OGH 4Ob347/85

OGH4Ob347/854.6.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B C D E, 1014 Wien, Hofburg, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum und Dr. Herwig Hauser, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei F G H Gesellschaft mbH, 1041 Wien, Rainergasse 1, vertreten durch DDr. Walter Barfuß, DDr. Hellwig Torggler, Dr. Christian Hauer, Dr. Lothar Wiltschek und Dr. Guido Kucsko, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung sowie einstweiliger Verfügung (Streitwert im Provisorialverfahren S 400.000,-) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 27. März 1985, GZ 4 R 58/85-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 24.Jänner 1985, GZ 37 Cg 678/84-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Die klagende Partei hat die Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist ein eingetragener Verein, der die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs zum Ziel hat und Verstöße gegen diesbezügliche gesetzliche Normen im Interesse der Mitglieder verfolgt. Mitglieder können physische und juristische Personen im Bereich der gewerblichen Wirtschaft sowie deren Organisation werden. Zu ihren Mitgliedern zählen auch der Österreichische Reisebüroverband, der Fachverband der Reisebüros, mehrere Landesfachgruppen, einzelne Reiseveranstalter, sowie Mitglieder aus anderen Bereichen wie z.B. Kreditwirtschaft, Versicherungswirtschaft, Verlagsbranche, Arzneimittelhandel und Lebensmittelindustrie.

Die beklagte Partei ist zu HRB 25.301 im Handelsregister eingetragen. Sie stellt gegen Entrichtung einer einmaligen Gebühr von S 200,- und Bezahlung von S 650,- für 12 Monate eine F G-Karte aus. Die Karte berechtigt den Inhaber zur bargeldlosen Bezahlung von Warenlieferungen und Dienstleistungen in beliebiger Höhe bei allen Unternehmen, die F G Partner sind. Die Gewerbetreibenden erhalten die tatsächliche Bezahlung vom Kreditunternehmen erst nach einigen Wochen, wobei noch ein bestimmter Provisionssatz in Abzug gebracht wird. Bemessungsgrundlage ist der im Letztverbrauchergeschäft unter Verwendung der F G-Karte erzielte Umsatz. Die Provision beträgt in der Reisebürobranche in der Regel 3 %. Die 10 %-ige Händlerspanne des Reisebüros ergibt sich daraus, daß die Reiseveranstalter einen Preisnachlaß gewähren. Die Unternehmen, die F G Partner sind, können jederzeit ohne Angabe von Gründen aus der Organisation ausscheiden. Am 5.11.1984 verfaßte der Leiter des Marketings der Beklagten ein an alle Clubmitglieder gerichtetes Schreiben, in dem ein 'weiterer ganz besonders interessanter Vorteil' angepriesen wird:

'Bei jedem Einkauf, mit jeder Rechnung, die Sie mit der F G-Karte bezahlen, haben Sie die Chance, S 500,- zu gewinnen, und: jeder Zahlungsbeleg nimmt außerdem am 31.12.1984 an der Verlosung einer Weltreise im Wert von S 100.000,- teil!

Wenn Sie also - nehmen wir an - 10 mal in den kommenden Wochen mit Ihrer F G-Karte bezahlen, haben sie 10 mal(!) die Chance, S 500,- zu gewinnen und nehmen mit ihren 10 Belegen an der Verlosung der Weltreise teil!

Natürlich brauchen Sie zum Gewinn auch ein wenig Glück... Gerade zur Weihnachtszeit werden Sie viele Gelegenheiten haben, Ihre F G-Karte zur Bezahlung vorzulegen - und haben damit automatisch viele Gewinnchancen'.

Es folgt nun eine Aufzählung von Branchen, unter deren Mitgliedern sich F G Vertragspartner befinden. Angekündigt wurden Verlosungen in jeder Woche vom 11.11.1984 beginnend bis zum 22.12.1984 und zusätzlich noch am 23.12.1984.

Es sollten jeweils 100 mal S 500,- zur Verteilung gelangen, wobei der Gewinn auf das Konto des Gewinners gebucht wird. Die Beklagte informierte von dem Shopping-Spiel ausschließlich Inhaber einer gültigen F G-Karte. In jeder Ausgabe der Mitglieder-Zeitung sind Werbegeschenke für die Werbung neuer Mitglieder angekündigt. Die Klägerin beantragte auf Grund dieses unbestrittenen Sachverhaltes im Rahmen ihrer auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung gerichteten Klage, der Beklagten mittels einstweiliger Verfügung aufzutragen, ab sofort beim Betrieb des F G Kreditkartensystems zu unterlassen:

1. Die Ankündigung eines sogenannten 'Shopping-Spieles' oder eines ähnlich bezeichneten Glückspieles bei dem Preise nicht unbedeutenden Wertes, wie insbesondere Gutschriften in der Höhe von S 500,- und eine Weltreise im Wert von S 100.000,- im Wege von Verlosungen von Inhabern einer F G-Karte gewonnen werden können, wobei jeder Zahlungsbeleg, der auf Grund einer unter Verwendung der F G-Karte geleisteten Zahlung bei der beklagten Partei einlangt, an einer Verlosung teilnimmt.

2. Die Verlosung oder Ziehung von solchen bei F G H GesmbH einlangenden Zahlungsbelegen und das Verteilen von solchen Wettgewinnen.

Die Klägerin brachte vor, das Gewinnspiel stelle ein starkes Anlockmittel zum Erwerb einer F G-Karte dar. Insbesondere könnten Angehörige, Freunde und Bekannte derzeitiger Karteninhaber als neue Kunden gewonnen werden. Darüber hinaus werde auch der derzeitige Karteninhaber motiviert, die Karte nach Ablauf der Gültigkeitsperiode zu erneuern, weil auch in Hinkunft mit derartigen Veranstaltungen zu rechnen sei. Es liege ein Verstoß gegen die §§ 28, 29 und subsidiär auch gegen § 1 UWG vor.

Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus und wendete ein, die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert, da Interessen ihrer Mitglieder nicht berührt würden. Das von der Klägerin beanstandete Gewinnspiel sei auch zulässig. Die Ankündigung sei ausschließlich an Inhaber von F G-Karten gerichtet gewesen, sie könne daher kein Anlockmittel zum Erwerb einer Kreditkarte durch Dritte sein. Es fehle jede Verbindung der Gewinnmöglichkeit mit dem Erwerb einer F G-Karte bzw. mit dem Kauf einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Leistung. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag der Klägerin ab. Es beurteilte den unbestrittenen Sachverhalt dahin, daß ein Verstoß gegen § 28 UWG nicht vorliege. Da die Bekanntmachung des Spieles auf den Kreis der Mitglieder der Beklagten beschränkt gewesen sei, sei keine Ausweitung des Kundenstockes erreicht worden, zumal die Verlosungen knapp nach der Ankündigung stattgefunden hätten. Eine Verbindung zwischen der Aufforderung, neue Mitglieder zu werben und dem Gewinnspiel sei nicht gegeben. Von der Ausübung eines 'psychologischen' Zwanges an die Mitglieder, allenfalls nicht benötigte Waren zu erwerben um die Gewinnchance zu vergrößeren, könne nicht gesprochen werden. Vielmehr seien die Mitglieder nur dazu angeregt worden, Einkäufe, die sie ohnedies vorzunehmen gedachten, bei Vertragsunternehmen der Beklagten zu tätigen. Der Erwerb einer Gewinnchance sei nur ein Nebeneffekt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin Folge und erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Es sprach ferner aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,- übersteigt. Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, der Kreis der Personen, die von der Ankündigung des Gewinnspieles Kenntnis erlangten, ginge zweifellos über den Kreis der jeweiligen Mitglieder hinaus, zumal angenommen werden könne, daß auch Haushaltsangehörige und zum Teil Verwandte und Bekannte davon informiert wurden. Das Gewinnspiel sei daher durchaus geeignet bei Nichtmitgliedern wegen der Gewinnchance den Entschluß zu wecken, bei der Beklagten eine Kreditkarte zu erwerben, wobei allenfalls das Streben, einen Preis zu gewinnen, spürbar mitbestimmend wirkte. Daß die Dauer des Gewinnspieles beschränkt gewesen sei, stehe dem nicht entgegen, weil die Ausstellung einer Kreditkarte innerhalb weniger Tage erfolgen könne. Ob auch ein Wettbewerbsverstoß darin liege, daß die Beklagte ihre Mitglieder durch das Gewinnspiel dazu anleitete, ihre Leistungen, nämlich die 'Kreditgewährung' vermehrt in Anspruch zu nehmen, um die Gewinnchancen zu erhöhen, brauche nicht weiter erörtert zu werden. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen. Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Was zunächst die im Revisionsrekurs aufgeworfene Frage der Aktivlegitimation der Klägerin anlangt, ist diese gegeben. Wenn eine Interessenvereinigung nicht auf Angehörige eines bestimmten Berufszweiges beschränkt ist, und nach ihrer Satzung Handlungen gegen den unlauteren Wettbewerb bekämpfen soll, ist sie nach § 14 UWG zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen legitimiert, ohne nachweisen zu müssen, daß sie Mitglieder besitzt, die im Sinne des § 14 UWG Mitbewerber sind. Es kommt nicht darauf an, ob im Einzelfall zwischen einem Mitglied des Vereines oder einem Dritten ein Wettbewerbsverhältnis besteht (SZ 44/176; ÖBl.1974, 65; ÖBl.1975, 89 ua).

Es kann ferner dahingestellt bleiben, ob das vorliegende Spiel - wie das Rekursgericht meint - schon deshalb gegen § 28 UWG verstößt, weil trotz der Versendung des Rundschreibens nur an Clubmitglieder die Ankündigung über diesen Kreis hinaus auch deren Angehörigen und Bekannten zur Kenntnis gelangen konnte. Auch wenn dies nicht der Fall wäre oder die Beklagte dies nicht zu verantworten hätte, verstieß das Spiel gegen § 28 UWG.

Gemäß § 28 UWG ist es verboten, Waren oder Leistungen in der Form zu vertreiben, daß die Lieferung der Ware oder die Verrichtung der Leistung oder eine neben der Ware oder Leistung zu gewährende Zuwendung (Prämie) von dem Ergebnis einer Verlosung oder einem anderen Zufall abhängig gemacht ist. Ob im vorliegenden Fall eine Leistung in der Form vertrieben wird, daß eine neben der Leistung zu gewährende Zuwendung vom Ergebnis einer Verlosung abhängig gemacht wird, kann nur nach dem Inhalt der Rechtsbeziehungen, die einerseits zwischen der Beklagten und ihren Mitgliedern und andererseits zwischen der Beklagten und den Vertragsgeschäften bestehen, beurteilt werden. Mit Recht verwies die Klägerin darauf, daß mit dem Erwerb der F G-Karte nur der Rahmen abgesteckt wird, in dem sich die künftigen Beziehungen zwischen den Vertragspartnern, nämlich die Kreditgewährung durch die Beklagte an ihre Mitglieder im Falle des Einkaufes in einem Partnergeschäft abwickeln soll. Da den Clubmitgliedern von der Beklagten nur die Ladenpreise, nicht aber Zinsen verrechnet werden, liegt das Interesse der Beklagten darin, daß ihre Mitglieder möglichst viele Einkäufe in Partnergeschäften tätigen, weil sie von letzteren entsprechend dem Umsatz aus Geschäften mit Clubmitgliedern Provisionen erhält. Werden daher die Clubmitglieder durch ein Gewinnspiel wie das vorliegende, zu vermehrten Käufen in Partnergeschäften der Beklagten angeregt, wirkt sich dies wesentlich auf den Gewinn der Beklagten aus. Damit besteht aber auch eine Verknüpfung des Gewinnspieles mit der Leistung der Beklagten, nämlich der Kreditgewährung für jeden einzelnen Einkauf ihrer Mitglieder. Da andererseits jeder Einkaufsbeleg an der Verlosung der ausgesetzten Gewinne teilnimmt und sich daher mit jedem Einkauf die Gewinnchance des Clubmitgliedes erhöht, besteht zwischen der Zuwendung auf Grund der Gewinnmöglichkeit und der jeweiligen Kreditgewährung durch die Beklagte ein Zusammenhang, weshalb das Gewinnspiel gegen § 28 UWG verstößt.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs 2 EO, 40, 50 ZPO, jener über die Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses auf § 393 Abs 1 EO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte