OGH 7Ob595/85

OGH7Ob595/854.7.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Flick als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz, Dr.Warta und Dr.Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hans Otto A, Kaufmann, Enzesfeld, Hirtenbergerstraße 520, vertreten durch Dr.Josef Wegrostek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Viktoria B, Kauffrau, Felixdorf, Hauptstraße 18, vertreten durch Dr.Ernst Fasan, Dr.Wolfgang Weinwurm und Dr.Erwin Lorenz, Rechtsanwälte in Neunkirchen, wegen 436.000 S s.A. und Zuhaltung eines Vertrages (Gesamtstreitwert 736.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21.März 1985, GZ.2 R 37/85-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 16.November 1984, GZ.2 Cg 530/82-26, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1.) zu Recht erkannt:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird, soweit es sich auf Punkt 1. des erstgerichtlichen Urteiles, dessen Punkt 3. als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleibt, bezieht, dahin abgeändert, daß dieser Punkt zu lauten hat:

'Die Beklagte ist schuldig, in ihren Firmenräumlichkeiten in Felixdorf, Hauptstraße 18, bis 1.12.1984 einen TV-Spieltisch und eine Musikbox der Marke Akropolis spielbereit aufgestellt zu halten. Die Beklagte ist weiter schuldig, bis zum 1.12.1984 die Ersetzung dieser Geräte durch neuere gleichartige Geräte zuzulassen, sowie sämtliche bei den Behörden erforderlichen Anmeldungen für die oben genannten Geräte bzw. deren Ersatzgeräte durchzuführen und die hiefür notwendigen Erklärungen abzugeben, wobei die hiefür auflaufenden Kosten vom Kläger zu tragen sind. Die Beklagte hat während der Spielbereitschaft des Spielautomaten Ami Akropolis jede sonstige Musikdarbietung zu unterlassen.

Die Beklagte ist schließlich schuldig, keine Reparaturen durch Öffnen der Automaten selbst oder durch Dritte durchführen zu lassen. Sie hat auftretende Störungen sofort zu melden. Bis zum 1.12.1984 hat sie dem Kläger während der Geschäftszeit ihres Geschäftslokales den Zutritt zu den im Geschäftslokal aufgestellten genannten Geräten zu gestatten.

Das Mehrbegehren, die Beklagte sei schuldig, bis 1.12.1985 keine weiteren Spielautomaten, Unterhaltungsautomaten oder Musikboxen zu erwerben, zu betreiben oder aufzustellen bzw. durch Dritte aufstellen oder betreiben zu lassen, sie sei ferner schuldig, im Falle eines Ausgleichs oder Konkursverfahrens sowie im Falle von Pfändungen in ihrem Geschäftslokal das Exekutionsgericht bzw. die Gläubiger aufmerksam zu machen, daß die Spielautomaten, ein TV-Spieltisch, eine Musikbox der Marke Ami Akropolis, ein Spielautomat der Marke Admiral 3000, ein Spielautomat der Marke JMP-Royal und ein Spielautomat der Marke Admiral 1500 Eigentum des Klägers sind, bzw. von derartigen Verfahren oder Vorgängen den Kläger in Kenntnis zu setzen, wird abgewiesen.

2.) den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Punkt 2. des erstgerichtlichen Urteiles betreffende Entscheidung sowie die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes werden aufgehoben. In diesem Umfang wird die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist in der Spieltautomatenbranche tätig und befaßt sich mit der Aufstellung von Spielautomaten. Er kassiert die Einspielergebnisse. Die Automaten werden von ihm gewartet und repariert. Ihm wurde am 28.5.1982 eine Veranstaltungsbewilligung der Niederösterreichischen Landesregierung für den Betrieb von 100 Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit verschiedener Typen erteilt. Unter anderem scheint in dieser Veranstaltungsbewilligung als Standort auch das Gasthaus der Beklagten auf.

Am 1.12.1974 schlossen die Streitteile einen Aufstellungsvertrag für Musikautomaten (Spielautomaten), wobei eine Vertragsdauer von 10 Jahren angeführt war. Die Beklagte sollte zu 40 % am Einspielergebnis beteiligt sein. Es wurden die Geräte genannt, die zur Aufstellung gelangen sollten.

Die im Vertrag genannte Vertragsdauer von 10 Jahren ist branchenüblich, weil mit Rücksicht auf den Kaufpreis von Spielautomaten mit einer Amortisationszeit von 3 bis 5 Jahren zu rechnen ist.

Im Vertrag wurde zwar nur eine Musikbox genannt, doch wurde während der Vertragsdauer im Lokal der Beklagten die Zahl und Art der Geräte geändert. Insbesondere wurden veraltete Geräte gegen neue ausgetauscht. Die Zahl der im Lokal aufgestellten Geräte hat zuletzt auch die Zahl der vereinbarten Geräte überstiegen, doch lag die Erhöhung der Anzahl der Geräte im Interesse beider Streitteile, weshalb die Änderung einvernehmlich erfolgte.

Bis zum Jahre 1981 funktionierte das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen klaglos. Die Geräte wurden vom Kläger gewartet und betreut. Der Kläger kassierte das Einspielergebnis und rechnete mit der Beklagten ab. Der Beklagten kam der Vertrag gelegen, weil sie die daraus erzielten Einnahmen zur Abdeckung von Steuerschulden verwendete. Störungen wurden vom Kläger umgehend behoben. Es lag im Interesse beider Streitteile, die Dauer der Störung kurz zu halten. Im Verlaufe des Vertrages wurde das Beteiligungsverhältnis am Einspielergebnis dahin geändert, daß beide Streitteile je die Hälfte erhielten.

Zum Zeitpunkt der Kündigung des Vertrages durch die Beklagte waren im Lokal noch eine Musikbox, ein TV-Tisch,

3 Geldspielautomaten und ein Flipperautomat vorhanden. Das Einspielergebnis lag bei den Spielautomaten ungleich höher als bei der Musikbox. Auf einem durchschnittlichen Aufstellplatz, wie dem bei der Beklagten, erzielt ein Geldspielautomat ein monatliches Ergebnis von 20.000 bis 24.000 S.

Mit Schreiben vom 16.8.1982 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit der Behauptung auf, der Vertrag sei nicht mehr gültig, weil der Kläger über keine Standortlizenz verfüge. Gleichzeitig forderte sie den Kläger auf, die Geräte binnen 3 Tagen abzuholen und aus dem Lokal der Beklagten zu entfernen. Als eine Aussprache zu keinem Ergebnis führte, zog der Kläger die Geräte ab. Vorerst wurden in diesem Lokal keine Geräte betrieben, doch schloß die Beklagte zwei bis drei Monate nach der Vertragskündigung einen Vertrag mit einer anderen Firma ab. Seither betreibt sie Geräte dieser Firma. Auch mittels dieser Geräte wurde, wie schon bisher, das Spiel auf illegale Art derart betrieben, daß den Spielern Gewinne ausbezahlt wurden.

Für die nunmehr verfahrensgegenständlichen Geräte besitzt der Kläger eine Veranstaltungsbewilligung, in der darauf verwiesen ist, daß es sich nur um Geräte ohne Gewinnmöglichkeit handeln darf. Entgegen dieser Auflage wurden jedoch im Lokal der Beklagten verbotene Spiele in der Form veranstaltet, daß die Gewinne, die einzelne Spieler erzielten, zur Auszahlung gelangten, sohin 'illegales Spiel' betrieben. Spielautomaten, insbesondere Geldspielautomaten, bringen bei legalem Spiel kein nennenswertes Einspielergebnis. Das Ergebnis entspricht nur dann den Erwartungen des Aufstellers und des Standortinhabers, wenn illegales Spiel veranstaltet wird.

Die in der Klage genannten Geräte Admiral 3000, JMP-Royal und Admiral 1500 sind Geldspielautomaten, mit denen illegales Spiel betrieben wurde. Die Aufstellung derartiger Geräte ist nach den Bestimmungen des niederösterreichischen Spielautomatengesetzen ab 1.7.1983 verboten. Bei dem TV-Spieltisch und der Musikbox der Marke Akropolis handelt es sich nicht um Spielautomaten im Sinne des niederösterreichischen Spielautomatengesetzes.

Das Erstgericht traf weitere Feststellungen über die mittels zulässiger Geräte im Falle legalen Spieles zu erzielenden Einnahmen. Das Erstgericht legte seiner Entscheidung ferner die vertragliche Bestimmung zugrunde, daß die Beklagte innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen den Streitteilen keine anderen Spielautomaten in ihrem Lokal aufstellen und betreiben darf. Es erkannte die Beklagte schuldig, bis 1.12.1984 einen TV-Spieltisch und eine Musikbox der Marke Akropolis während der Geschäftszeit in ihrem Lokal spielbereit aufgestellt zu halten sowie bis 1.12.1985 keine weiteren Spielautomaten, Unterhaltungsautomaten oder Musikboxen zu erwerben, zu betreiben oder aufzustellen bzw. durch Dritte aufstellen oder betreiben zu lassen. Ferner legte das Erstgericht der Beklagten bezüglich dieser beiden Automaten die sich aus dem Spruch des Ersturteiles ergebenden weiteren Verpflichtungen auf. Das Mehrbegehren bezüglich der Verpflichtung zur Aufstellung eines Spielautomaten der Marke Admiral 3000, eines Spielautomaten der Marke JMP-Royal sowie eines Spielautomaten der Marke Admiral 1500 wurde abgewiesen. In diesem Umfang ist das Ersturteil in Rechtskraft erwachsen. Schließlich wurde die Beklagte zur Zahlung von 436.000 S samt Anhang an den Kläger verurteilt.

Rechtlich vertrat das Erstgericht den Standpunkt, auf Grund des Vertrages habe die Beklagte vor dem 1.12.1984 nicht kündigen können. Demnach laufe das Vertragsverhältnis erst mit diesem Zeitpunkt aus. Die Beklagte müsse daher bis zu diesem Zeitpunkt die gesetzlich zulässigen Geräte aufgestellt halten. Dagegen sei sie nicht verpflichtet, jene Geräte aufgestellt zu halten, bei denen es sich um reine Spielautomaten, deren Betrieb nicht zulässig sei, handle. Eine Sittenwidrigkeit des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrages sei nicht erkennbar. Dies betreffe auch jene Vertragsbestimmung, derzufolge die Beklagte das Aufstellen von Spielautomaten innerhalb eines Jahres seit Ablauf des Vertrages zu unterlassen habe.

Ausgehend von seinen Feststellungen bezüglich des zu erwartenden Einspielergebnisses errechnete das Erstgericht unter Heranziehung der Bestimmung des § 273 ZPO den vom Kläger für die Zeit, während der die Beklagte ihrer vertraglichen Verpflichtung nicht nachgekommen ist, zu erwartenden Gewinn mit 436.000 S, den es dem Kläger zusprach. Bei seinen Berechnungen ging das Erstgericht lediglich von dem im Falle eines legalen Betriebes der Automaten zu erwartenden Gewinn aus. Auf Grund ihrer Vertragsverletzung sei die Beklagte aus dem Titel des Schadenersatzes verpflichtet, dem Kläger diesen Betrag zu ersetzen.

Das Berufungsgericht wies das gesamte Klagebegehren ab. Es übernahm die erstrichterlichen Feststellungen mit Ausnahme jener, die sich auf den zu erwartenden Einspielerlös beziehen. Feststellungen zu dieser Frage erklärte es für entbehrlich, zumal das Klagebegehren schon deshalb abzuweisen sei, weil der Vertrag zwischen den Streitteilen gegen die guten Sitten verstoße. Unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen wäre nämlich lediglich eine Vertragsdauer von 5 Jahren angemessen gewesen. Eine vertragliche Bindung der Beklagten auf 10 Jahre stelle eine übermäßige Beeinträchtigung ihrer Interessen dar, weshalb diese Vertragsbestimmung den guten Sitten widerspreche. Dies führe allerdings nicht zur gänzlichen Nichtigkeit des Vertrages. Vielmehr sei dieser auf das nicht zu beanstandende Maß zu reduzieren, demnach auf eine Vertragsdauer von 5 Jahren. Da diese Vertragsdauer zum Zeitpunkt der Kündigung des Vertrages durch die Beklagte bereits abgelaufen gewesen sei, könne der Kläger keine weitere Zuhaltung des Vertrages und demnach auch keinen Schadenersatz wegen Verletzung des Vertrages begehren.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes nach § 503 Abs.1 Z 4 ZPO erhobene Revision ist gerechtfertigt. Das Berufungsgericht hat im wesentlichen die Grundsätze für die Beurteilung einer Sittenwidrigkeit vertraglicher Bestimmungen richtig dargestellt. Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn die Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen, oder bei Interessenkollision ein grobes Mißverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie gefährdeten Interessen ergibt (Krejci in Rummel Rdz 55 zu § 879, EvBl.1976/9, JBl.1972,200 u.a.). Bei den sogenannten Knebelungsverträgen spielt der Gesichtspunkt des Mißbrauches von übermacht und der Äquivalenzstörung eine beachtliche Rolle (Krejci in Rummel Rdz 81 zu § 879).

Von einem Mißbrauch von übermacht oder einer Äquivalenzstörung kann im vorliegenden Fall schon deshalb keine Rede sein, weil es allein im Ermessen der Beklagten als Geschäftsfrau lag, ob sie in ihrem Lokal überhaupt Automaten zur Aufstellung bringen wollte oder nicht. Sie hatte auch zu beurteilen, für welchen Zeitraum sie eine solche Aufstellung als zweckmäßig erachtete. Das Verfahren hat keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß das Unternehmen der Beklagten von der Aufstellung von Automaten weitgehend abhängig war, daß also dieses Unternehmen praktisch dem Zwang zum Abschluß eines derartigen Vertrages unterlag. Der Beklagten stand auch nicht ein mit außergewöhnlicher wirtschaftlicher Macht ausgestattetes Monopolunternehmen gegenüber, sondern ein Partner, der, neben vielen andern, die Aufstellung von Automaten anbot. Die tatsächlichen Verhältnisse auf dem Markt haben der Beklagten also nicht die Möglichkeit einer Auswahl unter mehreren Unternehmen genommen. Daß aber zwischen diesen Unternehmen auf der Anbieterseite Absprachen geherrscht hätten, die der Beklagten praktisch keine Wahl bezüglich des Inhaltes des Vertrages gelassen hätten, wurde weder behauptet noch hat sich derartiges im Verfahren ergeben. Demnach liegt ein Mißbrauch einer übermacht nicht vor.

Das Berufungsgericht erblickt die Sittenwidrigkeit des abgeschlossenen Vertrages in der Bindung der Beklagten auf zehn Jahre. Nun ist unbestritten, daß infolge des Erfordernisses einer Amortisation des eingesetzten Kapitals eine zeitliche Bindung desjenigen, der die Aufstellung von Automaten duldet, für den Aufsteller eine unabdingbare Notwendigkeit ist. Es ist daher ein derartiger Aufstellungsvertrag ohne eine längere zeitliche Bindung undenkbar. Woraus das Berufungsgericht seine Ansicht ableitet, bei derartigen Verträgen sei eine 5 Jahre übersteigende Bindung unüblich und daher sittenwidrig, ist nicht ersichtlich.

Ausschließlichkeitsbindungen in Form von sogenannten Bezugsbindungen sind im Verhältnis zum Vertragspartner insoweit als gesetzlich zulässig zu behandeln, als damit nicht eine zu weit gehende, mit den guten Sitten nicht mehr in Einklang stehende wirtschaftliche Knebelung des anderen Vertragsteiles verbunden ist (SZ 49/146, SZ 32/133 ua). Verträge, wie die vorliegenden, sind mit den allgemein üblichen Bierbezugsverträgen vergleichbar. Hier hat die Judikatur im allgemeinen eine Bindung auf 15 Jahre als nicht sittenwidrig bezeichnet (JBl.1983,321 u.a.). Möglicherweise mögen die Verhältnisse bei Automatenaufstellungsverträgen etwas anders liegen. Keinesfalls kann jedoch ohne weiters gesagt werden, daß ein fünf Jahre überschreitender Zeitraum gegen die guten Sitten verstößt. Die bloße Tatsache, daß ein Bindungszeitraum von dem üblichen durchschnittlichen abweicht, begründet noch nicht die Sittenwidrigkeit der diesbezüglichen vertraglichen Bestimmung. Lediglich ein grobes Abweichen, das den Vertragspartner des Aufstellers auf unzumutbare Weise in seiner Bewegungsfreiheit beeinträchtigt, würde diese Qualifikation erlangen. Es ist daher eine Interessenabwägung vorzunehmen. Hiebei ist zwar die durch die Bindung eingeschränkte Möglichkeit des zur Aufstellung von Automaten Verpflichteten bezüglich einer Umgestaltung seines Lokals zu berücksichtigen, andererseits aber auch, daß man dem Aufsteller neben der Amortisation des von ihm eingesetzten Kapitals eine Gewinnmöglichkeit zubilligen muß. Hiezu kommt, daß das gesamte Risiko, das mit der Aufstellung und der Anschaffung der Automaten verbunden ist, der Aufsteller zu tragen hat. Nur dieser trägt auch die Kosten von Reparaturen und der Instandhaltung der Automaten. Gerade die vom Berufungsgericht zitierte deutsche Lehre spricht gegen den Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichtes. Mayer-Maly führt im Münchner Kommentar (Anm.71 zu § 138) aus, daß die weitgehende Bindung des Lokalbesitzers noch nicht die Sittenwidrigkeit des Vertrages begründet. Die bloße Abstraktion von den individuellen Verhältnissen durch formularmäßig gestaltete Verträge tangiert an sich diese Beurteilungsgrundsätze noch nicht. Nach Krüger-Nieland-Zöller (RGK 12 Rdz 75 zu § 138) kann ein Automatenaufstellungsvertrag dann sittenwidrig sein, wenn durch ihn der Gastwirt in unangemessener Weise in seiner Handlungsfreiheit eingeengt wird, sei es daß sich der Automatenaufsteller Eingriffsbefugnisse in den Gastwirtschaftsbetrieb vorbehält, sei es, daß er dem Gastwirt in nicht vertretbarem Ausmaß Vertragsstrafen auferlegt. Diese Autoren stellen also ihre Erwägungen gar nicht auf die Vertragsdauer, sondern auf die Einflußmöglichkeiten des Aufstellers auf den Betrieb des Gastwirtes ab. Derartige Einflußmöglichkeiten wurden im vorliegenden Fall aber dem Kläger nicht eingeräumt. Schließlich führt Larenz (Schuldrecht 12 II, 466 f) aus, daß sich der Kunde üblicherweise auf fünf, nicht selten aber auf zehn Jahre der Bindung unterwirft. Der Aufsteller behält sich das Recht vor, Automaten, deren Betrieb sich für ihn als nicht rentabel erweist, ersatzlos zu entfernen. Gerade diese Stelle zeigt aber, daß in der Bundesrepublik Deutschland auf 10 Jahre abgeschlossene Automatenaufstellungsverträge vielleicht nicht die Regel, aber auch nicht unüblich sind und daß auch das Recht des Aufstellers, Automaten ersatzlos zu entfernen, nicht gegen die guten Sitten verstößt. Dies ist auch begreiflich, weil der Automatenaufsteller schließlich ein Unternehmen ist, dem man zubilligen muß, die Art und den Umfang der von ihm eingesetzten Betriebsmittel selbständig zu bestimmen. Ihm kann daher nicht zugemutet werden, Automaten, die sich als nicht rentabel erweisen, weiterhin am Aufstellungsort zu belassen bzw. für ihn nicht rentable Aufstellungsplätze mit neuen Automaten zu versorgen. Daß die diesbezüglichen Verhältnisse in Österreich von denen in der Bundesrepublik Deutschland erheblich abweichen, ist unwahrscheinlich und kann daher nicht ohne weiters angenommen werden. Geht man also von den aufgezeigten Grundsätzen aus, ist die vom Berufungsgericht angenommene Sittenwidrigkeit des abgeschlossenen Vertrages nicht gegeben.

Warum jene Vertragsbestimmung, derzufolge der Kläger berechtigt war, die aufgestellten Automaten ohne Beistellung von Ersatzgeräten abzuziehen, nicht sittenwidrig ist, wurde bereits dargelegt. Wie sich aus Punkt 3. des abgeschlossenen Vertrages (Beilage B) ergibt, wäre die Beklagte nur solange der Musikautomat spielbereit war, verpflichtet gewesen, auf keine andere Weise Musik zu bieten und zu betreiben. Daß aber der Kläger Punkt 4. des Aufstellungsvertrages in dem Sinne auslegen wollte, daß er ohne ersichtlichen Grund alle Automaten aus dem Betrieb der Beklagten abziehen und ihr zugleich den Abschluß eines Vertrages mit einem andern Unternehmer untersagen dürfe, ist durch das Verfahren nicht hervorgekommen und wurde von der Beklagten auch gar nicht behauptet. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob man im Falle eines derartigen Rechtsstandpunktes des Klägers die betreffende Vertragsbestimmung im Sinne einer Auslegung unter Berücksichtigung der Interessen der Beklagten reduzieren hätte müssen.

Ob im übrigen zwischen den beiderseitigen vertraglichen Leistungen absolute Gleichwertigkeit besteht, mußte nicht geprüft werden, weil wirtschaftliche Gleichwertigkeit der Leistungen bei einem zweiseitigen Vertrag keine Voraussetzung seiner Gültigkeit ist (Krejci in Rummel Rdz 90, 91, 93, NZ 1974,126, 7 Ob 576/83 u.a.). Daß der Kläger die Beklagte nicht zwingen kann, verbotene Automaten in ihrem Lokal zu dulden, ist zwar richtig, doch trägt das Erstgericht diesem Umstand durch die Einschränkung auf Automaten, bei denen es sich nicht um Geldspielautomaten handelt, Rechnung. Daß es sich hiebei nicht um verbotene Automaten handelt, wurde festgestellt. Der Hinweis der Beklagten auf das Glückspielgesetz (BGBl. Nr.169/1962) geht ins Leere, weil nach § 1 dieses Gesetzes Glückspiele solche sind, bei denen ein ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängiges Ereignis über Gewinn und Verlust entscheidet. Nach § 3 sind Ausspielungen Glückspiele, bei denen der Unternehmer den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine Gegenleistung in Aussicht stellt. Nach den getroffenen Feststellungen ist dies bei den beiden im erstgerichtlichen Urteil genannten Automaten nicht der Fall.

Eine unangemessene Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten begründet allerdings jene vertragliche Bestimmung, derzufolge die Beklagte auch noch ein Jahr nach Ablauf des Vertrages nicht berechtigt sein soll, Automaten eines andern Aufstellers in ihrem Lokal zur Aufstellung zu bringen. Dies würde tatsächlich dazu führen, daß die Beklagte mit einem Verlust jenes Publikums rechnen müsste, für das das Vorhandensein von Automaten ein wesentlicher Grund für den Besuch eines Lokales ist. Es ist auch nicht ersichtlich, welches besondere Interesse des Klägers an dieser Bestimmung besteht. Der Zweck dieser Bestimmung könnte nur in einer faktischen Bindung der Beklagten über die vereinbarten 10 Jahre hinaus bestehen, weil durch sie der Beklagten die Möglichkeit einer Beendigung des Vertrages zum vorgesehenen Vertragsende erheblich erschwert werden würde. Der Oberste Gerichtshof ist also der Meinung, daß diese Bestimmung gegen die guten Sitten verstößt. Dies führt allerdings nicht zu einer gänzlichen Nichtigkeit des Vertrages, sondern lediglich zur Beseitigung der erwähnten Bestimmung. Die Nichtigkeit von Nebenabreden hat dann nicht die Ungültigkeit des gesamten Geschäftes zur Folge, wenn das Geschäft auch ohne diese Nebenabreden fortbestehen könnte (Krejci in Rummel Rdz 250 zu § 879). Gröblich nachteilige Vertragsbedingungen in Formularverträgen begründen schon nach § 879 Abs.3 ABGB nur Teilnichtigkeit (Krejci a.a.O. Rdz 255,256). Im übrigen kann hier unerörtert bleiben, ob es sich bei der fraglichen Bestimmung um eine Nebenabrede handelt, weil bereits vor dem Inkrafttreten des § 879 Abs.3 ABGB § 879 Abs.1 ABGB dahin ausgelegt wurde, daß die Sittenwidrigkeit einer Klausel noch nicht die Unwirksamkeit des ganzen Vertrages zur Folge hat (6 Ob 571/83, 7 Ob 541/81 u.a.). Daß aber der Vertrag ohne diese Klausel ohne weiters weiter bestehen kann, bedarf wohl keiner näheren Begründung.

Aus den aufgezeigten Erwägungen war demnach die Entscheidung des Erstgerichtes in der sich aus dem Spruch ergebenden abgeänderten Form wieder herzustellen. Hiebei hatte eine Verpflichtung der Beklagten zu einem bestimmten Vorgehen im Konkursfall zu unterbleiben, weil zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz die Vertragsdauer fast zur Gänze abgelaufen war und überhaupt kein Anhaltspunkt dafür bestand, daß bis zum Vertragsablauf ein Konkursfall eintreten könnte. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, daß nicht bloß eine Abnahmeverpflichtung der Beklagten, wie etwa bei einem Kaufvertrag besteht, sodaß die für solche Fälle angestellten Erwägungen der Judikatur (SZ 43/6, SZ 39/223 uva) dem Duldungsbegehren nicht entgegenstehen.

Infolge der Vertragsverletzung durch die Beklagte ist diese gegenüber dem Kläger schadenersatzpflichtig. Das Erstgericht hat richtig erkannt, daß bei der Bemessung des Schadens (entgangener Gewinn) nur von jenen zu erwartenden Einspielergebnissen ausgegangen werden darf, die mittels erlaubter Automaten durch zulässige Benützung erzielt werden können. Das Berufungsgericht hat, ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht gebilligten Rechtsansicht, keine Stellung zu der in der Berufung erhobenen Beweisrüge betreffend den entgangenen Gewinn genommen. Demnach ist sein Verfahren ergänzungsbedürftig. Sollte das Berufungsgericht die Richtigkeit der erstgerichtlichen Feststellungen bezweifeln, so wäre es seine Sache, mittels Beweiswiederholung oder Beweisergänzung eigene Feststellungen zu diesem Punkt zu treffen. In diesem Umfang mußte also die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte