OGH 2Ob631/85

OGH2Ob631/858.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 24.Jänner 1967 ehelich geborenen mj. Elisabeth A infolge Revisionsrekurses des Vaters Franz A, Tischler, 1130 Wien, Maxingstraße 13, vertreten durch Dr. Hans Nemetz, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 5.Juni 1985, GZ 43 R 122/84-74, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 31.Oktober 1983, GZ 10 P 334/83-33, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 31.Oktober 1983, ON 33, wurde der Vater Franz A zuzüglich zu dem ihm mit Beschluß des Erstgerichtes vom 4.Februar 1975 bisher auferlegten Unterhaltsbetrag von monatlich S 1.120 ab 24.9.1982 zu weiteren monatlichen Unterhaltsleistungen in Höhe von S 2.880, insgesamt sohin monatlich S 4.000, für die Minderjährige verpflichtet. Das Erstgericht ging davon aus, daß der Vater der an ihn gerichteten Vorladung für den 10.10.1983 trotz Androhung der Säumnisfolgen des § 185 Abs 3 AußStrG keine Folge geleistet und auch keine schriftliche Stellungnahme zum Unterhaltsantrag abgegeben habe. Es sei daher gemäß § 185 Abs 3 AußStrG anzunehmen, daß er dem Erhöhungsantrag, von welchem ihm mit der Vorladung eine Gleichschrift übermittelt worden sei, keine Einwendungen entgegensetze.

Der Rekurs des Vaters gegen den Beschluß des Erstgerichtes blieb erfolglos. Das Rekursgericht ging von folgendem, sich aus dem Akt ergebenden Sachverhalt aus:

Die Minderjährige hat im Unterhaltserhöhungsantrag vom 16.9.1982 (ON 13) vorgebracht, daß der Vater als Unternehmer zumindest monatlich S 20.000 netto verdiene. Außer für die Minderjährige habe er noch für seine im Jahr 1970 geborene Tochter Susanne und seine Gattin zu sorgen, welche jedoch ein ausreichendes eigenes Einkommen beziehe. Die Mutter der Minderjährigen sei im Haushalt tätig und beziehe die Familienbeihilfe. Mit Beschluß vom 19.9.1983 (ON 20) forderte das Erstgericht den Vater unter Androhung der Säumnisfolgen des § 185 Abs 3 AußStrG auf, zum Unterhaltserhöhungsantrag der Minderjährigen (welcher beigelegt wurde) am 10.10.1983 beim Erstgericht Stellung zu nehmen. Diese Aufforderung wurde dem Vater an die Adresse 1200 Wien, Engerthstraße 90, durch postamtliche Hinterlegung mit RS blau am 29.9.1983 zugestellt. Der Vater war nach seinem Rekursvorbringen vom 19.9. bis 13.10.1983 in Neufeld an der Leitha auf Urlaub und hat diesen Beschluß am Montag, dem 17.10.1983, bei der Post behoben. Am 20.10.1983 telefonierte der Vertreter des Vaters mit der zuständigen Rechtspflegerin Amtsrat Maria B und erklärte dieser, daß die bereits diktierte Stellungnahme zum Unterhaltserhöhungsantrag vom 16.10.1982 unverzüglich einlangen werde. Dann wurde dieses Gespräch abgebrochen. Mangels Einlangens der zugesagten Stellungnahme wurde vom Erstgericht am 31.10.1983 der angefochtene Beschluß ON 33 erlassen und am 9.11.1983 langte die schriftliche Stellungnahme des Vaters zum Unterhaltserhöhungsantrag beim Erstgericht ein. Zur Rechtsfrage führte das Rekursgericht aus, der Ansicht des Rekurswerbers, daß die Sanierung der Zustellung des Beschlusses ON 20 für ihn keine rechtliche Wirkung habe, weil die in diesem Beschluß genannte Frist bzw. der dort genannte Termin bereits verstrichen war, könne nicht gefolgt werden. Im Rekurs werde zugegeben, daß der Vertreter des Vaters mit der zuständigen Rechtspflegerin telefoniert und die unverzügliche Einbringung einer schriftlichen Stellungnahme in Aussicht gestellt habe. Ungeachtet dessen sei die Stellungnahme des Vaters am 9.11.1983 beim Erstgericht überreicht worden. Daraus ergebe sich, daß der Vater trotz erfolgter Aufforderung zur Stellungnahme unter Androhung der Säumnisfolgen des § 185 Abs 3 AußStrG diese Stellungnahme nicht rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht habe. Es sei auch nicht zulässig, Einwendungen in Form von Neuerungen im Rekurs nachzuholen, weil damit der Sinn der Bestimmung des § 185 Abs 3 AußStrG in Wahrung des Wohles des Minderjährigen die dringende Erledigung eines Antrages unverzüglich herbeizuführen, geradezu in sein Gegenteil verkehrt würde. Dem Vater sei es daher verwehrt, dem Sachverhalt, von dem das Erstgericht bei seiner Entscheidung im Hinblick auf das Schweigen des Vaters ausgehen konnte, im Rekurs davon abweichende mangels Vorbringens in erster Instanz nicht ergänzbare Tatsachenbehauptungen entgegenzusetzen. Ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 20.000 und der weiteren Sorgepflicht des Vaters für seine 1970 geborene Tochter Susanne, erweise sich daher die vom Erstgericht festgesetzte Unterhaltsverpflichtung des Vaters als im Rahmen der Prozentkomponente und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Vaters gelegen und somit als angemessen im Sinne des § 140 ABGB.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Vaters aus dem Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG mit dem Antrag auf Aufhebung und Rückverweisung an eine der Vorinstanzen zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Der Rechtsmittelwerber führt aus, das Erstgericht habe ihn mit Beschluß vom 19.9.1983 aufgefordert, am 10.10.1983 zum Unterhaltserhöhungsantrag der Mutter der mj. Elisabeth A Stellung zu nehmen und diese Aufforderung mit der Androhung der Säumnisfolgen des § 185 Abs 3 AußStrG versehen. Dieser Beschluß sei am 29.9.1983 postamtlich hinterlegt und von ihm am 17.10.1983 behoben worden. Da er vom 19.9. bis 13.10.1983 in Neufeld an der Leitha auf Urlaub gewesen sei, gelte die Zustellung dieses Beschlusses nicht mit seiner gesetzwidrig erfolgten Hinterlegung, sondern erst mit dem Zeitpunkt als Erfolg, an dem er ihm tatsächlich zugekommen sei. Am 17.10.1983 sei aber der mit der Sanktion des § 185 Abs 3 AußStrG behaftete Termin des 10.10.1983 bereits verstrichen und somit unwirksam gewesen. Dem am 20.10.1983 erfolgten Telefonat seines Vertreters mit der zuständigen Rechtspflegerin des Erstgerichtes und der darin gemachten Zusage, unverzüglich eine schriftliche Stellungnahme zu dem vorerwähnten Unterhaltserhöhungsantrag zu erstatten, komme keine Ausschlußwirkung im Sinne des § 185 Abs 3 AußStrG zu. Es fehle sowohl die Voraussetzung der qualifizerten Zustellung, als auch die Setzung einer angemessenen Frist im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle. Das Erstgericht habe noch vor dem am 9.11.1983 erfolgten Einlangen der angekündigten Stellungnahme seines Vertreters den Unterhaltserhöhungsbeschluß vom 31.10.1983, ON 33, erlassen. Der Oberste Gerichtshof habe die Anwendung des § 185 Abs 3 AußStrG von der ordnungsgemäßen Aufforderung des Antragsgegners, sich zu äußern, abhängig gemacht. Da eine solche ordnungsgemäße Aufforderung nicht vorgelegen sei, hätten sowohl das Erst- als auch das Rekursgericht die Bestimmung des § 185 Abs 3 AußStrG unrichtig angewendet und ihm damit die im § 10 AußStrG eingeräumten Rekursrechte beschnitten. Der angefochtene Beschluß sei daher mit einer offenbaren Gesetzwidrigkeit zufolge einer Verletzung der Bestimmungen der §§ 185 Abs 3, 10 AußStrG behaftet. Zunächst ist darauf zu verweisen, daß die Bestimmung des § 14 Abs 2 AußStrG der Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegensteht, weil es sich hier um die Beurteilung eines angeblichen Verstoßes gegen die Verfahrensvorschriften der §§ 10, 185 Abs 3 AußStrG, somit um verfahrensrechtliche Voraussetzungen der Unterhaltsbemessung handelt (vgl. SZ 47/32, EF 35.130/2 u.a.). Da das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes bestätigt hat, ist aber die Anfechtung gemäß § 16 AußStrG nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer begangenen Nullität zulässig. Mit dem vom Rechtsmittelwerber geltend gemachten Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit können allerdings nur materiell-rechtliche Unrichtigkeiten der Entscheidung bekämpft werden (vgl. S 47/105 u. v.a.). Angebliche Verstöße gegen verfahrensrechtliche Vorschriften können im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nach § 16 AußStrG nur dann bekämpft werden, wenn ihnen das Gewicht einer Nichtigkeit (Nullität) beizumessen ist, sonst unterliegen sie als bloße Verfahrensmängel nicht der überprüfung durch den Obersten Gerichtshof (SZ 23/10 u.v.a.).

Der Rechtsmittelwerber erblickt einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 185 Abs 3 AußStrG darin, daß das Rekursgericht gleich dem Erstgericht ungeachtet des Fehlens der ordnungsgemäßen Aufforderung des Vaters zur Stellungnahme zum Unterhaltserhöhungsantrag die Voraussetzungen für die an eine Nichtäußerung geknüpften Rechtsfolgen als gegeben ansah. Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß der Rechtsmittelwerber nach seinem eigenen Vorbringen den postamtlich hinterlegten Beschluß vom 19.9.1983, der den Auftrag enthielt, sich am 10.10.1983 unter Androhung der Säumnisfolgen des § 185 Abs 3 AußStrG zu äußern, am 17.10.1983 behoben hat, wodurch allfällige Zustellungsmängel jedenfalls geheilt waren (§ 7 ZustellungsG). Der Bestimmung des § 185 Abs 3 AußStrG liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, Verfahrensverzögerungen entgegenzuwirken und möglichst rasch zu einer Sachentscheidung zu gelangen (SZ 52/155, 1 Ob 552/80 u.a.). Diesem Zweck der Vorschrift würde die Ansicht des Rechtsmittelwerbers, durch seine Kenntnisnahme von dem Beschluß vom 19.9.1983 erst nach dem darin bestimmten Vorladungstermin vom 10.10.1983, seien die in § 185 Abs 3 AußStrG vorgesehenen Säumnisfolgen unwirksam geworden, die Annahme seiner Nichtäußerung sei nicht mehr zulässig gewesen, nicht gerecht werden. Vielmehr war der Rechtsmittelwerber jedenfalls verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnisnahme von dem genannten Beschluß mit dem Gericht in Verbindung zu setzen, was er ja telefonisch durch seinen Vertreter am 20.10.1983 auch getan hat, wobei von letzterem die unverzügliche Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme in Aussicht gestellt wurde. Da aber ungeachtet dessen diese Stellungnahme bis zum 31.10.1983 nicht erstattet wurde, sondern erst am 9.11.1983 beim Erstgericht überreicht wurde, kann in der Auffassung des Rekursgerichtes, das Erstgericht habe dieses Verhalten des Rechtsmittelwerbers als Nichtäußerung ansehen und gemäß § 185 Abs 3 AußStrG annehmen dürfen, der Rechtsmittelwerber setze dem Unterhaltserhöhungsantrag keine Einwendungen entgegen, keinesfalls ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften, dem das Gewicht einer Nichtigkeit beigemessen werden könnte, erblickt werden. Auch ein Verstoß gegen die Verfahrensbestimmungen des § 10 AußStrG liegt nicht vor. Bei Unterlassung der rechtzeitigen öußerung trotz Aufforderung nach § 185 Abs 3 AußStrG ist es vielmehr dem Antragsgegner verwehrt, das versäumte Vorbringen in Form von Neuerungen im Rekurs nachzutragen, weil dadurch der Sinn der genannten Vorschrift, in Wahrung des Wohles des Minderjährigen die dringende Erledigung eines Antrages unverzüglich herbeizuführen, geradezu in sein Gegenteil verkehrt würde (SZ 52/155 u.a.). Mangels Vorliegens eines der im § 16 Abs 1 AußStrG genannten Anfechtungsgründe war der Revisionsrekurs daher als unzulässig zurückzuweisen.

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