OGH 1Ob9/85

OGH1Ob9/8522.5.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Gamerith, Dr.Hofmann und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A B, Wien 19, Sandgasse 7, vertreten durch Franz C, Weinbauer, ebendort, dieser vertreten durch Dr.Michael Stern, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei REPUBLIK ÖSTERREICH, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen S 496.41o,32 s. A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 7.Jänner 1985, GZ 14 R 275/84-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 10.September 1984, GZ 13 Cg 11/84-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.544,5o bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Miteigentümer der Liegenschaft EZ 122o KG Grinzing Dr.Gerhard KORNEK, Elisabeth D, Dkfm.Dr.Walter E und Dr.Karoline F suchten am 9. März 1978 bei der Magistratsabteilung 37 der Stadt Wien um Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines Gebäudes auf dieser Liegenschaft an. Aufgrund der Ergebnisse der Bauverhandlung am 5.Mai 1978, zu welcher die Eigentümer der an der Straße (An den langen Lüssen) gegenüber gelegenen Liegenschaften nicht geladen waren, bewilligte die Baubehörde die beantragte Bauführung mit Bescheid vom selben Tag. Am 28.August 1978 beantragten die nicht geladenen Anrainer Dipl.Ing.Edwin G, Gustav H und Walter I die Zuerkennung der Parteistellung im Bauverfahren und die Zustellung des Baubewilligungsbescheides. Ihrer am 17.Oktober 1980 eingebrachten Berufung gab die Magistratsdirektion für Wien als Bauoberbehörde mit Berufungsbescheid vom 28.August 1981 nicht Folge, bestätigte den angefochtenen Bescheid mit der Ergänzung, daß die erhobenen Einwendungen teils ab- und, soweit sie gegen den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan gerichtet waren, zurückgewiesen wurden, bejahte jedoch die Parteistellung der Berufungswerber Dipl.Ing.Edwin G und Walter I im Sinne des § 134 Abs 3 BO für Wien.

Am 2o.Juli 1978 brachte die klagende Partei gegen die Bauwerber zu 5 C 2328/78 des Bezirksgerichtes Döbling eine mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung verbundene Besitzstörungsklage ein. Die beantragte einstweilige Vorkehrung, mit der den Gegnern die weitere Bauführung verboten wurde, wurde am 27. Juli 1978 erlassen. Das Klagebegehren wurde mit Beschluß vom 17. Oktober 1978 abgewiesen; dem dagegen erhobenen Rekurs blieb ein Erfolg versagt.

Am 2o.Februar 1979 beantragten die besitzstörungsbeklagten Bauwerber, die klagende Partei gemäß § 394 Abs 1 EO zum Ersatz ihrer durch die einstweilige Vorkehrung bewirkten Vermögensnachteile - erhöhte Aufwendungen infolge der Bauverzögerung - zu verhalten. Die klagende Partei wendete dagegen unter anderem ein, der Bau hätte schon aufgrund der Bauordnung für Wien nicht fortgesetzt werden dürfen, so daß ihr die Bauverzögerung nicht angelastet werden dürfe, und berief sich hiezu auf den Bauakt.

Das Bezirksgericht Döbling gab dem Antrag mit Beträgen von S 193.68o bzw S 271.887 statt. Dem Rekurs der klagenden Partei, in dem sie ausführte, die Baubewilligung sei erst nach Aufhebung der einstweiligen Vorkehrung in Rechtskraft erwachsen, die Bauwerber hätten auch deshalb nicht vor dem erwähnten Zeitpunkt die Bauführung fortsetzen dürfen, so daß die einstweilige Vorkehrung nicht für die geltend gemachten Vermögensnachteile ursächlich gewesen sei, gab das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit Beschluß vom 29.Juni 1983 nicht Folge. Da die Rechtsmittel im Bauverfahren, auf die sich die klagende Partei berufe, erfolglos geblieben seien und auch jeder Anhaltspunkt dafür fehle, daß es auch ohne die einstweilige Vorkehrung oder zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Baueinstellung gekommen wäre, müsse unterstellt werden, daß der Bau ungeachtet der noch nicht rechtskräftigen Baubewilligung ohne die einstweilige Vorkehrung fertiggesellt worden wäre.

Der klagende Verein begehrt von der beklagten REPUBLIK ÖSTERREICH als Rechtsträger der nach § 394 EO zur Entscheidung berufenen Gerichte den Ersatz des mit S 496.41o,32 sA. bezifferten Schadens aus dem Titel der Amtshaftung. Da die Gegner der gefährdeten Partei mit der Bauführung noch vor Rechtskraft der Baubewilligung begonnen hätten, sei die Verzögerung der Baufertigstellung nicht ausschließlich auf die einstweilige Vorkehrung zurückzuführen. Bei Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften hätten die Gegner ohnehin erst nach Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides - also erst nach Aufhebung der einstweiligen Vorkehrung - mit der Bauführung beginnen dürfen; der behauptete Schaden sei somit nicht durch die von der klagenden Partei erwirkte einstweilige Vorkehrung eingetreten.

Die beklagte Partei wendete insbesondere ein, das Besitzstörungsverfahren habe keine Anhaltspunkte dafür erbracht, daß die Baubehörde die Bauführung aus baurechtlichen Gründen eingestellt hätte; die Baubewilligung sei schließlich unverändert in Rechtskraft erwachsen. Den Organen der beklagten Partei sei jedenfalls keine unvertretbare Rechtsansicht vorzuwerfen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil die Entscheidung des Rekursgerichtes im Verfahren über den Antrag gemäß § 394 Abs 1 EO gesetzmäßig ergangen sei, zumindest aber auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruhe.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Der Amtshaftungsanspruch setze eine Rechtsverletzung voraus, also einen Verstoß gegen eine positive Rechtsvorschrift oder die Unterlassung der Anwendung solcher Bestimmungen wegen grob fahrlässiger Unkenntnis. Seien solche Vorschriften hingegen nicht vollkommen eindeutig, enthielten sie Unklarheiten über die Tragweite des Wortlauts und stehe auch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung als Entscheidungshilfe zur Verfügung, komme es darauf an, ob die getroffene Entscheidung bei pflichtgemäßer überlegung als vertretbar zu beurteilen sei.

Im Amtshaftungsverfahren sei nicht wie vom Rechtsmittelgericht die Richtigkeit der fraglichen Entscheidung zu prüfen, sondern zu beurteilen, ob diese auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruhe. Das Rekursgericht im vorangegangenen Verfahren habe zutreffend erkannt, daß der Ersatzanspruch nach § 394 EO verschuldensunabhängig sei; haftungsbegründendes Kriterium sei ausschließlich die Verursachung des Schadens durch die einstweilige Vorkehrung. Seine Auffassung, daß die Bauführung trotz der noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Baubewilligung schon im Jahre 1979 beendet worden wäre, weil die Rechtsmittel gegen den Baubewilligungsbescheid letztlich erfolglos geblieben seien und deshalb allein die von der klagenden Partei zu verantwortende einstweilige Vorkehrung für die Bauverzögerung ursächlich gewesen sei, sei nicht nur vertretbar, sondern überhaupt richtig; der Amtshaftungsanspruch der klagenden Partei sei deshalb zu verneinen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Der Bund haftet gemäß § 1 Abs 1 AHG nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts für den Schaden am Vermögen, den die als seine Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben. Die Richter des Rekursgerichtes (Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien), die an jenem kollegialen Beschluß mitgewirkt haben, aus welchem die klagende Partei ihren Ersatzanspruch ableitet, sind Organe im Sinne des Amtshaftungsgesetzes (§ 1 Abs 2 AHG). Nach wie vor bestreitet die klagende Partei den Verursachungszusammenhang zwischen der von ihr erwirkten einstweiligen Vorkehrung und dem von den Bauwerbern behaupteten Vermögensnachteil infolge der Bauverzögerung. Da der Baubewilligungsbescheid erst nach rechtskräftiger Beendigung des Besitzstörungsverfahrens in Rechtskraft erwachsen sei, habe die einstweilige Vorkehrung nur den nach den einschlägigen baurechtlichen Vorschriften (§§ 6o, 72 und 135 BO für Wien) entsprechenden Zustand herbeigeführt. Vor Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides dürfe nicht mit dem Bau begonnen werden; der Sicherungsantrag sei somit für die Baueinstellung nicht allein ursächlich gewesen.

Nicht jede objektiv unrichtige Entscheidung eines Gerichtes zieht Amtshaftung nach sich, vor allem nicht, wenn die anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen nicht vollkommen eindeutig sind, Unklarheiten über die Tragweite ihres Wortlauts enthalten und höchstgerichtliche Rechtsprechung als Entscheidungshilfe nicht zur Verfügung steht. Im Amtshaftungsverfahren ist somit nicht wie im Rechtsmittelverfahren zu prüfen, ob die zur Beurteilung stehende Entscheidung richtig ist, sondern ob sie auf einer bei pflichtgemäßer überlegung aller Umstände vertretbaren Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung beruht (SZ 53/83; SZ 52/56 uva). Sie mag dann zwar rechtswidrig sein, beruht jedoch nicht auf einem Verschulden der Organe, das Voraussetzung für die Amtshaftung ist. Nur eine von einer klaren Gesetzeslage oder von der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Höchstgerichtes abweichende Entscheidung, der sorgfältige, somit auch schriftlich begründete Erwägungen, weshalb abweichend entschieden wurde, nicht entnommen werden können, ist grundsätzlich als Verschulden des Organes anzusehen (SZ 52/56 ua). Es ist deshalb vorerst zu prüfen, ob die letzte zur Entscheidung gemäß § 394 Abs 1 EO berufene Instanz eine (eindeutige) positive Vorschrift verletzt hat.

Nach § 394 Abs 1 EO haftet der Antragsteller für die Folgen einer ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung. Für die Inanspruchnahme einer solchen Haftung ist der Eintritt eines Schadens im Vermögen des Gegners der gefährdeten Partei, dessen maßgebende Ursache die einstweilige Verfügung war, erforderlich (SZ 5o/1o ua). Die klagende Partei hat - von der beklagten Partei nicht bestritten - vorgebracht, daß der Baubewilligungsbescheid erst nach Fertigstellung des Bauwerks in Rechtskraft erwachsen ist. Die beklagte Partei wendete lediglich ein, es seien zwar Eigentümer benachbarter Liegenschaften dem Bauverfahren erster Instanz nicht zugezogen, doch sei deren Berufung von der Bauoberbehörde abgewiesen worden. Gemäß § 72 BauO für Wien darf vor Rechtskraft der Baubewilligung nicht mit dem Bau begonnen werden; im Mehrparteienverfahren erwächst der Bescheid erst in Rechtskraft, wenn die Frist zur Berufung für alle Parteien des Verfahrens abgelaufen ist, sofern nicht alle Parteien auf die Erhebung eines Rechtsmittels verzichtet haben (vgl Geuder-Hauer, Wiener Baurecht 2 , § 72 Anm. 2). Im Baubewilligungsverfahren sind gemäß § 134 Abs 3 BauO für Wien neben dem Bauwerber und dem Eigentümer der betroffenen Liegenschaft auch die Eigentümer der benachbarten Liegenschaften Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in der Bauordnung festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berühren; dabei kommt es auf deren mögliche Beeinträchtigung an (Geuder-Hauer aaO § 134 Anm 8). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt diese Eigenschaft im Sinne des § 134 Abs 3 BauO für Wien jedenfalls den Eigentümern der unmittelbar angrenzenden und der bloß durch Verkehrsflächen getrennten Liegenschaften zu (VwSlg 14.457/A; VwSlgNF 3674/A, 667o/A und 9485/A). Demgemäß hat die Berufungsbehörde im Bauverfahren den Berufungswerbern auch Parteistellung zuerkannt, da sich Eigentümer gegenüberliegender Liegenschaften sonst gegen rechtswidrig bewilligte Bauführungen nicht zur Wehr setzen könnten. Den Berufungswerbern gegenüber, die zur Bauverhandlung nicht geladen waren und denen der Baubewilligungsbescheid nicht zugestellt wurde, konnte der Bescheid der Baubehörde erster Instanz nicht in Rechtskraft erwachsen (VwSlg 2131/A). Ihnen stand deshalb als Anrainern jederzeit die Möglichkeit offen, die Zustellung des ohne ihre Mitwirkung ergangenen Bescheides zu verlangen, diesen mit Berufung anzufechten und in den Berufungsausführungen jene Einwendungen zu erheben, die sie im Falle der Beiziehung zur Bauverhandlung bereits dort hätten vorbringen können (VwSlgNF 5794/A). § 127 Abs 8 lit a BauO für Wien ordnet an, daß die Baubehörde die Bauführung einzustellen hat, wenn ein Bau ohne Bewilligung ausgeführt wird. Das trifft auch dann zu, wenn die Baubewilligung in erster Instanz erteilt wurde, aber noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist (Geuder-Hauer aaO § 127 Anm 7). Die Vorinstanzen haben gleich den zur Entscheidung gemäß § 394 Abs 1 EO berufen gewesenen Gerichten die Rechtswidrigkeit der Bauführung infolge übertretung baurechtlicher Vorschriften mit der Begründung verneint, die von den Anrainern eingelegten Berufungen seien letztlich erfolglos geblieben; es fehle deshalb jeder Anhaltspunkt dafür, daß es auch ohne die Maßnahme der klagenden Partei im August 1978 oder zu einem späteren, vor der Baufertigstellung gelegenen Zeitpunkt zur Baueinstellung gekommen wäre.

Diese Rechtsansicht ist mit den Bestimmungen der §§ 72 und 127 Abs 8 lit a BauO für Wien nicht in Einklang zu bringen, wonach mit der Bauführung erst dann begonnen werden darf, wenn die Baubewilligung rechtskräftig geworden ist, und eine dennoch begonnene Bauführung einzustellen ist. Da die Baubewilligung erst mit Zustellung des Berufungsbescheides am 16.September 1981 in Rechtskraft erwachsen ist, wäre die im Sicherungsverfahren verbotene Bauführung, aus deren Verzögerung die Bauwerber ihre Ersatzansprüche nach § 394 Abs 1 EO ableiteten, während der gesamten Dauer der Wirksamkeit der einstweiligen Vorkehrung schon von Gesetzes wegen rechtswidrig und untersagt gewesen (§ 72 BauO für Wien).Die klagende Partei hat die Bauführer durch Erwirkung eines einstweiligen Bauverbots somit nur an einer Tätigkeit gehindert, die schon als solche rechtswidrig und verboten war.

Die Frage, ob ein Vermögensnachteil - hier vermehrte Aufwendungen - ersatzfähig ist, der nur durch rechtswidriges Verhalten des Geschädigten vermieden hätte werden können, ist - soweit überschaubar - weder in der Rechtsprechung entschieden noch im Schrifttum untersucht worden.

Höchstgerichtliche Entscheidungen (zB ZVR 1978/293; ZVR 1957/22o; JBl 1956, 153), die das Schwarzarbeitseinkommen tödlich Verunglückter bei der Berechnung des Anspruchs der nach § 1327 ABGB berechtigten Hinterbliebenen berücksichtigten, waren der Rechtsansicht, daß die Zuwendung solcher Mittel an die Angehörigen weder strafbar noch sonst verboten sei; diese Rechtsprechung, der die herrschende Auffassung zugrunde liegt, daß sich der Ersatzanspruch der Hinterbliebenen nach dem tatsächlich gewährten Unterhalt richte (ZVR 1973/39 uva), verneint die Rechtswidrigkeit dieser für die Schadensbemessung maßgebenden Unterhaltsgewährung. Dem ähnlich gelagerten Problem, ob der Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) auch den Gewinn umfaßt, der nur durch rechtswidrige (oder sittenwidrige) Tätigkeit erzielt hätte werden können, wurden in der deutschen Rechtsprechung und Lehre (BGHZ 79, 223, 231; BGH VersR 1976, 941;

NJW 1974, 1374; NJW 1955, 13; Stürner in VersR 1976, 1o12 ff;

Grunsky im MünchKomm § 252 Rz 4; Staudinger-Medicus, BGB 12 § 252 Rz 12;

Palandt-Heinrichs, BGB 44 § 252 Anm. 2; Alff im BGB-RGRK 12 § 252 Rz 4;

Larenz, Schuldrecht 13 I § 29, II 544 f; Lange, Schadensersatz 218

f) zum Teil ausführliche Untersuchungen gewidmet. Danach soll der Gewinn, der nur bei rechtlich verpönter Tätigkeit angefallen wäre, grundsätzlich nicht ersatzfähig sein, weil sich ein Gewinn, der notwendig auf verbotswidrigem Tun beruht, nicht innerhalb des von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Freiheitsraums erzielen läßt. Hänge aber die Erlaubtheit einer Tätigkeit nur davon ab, daß eine behördliche Genehmigung erteilt wird, sei der entgangene Gewinn jedenfalls dann, wenn dem Geschädigten nur leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt (NJW 1974, 1374), zu ersetzen, wenn diese Genehmigung im Falle einer Antragstellung erteilt worden wäre; ob der Geschädigte den Antrag tatsächlich gestellt hätte, sei unerheblich, es sei denn, er hätte ihn bewußt unterlassen. Entgangener Gewinn sei auch zu ersetzen, wenn der Geschädigte auf ihn keinen Rechtsanspruch, sondern nur eine tatsächliche Erwerbsaussicht gehabt habe.

übertrüge man diese Grundsätze auf die im Verfahren gemäß § 394 Abs 1 EO geltend gemachten Vermögensnachteile der Bauwerber infolge vermehrter Aufwendungen, so wäre dieser zwar nur durch rechtswidrige Tätigkeit (Bauführung ohne Baubewilligung) abzuwenden gewesen, doch hing deren Rechtmäßigkeit allein von dem die zulässige Bewilligung erteilenden Verwaltungsakt der Baubehörde ab; die Baubewilligung wäre - was nach den dargestellten Rechtsmeinungen schon ausreichte - nicht bloß erzielbar gewesen, sondern war auch beantragt und erteilt und wurde zudem in der Folge (durch Abweisung der Berufung von Nachbarn) auch rechtskräftig. Der Entgang des Vorteils aus der durch die einstweilige Vorkehrung verbotenen Bauführung (Aufwandsersparnis) ist auch nur durch jene eingetreten, da die Baubehörde von § 127 Abs 8 lit a BauO für Wien nicht Gebrauch machte und offenbar selbst die mangelnde Rechtskraft ihres Bescheides übersah, und wäre somit auch im Verfahren nach § 394 Abs 1 EO ersatzfähig gewesen.

Es bedarf im Amtshaftungsverfahren keiner näheren Untersuchung, ob die dargestellte Rechtsansicht auch für den österreichischen Rechtsbereich und für einen Fall, wie ihn die zur Entscheidung nach § 394 Abs 1 EO berufenen Gerichte zu beurteilen hatten, Geltung haben muß, da der Rechtsträger nur für unvertretbare Rechtsauffassungen seiner Organe einzustehen hat. Fehlt aber eine höchstgerichtliche Rechtsprechung und stimmt die Entscheidung, aus der der Ersatzanspruch abgeleitet wird, mit der bei vergleichbarer Rechtslage als Entscheidungshilfe in Betracht kommenden deutschen Rechtsprechung und Lehre zumindest im Ergebnis überein, kann die Rechtsansicht des Rekursgerichtes im Verfahren nach § 394 Abs 1 EO die zwar nicht diese, aber doch ähnliche Erwägungen enthielt, nicht als unvertretbar angesehen werden.

Die Vorinstanzen haben den Ersatzanspruch der klagenden Partei zu Recht abgelehnt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 5o ZPO.

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