OGH 5Ob603/84

OGH5Ob603/842.7.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Griehsler, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Aigner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H***** L*****, vertreten durch Dr. Norbert Wittmann, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen 86.899,40 S sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. Juli 1984, GZ 14 R 122/84‑29, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichts Wiener Neustadt vom 31. Jänner 1984, GZ 1 Cg 682/82‑23, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0050OB00603.840.0702.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.689,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 335,40 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist alleiniger Geschäftsführer der zu HRB ***** des Handelsregisters des Kreisgerichts Wiener Neustadt protokollierten H***** Gesellschaft mbH, die alleinige Komplementärin der zu HRA ***** desselben Gerichts protokollierten H***** Gesellschaft mbH & Co KG ist. Am 9. Oktober 1979 bestellte die Klägerin bei der H***** Gesellschaft mbH & Co KG 21.150 kg Hart‑PVC‑Abfälle zum Kilopreis von 4,50 S, die am folgenden Tag geliefert wurden. Da die Klägerin das gelieferte Material als bestellungswidrig verunreinigt und damit mangelhaft befand, trat sie vom Vertrag zurück und forderte den bereits bezahlten Kaufpreis abzüglich des Preises für den von ihr verbrauchten Teil des Materials (5.716 kg) im Betrag von insgesamt 79.495,90 S gerichtlich zurück (1 Cg 1069/79 des Kreisgerichts Wiener Neustadt) am 11. Dezember 1980 schloss sie mit der beklagten Kommanditgesellschaft einen gerichtlichen Vergleich, mit dem sich diese verpflichtete, der Klägerin den rückgeforderten Betrag (zusätzlich der Hälfte der Sachverständigengebühren und eines Kostenbeitrags) von insgesamt 86.899,40 S binnen 14 Tagen zu bezahlen. Dieser Vergleich wurde nicht erfüllt.

Mit der am 15. Juni 1982 beim Erstgericht erhobenen Klage begehrte die Klägerin unter Darstellung dieses Sachverhalts vom Beklagten als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der genannten Kommandit-gesellschaft die Bezahlung des Betrags von 86.899,40 S sA. Der Beklagte sei als Geschäftsführer der Gesellschaft in zweifacher Weise eine Vertragsschuld gegenüber der Klägerin eingegangen, und zwar zunächst durch den Abschluss des Lieferungsvertrags vom 9. Oktober 1979, dessen mangelhafte Erfüllung zum Rückforderungsanspruch der Klägerin geführt habe und weiters durch den Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 11. Dezember 1980. Der Beklagte hafte für die aus der mangelnden Erfüllung des Lieferungsvertrags und aus dem gerichtlichen Vergleich resultierende Schuld der genannten Kommanditgesellschaft auch persönlich, weil die genannte Gesellschaft sowohl zur Zeit des Vertragsabschlusses als auch des Vergleichsabschlusses zahlungsunfähig oder zumindest überschuldet gewesen sei. Der Beklagte habe die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gekannt oder fahrlässig nicht gekannt. Er habe es auch fahrlässig unterlassen, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab dem Zeitpunkt der Erkennbarkeit von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu stellen. Bei diesem Sachverhalt sei im Sinne von Lehre und Rechtsprechung seine persönliche Haftung als Geschäftsführer der Gesellschaft mbH für die Verbindlichkeiten der Kommanditgesellschaft zu bejahen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe weder zur Zeit des Vertragsabschlusses noch des Abschlusses des Vergleichs von der Zahlungsunfähigkeit oder einer Überschuldung der genannten Gesellschaft gewusst oder wissen müssen. Zur Zeit des Vergleichsabschlusses sei er bemüht gewesen, eine offene Forderung von 659.202,21 S samt Zinsen einbringlich zu machen, sodass er damals nicht verpflichtet gewesen wäre, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im Wesentlichen folgende Feststellungen:

Betriebsgegenstand der H***** Gesellschaft mbH & Co KG, deren zwei Kommanditisten seit 30. Juni 1979 der Beklagte und E***** L***** sind, ist die Verwertung von Kunststoffabfällen. Das Unternehmen wurde bis Anfang des Jahres 1981 mit dem Sitz in T***** und seither in B***** betrieben. Auch die H***** Gesellschaft mbH verlegte zu Beginn des Jahres 1981 ihren Sitz von T***** nach B*****. Die H***** Gesellschaft mbH & Co KG war seit Ende des Jahres 1978 oder Anfang des Jahres 1979 überschuldet und zahlungsunfähig. Von September 1978 bis März 1979 wurden gegen sie zugunsten der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse neun Pfändungen durchgeführt. Ende des Jahres 1978 wurde der Beklagte als Verantwortlicher der genannten Kommanditgesellschaft von der S***** in Kenntnis gesetzt, dass sechs von ihm für die H***** Gesellschaft mbH & Co KG ausgestellte Schecks mangels Deckung nicht eingelöst werden konnten. Die Überschuldung der genannten Kommanditgesellschaft betrug 1978 639.000 S, 1979 1.169.000 S, 1980 391.000 S und 1981 873.000 S. Im Jahr 1979 hoffte der Beklagte noch, den Gesellschaften zusätzliche Geldmittel zuschießen zu können; es war ihm die Stellung eines Geschäftsführers der Kunststoff-Rückgewinnungsgesellschaft mit dem Sitz in W***** und der Erwerb eines Geschäftsanteils an dieser Gesellschaft in Aussicht gestellt worden. Diese Hoffnungen konnte der Beklagte jedoch nicht realisieren. Ende des Jahres 1981 wurde die betriebliche Tätigkeit der H***** Gesellschaft mbH & Co KG eingestellt. Am 31. März 1982 beantragte der Beklagte in seiner Eigenschaft als alleiniger Geschäftsführer der H***** Gesellschaft mbH die Eröffnung des Konkurses sowohl über das Vermögen der Kommanditgesellschaft als auch über jenes der Komplementärgesellschaft, weil beide Unternehmungen seit Beginn des Jahres 1982 zahlungsunfähig seien. Am 27. April 1982 zog er beide Konkursanträge aus finanziellen Gründen zurück.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhalts ging das Erstgericht davon aus, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH Schadenersatz zu leisten habe, wenn er gegen Gläubigerschutzbestimmungen verstoßen habe. Insbesondere treffe ihn die sich aus § 85 Abs 1 GesmbHG und aus § 159 Abs 1 Z 2 StGB ergebende Verpflichtung zur Anmeldung des Konkurses ab dem Zeitpunkt der Überschuldung. Eine Verletzung dieser Verpflichtung sei dem Beklagten anzulasten. Die Kausalität zwischen der dem Beklagten anzulastenden Unterlassung und dem eingetretenen Schaden sei gegeben, weil der Schaden unterblieben wäre, wenn der Beklagte den Konkurs rechtzeitig angemeldet hätte.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte die erstgerichtliche Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab, wobei es die Revision für zulässig erklärte.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legte sie seiner Entscheidung zugrunde. Die Rechtsrüge des Berufungswerbers, in deren Rahmen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts nach jeder Richtung hin zu überprüfen sei, wenn sie – wie im vorliegenden Fall –gesetzmäßig ausgeführt sei, erweise sich im Ergebnis als berechtigt. Im Sinne der Rechtsprechung (SZ 42/104; 8 Ob 117/78 ua) hafte der Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH, der fahrlässige Krida zu verantworten habe, den Gläubigern der Gesellschaft unmittelbar ex delicto für den von ihnen erlittenen Schaden, soweit sein rechtswidriges Verhalten dafür ursächlich gewesen sei. Fahrlässige Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB – der Tatbestand nach Z 1 komme hier nicht in Betracht – begehe, wer als Schuldner mehrerer Gläubiger in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines Teils von ihnen vereitelt oder schmälert, insbesondere dadurch, dass er neue Schulden eingeht, eine Schuld zahlt ... oder die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragt. Nach § 161 Abs 1 StGB hafteten als Täter auch leitende Angestellte einer juristischen Person, denen die Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH gleichstünden (§ 309 StGB; vgl Leikauf‑Steininger , Kommentar zum StGB, 795 und 1211 ff). Der Geschäftsführer hafte aufgrund dieser Bestimmung für den konkreten Schaden, also jenen, den der Gläubiger tatsächlich erlitten habe. Im vorliegenden Fall komme entgegen der Ansicht des Erstgerichts ein für den von der klagenden Partei erlittenen Schaden kausales Verhalten des Beklagten im Sinne des § 159 Abs 1 Z 2 StGB nicht in Betracht: Die verspätete Anmeldung des Konkurses durch den Beklagten könne in keinen erkennbaren ursächlichen Zusammenhang mit dem vorliegenden Rechtsgeschäft gebracht werden, bei dem es sich um eine Lieferverpflichtung der genannten Gesellschaft gehandelt habe. Dass die klagende Partei die Bestellung unterlassen hätte, wenn ihr die Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung der Gesellschaft infolge der Anmeldung des Insolvenzverfahrens durch den Beklagten bekannt gewesen wäre, sei mit keinem Wort behauptet worden und hätte wohl auch schwerlich behauptet werden können, da nicht einzusehen sei, inwiefern dies die Klägerin davon hätte abhalten können, die Bestellung zu tätigen. Tatsächlich zeige die Erfahrung, dass derartige Lieferverträge auch während eines über die „Lieferfirma“ anhängigen Konkursverfahrens immer wieder abgeschlossen würden. Dass die Lieferung mangelhaft gewesen sei, sei zwar richtig, habe jedoch mit der verspäteten Anmeldung des Konkurses nicht das Geringste zu tun. Hier fehle es also an jeglichem Kausalzusammenhang zwischen dem dem Beklagten angelasteten Verhalten und dem Schadenseintritt. Aber auch der Abschluss des gerichtlichen Vergleichs könne für den Schadenseintritt nicht kausal gewesen sein: Wäre der Vergleich nicht geschlossen worden, dann hätte nämlich die klagende Partei, vorausgesetzt, sie wäre mit ihrem Anspruch durchgedrungen, keinesfalls besser gestellt gewesen sein können als durch den Abschluss dieses Vergleichs. Auch insoweit fehle es also an einem für den Schadenseintritt kausalen Verhalten des Beklagten. Es sei daher in Stattgebung der Berufung das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern gewesen.

Den auf § 500 Abs 3 ZPO gestützten Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, dass es sich bei der Frage nach der rechtlichen Relevanz kausalen Verhaltens im Zusammenhang mit dem Haftungsgrund des § 159 Abs 1 Z 2 StGB um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 2 Z 4 ZPO (wohl richtig: § 502 Abs 4 Z 1 ZPO) handle.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs 2 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die Entscheidung des Berufungsgerichts im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragte, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf den diesbezüglichen Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Sowohl in ihrer Rechtsrüge als auch in ihrer Mängelrüge vertritt die Revisionswerberin die Ansicht, das Berufungsgericht sei nicht berechtigt gewesen, das Fehlen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem „Schadenseintritt und der Insolvenz des Unternehmens, dessen Geschäftsführer der Beklagte gewesen sei“, aufzugreifen. Die Behauptung dieses Mangels sei im Verfahren erster Instanz von keiner Partei erhoben worden. Es sei nicht Sache des Gerichts, nachzuforschen, ob die Klage noch auf einen anderen Rechtsgrund als den bestimmt bezeichneten gestützt werden könnte; das Gericht dürfe einen von keiner der Parteien vorgebrachten rechtlichen Gesichtspunkt nur dann der Entscheidung zugrundelegen, wenn es die Parteien zu dessen Erörterung aufgefordert habe. Dem ist Folgendes zu entgegnen:

Es entspricht der Lehre und ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass das Berufungsgericht im Falle der gesetzmäßigen Geltendmachung der Rechtsrüge verpflichtet ist, die rechtliche Beurteilung der Sache nach jeder Richtung hin zu prüfen ( Fasching IV 40 und 322; Fasching , Lehrbuch, Rz 1774; ÖBl 1968, 9; RZ 1969, 52; MietSlg 22.636/27; SZ 52/192; SZ 54/88; SZ 56/107 uva), und zwar auch dann, wenn diese Rechtsfrage im bisherigen Verfahren nicht erörtert wurde (RZ 1969, 52; ZfRV 1971, 45 ua). Die Klägerin hat ihr Leistungsbegehren auf den Titel des Schadenersatzes gestützt. Sie traf daher die Behauptungs‑ und Beweispflicht für den Eintritt des Schadens, dessen Verursachung durch den Beklagten und das Vorliegen eines Haftungstatbestands. Den Schaden erblickte sie darin, dass ihre Vertragspartnerin, die H***** Gesellschaft mbH & Co KG ihren Verpflichtungen aus dem Liefervertrag vom 9. Oktober 1979 und ihrer Zahlungspflicht aus dem gerichtlichen Vergleich nicht entsprochen habe. Als Grund für die Haftung des Beklagten „für die aus der mangelnden Erfüllung des Liefervertrags und aus dem gerichtlichen Vergleich resultierende Schuld der H***** Gesellschaft mbH & Co KG“ führte die Klägerin aus, dass die genannte Kommanditgesellschaft sowohl zur Zeit des Abschlusses des Liefervertrags als auch im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses zahlungsunfähig oder zumindest überschuldet gewesen sei und der Beklagte als Geschäftsführer dies gekannt oder fahrlässig nicht gekannt habe; außerdem habe er es fahrlässig unterlassen, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtzeitig zu stellen. Bei diesem Sachverhalt bejahe Lehre und Rechtsprechung die persönliche Haftung des Geschäftsführers einer Gesellschaft mbH für Verbindlichkeiten, die die Gesellschaft eingehe.

Die Klägerin hat die in Anspruch genommene deliktische Haftung des Beklagten als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft mbH ihrer Vertragspartnerin auf zwei Rechtsnormen gestützt, deren Charakter als Schutzgesetze im Sinne des § 1311 ABGB unstrittig ist, nämlich auf § 159 StGB (iVm § 161 StGB) und auf den zur fraglichen Zeit noch in Kraft gestandenen – durch das GesRÄndG 1982, BGBl 371, aufgehobenen, inhaltlich aber durch die Neuregelungen der KO in den §§ 69 Abs 2 (iVm § 67 Abs 1) und § 69 Abs 3 aufrecht erhaltenen und erweiterten – § 85 GmbHG (vgl Reich‑Rohrwig , Das Österreichische GmbH‑Recht 141 f mwN insbesondere in FN 36 und 37). Durch diese beiden Normen ist bzw war das Befriedigungsrecht des Gesellschaftsgläubigers geschützt (vgl auch Koziol , Österreichisches Haftpflichtrecht II 2 , 53), so dass sich die Klägerin wohl grundsätzlich darauf auch berufen darf. In Lehre und Rechtsprechung wurde bisher allerdings – soweit dieser Problemkomplex überschaubar ist – immer nur die deliktische Haftung des Geschäftsführers einer Gesellschaft mbH für Schadenersatz wegen Nichterfüllung der die Eigenart des Rechtsgeschäfts kennzeichnenden primären Leistungspflichten abgehandelt, es fehlt aber an Äußerungen dazu, ob sich diese Haftung auch auf die Nichterfüllung der sekundären Leistungspflichten erstreckt, insbesondere wie hier im Falle der Sachmängelhaftung der insolventen Verkäuferin infolge Aufhebung (Wandelung) des Kaufvertrags auf die Erfüllung der anstelle der primären Leistungspflicht getretenen sekundären Leistungspflicht auf Zurückzahlung des Kaufpreises im Zuge der Rückabwicklung.

Der Oberste Gerichtshof ist der Ansicht, dass die in der wirtschaftlichen Krise befindliche Gesellschaft mbH grundsätzlich nicht vom Abschluss und von der Erfüllung von Verkaufsgeschäften, die nach dem in diesem Stadium gebotenen Prinzip des Zug‑um‑Zug‑Leistungsaustausches abgewickelt werden und bei denen keine als Vermögensverschleuderung zu qualifizierende schwere Äquivalenzstörung vorliegt, ausgeschlossen ist, und der aus der Nichterfüllung sekundärer Leistungspflichten, wie hier im Besonderen der Zurückzahlung des Kaufpreises zufolge Wandelung des Kaufvertrags wegen Sachmängel der Ware, dem Käufer erwachsene Schaden nur dann in den vom Schutzzweck der §§ 159 StGB (iVm § 161 StGB), 85 GmbHG (und nunmehr §§ 69 Abs 2 iVm 67 Abs 1 und 69 Abs 3 KO) erfassten Bereich fällt und die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers auslöst, wenn die Wahrscheinlichkeit der Verwirklichung dieses Risikos im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses derart groß war, dass bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung unter Beachtung der gebotenen kaufmännischen Sorgfalt nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge damit gerechnet werden musste. Es drängt sich nämlich hier die vergleichsweise Heranziehung jener Grundsätze auf, die den verantwortlichen Geschäftsführer der Gesellschaft mbH zur Bildung von Rückstellungen (§ 23 Abs 1 Z 1 GmbHG iVm § 131 Abs 1 B IV AktG) verpflichtet (vgl dazu Kropff in G eßler‑Hefermehl , Aktiengesetz Bd III Rz 34 zu § 156). Da es keineswegs üblich und geboten ist, bei jedem Verkauf von Ware für den möglichen Gewährleistungsfall sofort Rückstellungen zu bilden, und von der Klägerin kein anspruchserzeugender Sachverhalt (Klagegrund) vorgetragen wurde, der Anlass zur Vermutung geben könnte, hier habe ein besonderes Risiko der Verwirklichung eines Gewährleistungsfalls bereits bei Vertragsabschluss bestanden, ist das Klagebegehren abzuweisen. Der Umstand, dass der Beklagte im Zuge des Gewährleistungsrechtsstreits zwischen der Klägerin und der Verkäuferin vergleichsweise die von ihm vertretene Verkäuferin zur Erfüllung des Rückabwicklungsanspruchs verpflichtete, als diese bereits zahlungsunfähig war, ist rechtlich bedeutungslos, weil die Klägerin ohne diese Zahlungsverpflichtung der Verkäuferin nicht besser gestellt wäre.

Soweit die Klägerin ihren Anspruch auf den Vorwurf gründet, der Beklagte habe sie durch Unterlassung der rechtzeitigen Stellung eines Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens geschädigt, ist auf ihre Rechtsmittelausführungen nicht einzugehen, weil die Klägerin in erster Instanz selbst nicht behauptete, sie hätte im Falle rechtzeitiger Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der H***** Gesellschaft mbH & Co KG den Vertrag überhaupt nicht geschlossen oder sich bei der Abwicklung des Geschäfts anders verhalten, wie sie im Rechtsmittelverfahren erstmals vorbringt. Dies hat auch das Berufungsgericht richtig erkannt.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist somit im Ergebnis richtig. Die Revision der Klägerin musste deshalb erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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