OGH 6Ob1513/86

OGH6Ob1513/863.4.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Jensik, Dr. Schobel und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jörg Michael R***, Student,

Mozartstraße 54, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Dr. Robert A. Kronegger, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Walter S***, Landesbediensteter, Monsberggasse 4/3/11, 8010 Graz, vertreten durch Dr. Gerald Kleinschuster und Dr. Hans Günther Medwed, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 9.604,- und Feststellung (Streitwert S 12.000,-), infolge ao. Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgerichtes vom 15.Jänner 1986, GZ 3 R 365-369/85-43, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger bezeichnet in seiner ao. Revision als erhebliche Rechtsfragen des materiellen Rechtes (§§ 502 Abs.4 Z 1, 506 Abs.1 Z 5 ZPO) die Fragen, ob nicht doch - vor allem angesichts des Zeitpunktes des Vertragsabschlusses - der Hauptmietvertrag zwischen dem Beklagten und dem Verein "S*** Walter - S***

A***" (im folgenden kurz Verein) nach § 916 ABGB (und damit nicht nach § 2 Abs.3 MRG) zu beurteilen sei, und ferner, ob der Verein bloß formell existiert habe und vom Beklagten nur als "Strohmann" oder lediglich als "Mantelverein" in das Vertragsgeschehen eingeführt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Damit zeigt der Kläger keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO auf. Es kann dahingestellt bleiben, ob im vorliegenden Fall § 916 ABGB oder - als spezielle Norm (Fenyves in Korinek-Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz, 295; 5 Ob 9/86) - die Bestimmung des § 2 Abs.3 MRG anzuwenden ist, wenngleich für die Beurteilung des Vertrages nach ersterer Bestimmung spricht, daß - im Prozeß als Vorfrage (Würth in Rummel, ABGB, Rdz 9 zu § 2 MRG) - mit Wirkung ex tunc (5 Ob 9/86) festzustellen ist, ob dem Untermieter die Rechtstellung eines Hauptmieters zukommt, der dabei zu beurteilende Abschluß des Vertrages als punktuelles Geschehen noch vor Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes zustandegekommen und die Beurteilung des Rechtsgeschäftes auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist (SZ 43/134; Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 916; vgl. EvBl.1983/143). Auch auf die im Schrifttum unterschiedlich beurteilte Frage, ob § 2 Abs.3 MRG die Stellung des Scheinuntermieters gegenüber § 916 ABGB verschlechtere (bejahend Würth-Zingher, MRG 2 , 16 und Würth in Rummel, ABGB, Rdz 9 zu § 2 MRG sowie MietSlg.35.290/18; verneinend Fenyves aaO 297; vermittelnd Call, Mietrecht und Wohnungseigentum, 80 FN 245), muß nicht weiter eingegangen werden, weil - wie die Darstellung der zeitlichen Abfolge des zu beurteilenden Geschehens verdeutlicht - den Feststellungen des Erstgerichtes nicht einmal der dem § 916 ABGB typische Scheinvertragscharakter entnommen werden kann. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für Steiermark vom 14.4.1975 war ausgesprochen worden, daß der Verein nicht untersagt werde. Mit Vertrag vom 27.8.1975 mietete der Beklagte von den damaligen Hauseigentümern mit Wirkung ab 1.9.1975 die gesamten Räumlichkeiten im ersten Stock und ließ sich vom Vermieter das Gestaltungsrecht einräumen, den Verein in den Vertrag "eintreten zu lassen". Mit Schreiben vom 10.10.1975 (Beilage 5) - nicht wie in der Revision aktenwidrig behauptet vom 10.5.1975 - teilte der Beklagte der Hausverwaltung mit, daß "das Mietverhältnis auf diesen Verein übergegangen" sei. Erst mit Vertrag vom 27.7.1976 kaufte der Beklagte gemeinsam mit seinem Sohn und einer dritten Person das Haus und schloß mit diesen in der Folge einen Wohnungseigentumsvertrag, mit dem ihm Wohnungseigentum an den - nunmehr an den Verein vermieteten - Räumlichkeiten im ersten Stock eingeräumt wurde. Erst am 29.9.1981 unterfertigte die Schwester des Klägers für diesen die "Zahlungsordnung". Der Kläger bezog im Oktober 1981 die ihm damit überlassene Wohnung. Mit Bescheid vom 9.4.1982 stellte die Bundespolizeidirektion Graz die Tätigkeit des Vereines ein. Mit Bescheid vom 22.4.1982 löste die Sicherheitsdirektion den Verein gemäß § 24 VereinsG 1951 auf.

Als der Verein aufgrund des dem Beklagten eingeräumten Weitergaberechtes in den von diesem mit den damaligen Hauseigentümern abgeschlossenen Mietvertrag eintrat, war der Beklagte noch nicht Wohnungseigentümer - und schied infolge dieses Eintrittes aus den Vertragsbeziehungen überhaupt aus. Wäre der Vertrag mit dem Kläger schon damals (also noch vor dem Eigentumserwerb des Beklagten) abgeschlossen worden, könnte über seine Stellung als Untermieter kein Zweifel bestehen, weil ihm auch der Beklagte (als Hauptmieter) nur Untermietrechte hätte einräumen können. Auf die vom Kläger zu beweisende (Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 5 zu § 916) Absicht des Beklagten (auch als vertretungsbefugtes Organ des Vereines), den Verein als "Strohmann" vorzuschieben, um den Kläger (und die übrigen Studenten) über die für sie günstigere Position als Hauptmieter zu täuschen, könnte von der - gleichfalls vom Kläger zu beweisenden - Tatsache geschlossen werden, daß der Beklagte schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (am 27.8.1975) bzw. des Eintrittes des Vereines in den Hauptmietvertrag das Ziel verfolgte, das Eigentum am Bestandgegenstand zu erwerben, von der ursprünglichen Hauptmieterstellung in die Position des Vermieters zu wechseln und die Studenten dennoch weiterhin in der für sie ungünstigen Stellung als Untermieter zu belassen. Zutreffend hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß der Kläger derartiges nicht einmal behauptet hat. Aber auch aus den Feststellungen des Erstgerichtes lassen sich verläßliche, einen solchen Schluß rechtfertigende Anhaltspunkte nicht gewinnen. Daß der Beklagte bei Verfolgung seines Räumungsanspruches von seinen Rechten aus dem Hauptmietvertrag mit dem - im fraglichen Zeitpunkt bereits rechtskräftig aufgelösten - Verein lediglich schikanös Gebrauch gemacht hätte, ist ebenfalls nicht erwiesen. Dann ist aber auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der betreibende Gläubiger für die im Zuge einer Räumung nach § 349 EO abhanden gekommenen oder beschädigten Sachen nicht einzustehen habe, durch die Rechtsprechung gedeckt, zumal das allenfalls in Betracht kommende Auswahlverschulden - in bezug auf die beigestellten Arbeitskräfte (MietSlg.17.844/32) - weder behauptet wurde noch hervorgekommen ist.

Die ao Revision des Klägers war daher gemäß § 508 a Abs.2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zurückzuweisen; mit seinen Ausführungen in der Revision hat der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht. Im übrigen ist auf § 510 Abs.3 ZPO zu verweisen.

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