OGH 8Ob259/69

OGH8Ob259/6913.1.1970

SZ 43/6

Normen

ABGB §1062
HGB §374
ABGB §1062
HGB §374

 

Spruch:

Auf Abnahme der gekauften Sache kann geklagt werden, wenn die Abnahme Voraussetzung der Zahlung des Kaufpreises durch ein Finanzierungsinstitut ist

OGH 13. Jänner 1970, 8 Ob 259/69 (OLG Wien 3 R 168/69; LGZ Wien 33 Cg 271/68)

Text

Der Beklagte bestellte bei der Klägerin eine Schlafzimmereinrichtung, einen Wohnzimmerwandverbau und eine Sitzgarnitur samt Ausziehtisch. Die Klägerin begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des Betrages von 18.844 S samt Anhang als restlichen Kaufpreis für die Schlafzimmereinrichtung, sowie zur Übernahme des bestellten Wohnzimmerwandverbaues, des Ausziehtisches und der Sitzgarnitur. Hinsichtlich des letzteren Begehrens auf Abnahme bestellter Möbelstücke brachte die Klägerin vor, daß der nach Leistung einer Anzahlung verbliebene Kaufpreisrest vereinbarungsgemäß durch einen vom Kreditverband X dem Beklagten zu gewährenden und an die Klägerin direkt auszuzahlenden Kreditbetrag abgedeckt werden sollte. Der Kredit sei bereits bewilligt, werde aber erst nach Auslieferung der Möbel an den Beklagten fällig. Die Klägerin sei daher genötigt, auf Übernahme dieser Möbelstücke durch den Beklagten zu dringen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt.

Hinsichtlich der im Revisionsverfahren allein noch streitverfangenen Bestellung des Wohnzimmerwandverbaues hielt das Erstgericht den Einwand des Beklagten, bei dieser Bestellung sei ein Irrtum unterlaufen, die Möbel, die die Klägerin habe liefern wollen, hätten nicht der Bestellung entsprochen, nicht für berechtigt. Der Beklagte, der die Abnahme der angebotenen Möbel unbegrundet verweigert habe, befinde sich im Annahmeverzug. Auf die von der Klägerin dafür gegebene Begründung, daß sie auf Abnahme dieses Teiles der bestellten Möbel dringen müsse, ging das Erstgericht nicht weiter ein.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten, soweit diese sich gegen die Verurteilung zur Zahlung des Betrages von 18.844 S s A für die Schlafzimmereinrichtung sowie zur Übernahme der Sitzgarnitur und des Ausziehtisches richtete, nicht Folge. Hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zur Übernahme des Wandverbaues gab es jedoch der Berufung des Beklagten Folge. Es änderte das Urteil der ersten Instanz in diesem Belang dahin ab, daß es diesen Teil des Klagebegehrens abwies. Es trat zwar dem Erstgericht dahin bei, daß die Einwendung des Beklagten, bei dieser Bestellung sei ein Irrtum unterlaufen, die von der Klägerin für die Lieferung in Aussicht genommenen Möbel hätten den vom Beklagten bei der Bestellung geäußerten Wünschen nicht entsprochen, nicht berechtigt sei. Das Berufungsgericht war jedoch der Ansicht, daß dem Verkäufer ein Recht, auf Abnahme der gekauften Sache oder auf Feststellung der Abnahmeverpflichtung zu klagen, nicht zustehe, wenn er nicht ein selbständiges, von der Zahlung des Kaufpreises verschiedenes Interesse am der Abnahme der gekauften Sachen habe. Ein solches selbständiges Interesse an der Abnahme des Kaufgegenstandes könne der Klägerin nicht zugebilligt werden. Das Vorbringen in der Klage, der dem Beklagten von dritten Seite gewährte Kredit werde erst mit der Auslieferung der Möbel an den Beklagten fällig, sei nicht geeignet, das Begehren auf Übernahme der Möbel durch den Beklagten zu begrunden. Der Klägerin gehe es nur darum, den Kaufpreis für die Möbel zu erhalten. Der Kreditbetrag, der dem Beklagten von dritter Seite als Darlehen gewährt und unmittelbar an die Klägerin ausbezahlt werde, sei nichts anderes als der Kaufpreis für die Möbel. Diesen Kaufpreis könne die Klägerin gegen den Beklagten, der auf Grund des Ratenbriefes die Raten direkt an die Klägerin zu bezahlen habe, mit Klage geltend machen, woran sie im Hinblick auf den Umstand, daß sich der Beklagte in Annahmeverzug befinde, auch nicht dadurch gehindert sei, daß die erste Rate erst einen Monat nach Auslieferung der Möbel fällig werde. Daß das Berufungsgericht hinsichtlich der Sitzgarnitur und des Ausziehtisches die erstgerichtliche Verurteilung des Beklagten zur Abnahme dieser Möbelstücke bestätigte, ist darauf zurückzuführen, daß das Berufungsgericht in diesem Belang mit Rücksicht auf die vom Beklagten erklärte grundsätzliche Bereitschaft, diese Möbelstücke zu übernehmen, eine Abnahmeverpflichtung für gegeben hielt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge und erkannte: Das angefochtene Urteil, das in seinem bestätigenden Teil als unangefochten unberührt bleibt, wird in seinem das erstgerichtliche Urteil teilweise abändernden Teil aufgehoben. Im gleichen Umfang wird auch das Urteil der ersten Instanz aufgehoben. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Im Revisionsverfahren geht es nur um die Frage, ob das Klagebegehren hinsichtlich des Wohnzimmerwandverbaues allein deshalb abzuweisen ist, weil eine Verpflichtung des Beklagten zur Abnahme dieser Möbelstücke nicht bestehe. Gegen die nunmehr einhellig in Lehre und Rechtsprechung vertretene Ansicht, daß der Verkäufer weder auf Abnahme noch auf Feststellung der Abnahmepflicht klagen kann, wenn er an der Abnahme kein selbständiges, von der Zahlung des Kaufpreises verschiedenes Interesse hat (JB 179 = GlUNF 3809, EvBl 1959/402 u a, Klang Kommentar[1] zu § 1062 ABGB, II/2 993), nimmt auch die Klägerin in der Revision nicht Stellung. Sie meint aber, daß ihr nach den Umständen des Falles das Recht, vom Beklagten die Abnahme auch dieser Möbel zu verlangen, zugebilligt werden müsse. Soweit die Klägerin dabei die Ansicht vertritt, die Klage auf Abnahme dieser Möbel stelle für sie die einzige Möglichkeit dar, auf Erfüllung des Vertrages zu dringen, weil der Beklagte dem Begehren auf Zahlung des Kaufpreises entgegenhalten könnte, er sei nicht verpflichtet, den restlichen Kaufpreis an die Klägerin zu bezahlen, er habe lediglich nach Auszahlung der Kreditsumme durch den Kreditgeber an die Klägerin das ihm vom Kreditgeber gewährte Darlehen in Raten zurückzuzahlen, kann ihr allerdings nicht gefolgt werden. Der Beklagte könnte im Falle einer unbegrundeten Weigerung, die vertragsmäßigen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß es zur Auszahlung des Kredites an die Klägerin komme, dem Begehren der Klägerin auf Zahlung des restlichen Kaufpreises nicht mit Erfolg entgegenhalten, ihn treffe lediglich die Verpflichtung, einen vom Kreditgeber gewährten Kredit in Raten zurückzuzahlen. Von aktenwidrigen Annahmen des Berufungsgerichts wie sie die Klägerin in diesem Belange für gegeben hält, kann nicht gesprochen werden.

Daß also der Meinung der Klägerin nicht beigepflichtet werden kann, ihr stehe als einziges Mittel, auf Erfüllung des Vertrages zu dringen, nur die Möglichkeit offen, vom Beklagten die Abnahme der Möbel zu verlangen, besagt aber noch nicht, daß aus diesem Gründe allein ein über das Interesse an der Kaufpreiszahlung hinausgehendes selbständiges Interesse an der Abnahme der Möbel durch den Beklagten zu verneinen sei. Träfe die Behauptung der Klägerin zu, daß die Kreditstelle nach der getroffenen Vereinbarung zur Gewährung eines Darlehens an den Beklagten in Höhe der restlichen Kaufpreissumme nur im Falle der Auslieferung der Möbel an den Beklagten verpflichtet sei, dann könnte ein über das Interesse an der Kaufpreiszahlung hinausgehendes Interesse an der Abnahme der Möbel durch den Beklagten nicht von vornherein verneint werden. Denn es ist nicht dasselbe, ob die Klägerin durch einen solchen von dritter Seite dem Beklagten zu gewährenden Kredit den ganzen restlichen Kaufpreis auf einmal ausbezahlt erhält oder ob sie allenfalls den Kaufpreisrest, wenn überhaupt, erst nach längerer Zeit im Exekutionswege hereinbekommen kann. Derartige mit höheren Aufwendungen verbundene Anschaffungen werden häufig nur durch Einschaltung kapitalkräftiger Kreditstellen ermöglicht. Die Zuziehung der Kreditstelle erfolgt in einem solchen Falle nicht nur im Interesse des Käufers, sondern auch im Interesse des Verkäufers, was für den Käufer auch ohne weiteres erkennbar sein kann, sodaß ihn die vertragliche Verpflichtung treffen kann, das Seinige dazu beizutragen, um die Voraussetzungen für die Gewährung des Kredites zu schaffen. Wäre also die Auslieferung des Kaufgegenstandes Voraussetzung der Verpflichtung der Kreditstelle zur Gewährung des Kredites, dann könnte die Übernahme des Kaufgegenstandes durch den Beklagten nicht als bloßes Recht des Beklagten gewertet werden.

Das Erstgericht hat dem auf Abnahme der Möbel gerichteten Begehren stattgegeben, ohne sich auf eine Erörterung dieser Fragen einzulassen. Erörterungen und Feststellungen im Sinne der vorstehenden Ausführungen sind aber erforderlich, um beurteilen zu können, ob der Klägerin das Recht zugebilligt werden kann, vom Beklagten die Abnahme der Möbel zu begehren.

Die Urteile der Vorinstanzen waren daher insoweit, als über das Begehren auf Abnahme des Wohnzimmerwandverbaues abgesprochen wurde, aufzuheben. Die Sache war in diesem Belange an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

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