OGH 3Ob1025/85

OGH3Ob1025/852.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Parteien 1) Marie Luise A, Hochschülerin, 1120 Wien, Schwenkgasse 20, und 2) Eva A, Hochschülerin, ebendort, beide vertreten durch Dr. Christoph Suchomel, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr. Karl A, Botschafter i.R., 1160 Wien, Rolandweg 11, vertreten durch Dr. Paul Bachmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 41.747,18 S s.A., infolge außerordentlichen Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 7. Mai 1985, GZ. 46 R 259/85-60, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Rekurs der verpflichteten Partei wird gemäß § 78 EO, § 526 Abs. 2 S 2 und § 528 Abs. 2 S 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528 a ZPO).

Text

Begründung

Der Verpflichtete schuldet den beiden betreibenden Parteien, seinen ehelichen Kindern, auf Grund eines rechtskräftigen Urteiles des Bezirksgerichtes Hernals vom 26. Mai 1979 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von je 15 % seines Nettoeinkommens. Auf Grund dieses Bruchteilstitels wurde den betreibenden Parteien zur Hereinbringung des Rückstandes für die Zeit vom 24. April 1978 bis 31. Dezember 1978 und vom 1. Jänner 1980 bis 30. April 1980 in Höhe von je 152.653,21 S die Gehaltsexekution bewilligt. Der etwas ungewöhnliche Zeitraum ergibt sich daraus, daß die betreibenden Parteien in ihrem ersten Exekutionsantrag einen Schreibfehler begingen und neben dem laufenden Unterhalt ab 1. Mai 1980 nur den Rückstand bis zum 23. April 1978 statt wie beabsichtigt bis zum 30. April 1980 begehrt hatten und daß sie in ihrem zweiten Exekutionsantrag, welcher dieser Exekution zu Grunde liegt, den Rückstandszeitraum zwar mit 24. April 1978 bis 30. April 1980 angaben, bei der Berechnung des Einkommens des Verpflichteten aber das Jahr 1979 versehentlich übergingen, so daß sie in der Folge hinsichtlich des Rückstandes für das Jahr 1979 eine dritte Exekution erwirkten (siehe dazu auch den klarstellenden Beschluß des Erstgerichtes ON 48). Der Exekutionsbewilligung lag eine Erklärung des Dienstgebers zugrunde, in der auch verschiedene Zulagen enthalten sind. Infolge zweier Einschränkungen (Berücksichtigung von Zahlungen) erniedrigte sich der betriebene Anspruch auf je 86.736,36 S (Beschlüsse ON 26 und 28). Gemäß § 10 a Abs. 2 EO beantragte der Verpflichtete, die Feststellung des Unterhaltsrückstandes.

Im ersten Rechtsgang setzte das Erstgericht den Unterhaltsrückstand mit je 49.134,54 S fest, wobei es im wesentlichen den Standpunkt vertrat, daß bisher mitberücksichtigte Zulagen im Ausmaß von 250.679,70 S (nämlich Repräsentationszulagen von 234.541,70 S und Pauschalerziehungskostenbeiträge von 16.138 S) von der bisherigen Einkommensbemessungsgrundlage abzuziehen seien, nicht aber eine Kaufkraftausgleichszulage von 151.362 S (ON 36). Das Gericht zweiter Instanz hob diesen Beschluß auf. Bezüglich der Kaufkraftausgleichszulage vertrat das Gericht zweiter Instanz im Aufhebungsbeschluß die Ansicht, daß diese als Einkommen des Verpflichteten einzubeziehen sei, wenn und soweit der Verpflichtete sein Einkommen in Österreich verbrauche. Abzuziehen sei der tatsächliche Mehraufwand, der dadurch entstehe, daß der Verpflichtete sich in Ausübung seines Berufes im Ausland aufhalte. Auch ein höheres Preisniveau im Ausland könne einen solchen Mehraufwand nötig machen (ON 43).

Im zweiten Rechtsgang stellte das Erstgericht zu der jetzt allein noch strittigen Kaufkraftausgleichszulage fest, daß diese genau der Differenz der Lebenshaltungskosten zwischen Österreich und Norwegen entspreche, wo sich der Verpflichtete im strittigen Zeitraum als Botschafter tatsächlich aufgehalten habe. Auf Grund dieser Feststellung und einiger nicht mehr relevanter weiterer Berechnungen ergab sich, daß kein Rückstand bestehe. Das Erstgericht stellte daher die Exekution gemäß § 10 a Abs. 2 EO ein. Das Gericht zweiter Instanz bezog jedoch die Kaufkraftausgleichszulage von 151.362 S in die Einkommensbemessungsgrundlage ein, was in Verbindung mit einer teilweise abweichenden Berücksichtigung der Zahlungen (welche aber nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist) einen Rückstand von je 20.873,59 S für jede betreibende Partei ergab, in welchem Sinne der Beschluß des Erstgerichtes abgeändert wurde. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil keiner der Tatbestände des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO vorliege.

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei. Der Verpflichtete vertritt die Auffassung, das Gericht zweiter Instanz habe im zweiten Rechtsgang eine andere Rechtsansicht als im ersten Rechtsgang vertreten, was elementare Rechtsgrundsätze des österreichischen Zivilverfahrensrechtes verletze und wozu es bisher keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gebe.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 528 Abs. 2 ZPO ist aber der außerordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig, weil entgegen der Ansicht des Verpflichteten die Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO nicht vorliegen.

Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, daß zwar das Berufungsgericht an seine in einem Aufhebungsbeschluß ausgesprochene Rechtsansicht gebunden ist, daß aber ein Abgehen von der in der ersten Entscheidung vertretenen Auffassung bedeutungslos ist, wenn die in der zweiten Entscheidung vertretene Auffassung richtig ist (SZ 42/177, Arb. 9200, SZ 55/95).

Inwiefern die im zweiten Rechtsgang vertretene Auffassung unrichtig sein soll, wird im Revisionsrekurs nicht aufgezeigt, so daß im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses zur Richtigkeit der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz an sich gar nicht Stellung zu nehmen ist.

Für den außerordentlichen Rekurs gelten nämlich gemäß § 528 Abs. 2 ZPO die Bestimmungen über die außerordentliche Revision sinngemäß. In der Rekursschrift ist daher im Falle der Erhebung einer Rechtsrüge nicht nur gemäß §§ 520 Abs. 2, 506 Abs. 2 ZPO darzulegen, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint, sondern es müssen gemäß § 506 Abs. 1 Z 5 ZPO auch gesondert die Gründe (Plural!) enthalten sein, warum der außerordentliche Rekurs entgegen dem Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO für zulässig erachtet wird. Bei der Erstprüfung eines außerordentlichen Rekurses ist daher eine im Verfahren aufgetauchte und von den Vorinstanzen behandelte Rechtsfrage, die weder im Sinne des § 506 Abs. 1 Z 5 ZPO noch sonst im außerordentlichen Rekurs als Rekursgrund geltend gemacht wurde, nicht von Amts wegen darauf zu untersuchen, ob die Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO erfüllt sind. Es besteht vielmehr die Beschränkung auf die vom Rechtsmittelwerber anzugebenden Gründe über die entgegen dem Ausspruch der zweiten Instanz gegebene Zulässigkeit des außerordentlichen Rekurses (Petrasch, ÖJZ 1985, 301 und dort zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes). Das vom Verpflichteten allein vorgetragene Argument, die Kaufkraftausgleichszulage decke entgegen der Annahme beider Vorinstanzen die höheren Lebenshaltungskosten in Norwegen nicht, gehört dem in dritter Instanz nicht mehr zu beurteilenden Tatsachenkomplex an. Geht man aber davon aus, daß der Verpflichtete - würde er in Österreich gelebt haben - nur 70 % seines Einkommens für sich selbst verwenden hätte können (je 15 % hätte er an die betreibenden Parteien abzuführen gehabt), während er jetzt ebenfalls 70 % seines Einkommens aber aufgewertet entsprechend den höheren Lebenshaltungskosten in Norwegen für sich verbrauchen konnte, ist im übrigen in der Entscheidung der zweiten Instanz ohnedies kein Rechtsirrtum erkennbar.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte