OGH 2Ob589/84

OGH2Ob589/8428.8.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Elfriede Maria L*****, wider den Antragsgegner Franz L*****, wegen Bestellung eines Heiratsgutes, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 10. Mai 1984, GZ 33 R 302/84-20, womit der Beschluss des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 19. März 1984, GZ 1 a Nc 3/84-15, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin beantragte, ihrem unehelichen Vater, dem Antragsgegner, die Bezahlung eines Betrags von 60.000 S als Heiratsgut aufzutragen. Sie behauptete, am 17. 12. 1983 geheiratet zu haben. Sie sei als kaufmännische Angestellte beschäftigt und verdiene im Monatsdurchschnitt 11.000 S netto. Ihr Mann sei von Beruf Kraftfahrer und verdiene im Monatsdurchschnitt 9.000 S. Ihr Mann und sie besäßen eine geförderte Eigentumswohnung, auf welche jedoch noch ca 500.000 S an Schulden aushafteten. Ihre Mutter, Hälfteeigentümerin eines unbelasteten Hauses, sei von Beruf Hausfrau und lebe nur vom Haushaltsgeld. Von dieser habe sie kein Heiratsgut erhalten.

Der Antragsteller beantragte Antragsabweisung. Er behauptete, dass er als Vertragsbediensteter bei der Straßenmeisterei Schwarzach in Pongau in der Verwendungsgruppe p3, 15. Gehaltsstufe, beschäftigt sei und einschließlich aller Zulagen im Monat etwa 10.000 S verdiene. Er habe für einen außerehelichen Sohn monatlich 1.000 S an Unterhalt zu leisten. Aufgrund eines Scheidungsvergleichs habe er für seine geschiedene Frau aus zweiter Ehe, Herta L*****, einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 1.500 S zu bezahlen und es stehe ihr für die Dauer der Nichtwiederverehelichung das freie Wohnrecht an zwei im Parterre seines Hauses gelegenen Wohnräume zu; der Antragsgegner müsse sämtliche damit verbundenen Betriebskosten hiefür tragen, sodass sich einschließlich des Geldunterhaltsbetrags eine monatliche Belastung von 5.000 S heraus ergebe. Seinem Sohn aus erster Ehe, Franz L*****, geboren am *****, der an der Technik in Graz im 3. Semester studiere und zehnmal jährlich ein Stipendium von 1.800 S beziehe, müsse er in den Studienmonaten ca 4.000 S zahlen, da allein seine monatlichen Wohnkosten 2.800 S betragen. Er sei Eigentümer eines schuldenfreien Zweifamilienhauses in G*****, das Parterre dieses Hauses werde von seiner geschiedenen Frau, der erste Stock dagegen von seinen Söhnen und ihm bewohnt und benützt. Für Stromkosten müsse er monatlich Akontozahlungen von 634 S leisten, die Wasser- und Müllabfuhrgebühren betragen vierteljährlich 100 S, die Heizkosten im Jahr ca 20.000 S, jährlich müsse er für die Feuerversicherung über 2.000 S, für die Hausratsversicherung rund 600 S und an Grundsteuer 1.043,48 S bezahlen. Er sei Besitzer eines PKW Opel Rekord, Baujahr 1967, die Haftpflichtversicherungsprämie betrage jährlich 3.152 S und er müsse eine monatliche Kfz-Steuer von 225 S bezahlen. Eine Weitervermietung des Hauses sei ihm nicht möglich.

Das Erstgericht trug dem Antragsgegner die Bezahlung eines Heiratsgutes von 10.000 S in monatlichen Raten á 1.000 S beginnend mit 1. 5. 1984 auf, und wies das Mehrbegehren auf Bestellung eines weiteren Heiratsgutes im Betrage von 50.000 S ab.

Es traf hiezu folgende Feststellungen:

Die Antragstellerin hat am 17. 12. 1983 mit Peter L***** die Ehe geschlossen. Sie ist als kaufmännische Angestellte bei der Fa F***** in O***** beschäftigt und verdient durchschnittlich 11.000 S netto. Ihr Gatte verdient als Kraftfahrer bei der Fa D***** in S***** durchschnittlich 9.000 S monatlich. Die Antragstellerin hat eine geförderte Eigentumswohnung in O*****, die noch mit 500.000 S belastet ist. Ihre Mutter ist Hausfrau und lebt vom Haushaltsgeld. Sie ist Hälfteeigentümerin des Hauses P*****. Es handelt sich um einen Bungalow mit ca 100 m2 Wohnfläche, der lastenfrei ist. Die Antragstellerin hat von ihrer Mutter kein Heiratsgut erhalten. Der Antragsgegner bezog im Jahr 1983 ein Nettoeinkommen vom Landesbauamt (Amt der Salzburger Landesregierung) von 207.527,84 S. Unter Abzug der Familienbeihilfen für ein Kind und unter Hinzurechnung eines einbehaltenen Bezugsvorschusses betrug sein Nettoeinkommen 1983 197.399 S, was einem Monatsdurchschnittsnettoeinkommen von 16.500 S entspricht. Der Antragsgegner hat an seinen außerehelichen Sohn, mj Rupert E*****, geboren am ***** einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 1.000 S zu zahlen. Seinem ehelichen Sohn Franz L*****, Student der Technik, muss er mindestens während 9 Monaten im Jahr 4.000 S an Unterhalt zahlen, die übrige Zeit in etwas vermindertem Umfang. Franz L***** wird in Kürze ein Stipendium in der Höhe von 1.800 S zehnmal im Jahr bekommen. Für seine Unterkunft in G***** muss er das ganze Jahr hindurch monatlich 2.800 S einschließlich Strom bezahlen. An seine geschiedene Frau aus zweiter Ehe, Herta L*****, muss der Antragsgegner monatlich 1.500 S an Barunterhalt bezahlen und diese hat außerdem, falls sie sich nicht mehr verehelicht, das freie Wohnrecht an zwei Räumen im Parterre des Hauses G*****; der Antragsgegner muss für sämtliche Betriebskosten aufkommen. Der Antragsgegner ist Alleineigentümer des schuldenfreien Hauses G*****. Im Parterre dieses Hauses wohnt außer der geschiedenen Ehefrau noch der 20 Jahre alte Sohn Fritz des Antragsgegners. Im ersten Stock des Hauses wohnen der Antragsgegner und dessen Söhne Franz und Herbert. Letzterer ist selbsterhaltungsfähig. Der Haushalt wird vom Antragsgegner geführt. Eine Teilvermietung ist wegen Eigenbedarfs nicht möglich. Die Heizkosten des Antragsgegners betragen jährlich etwa 20.000 S, auf den Monat umgelegt 1.666 S, die Stromkosten betragen monatlich 644 S, die Grundsteuer 1.189,92 S im Jahr, daher monatlich 99,16 S, die Haushaltsversicherung beträgt jährlich 665,50 S, monatlich daher 55,46 S. Wasserzins und Müllabfuhr machen vierteljährlich ca 100 S aus, monatlich sohin ca 33,33 S, die Feuerversicherung beträgt jährlich mindestens 2.000 S, daher monatlich ca 166,66 S.

In rechtlicher Hinsicht rührte das Erstgericht aus, von dem monatlichen Durchschnittseinkommen von 16.500 S seien zunächst die monatlichen baren Unterhaltsbeiträge des Antragsgegners für den außerehelichen Sohn Rupert E***** und für seine geschiedene Ehefrau sowie für den Sohn Franz L***** von zusammen 6.240 S in Abzug zu bringen, sodass dem Antragsgegner ein monatlicher Betrag von 10.250 S verbleibe. Hievon seien die oben angeführten Auslagen des Antragsgegners für sein Zweifamilienhaus in Abzug zu bringen, sodass ihm nur ein Betrag von 7.585 S im Monatsdurchschnitt verbleibe. Wenn auch dem Antragsgegner zuzubilligen sei, dass er keine Ersparnisse anlegen könne, zumal er für die Haftpflichtversicherung und Kfz-Steuer für seinen alten PKW monatliche Aufwendungen von rund 500 S habe, so könne ihm dennoch zugemutet werden, auf sein unbelastetes Haus einen kurzfristigen Kredit aufzunehmen, falls er keinen Bezugsvorschuss erlangen könnte. Der Antragstellerin stehe jedenfalls unabhängig davon, ob ihre Mutter in der Lage sei, ihr gleichfalls ein Heiratsgut zu bestellen, ein solcher Anspruch gegenüber dem Antragsgegner und außerehelichen Vater zu. Ein Heiratsgut von 10.000 S sei daher angemessen.

Infolge Rekurses der Antragstellerin änderte das Gericht zweiter Instanz den Beschluss des Erstgerichts unter Einbeziehung seines unbekämpften Teils dahin ab, dass dem Antragsgegner die Bestellung eines Heiratsgutes von 30.000 S, zahlbar in 15 Raten á 2.000 S aufgetragen und das Mehrbegehren von weiteren 30.000 S abgewiesen wurde.

Das Rekursgericht führte aus, gemäß § 1220 ABGB seien, wenn die Braut kein eigenes, zu einem angemessenen Heiratsgut hinlängliches Vermögen besitze, die Eltern verpflichtet, ihr bei der Verehelichung ein ihrem Stand und Vermögen angemessenes Heiratsgut zu bestellen oder dazu verhältnismäßig beizutragen. Ein Kind habe nur dann keinen Anspruch auf Gewährung eines angemessenen Heiratsgutes, wenn es selbst ein zur ersten Gründung einer eigenen Familie hinreichendes Vermögen besitze, demnach keine Starthilfe benötige. Beziehe das Kind selbst nur ein Durchschnittseinkommen, sei es sehr wohl auf die Hilfe des Dotationspflichtigen angewiesen. Für den Umfang der Dotationspflicht gelte als Obergrenze der Stand des Ehemannes unter Mitberücksichtigung des Standes (der Lebensverhältnisse) der forderungsberechtigten Tochter zur Zeit der Heirat, weil in einer partnerschaftlichen Ehe die gemeinsamen Lebensverhältnisse der Ehegatten maßgeblich sein müssten. Die Bemessung sei dabei nach den für den Unterhalt entwickelten Grundsätzen vorzunehmen, wobei auch auf allfällige Schulden der Ausstattungspflichtigen, auf ihre eigenen Bedürfnisse und auf ihre Verpflichtungen gegenüber ihren unterhaltsberechtigten Angehörigen Bedacht zu nehmen sei. Das Zweifamilienhaus des Antragsgegners sei bei der Bemessung des Heiratsgutes der Antragstellerin genausowenig zu berücksichtigen, wie die ihr gehörende Eigentumswohnung, weil es sich hiebei um ertraglose Objekte handle, die ausschließlich der Befriedigung der Wohnbedürfnisse des Antragsgegners und seiner Familie samt seiner geschiedenen Ehefrau und der Antragstellerin und ihres Ehemannes dienten. Für die Ermittlung der Höhe des Heiratsgutes gebe es keine starren Regeln, es komme vielmehr jeweils auf die Verhältnisse des Einzelfalls an. Im Übrigen verstehe sich der von der Rechtsprechung als Richtschnur angewendete Prozentsatz vom anrechenbaren Jahresnettoeinkommen nach Abzug der Unterhaltspflichten des Dotationspflichtigen. Ziehe man alle von den in barem Geld zu leistenden Unterhaltsbeträge des Antragsgegners von zusammen jährlich 75.000 S von seinem Jahresnettoeinkommen von 197.399 S ab, so ergebe sich ein Betrag von 122.390 S; 25 % hievon seien 30.597 S, abgerundet 30.000 S. Berücksichtige man aber noch weiters, dass der Antragsgegner, außer zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 1.500 S in barem, verpflichtet sei, seiner geschiedenen Ehefrau Herta L***** zwei im Parterre seines Hauses gelegene Wohnräume unentgeltlich zur Verfügung zu stellen und sämtliche mit dem Betrieb dieser Wohnräume verbundenen Betriebskosten zu tragen hat, so ergebe das mit 30.000 S ausgemessene Heiratsgut mehr als 25 % des anrechenbaren Nettoeinkommens des Antragsgegners. Der Betrag von 30.000 S könne dem Antragsgegner aber auch zugemutet werden, auch wenn er dadurch gezwungen sei, eine gewisse Zeit hindurch eine empfindliche Einschränkung seiner Lebensverhältnisse auf sich zu nehmen, zumal für ihn, abgesehen von der allfälligen Inanspruchnahme eines Gehaltsvorschusses, auch die eines Bankkredits gegeben sei.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts wendet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichts.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Der Antragsgegner bringt vor, das Rekursgericht habe nicht berücksichtigt, dass er bei seinem Haus eine Stützmauer habe errichten müssen, die mehr als 12.000 S gekostet habe. Überdies müsse im Jahr 1984 das Dach seines Hauses neu eingedeckt werden, was ca 45.000 S bis 50.000 S kosten werde. Schließlich müsse ein Kamin erneuert werden, was einen Betrag von 20.000 S erfordern werde. Seit 1. 4. 1984 dürfe der Antragsgegner keine Überstunden mehr leisten.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, dass die Voraussetzungen für die Bestellung des Heiratsgutes nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Eheschließung zu beurteilen sind (EFSlg 38.520 ua). Da die Antragstellerin kein eigenes, zu einem angemessenen Heiratsgut hinlängliches Vermögen besitzt (§ 1220 ABGB), ist die negative Voraussetzung für ihren Anspruch gegeben (EvBl 1969/178). Bei Bestimmung des Heiratsgutes ist zunächst der Stand und die Vermögenslage des Dotationspflichtigen, aber auch der Stand des Ehemannes der forderungsberechtigten Tochter zu berücksichtigen (EvBl 1977/98; RZ 1967, 74 ua). Unter Vermögen ist auch ein Arbeitseinkommen zu verstehen, wenn diese Ersparnisse und die Ansammlung eines entsprechenden Vermögens ermöglicht. Bei Beurteilung der Frage, ob dem Ausstattungspflichtigen zugemutet werden kann, von seinem Einkommen Ersparnisse zu machen, kommt es auf die berechtigten sozialen Anschauungen der Bevölkerungsschichte an, der der Ausstattungspflichtige angehört (EFSlg 36.137; EvBl 1977/98 ua). Maßgebend ist grundsätzlich die Leistungsfähigkeit des Dotationspflichtigen im Zeitpunkt der Verehelichung (EFSlg 36.121, 33.727; EvBl 1977/98 ua). Die Festsetzung der Höhe des Heiratsgutes hat letztlich aber nicht nach starren Regeln zu erfolgen, es sind vielmehr jeweils die Verhältnisse des Einzelfalls maßgeblich (EFSlg 31.476; 5 Ob 765/82 ua). Soferne es die Vermögensverhältnisse des Ausstattungspflichtigen erlauben, kann das Heiratsgut auch über eine bloße Starthilfe hinausgehen (EFSlg 36.117). Dem Leistungspflichtigen kann allerdings zugemutet werden, seinen Besitz zu belasten, ja selbst Teile davon zu veräußern oder dem Dotationsberechtigten zu überlassen (EFSg 31.481, 13.646, 11.709 uva). Auch der Dotationspflichtige, der nur ein Arbeitseinkommen bezieht, ist jedenfalls dann zur Bestellung eines Heiratsgutes verpflichtet, wenn dadurch sein anständiger Unterhalt und der Unterhalt der Personen, für die er unterhaltspflichtig ist, nicht gemindert wird (EFSlg 36.127, 33.730, EvBl 1977/98; SZ 41/38 ua). Bei der Bemessung des Anspruchs ist daher auch auf den Schuldenstand des Leistungspflichtigen sowie dessen Bedürfnisse und Verpflichtungen gegenüber seinen Angehörigen Bedacht zu nehmen.

Ausgehend von diesen Grundsätzen bestehen gegen die vom Rekursgericht vorgenommene Ausmittlung des Heiratsgutes der Antragstellerin keine Bedenken. Soweit der Antragsgegner behauptet, er werde im Laufe des Jahres 1984 größere Aufwendungen für Instandhaltungsarbeiten an seinem Haus haben, ist er darauf zu verweisen, dass ab dem Zeitpunkt, in dem der Dotationsanspruch gerichtlich geltend gemacht wird, jeder Dotationspflichtige sich wirtschaftlich darauf einstellen muss, dass er ein Heiratsgut in angemessener Höhe zu leisten haben werde. Eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann daher grundsätzlich keinen Einfluss auf die Höhe des zu bestimmenden Heiratsgutes haben. Im Übrigen kann dem Auftragsgegner wie dargelegt, die Belastung seines nach den Feststellungen lastenfreien Hauses zur Finanzierung unaufschiebbarer Instandhaltungsarbeiten zugemutet werden. Dass dadurch nämlich sein anständiger Unterhalt und jener der Personen, für die er unterhaltspflichtig ist, gefährdet würde, hat der Antragsgegner nicht einmal behauptet.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte