Spruch:
Der Beschluß des Bezirksgerichtes Bruck/Leitha vom 8.Oktober 1984, GZ U 181/84-25, womit das Verfahren gemäß dem § 46 Abs. 3 StPO eingestellt wurde, verletzt, insofern er keinen Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Privatanktägers Helmut B enthält, das Gesetz in der Bestimmung des § 390 Abs. 1 StPO.
Text
Gründe:
Das Verfahren AZ U 181/84 des Bezirksgerichtes Bruck an der Leitha betraf eine Privatanklage des Helmut B, der die Bestrafung des Herbert und der Margarete A wegen Vergehens der üblen Nachrede nach dem § 111 Abs. 1 StGB begehrte. Darüber fand am 16.Juli 1984 in Anwesenheit aller Beteiligten eine Hauptverhandlung statt, die (auf unbestimmte Zeit) vertagt wurde.
Zu der für den 8.Oktober 1984 anberaumten neuerlichen Hauptverhandlung erschienen die Beschuldigten mit ihrem Verteidiger, nicht aber der Privatankläger. Ihm war die Vorladung zwar am 22. August 1984 (den Bestimmungen des § 79 Abs. 2 und 3 StPO zuwider) nicht zu eigenen Handen zugestellt worden - S 32 - (es kam zu einer Ersatzzustellung an seine Ehefrau Margit B); dem Gericht lag jedoch eine von Helmut und Margit B gemeinsam gefertigte Eingabe vor, welche (unter anderem) die mit Unerschwinglichkeit der Kosten anwaltlicher Vertretung begründete Bitte enthält, 'in Abwesenheit (des Privatanklägers) bei der Verhandlung am 8.Oktober 1984 ... (das) Urteil zu sprechen' (S 41).
Zufolge Ausbleibens des Privatanklägers von der Hauptverhandlung faßte das Bezirksgericht Bruck an der Leitha am 8.Oktober 1984 den Beschluß auf Einstellung des Verfahrens gemäß dem § 46 Abs. 3 StPO; dieser Beschluß (ON 25), welcher keinen Kostenausspruch enthält, wurde dem Verteidiger am 11.Oktober 1984 und dem Privatankläger am 12. Oktober 1984 ordnungsgemäß zugestellt (S 53).
In der Folge beantragten die Beschuldigten 'unter Berufung auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen', die ihnen vom Privatankläger zu ersetzenden Kosten der Verteidigung mit 14.473,05 S zu bestimmen (ON 26a). Zur Äußerung aufgefordert, begründete der Privatankläger in einem am 6.November 1984 zur Post gegebenen Schriftsatz sein Nichterscheinen zur Hauptverhandlung am 8.Oktober 19y4 (nunmehr) mit einem (an seinen Dienstgeber adressierten) ärztlichen Zeugnis, wonach er vom 3. bis 14.Oktober 1984 wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen sein soll, und begehrte unter Hinweis darauf eine 'Abänderung des Beschlusses'. Hierauf bestimmte das Bezirksgericht Bruck an der Leitha mit Beschluß vom 12.November 1984 (ON 29) die den Beschuldigten vom Privatankläger zu ersetzenden Kosten der Verteidigung mit 13.384,43 S und wies das Mehrbegehren ab. Dieser vom Privatankläger u.d (wegen Abweisung eines Teils ihres Mehrbegehrens) von den Beschuldigten mit Beschwerde angefochtene Beschluß wurde mit Entscheidung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14.Jänner 1985, AZ 13 e Bl 1510/84 (ON 34), in Stattgebung der Beschwerde des Privatanklägers 'ersatzlos aufgehoben', der Beschwerde der Beschuldigten wurde hingegen nicht Folge gegeben; beides mit der Begründung, mangels Entscheidung über die Kostenersatzpflicht des Privatanklägers in dem das Verfahren erledigenden Einstellungsbeschluß seien die Voraussetzungen für eine Kostenbestimmung nicht vorgelegen. Mit dem weiteren Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14.Jänner 1985, AZ 13 e Bl 140/84
(ON 85), wurde die vom Privatankläger (mit der erwähnten Eingabe vom 6. November 1984 sinngemäß) erhobene Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluß vom 8.Oktober 1984 als verspätet zurückgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Bezirksgericht Bruck an der Leitha mit Beschluß vom 8. Oktober 1984, GZ U 181/84-25, verfügte Einstellung des Verfahrens entspricht dem Gesetz. Denn die schriftliche Mitteilung des Privatanklägers Helmut B vom 24.September 1984 - aus der sich zugleich ergibt, daß ihm die (eine Belehrung über die Ausbleibensfolgen enthaltende) Vorladung zurn(neuerlichen) Hauptverhandlung tatsächlich zukam, der durch die an sich unzulässig gewesene Ersatzzustellung unterlaufene Zustellmangel mithin saniert wurde (§ 7 ZustellG)-, er könne sich keinen Rechtsanwalt leisten und bitte deshalb, bei der nächsten Hauptverhandlung in seiner Abwesenheit zu urteilen, war nicht geeignet, die an das Nichterscheinen (des Privatanklägers) zur Hauptverhandlung (bei der er sich auch durch einen anderen Bevollmächtigten als durch einen in die Verteidigerliste eingetragenen Rechtsbeistand hätte vertreten lassen können; § 50 Abs. 1 StPO) geknüpfte gesetzliche Vermutung (§ 46 Abs. 3 StPO) des Rücktritts von der Verfolgung auszuschließen oder zu widerlegen, welche übrigens auch dann gelten würde, falls der Privatankläger am persönlichen Erscheinen durch Krankheit verhindert gewesen sein sollte (vgl Foregger-Serini StPO 3 , Erl VII zu § 46).
Gemäß dem § 390 Abs. 1 StPO ist jedoch in einem Privatanklageverfahren, das auf andere Weise als durch ein verurteilendes Erkenntnis beendet wird, dem Privatankläger der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung aufzutragen. Da im Einstellungsbeschluß des Bezirksgerichtes Bruck an der Leitha vom 8.Oktober 1984 (ON 25) ein solcher Kostenausspruch unterblieb, verletzt dieser Beschluß das Gesetz in der Bestimmung des § 390 Abs. 1 StPO.
Es war daher in Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes diese Gesetzesverletzung festzustellen.
Entgegen der Anregung der Generalprokuratur wurde jedoch die Entscheidung nicht mit konkreter Wirkung ausgestattet, weil - abgesehen von der Frage, ob die Durchbrechung der Rechtskraftwirkung einer Entscheidung zum Nachteil Dritter in der Kostenfrage überhaupt zulässig wäre (siehe dazu insb RiZtg 1957, 119; 1978/18; Rittler in ÖJZ 1957 S 253 f; Nowakowski in JBl 1958
S 589 ff) - der mit der festgestellten Gesetzwidrigkeit behaftete Beschluß unangefochten blieb, obgleich er dem rechtskundigen Vertreter (Verteidiger) der (hievon betroffenen) Beschuldigten mündlich und schriftlich eröffnet worden war. Soweit demnach die Unterlassung der Anfechtung auf ein Versäumnis dieses Vertreters zurückzuführen ist (wofür das Einbringen eines Kostenbestimmungsantrages innerhalb der Rechtsmittelfrist spricht), werden die Beschuldigten von ihrem Vertreter schadlos zu halten sein; jedenfalls ist infolge des damit auch ihrer Seite anzulastenden Verschuldens ein die bestehende Rechtslage verändernder Eingriff im Sinn des § 292 letzter Satz StPO hier nicht gerechtfertigt (vgl die bei Mayerhofer-Rieder 2 unter Nr 59 zu § 292 StPO zitierten Entscheidungen).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)