sicher wäre, ob der Angeklagte das Einsperren des Kurt P*** "mitbekommen" habe, und der Angeklagte nach seiner Rückkehr (am 6. Juni 1984) ausdrücklich erklärt hätte, Kurt sofort auszulassen, er wünsche nicht, daß er in seiner Abwesenheit eingesperrt sei. Die festgestellte Kenntnis des Angeklagten von der Freiheitsentziehung und sein Einverständnis hiemit über den Termin seiner Rückkehr hinaus ergibt sich unzweideutig aus seiner Verantwortung selbst (S 411 xxx ff/II, S 403, 414/X). Eine Erörterung der subjektiven Meinung der Maria H*** war daher überflüssig (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO).
Für Gabriele R*** war nach den Feststellungen das
wiederholte nächtliche Anketten (A III 2) im Hinblick auf die viehische Art dieser "Sicherung" mit einer weiteren Verschlechterung ihres psychischen und physischen Zustandes verbunden. Wenn sich die Beschwerde insofern gegen die Annahme besonders schwerer Nachteile mit der Behauptung wendet, das Opfer sei bereits zuvor "weitestgehend geschädigt" gewesen, bagatellisiert sie den Grad der Auswirkungen der in Rede stehenden Tat. Es bedarf keiner besonderen medizinischen Sachkenntnisse, um bei der durch das Anketten verursachten Verschlechterung des Gesundheitszustandes erkennen zu können, daß im an sich progredienten, schicksalhaften Verlauf der Krankheit (Schwachsinn; Epilepsie mit Ausfallserscheinungen, die im zunehmenden Maß Gehstörungen bewirkten) die gesundheitliche Beeinträchtigung des Opfers eine bedeutsame Beschleunigung des Siechtums, sohin sowohl nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als auch im Sinn des Gesetzes (vgl Kienapfel, BT I 2 , RN 32 zu § 99 StGB) einen besonders schweren Nachteil bildete (so auch die abschließenden Ausführungen des Sachverständigen Dr.Z*** S 519/X). Die Art der Freiheitsentziehung, bei der das Opfer nächtelang wie ein Tier an einer Kette gehalten wurde, entspricht aber auch dem bereits erläuterten Begriff der besonderen Qualen. Dabei vermag die - entgegen dem Einwand der Mängelrüge (Z 5) vom Erstgericht ohnedies festgestellte (S 19/XI) - Tatsache, daß die am Handgelenk befestigte Kette so lang war, daß das Opfer den Arm (nur) ca einen Meter hoch heben konnte, die Annahme dieses Qualifikationsumstandes nicht in Frage zu stellen. Das Erstgericht nahm, gedeckt durch die Verantwortung des Angeklagten, ohnehin als erwiesen an, daß das Anketten nicht nur der Angeklagte besorgte, er aber jedenfalls hievon wußte (S 19/XI in Verbindung mit S 417/X und S 411 nnnn ff/II). Ob Gabriele R*** erst im Schlaf angekettet wurde, wie aus der Verantwortung der Maria H*** hervorgehen soll, ist unentscheidend, weil dem Opfer das Angekettetsein dem Inhalt der Verantwortung des Angeklagten zufolge bewußt war. Soweit Maria H*** - gleich dem Angeklagten - das Anketten als Schutzmaßnahme darstellt, war dies für die Beurteilung des Unrechtbewußtseins (des Angeklagten) nicht erörterungsbedürftig.
Franz P*** wieder wurde in der Zeit zwischen Sommer 1983 und Sommer 1984 mehrere Male jeweils für eine Nacht oder zumindest mehrere Stunden in den beschriebenen Schutzraum gesperrt (A IV), nachdem man ihn schon Monate vorher immer wieder geschlagen und gequält hatte (B III), wobei sich sein psychischer Zustand noch verschlechterte (S 20/XI).
Der Beschwerdeeinwand, besondere Qualen würden begrifflich wegen der kurzen Dauer der Freiheitsentziehungen ausscheiden, verkennt neuerlich, daß der Qualifikationsumstand (schon) gegeben ist, wenn das Opfer entweder durch die Dauer oder die außergewöhnliche Intensität der Qualen sehr schwer getroffen wird. Daß zumindest eine derartige Intensität der Qualen bereits bei einem auch nur stundenweisen und erst recht bei einem nächtelangen, sehr grausamen und peinigenden Verschlossenhalten im Schutzraum besteht (vgl die verlesenen Ausführungen des Sachverständigen Prof.Dr.M*** S 231 in Verbindung mit S 529/X), unterliegt, wie schon im Fall Elisabeth M*** (A I 2) erörtert, keinem Zweifel.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - weitgehend in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - zu verwerfen.
Das Gericht verhängte über Dr.Karl P*** nach den §§ 99 Abs. 2, 28 StGB (Strafrahmen ein bis zehn Jahre) eine dreieinhalbjährige Freiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafzumessung als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die wiederholte Begehung der beiden Delikte über jeweils längere Zeiträume hindurch, sowie die Tatsache, daß sich die Straftaten jeweils gegen mehrere Opfer richteten, die grausamen Begehungsweisen unter Ausnützung der Hilflosigkeit der Opfer, die voraussichtlich teilweise bleibende weitere psychische Schäden davontrugen, und die die Menschenwürde verletzende Tatbegehung. Hingegen wurde als mildernd die Unbescholtenheit, die teilweise Begehung der Taten durch Unterlassung und die Einwirkung der Ehefrau, welche teilweise eine führende Rolle hatte, berücksichtigt.
Der Angeklagte strebt mit seiner Berufung die Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter gleichzeitiger bedingter Nachsicht an, während die Staatsanwaltschaft mit ihrem Rechtsmittel die Erhöhung der über den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe begehrt. Wenn Dr.Karl P*** meint, daß seine Verantwortung zur Wahrheitsfindung beitrug und einem Geständnis gleichkam, weil er sich nur aus rechtlichen Gründen nicht schuldig bekannte, schlägt diese Argumentation bei ihm nicht durch. Muß er sich doch vor Augen halten lassen, daß er als graduierter Jurist - nach einer jahrelangen Tätigkeit in der Wirtschaft im relativ fortgeschrittenen und dementsprechend reiferen Alter zum Richter ausgebildet - gerade in einer Zeit straffällig wurde, als er sich im gerichtlichen Alltag nicht nur mit vergleichbaren Lebensproblemen, sondern auch mit den rechtlichen Auswirkungen dieser Fälle konfrontiert sah. Ein Mann, der mit einer solchen weit überdurchschnittlichen Einsicht jene grausamen Taten begeht oder duldet und nach deren Aufkommen noch versucht, seine Verantwortung zu leugnen oder auch nur zu verniedlichen, kann einen ins Gewicht fallenden Milderungsumstand im Sinn des § 34 Z 17 StGB nicht in Anspruch nehmen, wenngleich er den inkriminierten Sachverhalt selbst angesichts erdrückender Beweisergebnisse und Geständnisse der Mittäterinnen nicht bestritt. Ebensowenig überzeugt bei ihm - anders bei Maria H*** - der Hinweis auf das vom Erstgericht ohnehin gewürdigte dominante Wesen seiner Ehefrau (§ 34 Z 4 StGB). Dem Angeklagten als lebenserfahrenen, einschlägig gebildeten Mann wäre es zugestanden, durch Einsatz seiner gesamten Persönlichkeit, erforderlichenfalls durch Einschalten der zuständigen Behörden und Gerichte dem unmenschlichen Treiben seiner Ehefrau und der ihr hörigen Gehilfin Maria H*** energisch Einhalt zu bieten, anstatt das Einschreiten der staatlichen Organe noch zu behindern.
Unter diesem Aspekt verliert aber auch der neben der Unbescholtenheit (§ 34 Z 2 StGB) gewichtigste Milderungsumstand der teilweisen Begehung der Taten durch Unterlassung (§§ 2, 34 Z 5 StGB) an Gewicht, weil ihm unter Heranziehung der Grundsätze des § 32 StGB ein hohes Maß an Pflichtverletzung - das sich auch in der Verweigerung ärztlicher Hilfe (§ 92 Abs. 2 StGB)
manifestiert - gegenüber mehreren schutzwürdigen behinderten jungen Menschen gegenübersteht.
Der Oberste Gerichtshof vermeinte, ohne sich mit den aufgezählten Erschwerungsumständen im einzelnen näher auseinandersetzen zu müssen, daß in diesem sowohl von der personalen Täterschuld als auch vom Unwert der Taten her besonders schwer wiegenden Straffall eine strengere Reaktion des Staates erforderlich ist als dies das Schöffengericht notwendig erachtete. Es wurde daher die Strafe in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft, die diese Umstände zutreffend hervorhob, auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß erhöht.
Der Angeklagte war mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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