OGH 1Ob600/85

OGH1Ob600/8526.6.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 14.Februar 1982 verstorbenen Emil A, zuletzt Wien 21, Bahnsteggasse 5/8, infolge Revisionsrekurses des Verlassenschaftskurators DDr.Reinhard Ehn, Notarsubstitut, Wien 21, Pragerstraße 15, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 10.April 1985, GZ 44 R 66/85-45, womit der Beschluß des Bzirksgerichtes Floridsdorf vom 20. Februar 1985, GZ 2 A 104/82-39, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Maria A, die Gattin des Emil A, verstarb am 26.Juni 1981. Ihre Tochter aus erster Ehe Edith B gab zum gesamten Nachlaß auf Grund des Gesetzes die unbedingte Erbserklärung ab, die bisher noch nicht zu Gericht angenommen wurde (2 A 395/81-14 des Erstgerichtes). Emil A verstarb am 14.Februar 1982, ohne zum Nachlaß seiner verstorbenen Gattin eine Erbserklärung abgegeben zu haben. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 24.Februar 1983, ON 9, wurde DDr.Reinhard C, Notariatskandidat, zum Verlassenschaftskurator bestellt. Mit Beschluß vom 24.Februar 1983, ON 10, wurde das Edikt zur Einberufung der unbekannten Erben und Verlassenschaftsgläubiger erlassen. Edith B gab dem Erstgericht mit Schreiben vom 20.November 1984 bekannt, daß Emil A die Absicht gehabt habe, sie zu seiner Universalerbin zu bestimmen; durch seinen plötzlichen Tod sei es nicht mehr dazu gekommen. Sie machte drei Personen namhaft, die vom Gericht als Zeugen einer mündlichen letztwilligen Verfügung einvernommen wurden. Das Protokoll wurde am 20.Dezember 1984 als Testament kundgemacht (ON 35).

Der Verlassenschaftskurator stellte den Antrag, ihn abhandlungsbehördlich zu ermächtigen, im Verlassenschaftsverfahren nach Maria A auf Grund des Gesetzes die bedingte Erbserklärung zu einem Drittel des Nachlasses abzugeben.

Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil der nach § 128 AußStrG bestellte Verlassenschaftskurator nicht berechtigt

sei, eine Erbserklärung abzugeben.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des Verlassenschaftskurators nicht Folge. Es billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich der Revisionsrekurs des Verlassenschaftskurators, der unzulässig ist.

Da das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes bestätigte, ist der Revisionsrekurs nur unter den Einschränkungen des § 16 AußStrG zulässig. Der Rechtsmittelwerber erblickt eine offenbare Gesetzwidrigkeit in der Ansicht der Vorinstanzen, daß ein gemäß § 128 AußStrG bestellter Verlassenschaftskurator zur Abgabe einer Erbserklärung nicht befugt sei. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird; es bildet daher nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung auch eine offenbare Gesetzwidrigkeit (EFSlg. 44.642, 44.641, 42.327; JBl 1975, 547 u.v.a.). Gemäß § 129 dritter Satz AußStrG kann der Verlassenschaftskurator als solcher weder eine Erbserklärung überreichen noch die von einem anderen überreichte Erbserklärung oder eine letztwillige Anordnung bestreiten. Ob damit im Sinne der Rechtsansicht des Rechtsmittelwerbers nur klargestellt sein soll, daß der Verlassenschaftskurator nicht gleichzeitig Erbenkurator sein kann, also nicht zu dem von ihm vertretenen Nachlaß für mögliche unbekannte Erben eine Erbserklärung abgeben kann, wohl aber für die Verlassenschaft, die er vertritt, zu einem anderen Nachlaß, ist im Gesetz jedenfalls nicht so klar geregelt, daß von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit der Rechtsansicht des Rekursgerichtes gesprochen werden könnte (vgl. JBl 1967, 261; Welser in Rummel, ABGB, Rdz 3 zu § 760; Kralik in Ehrenzweig, Erbrecht 3 58).

Der Revisionsrekurs ist demnach als unzulässig zurückzuweisen. Bemerkt wird, daß im Sinne der seit dem Judikat 138 (GlUNF 80) herrschenden Rechtsprechung eine Transmission des Erbrechts des nachverstorbenen erblosen Erben auf den Staat nicht stattfindet, da dessen Heimfallsrecht kein Erbrecht ist (5 Ob 554/84; JBl 1967, 261; Kralik aaO 60 FN 11; Welser aaO Rdz 3 zu § 760). Edith B hat in ihrer Eingabe vom 20.November 1984 (ON 32) zwar nicht behauptet, daß sie Emil A zur Erbin eingesetzt hätte, aber doch Zeugen einer letztwilligen Verfügung namhaft gemacht. Das Erstgericht hat diese Zeugen vernommen und das Protokoll als letzte Willenserklärung kundgemacht. Edith B wäre demnach gemäß § 116 Abs 1 AußStrG aufzufordern, sich darüber zu erklären, ob sie eine Erbserklärung abgibt. Die Abgabe einer Erbserklärung dürfte freilich kaum ratsam sein, weil zweifelhaft ist, ob eine Erbseinsetzung vorliegt und, sollte Edith B sich des Erbes entschlagen oder es ablehnen, eine Erbserklärung abzugeben (vgl. SZ 44/72), der Anfall des Erbrechtes an den Verstorbenen vereitelt wäre (Welser aaO Rdz 3 zu § 760), so daß ihr der Nachlaß nach Maria A auf Grund der von ihr abgegebenen Erbserklärung ohnehin zur Gänze einzuantworten wäre (Welser aaO Rdz 3 zu § 760).

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