OGH 6Ob1555/85

OGH6Ob1555/859.1.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Riedler und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ÖMV Aktiengesellschaft, 1090 Wien, Otto Wagnerplatz 5, vertreten durch Dr.Walter Bacher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) J***-Chemie Josef L*** und Co. OHG, 2.) Ing.Herbert T***, Kaufmann, beide 2700 Wiener Neustadt, Zulingergasse 4, 3.) J***-Warenhandelsgesellschaft mbH, 2700 Wiener Neustadt, Haidbrunngasse 50, sämtliche vertreten durch Dr.Peter Spörk, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen 65.697,06 S s. A., infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 29. Oktober 1985, GZ 3 R 154/85-20, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Es ist davon auszugehen, daß nach den getroffenen Feststellungen zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten mündlich ein Kaufvertrag über ca. 3.000 Tonnen Isobutanol abgeschlossen wurde, wobei weder die gesamte von der erstbeklagten Partei zu liefernde Menge noch die Zahl und Höhe der Teillieferungen von vornherein festgelegt wurden. Die Anwendung allgemeiner Geschäfts-, Liefer- oder Einkaufsbedingungen einer der Parteien kam nicht zur Sprache. Nicht erwähnt wurde bei den mündlichen Vertragsverhandlungen auch, welches Gewicht für die Verrechnung maßgebend sein sollte. Bis dahin hatten zwischen den Parteien keine Geschäftsbeziehungen bestanden. Über die getroffene Vereinbarung wurde von den Vertragspartnern dem jeweils anderen Partner eine fernschriftliche Bestätigung geschickt. Die beiden Bestätigungsschreiben entsprechen einander inhaltlich weitgehend, außer daß im Schreiben der klagenden Partei an die beklagte Partei vom 4.Juli 1983 die Klausel "Verrechnungsbasis:

Übernahmegewicht im ZTL" aufscheint, im Schreiben der erstbeklagten Partei an die klagende Partei vom 28.Juni 1983 aber diesbezüglich nichts erwähnt ist. Die Bestätigungsschreiben wurden von beiden Parteien widerspruchslos angenommen.

Rechtliche Beurteilung

Wenn die Klägerin in ihrer außerordentlichen Revision davon ausgeht, zwischen den Parteien sei als Verrechnungsbasis für die gelieferte Ware das Eingangsgewicht im Zentraltanklager Lobau der klagenden Partei vereinbart worden, ist dies aktenwidrig. Eine diesbezügliche Vereinbarung erfolgte nicht. Vielmehr geht der Inhalt des Bestätigungsschreibens der Klägerin in diesem Punkt über die getroffenen Vereinbarungen hinaus. Daß die Erstbeklagte dieses Schreiben nicht beanstandete, ließ ihren über die Vereinbarung hinausgehenden Inhalt noch nicht zum Inhalt des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages werden. Der Oberste Gerichtshof vertritt seit der Entscheidung SZ 47/83 = JBl 1975, 89, mit zustimmender Besprechung von Bydlinski in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, nur in ganz besonderen Ausnahmefällen könne durch Stillschweigen auf ein vom Vereinbarten abweichendes Schreiben eines Vertragspartners eine Vertragsmodifikation eintreten (JBl 1977, 593; SZ 52/120; SZ 55/106 u.a.; vgl. auch Rummel in Rummel ABGB Rz 13 zu § 861 mit weiteren Nachweisen). In diesem Zusammenhang kann auch nicht gesagt werden, daß durch den abweichenden Inhalt des Bestätigungsschreibens die Interessen der beklagten Partei erkennbar nicht beeinträchtigt worden seien, würde doch damit die im Frachtbrief enthaltene Gewichtsangabe bedeutungslos, die Klägerin allenfalls von der Rügepflicht wegen unrichtiger Menge der gelieferten Ware befreit und der Beklagten die Kontrollmöglichkeit weitgehend entzogen.

Damit ergab sich aber für die Klägerin gemäß § 378 HGB die Verpflichtung, das gegenüber den Angaben im Frachtbrief abweichende Gewicht der gelieferten und von ihr übernommenen Waren gegenüber der Erstbeklagten unverzüglich zu rügen. Tat sie dies nicht, dann gab sie damit zu erkennen, daß sie das im Frachtbrief angegebene Gewicht dieser übernommenen Teillieferungen als richtig akzeptierte. Damit verlor sie nach ständiger Rechtsprechung (SZ 50/93 mwN) nicht nur ihre Gewährleistungsansprüche, sondern alle aus dem Mangel abgeleiteten Rechte.

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