OGH 2Ob587/85

OGH2Ob587/852.7.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Gerhard A, Bäcker, 8010 Graz, Schönaugasse 47, wider den Antragsgegner Gerhard A sen., Angestellter, D-8192 Geretried 1, Blumenstraße 33, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners, vertreten durch Dr. Peter Primus, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 19. April 1985, GZ. 3 R 145/85-20, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 20. März 1985, GZ. 14 Nc 106/84- 17, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, folgenden Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist der eheliche Sohn des Antragsgegners und der Hilde B. Er hat am 27. November 1983 die Ehe mit Margit C geschlossen.

Der Antragsteller begehrte vom Antragsgegner die Leistung einer Ausstattung in Höhe von S 150.000,--. Er begründete diesen Antrag damit, daß er kein Vermögen habe, seit vier Monaten arbeitslos sei und für ein am 3. Juni 1983 geborenes Kind zu sorgen habe. Seine Ehegattin sei vermögens- und einkommenslos. Der Antragsgegner habe bereits vor drei Jahren ca. DM 6.000,-- monatlich verdient. Trotz Aufforderung habe er die Bestellung einer Ausstattung abgelehnt. Der Antragsgegner sprach sich gegen den Antrag aus. Da sich der Antragsteller vor der Eheschließung kein Heiratsgut bedungen habe, könne er ein solches nicht nachträglich fordern. Im übrigen sei der Antragsgegner zur Leistung einer Ausstattung nicht in der Lage. Er verdiene lediglich DM 3.240,-- netto pro Monat (13 mal jährlich) und habe für zwei Söhne aus zweiter Ehe im Alter von 22 und 21 Jahren zu sorgen. Er besitze keine Vermögen und sei auf Zuwendungen seiner Schwiegereltern angewiesen. Außerdem müsse er seiner Mutter S 140.000,-- zurückzahlen.

Das Erstgericht sprach dem Antragsteller eine Ausstattung in der Höhe von S 65.000,-- zu und wies das Mehrbegehren von S 85.000,-- ab.

Es ging dabei im wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Der Antragsteller teilte dem Antragsgegner am 28. Dezember 1983 seine Eheschließung mit und forderte ihn gleichzeitig auf, ihm eine Ausstattung zu bestellen. Der Antragsgegner sprach sich nicht gegen die Eheschließung aus und mißbilligte sie auch nicht. Der Antragsteller lebt mit seiner Ehegattin in einer 17 m 2 großen Mietwohnung. Er ist derzeit arbeitslos, bezieht Arbeitslosenunterstützung von monatlich rund S 5.500,-- und besitzt kein nennenswertes Vermögen. Seine Gattin führt den Haushalt; sie hat kein Einkommen und ist ebenfalls vermögenslos. Der Antragsteller ist noch für seine Tochter Nicole, geboren am 3. Juni 1983, sorgepflichtig. Die Mutter des Antragstellers bezieht als Angestellte des Magistrates Graz ein monatliches Nettoeinkommen von etwa S 10.000,--. Sie besitzt einen PKW (Fiat 127) mit einem Zeitwert von ca. S 60.000,-- und ein Sparguthaben von etwa S 15.000,--. Sie lebt mit ihrem Gatten Augustin B in dessen Einfamilienhaus. Weiteres Vermögen oder Einkommen ist nicht vorhanden. Der Antragsgegner hat als Angestellter der Firma D AG, München, ein monatliches Nettoeinkommen von ca. DM 3.000,--, 13 x jährlich. Er ist für seine nicht berufstätige Ehegattin und für zwei Söhne im Alter von 21 und 22 Jahren, die sich noch in Ausbildung befinden, sorgepflichtig. An Schulden hat der Antragsgegner (als Gesamtschuldner) für das Haus seiner Ehegattin monatlich DM 1.600,-- zu bezahlen. Weiters bestehen Schulden gegenüber den E Werken von ca. DM 5.000,-- und gegenüber seiner Schwiegermutter von etwa DM 40.000,--. Vermögen oder sonstiges Einkommen ist nicht vorhanden. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß gemäß § 1231 ABGB die Eltern des Bräutigams in gleicher Weise wie die Eltern der Braut schuldig seien, diesem eine ihrem Vermögen angemessene Ausstattung zu geben. Die Höhe der Ausstattung liege nach ständiger Rechtsprechung bei ca. 25 bis 30 % des heranziehbaren Jahresnettoeinkommens des Verpflichteten. Eine Grenze für die Dotationspflicht könne nur dort gezogen werden, wo durch die Bestellung eines Heiratsgutes die Unterhaltsansprüche anderer Familienmitglieder des Dotationspflichtigen auf einschneidende Art beschnitten werden oder wo die Belastung mit dem Heiratsgut zu einer Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhaltes führen würde. Der Antragsteller selbst verfüge über kein eigenes zu einer angemessenen Ausstattung hinlängliches Vermögen. Beim festgestellten Einkommen des Antragsgegners sei unter Bedachtnahme auf dessen Sorgepflichten, seinen Schuldenstand sowie auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mutter des Antragstellers, ein Betrag von S 65.000,-- als angemessen zu betrachten.

Infolge Rekurses des Antragsgegners gegen den stattgebenden Teil der Entscheidung des Erstgerichtes änderte das Gericht zweiter Instanz diese Entscheidung im Sinne des Zuspruches einer Ausstattung von S 50.000,-- an den Antragsteller und Abweisung des Mehrbegehrens von S 100.000,-- ab. Das Rekursgericht führte aus, gemäß den §§ 1220, 1231 ABGB seien die Eltern - je nach ihren Lebensverhältnissen anteilig - verpflichtet, dem Kind eine Ausstattung zu leisten, wenn dieses kein zu einem angemessenen Heiratsgut hinlängliches Vermögen besitze. Da feststehe, daß der Antragsteller über kein nennenswertes Vermögen verfüge, Einkünfte nur aus der Arbeitslosenunterstützung beziehe und darüber hinaus seine Ehegattin einkommens- und vermögenslos sei, sei sein grundsätzlicher Anspruch auf Leistung eines Heiratsgutes gegen den Antragsgegner nicht zweifelhaft. Der Umfang des Heiratsgutes richte sich nach dem Stand und dem Vermögen des Verpflichteten. Unter 'Vermögen' sei auch das Arbeitseinkommen zu verstehen, wenn es Ersparnisse und die Ansammlung eines entsprechenden Vermögens ermögliche. Die Umstände seien vom Gericht ohne strenge Erforschung des Vermögensstandes zu untersuchen (§ 1221 ABGB). Vor allem komme es auf die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten an, wobei auf seine eigenen Bedürfnisse und seine gesetzlichen Unterhaltspflichten Bedacht zu nehmen sei. Starre Regeln für die Ermittlung der Höhe des Heiratsgutes bestünden jedoch nicht; vielmehr seien jeweils die Verhältnisse des Einzelfalles maßgebend. Der Antragsgegner beziehe nach den Feststellungen des Erstgerichtes ein monatliches Einkommen von ca. DM 3.000,-- (13 mal jährlich) und sei für seine Ehegattin und zwei Kinder aus zweiter Ehe unterhaltspflichtig. Bei den vom Antragsgegner angeführten sonstigen Verbindlichkeiten handle es sich nicht um solche, die zu einer wesentlichen Verringerung der Bemessungsgrundlage führen könnten. Insbesondere stellten sich die 'monatlich fixen Kosten von ca. 2.800 DM' nach der eigenen Aufstellung des Antragsgegners als Ausgaben dar, die mehr oder minder jedermann treffen. Soweit der Antragsgegner im Zusammenhang mit dem Eigenheim seiner Ehegattin Verpflichtungen eingegangen sei, dienten diese der Vermögensbildung und könnten daher nach den in der Rechtsprechung zum Unterhaltsanspruch des Kindes herausgebildeten Grundsätzen, die auch auf den Ausstattungsanspruch anzuwenden seien, nicht zu Lasten des Antragstellers gehen. Im übrigen sei nicht hervorgekommen, daß es sich bei den vom Antragsgegner angegebenen Verpflichtungen um existenznotwendige Aufwendungen handle. Unter den gegebenen Umständen könne jedenfalls nicht davon gesprochen werden, daß der Antragsgegner zur Bestellung eines Heiratsgutes unvermögend sei. Vor allem mit Rücksicht auf die doch erheblichen Sorgepflichten für seine Familie erscheine jedoch der vom Erstgericht mit S 65.000,-- ausgemessene Betrag zu hoch; wohl aber könne dem Antragsgegner die Leistung einer Ausstattung in Höhe von S 50.000,-- als innerhalb der Grenzen seiner Leistungsfähigkeit liegend zugemutet werden.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes, soweit dem Antragsteller nehr als S 35.000,-- zugesprochen wurden, wendet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne des Zuspruches von S 35.000,-- an den Antragsteller und Abweisung des Mehrbegehrens von S 115.000,--.

Der Antragsgegner bringt vor, ausgehend von den in der BRD zweifellos höheren Lebenshaltungskosten als in Österreich erscheine die Annahme durchaus gerechtfertigt, daß der Antragsgegner zumindest 50 % seines derzeitigen Nettoeinkommens für den Unterhalt seiner drei Familienmitglieder aufzuwenden habe. Dies würde ohnehin lediglich einen Unterhaltsaufwand von monatlich S 10.000,-- ergeben. Würde man nun, wie dies in der Rekursentscheidung erfolgt sei, den Antragsgegner zur Zahlung eines Betrages von S 50.000,-- als Ausstattung verpflichten, würde dies bedeuten, daß der Antragsgegner einen einmaligen Betrag zu bezahlen hätte, der mehr als seinem zweifachen monatlichen Nettoeinkommen entspräche. Diese Zahlungsverpflichtung würde zweifellos nicht nur den eigenen Unterhalt des Antragsgegners, sondern auch jenen seiner Familienmitglieder schmälern. Der vom Antragsgegner nunmehr anerkannte Ausstattungsbetrag von S 35.000,-- lasse sich so errechnen, daß nach Abzug seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten von dem ihm verbleibenden Resteinkommen eine 25 %-ige Quote dem Antragsteller als Ausstattungsanspruch zuerkannt werde, was durchaus billig und gerecht erscheine, da hiedurch zumindest die Unterhaltsansprüche der Familienmitglieder des Antragsgegners weder beschränkt noch gefährdet würden.

Rechtliche Beurteilung

Diesem Vorbringen ist folgendes zu entgegnen: Gemäß § 1231 ABGB liegt in eben der Art, in welcher die Eltern der Braut schuldig sind, ihr ein Heiratsgut auszusetzen, auch den Eltern des Bräutigams ob, ihm eine ihrem Vermögen angemessene Ausstattung zu geben (§§ 1220 bis 1223 ABGB). Daß dem Antragsteller grundsätzlich ein Anspruch auf Gewährung einer Ausstattung zusteht, ist auch im Revisionsrekurs nicht mehr bestritten. Bei Festsetzung der Ausstattung ist zunächst der Stand und die Vermögenslage des Dotationspflichtigen zu berücksichtigen. Unter Vermögen ist auch ein Arbeitseinkommen zu verstehen, wenn dieses Ersparnisse und die Ansammlung eines entsprechenden Vermögens ermöglicht. Bei Beurteilung der Frage, ob dem Ausstattungspflichtigen zugemutet werden kann, von seinem Einkommen Ersparnisse zu machen, kommt es auf die berechtigten sozialen Anschauungen der Bevölkerungsschicht an, der der Ausstattungspflichtige angehört (EFSlg. 36.137; EvBl. 1977/98 u.a.). Maßgebend ist grundsätzlich die Leistungsfähigkeit des Dotationspflichtigen im Zeitpunkt der Verehelichung (EFSlg. 36.121, 33.727; EvBl. 1977/98 u.a.). Die Festsetzung der Höhe der Ausstattung hat letztlich aber nicht nach starren Regeln zu erfolgen, es sind vielmehr jeweils die Verhältnisse des Einzelfalles maßgeblich (EFSlg. 31.476; 5 Ob 765/82 u. a.). Soferne es die Vermögensverhältnisse des Ausstattungspflichtigen erlauben, kann die Ausstattung auch über eine bloße Starthilfe hinausgehen (EFSlg. 36.117). Dem Leistungspflichtigen kann allerdings zugemutet werden, seinen Besitz zu belasten, ja selbst Teile davon zu veräußern oder dem Dotationsberechtigten zu überlassen (EFSlg. 31.481, 13.646, 11.709 u. v.a.). Auch der Dotationspflichtige, der nur ein Arbeitseinkommen bezieht, ist jedenfalls dann zur Bestellung eines Heiratsgutes verpflichtet, wenn dadurch sein anständiger Unterhalt und der Unterhalt der Personen, für die er unterhaltspflichtig ist, nicht gemindert wird (EFSlg. 36.126, 33.730; EvBl. 1977/98; SZ 41/38 u. a.). Bei der Bemessung des Anspruches ist daher auch auf den Schuldenstand des Leistungspflichtigen sowie dessen Bedürfnisse und Verpflichtungen gegenüber seinen Angehörigen Bedacht zu nehmen (2 Ob 589/84 u.a.).

Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, sowie die Sorgepflichten des Antragsgegners berücksichtigt, kann aber entgegen der Auffassung des Revisionsrekurses in der Festsetzung eines Ausstattungsbetrages von S 50.000,-- keine unrichtige rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes erblickt werden. Vielmehr ist dem Rekursgericht darin beizupflichten, daß dieser Betrag die Grenze der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners nicht übersteigt und durch die Bezahlung dieses Betrages keine Gefährdung seines anständigen Unterhaltes und des Unterhaltes der Personen, für die er unterhaltspflichtig ist, zu besorgen ist.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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