OGH 4Ob384/85

OGH4Ob384/8510.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei VEREIN ZUR BEOBACHTUNG DES H*** UND W***, 1070 Wien, Burggasse 74/15, vertreten durch Dr. Anton Pokorny, Dr. Franz Withoff und Dr. Stefan Petrofsky, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei prot. Firma KRISCHAN-OPTIK, Rainer KRISCHAN, Brillen, Kontaktlinsen-Institut, 6010 Innsbruck, Bürgerstraße 15, vertreten durch Dr. Hansjörg Schiestl und Dr. Karl Janowsky, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert S 35.000), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 4. Juli 1985, GZ 2 R 138/85-12, womit die als Urteil zu beurteilende Entscheidung des Landesgerichtes Innsbruck vom 28.März 1985, GZ 8 Cg 632/84-7, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die klagende Partei ist ein privater Verein mit dem Sitz in Wien. Ihr Tätigkeitsbereich erstreckt sich nach den Statuten auf ganz Österreich. Punkt 2. der Vereinsstatuten lautet:

"Der Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinn gerichtet ist, bezweckt:

Die Beobachtung des Handels hinsichtlich von Verstößen gegen den lauteren Wettbewerb, insbesondere den Kampf gegen schädigende Praktiken im Wirtschaftsleben und die Verstöße gegen bestehende gesetzliche Normen diesbezüglich. Der Verein beabsichtigt die durch solche Verstöße entstehenden Schädigungen zu verhindern, um zu einem gesunden Wettbewerb der Geschäftsbetriebe und des Handels beizutragen. Dies insbesondere im Zusammenwirken mit den zuständigen Organen der Rechtspflege.

Die Bekämpfung aller erscheinenden Normen [gemeint offenbar:

"Formen"] des unlauteren Wettbewerbes insbesonders auch durch Geltendmachung des Unterlassungsanspruches nach § 14 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb im Namen des Vereins und zur Unterstützung der Mitglieder bei Durchsetzung dieser Ansprüche."

Die klagende Partei beantragte die beklagte Partei schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr und beim Einzelverkauf von Waren des täglichen Bedarfes, wie Wetterstationen, an Letztverbraucher wegen deren Zugehörigkeit zu bestimmten Verbraucherkreisen einen 3 % übersteigenden Preisnachlaß zu gewähren. Sie brachte vor, die Klagslegitimation ergebe sich aus § 2 der Vereinsstatuten. Zur Erfüllung des Vereinszweckes erhebe die klagende Partei nicht nur Klagen nach dem UWG, sondern bemühe sich auch um Aufklärung der Mitglieder und fördere diese durch Vorträge und Versammlungen. Die Namen der Mitglieder könnten allerdings nicht bekanntgegeben werden, da es Aufgabe der klagenden Partei sei, den Mitgliedern Anonymität bei der Verfolgung wettbewerbswidriger Handlungen von Mitbewerbern zu gewährleisten. Die beklagte Partei verstoße laufend durch Gewährung unzulässiger Preisnachlässe gegen die Bestimmungen der §§ 1 und 2 RabattG. So habe sie am 16.10.1984 Michael K*** beim Kauf einer Wetterstation zum Verkaufspreis von S 700,42 einen 9 %-igen Preisnachlaß gewährt.

Die beklagte Partei beantragte das Klagebegehren abzuweisen und wendete ein, die klagende Partei sei zur Klagsführung aktiv nicht legitimiert. Sie habe weder ein Vereinslokal noch eine entsprechende Organisation um den im Vereinsstatut vorgesehenen Zweck zu erreichen, habe auch keine Vorträge und Versammlungen durchgeführt und vertrete keine im Wettbewerb mit der beklagten Partei stehenden Mitglieder. Die klagende Partei verfüge auch über kein Vermögen, um im Falle eines Prozeßverlustes dem Prozeßgegner Kostenersatz zu gewähren. Darüber hinaus sei der behauptete Preisnachlaß nicht gewährt worden, sondern die Wetterstation, die keine Ware des täglichen Bedarfes sei, um den angemessenen Preis von S 680 verkauft worden.

Das Erstgericht wies die Klage mangels aktiver Klagslegitimation mit Beschluß zurück. Es vertrat die Auffassung, die §§ 12 (richtig 14) UWG und 12 RabattG sähen keine Popularklage vor, sondern umschrieben einen bestimmten, zur Klagserhebung berechtigten Personenkreis. Zu den dort genannten Vereinigungen gehörten wohl grundsätzlich auch private Vereine, jedoch nur solche, die zur Förderung gewerblicher Belange (§ 12 RabattG) und zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmen (§ 14 UWG) dienten. Gerade ein Verein, der nicht einmal ein zur Deckung von Prozeßkosten hinreichendes Vermögen haben müsse, und für den nach seiner Auflösung auch keine Einzelperson mehr hafte, berge in erhöhtem Maß die Nachteile einer Popularklage, wie etwa die Gefahr erpresserischer Klagsführungen in sich. Der Gesetzgeber habe zum Ausdruck gebracht, daß nur bestimmte Vereine zur Klagsführung berechtigt sein sollten. Dieses Kriterium müsse aber, wenn eine wertbezogene Gleichgewichtigkeit der Klagsführungsvoraussetzungen bedacht werde, objektiv und nicht bloß subjektiv nach dem vom Verein sich selbst gegebenen Statut beurteilt werden. Es würde praktisch der Einführung einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Popularklage gleichkommen, wenn jeweils einige beliebige Personen durch Gründung eines Vereines und Abfassung entsprechender Statuten die Klagsführungsbefugnis erlangen können. Die im Gesetz enthaltenen Abgrenzungskriterien könnten daher nicht schon dadurch erfüllt werden, daß sich ein Verein in dieser Richtung gehende Statuten gebe, sondern er müsse von der Mitgliederstruktur her objektiv Interessen der im Gesetz vorgegebenen Richtung erfolgen. Daß der klagende Verein objektiv und nicht nur nach den Statuten als Verein zur Förderung wirtschaftlicher Interessen vom Unternehmen oder zur Förderung gewerblicher Belange anzusehen sei, dafür habe die klagende Partei nicht einmal hinreichende Behauptungen aufgestellt. Die Klage sei daher schon mangels aktiver Klagslegitimation zurückzuweisen gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge, hob die als Urteil beurteilte Entscheidung des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach ferner aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber 300.000 S übersteigt und das Verfahren erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei.

Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, die aktive Klagslegitimation sei allein nach § 12 Abs 1 RabattG zu beurteilen, wonach "Verbände zur Förderung gewerblicher Belange" klagen könnten. Das Vorliegen dieser formalen Voraussetzungen könne bei der klagenden Partei unterstellt werden. Es sei allerdings richtig, daß ein Verband dieser Art nicht nur satzungsgemäß der Förderung gemeinsamer gewerblicher Interessen dienen, sondern eine solche Tätigkeit auch wirklich ausüben müsse. Die entscheidende Frage sei somit, ob dazu allein das Verfolgen von Wettbewerbsverstößen genüge, oder ob die satzungsgemäßen Interessen des Verbandes auch in anderer Weise gefördert werden müssen. Nach den von der Lehre und Rechtsprechung in der Bundesrepublik Deutschland entwickelten Grundsätzen (in Österreich fehle eine diesbezügliche Lehre und Rechtsprechung) stehe die wirkliche Ausübung der Förderung gewerblicher Interessen und damit die Klagsbefugnis nur solchen Verbänden zu, die geeignet seien, die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbes tatsächlich zu übernehmen, das heißt, es müssen die zur Wahrung der satzungsgemäßen Ziele notwendigen personellen und sachlichen Voraussetzungen (Büro, Telefon, Personal) gegeben sein, es müßten die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung tatsächlich wahrgenommen werden (Versammlungen, Vorträge, Informationsschriften und ähnliches), es müßten die Mitglieder des Vereines Mitbewerber des wettbewerbswidrig Handelnden sein und es müßten schließlich auch Maßnahmen gesetzt werden, um die Mittel zur Erreichung des Vereinszweckes aufzubringen, wie es in den Satzungen vorgesehen sei (und nicht nur durch Abmahnpauschale oder Prozeßkostenersätze). Das Berufungsgericht schließe sich diesen in der deutschen Judikatur entwickelten Grundsätzen an, da die Beschränkung eines Verbandes auf die gerichtliche Verfolgung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche ohne gleichzeitige tatsächliche Förderung gewerblicher Interessen durch eine geeignete sonstige Tätigkeit den Keim des Mißbrauches in sich trage und dem Sinn und Zweck aber auch dem Wortlaut der Bestimmung des § 12 Abs 1 RabattG nicht Rechnung trage, wonach die Klagsbefugnis Verbänden zur Förderung gewerblicher Belange eingeräumt werde. Die Rechtssache sei jedoch noch nicht entscheidungsreif. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes treffe nämlich die Behauptungs- und Beweislast für die mangelnde Aktivlegitimation die beklagte Partei, weshalb die Abweisung des Klagebegehrens wegen mangelnder Aktivlegitimation nicht darauf gestützt werden könne, die klagende Partei habe hiezu keine hinreichenden Behauptungen aufgestellt. Die von der beklagten Partei zur behaupteten mangelnden Aktivlegitimation vorgebrachten Einwendungen seien jedoch vom Erstgericht nicht erörtert worden. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Klagebegehren stattzugeben.

Die beklagte Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Aktivlegitimation der klagenden Partei nach der - weiter gefaßten - Bestimmung des § 12 Abs 1 RabattG zu beurteilen ist, die ebenso wie die korrespondierenden Bestimmungen des § 13 Abs 1 dUWG und des § 2 Abs 1 Satz 1 dZugabeVO anordnet, daß der Anspruch auf Unterlassung gesetzwidrigen Verhaltens auch von "Verbänden zur Förderung gewerblicher Belange" (in § 13 Abs 1 dUWG und § 2 Abs 1 Satz 1 dZugabeVO: "Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen") erhoben werden kann. Die weitere Einschränkung des § 14 UWG, der die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen nach §§ 1, 2, 3, 6 a und 10 UWG "Vereinigungen zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmen" nur einräumt, soweit diese Vereinigungen Interessen vertreten, die durch die Handlung berührt werden (vgl. dazu etwa ÖBl.1974, 65 und ÖBl.1985, 22), ist im § 12 Abs 1 RabattG nicht enthalten, was die Annahme nahelegt, daß damit der Kreis der klageberechtigten Verbände bei Verstößen gegen das Rabattgesetz weiter gezogen ist als bei Zuwiderhandlungen gegen das UWG (ÖBl.1975, 89; ÖBl.1983, 129; dazu Schönherr in ÖBl.1960, 69). Für die Fragen, ob eine Vereinigung (ein Verband) eine Tätigkeit zur Förderung gewerblicher Belange (Interessen) auch tatsächlich ausüben muß und ob dazu die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen ausreicht, besteht zwischen Vereinigungen nach § 14 UWG und Verbänden nach § 12 Abs 1 RabG kein Unterschied, sodaß auch die nach § 14 UWG entwickelten Grundsätze herangezogen werden können. Unbestritten ist, daß sowohl nach § 12 Abs 1 RabG als auch nach § 14 UWG ein Verband (eine Vereinigung) nicht nur satzungsgemäß der Förderung gemeinsamer Interessen dienen, sondern eine solche Tätigkeit auch wirklich ausüben muß (Hoth-Gloy, Zugabe und Rabatt, 277;

Baumbach-Hefermehl aaO 1353 f., § 13 dUWG Rdn 13; SZ 29/54;

ÖBl.1983, 129; ebenso BGH in GRUR 1973, 73). Wenn für die "Förderung gemeinsamer gewerblicher Interessen" das Verfolgen von Wettbewerbsverstößen ausreichte, bedürfte es der Prüfung der sonstigen Tätigkeit der klagenden Partei (aus dem Gesichtspunkt der Klagslegitimation) nicht, weil sie nach dem bei Gericht offenkundigen Sachverhalt (§ 269 ZPO) Wettbewerbsverstöße in einem großen Ausmaß gerichtlich verfolgt. Die Frage, ob für die "Förderung gemeinsamer gewerblicher Interessen" das Verfolgen von Wettbewerbsverstößen ausreicht oder ob im Sinne der deutschen Judikatur die satzungsgemäßen Interessen des Verbandes "auch in anderer Weise durch Einsatz von Mitarbeitern und Sachmitteln gefördert werden müssen", wurde bisher vom Obersten Gerichtshof nicht geprüft (vgl. ÖBl.1983, 129). Pastor, der sich mit der Frage des Mißbrauchs des Klagerechtes (insbesondere) durch Verbraucherverbände im Sinn des § 13 Abs 1 a dUWG auseinandersetzte (GRUR 1969, 571 ff) kam für Vereine zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (§ 13 Abs 1 dUWG) zum Ergebnis, daß die Klagstätigkeit allein noch nicht den Charakter eines gewerblichen Verbandes im Sinne des § 13 Abs 1 dUWG verleihen könne. Sie werde vielmehr einem schon bestehenden Verband zur zusätzlichen Interessenwahrnehmung eingeräumt und ergebe sich als Folge daraus, daß der betreffende Kläger ein gewerblicher Verband im Sinne des § 13 Abs 1 dUWG sei. Den der Klagebefugnis nach § 13 Abs 1 dUWG vorgelagerten Charakter als gewerblicher Verband erhalte ein Verein durch die Eigenschaft seiner Mitglieder als Gewerbetreibende und dem aus dieser Mitgliedschaft resultierenden wettbewerblich ausgerichteten Vereinszweck (GRUR 1969, 574). Der Bundesgerichtshof (GRUR 1973, 78 mit zustimmender Besprechung von Utescher) sprach aus, die Klagegefugnis nach § 13 Abs 1 a dUWG setze voraus, daß der Verband die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung nicht nur nach dem Wortlaut der Satzung, sondern auch tatsächlich wahrnehme. Daraus ist jedoch für die in § 13 Abs 1 dUWG genannten Verbände (die den Vereinigungen des § 14 UWG entsprechen) nichts zu gewinnen, weil § 13 Abs 1 a dUWG das Klagerecht nur solchen Verbraucherverbänden einräumt, "zu deren satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen".

Nach Baumbach-Hefermehl (aaO 1438, § 13 dUWG Rdn 13) reicht es aus, wenn in der Satzung als Zweck eines Verbandes "Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs" festgelegt ist, um ihn als "Verband zur Förderung gewerblicher Interessen" zu kennzeichnen. Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen seien daher nicht nur die typischen Fachverbände, sondern auch Vereine, die nach ihrer Satzung (und tatsächlichen Tätigkeit aaO Rdn 13 a) überwiegend oder nur Wettbewerbsverstöße verfolgten. Es seien dies die sogenannten Prozeß- oder Wettbewerbsvereine.

Der Ansicht von Baumbach-Hefermehl kann für den österreichischen Rechtsbereich nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Die Zuerkennung des Klagerechtes an Wirtschafts- und Interessenverbände beruht zwar auf der Erwägung, daß Wettbewerbsverstöße auch im öffentlichen Interesse bekämpft werden müssen und ihre Verfolgung nicht ausschließlich dem Verletzten überlassen werden kann (Hohenecker-Friedl aaO 92), zumal dieser wegen des Prozeßrisikos einen Wettbewerbsprozeß oft gar nicht wagen kann und das Einschreiten angesehener und sachkundiger Körperschaften besonders wirksam ist und abschreckt (Baumbach-Hefermehl aaO 1437, § 13 dUWG, Rdn 11). Von einem Wettbewerbsverstoß betroffene Mitglieder sollen auch die Möglichkeit haben, sich wegen dessen Verfolgung an einen Verband zu wenden, um selbst im Hintergrund bleiben zu können. Bei Prüfung der Frage, ob auch sogenannten Prozeß- oder Wettbewerbsvereinen die Klagslegitimation zukommt, muß auch der Zusammensetzung derartiger Verbände nach Zahl und Art ihrer Mitglieder Bedeutung beigemessen werden. Der Gesetzgeber wollte mit der Zuerkennung der Klagslegitimation an Vereinigungen und Verbände, die als solche nicht unmittelbar von der wettbewerbswidrigen Handlung betroffen sind, zwar der Tatsache Rechnung tragen, daß gewisse Begehungsarten unlauteren Wettbewerbes nicht bloß ein einzelnes Unternehmen beeinträchtigen, sondern zugleich die Interessen aller im Wettbewerb stehenden Unternehmen bedrohen, denen deshalb die Möglichkeit geboten werden sollte, zur Abwehr zu greifen. Werde der Unterlassungsanspruch aus diesen Gründen einer Vielheit von Interessenten eingeräumt, so könne es keinem Bedenken unterliegen, zu seiner Geltendmachung auch Interessenvereinigungen zuzulassen und so den Beteiligten die im Interesse einer wirksamen Handhabung des Gesetzes wünschenswerte Verfolgung unlauterer Wettbewerbshandlungen zu erleichtern (vgl. RV zum UWG 464 Blg NR I. GP 3, 13). Der Gesetzgeber beabsichtigte aber nicht, die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen jedermann in Form einer Popularklage zu ermöglichen, sondern - abgesehen von Mittbewerbern - nur solchen Verbänden zu gestatten, welche schon von ihrer Struktur, insbesondere ihrer Mitgliederzusammensetzung her dazu bestimmt und geeignet sind, die Interessen der Unternehmer (die gewerblichen Belange) zu fördern. Eine solche Förderung wirtschaftlicher Unternehmerinteressen wird bei Vereinigungen (Verbänden), die sich nicht auf die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen beschränken, schon in einer anderweitigen statutengemäßen Förderungstätigkeit von entsprechendem Gewicht liegen. Entfaltet aber eine Vereinigung außer der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen keine sonstige für die Förderung der Unternehmerinteressen erhebliche Tätigkeit, so kann nur eine entsprechende Mitgliederstruktur Gewähr dafür bieten, daß sie allein mit dieser Tätigkeit im Sinne des Gesetzes wirtschaftliche Unternehmerinteressen fördert und damit schon als bloßer Prozeßführungsverein Klagslegitimation hat. Diese Voraussetzung ist zweifellos dann gegeben, wenn dem klagenden Verband nur Unternehmer angehören. Denn in einem solchen Falle ist der Zweck der Einräumung des Klagerechtes, dem einzelnen Unternehmer Mühe und Zeit zu ersparen, das Prozeßrisiko herabzusetzen und Sachkundige mit der Verfolgung derartiger Verstöße zu betrauen, voll gewährleistet. Anders wird es jedoch sein, wenn einem solchen Verband auch oder sogar überwiegend Personen angehören, die keine Unternehmer sind. Denn die Interessen der Konsumenten werden in Österreich - anders als nach deutschem Recht - ausschließlich von den im § 14 Satz 2 UWG aufgezählten Institutionen wahrgenommen. Gehören einem Verband auch Personen an, die keine Unternehmer sind, dann ist zu prüfen, ob er dessenungeachtet nach der Zahl und Art seiner Mitglieder und seinem organisatorischen Aufbau (z.B. dem Einfluß der nicht dem Unternehmerstand angehörenden Mitglieder auf die Geschäftsführung) eine den Zielsetzungen des Gesetzgebers entsprechende Verfolgung von Wettbewerbsverstößen im Interesse der Wirtschaft gewährleistet und nicht nur im Eigeninteresse des Verbandes oder im Anwaltsinteresse tätig wird. Gehören etwa dem Verein auch öffentlich-rechtliche Körperschaften oder deren Gremien oder ähnliche Institutionen an, wird ungeachtet der Zusammensetzung seiner Mitglieder ein den Intentionen des Gesetzgebers entsprechendes Vorgehen in aller Regel gewährleistet sein.

Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist im Bestreitungsfall der Kläger beweispflichtig. Ihm obliegt es daher, zu behaupten und zu beweisen, daß der Verband wirtschaftliche Unternehmerinteressen durch erhebliche, über die bloße Prozeßführung hinausgehende anderweitige Tätigkeit fördert oder, falls er ein sogenannter Prozeßführungsverein ist, daß ihm nur Unternehmer angehören oder wegen seiner sonstigen Zusammensetzung die Förderung wirtschaftlicher Unternehmerinteressen gewährleistet ist. Ob dieser Nachweis auch im Rahmen eines Sicherungsverfahrens in vollem Umfang verlangt werden muß oder ob diesbezüglich an die den Kläger treffende Behauptungs- und Bescheinigungslast geringere Anforderungen zu stellen sind, kann hier unerörtert bleiben. Obgleich die Klägerin diesen ihr obliegenden Beweis bisher nicht angetreten, sondern vielmehr erklärt hat, sie könne die Liste der Vereinsmitglieder nicht vorlegen (ON 6 S.24), ist die Rechtssache noch nicht spruchreif, weil diese Frage in der bisherigen Judikatur noch nicht entschieden war und der Klägerin daher Gelegenheit gegeben werden muß, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten und Beweise anzubieten. Auch hat die Klägerin behauptet, sie fördere ihre Mitglieder auch durch Vorträge und Versammlungen. Auch bei Vorliegen der aktiven Klagslegitimation kann aber die Klagsführung rechtsmißbräuchlich sein.

Rechtsmißbräuchlich ist die Ausnützung der Klageberechtigung, wenn der Verband vorwiegend nicht satzungsgemäße Aufgaben, sondern sachfremde Ziele verfolgt (Baumbach-Hefermehl aaO 1440 § 13 dUWG Rdn 14). Die Berufung auf Rechtsmißbrauch bedeutet nichts anderes als die Behauptung, daß das Verhalten durch das behauptete Recht gerade nicht gedeckt ist (Krejci in Rummel ABGB Rdz 138 zu § 879). Auf den vorliegenden Fall angewendet, bedeutet dies, daß bei "rechtsmißbräuchlicher Ausübung des Klagerechts" die Ziele, zu deren Verfolgung Verbänden das Klagerecht gewährt wird, nicht vorliegen, so daß auch das Klagerecht nicht besteht. Die Umstände, aus denen auf eine mißbräuchliche Inanspruchnahme der Klageberechtigung zu schließen ist, können entweder aus dem Vorgehen des klagenden Verbandes im betreffenden Klagsfall oder ausnahmsweise auch aus seinem Vorgehen in anderen Klagsfällen abgeleitet werden. Sind nämlich die Verstöße so schwerwiegend und offensichtlich, so kann die Rechtsausübung ohne Rücksicht auf die Verhältnisse im Einzelfall als mißbräuchlich anzusehen sein (Baumbach-Hefermehl aaO; BGH in WM 77, 1234 f). Auch aus einer übermäßigen Prozeßtätigkeit kann bei Hinzutreten besonderer Umstände auf eine mißbräuchliche Inanspruchnahme des Klagerechtes geschlossen werden, vor allem wenn sich ergibt, daß die formelle Rechtsstellung derart mißbraucht wird, daß die (provozierten) Wettbewerbsverstöße zum eigenen Nutzen bzw. vorwiegend zur Förderung anwaltlicher Gebühreninteressen ausgebeutet werden (vgl. Pastor in GRUR 1969, 571 f; ferner Baumbach-Hefermehl aaO 1440). Die Grenze zwischen einer noch sachgerechten (der Förderung gewerblicher Interessen dienenden) und einer überwiegend mißbräuchlicher Rechtsausübung wird im Einzelfall schwer zu ziehen sein, weil ja auch die von sachfremden Interessen mitbeeinflußte Klagsführung Wettbewerbsverstöße bekämpft und vielfach erst die nachfolgende Ausbeutung des Wettbewerbsverstoßes durch einen Verband sittenwidrige Elemente in die - von der Rechtsordnung an sich gewünschte - Verfolgung von Wettbewerbsverstößen hineinträgt. Als Indikatoren für anständiges Verhalten bei der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch Verbände - und damit auch als Maß der guten Sitten auf diesem Rechtsgebiet - können auch für den österreichischen Rechtsbereich die "Grundsätze für die Tätigkeit von Wettbewerbsvereinigungen" (Baumbach-Hefermehl aaO 1459 ff, Anhang zu § 13 dUWG) herangezogen werden, die von deutschen Verbänden im Dezember 1981 beschlossen wurden, um der mißbräuchlichen Tätigkeit einiger in den letzten Jahren gegründeter Wettbewerbsvereinigungen entgegenzuwirken (im folgenden kurz: "Grundsätze"). Indizien für den Verdacht, daß ein Verband vornehmlich aus (eigenem oder anwaltlichem) Gebühreninteresse (vgl. nochmals Pastor aaO 571) tätig wird und Wettbewerbsverstöße vor allem aus diesem Grund aufgreift, liegen vor, wenn er von dem Grundsatz abweicht, Wettbewerbsverstöße - unbeschadet des Rechts, diese eigenständig zu verfolgen (wobei es nach der Rechtsprechung nicht einmal darauf ankommt, ob im Einzelfall zwischen einem Mitglied der Wettbewerbsvereinigung und einem Dritten ein Wettbewerbsverhältnis besteht (ÖBl.1970, 70; SZ 44/176; ÖBl.1975, 89 ua; zuletzt 4 Ob 347/85) - in der Regel nur auf Veranlassung von Mitgliedern aufzugreifen (Präambel und Punkt 12 der Grundsätze) und sich zudem die tatsächlichen Grundlagen für eine Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch eine übermäßige Tätigkeit von Kontrollorganen verschafft, ohne daß schon vorher konkrete Verdachtsmomente gegen bestimmte Unternehmen vorlagen; bildet eine solche übermäßige Kontrolltätigkeit die Grundlage einer Vielzahl gleichartiger Klagen, so widerspricht es auch den Grundsätzen, ohne Kontakt mit den zuständigen Kammern und Verbänden vorzugehen (Punkt 10 der Grundsätze); Indiz für rechtsmißbräuchliches Vorgehen kann es auch sein, wenn die Klageführung regelmäßig ohne vorausgehende Abmahnung durch die Wettbewerbsvereinigung selbst (Punkt 4. der Grundsätze) erfolgt, dies insbesondere, wenn die Vereinigung die entsprechenden personellen, organisatorischen und materiellen Voraussetzungen für ein kostensparendes, der Verhütung künftiger Wettbewersverstöße dienendes Abmahnen gar nicht besitzt (Punkt 1, 4 und 5 der Grundsätze); auf ein rechtsmißbräuchliches Verhalten deutet es auch hin, wenn die Wettbewerbsvereinigung bei der Abmahnung mehr als die tatsächlichen Kosten verrechnet (Punkt 5. der Grundsätze) oder gar für den Verzicht auf die angedrohte Veröffentlichung des Urteilsbegehrens namhafte Beträge verlangt (vgl. dazu Kossak, Die Urteilsveröffentlichung als Ware, RZ 1985, 74); weiters wenn die Streitwerte von Klagen zur Bedeutung und Schwere des Wettbewerbsverstoßes (oder zum Aufwand des Anwaltes bei Einbringung einer Vielzahl gleichartiger Klagen) in einem erheblichen Mißverhältnis stehen (vgl. Punkt 13 der Grundsätze und Tetzner Rabattgesetz 163). Anders als bei der regelmäßig vorliegenden klageweisen Verfolgung eigener rechtlicher Interessen (durch die betroffene physische oder juristische Person) kann es schließlich auch rechtsmißbräuchlich sein, wenn der Verband von dem ihm zur Wahrung wirtschaftlicher Unternehmerinteressen durch die Rechtsordnung eingeräumten Klagerecht Gebrauch macht, ohne über die entsprechenden Geldmittel zu verfügen, um Kostenersatzansprüche aus verlorenen Prozessen zu befriedigen.

Grundsätzlich hat der Beklagte den Mißbrauch der Prozeßführungsbefugnis zu beweisen, weil die Vermutung dafür spricht, daß der satzungsgemäße Zweck vom Verband tatsächlich verfolgt wird (Baumbach-Hefermehl aaO 1440; BGH in GRUR 1973, 78 f). Ist aber diese Vermutung - etwa durch ein Zusammentreffen mehrerer für einen Mißbrauch des Klagerechtes sprechender

Umstände - erschüttert, so muß der klagende Verband im einzelnen darlegen und beweisen, daß er tatsächlich gewerbliche Interessen fördert (Baumbach-Hefermehl aaO 1440). Gleiches gilt, wenn wegen der Art des erhobenen Vorwurfs der Beklagte den Beweis nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten, der Kläger aber den Gegenbeweis leicht erbringen kann (vgl. ÖBl.1984, 16 und 97; ÖBl.1977, 71 ua).

Die Rechtssache ist somit noch nicht spruchreif, weshalb dem Rekurs der klagenden Partei ein Erfolg zu versagen war. Der Ausspruch über die Rekurskosten gründet sich auf § 52 ZPO.

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