Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 18.216 S bestimmten Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof (darin 1.200 S Barauslagen und 1.547 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Im Rahmen der zwischen den Streitteilen seit dem Jahre 1979 bestehenden Geschäftsbeziehungen wurden in zeitlicher Reihenfolge Rahmenverträge abgeschlossen, die dem jeweiligen Einzelgeschäft zugrundegelegt wurden. Um keine Lücke in den Beziehungen entstehen zu lassen, überschnitten sich die Vertragszeiträume der jeweiligen Rahmenverträge. Dem vorliegenden Rechtsstreit liegen Lieferungen der Klägerin an die Beklagte zugrunde, die in den Rahmenvertrag vom 1.1.1983 bis 31.12.1983 fallen. Im Gegensatz zu den früheren Rahmenverträgen hält Punkt 8. des erwähnten, unter den Zahlungskonditionen fest: '14 Tage - 2 % Skonto oder 30 Tage netto ab Fakturendatum gegen Drei-Monats-Akzept, Spesen und Zinsen zu Lasten Tornado (Beklagter)'. Die Worte 'ab Fakturendatum gegen Drei Monats-Akzept' wurden auf Wunsch der Beklagten eingefügt. Punkt 10. dieses Rahmenvertrages hat die schon in den früheren Rahmenverträgen enthaltene Schiedsgerichtsvereinbarung folgenden Wortlautes übernommen: 'Die Vertragspartner verzichten ausdrücklich darauf, zur Lösung allfälliger Meinungsverschiedenheiten eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Sollte es nicht gelingen, im Verhandlungsweg eine Klärung strittiger Fragen zu erzielen, so entscheidet in allen mit der Errichtung, Durchführung sowie im Zuge der Zusammenarbeit und ihrer Auflösung entstehenden Streitigkeiten, welchen Inhalts immer, ein ad hoc Schiedsgericht'.
Zwecks Bezahlung von der Klägerin im oben erwähnten Zeitraum getätigter Lieferungen hat die Beklagte zwei von ihr akzeptierte Wechsel über die Summen 1,090.282,01 und 713.065,15 S der Klägerin übergeben. Die diesen beiden Wechsel zugrundeliegenden Forderungen sind Gegenstand der in den zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren erlassenen Wechselzahlungsaufträge.
Die Beklagte hat die Einlösung der beiden Wechsel trotz Fälligkeit mit der Begründung abgelehnt, ihr stünden auf Grund mangelhafter Lieferung durch die Klägerin Gegenforderungen in einer die Wechselsummen übersteigenden Höhe zu.
Da man vorerst eine einvernehmliche Lösung des Streitfalles anstrebte, dies jedoch innerhalb der Laufzeit der Wechsel nicht möglich war, wurden die erwähnten Wechsel mehrfach durch Prolongationswechsel ersetzt. Grundlage des vorliegenden Verfahrens sind derartige Prolongationswechsel.
Das Erstgericht hat das Verfahren auf die Klärung der von der Beklagten eingewendeten ausschließenden Zuständigkeit des vereinbarten Schiedsgerichtes eingeschränkt und dieser Einrede stattgegeben.
Das Rekursgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit verworfen. Im wesentlichen begründete es seine Entscheidung damit, daß zwar grundsätzlich Streitigkeiten wegen der in den Rahmenvertrag fallender Geschäfte auch dann vor das Schiedsgericht gehören, wenn sie erst später anhängig gemacht wurden, doch handle es sich im vorliegenden Fall um Wechselstreitigkeiten über Prolongationswechsel, die erst nach einvernehmlicher Auflösung des Vertragsverhältnisses der Parteien ausgestellt worden seien. Zur Entscheidung über Vereinbarungen, die erst nach einvernehmlicher Auflösung des Vertragsverhältnisses zustandegekommen sind, könne das Schiedsgericht nicht berufen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Beklagten gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs, ist, entgegen der von der Klägerin vertretenen Rechtsansicht, zulässig.
Im Hinblick auf den seinerzeitigen Wortlaut des § 45 JN hat der Oberste Gerichtshof in zahlreichen Entscheidungen (SZ 53/159, SZ 44/31 u.a.) ausgesprochen, daß die Unanfechtbarkeit der bejahenden Zuständigkeitsentscheidung eines Gerichtshofes lediglich Streitfälle über die gesetzliche Zuständigkeitsabgrenzung von Gerichtshof und Bezirksgericht betrifft, weshalb Entscheidungen eines Gerichtshofes, mit denen die Gültigkeit einer Schiedsgerichtsvereinbarung für bestimmte Fälle verneint wird, nicht darunter fallen (vgl. Fasching, I, 284). Die Zivilverfahrens-Novelle 1983 hat nun eine Änderung des Wortlautes des § 45 JN gebracht, die auf den ersten Blick die Rechtsansicht der Klägerin rechtfertigen könnte. Ergab sich nämlich aus der seinerzeitigen Fassung des § 45 JN eindeutig, daß dort nur Entscheidungen eines Gerichtshofes erster Instanz über seine sachliche Zuständigkeit, die die Zuständigkeit eines anderen Gerichtshofes oder eines Bezirksgerichtes ausschlossen bzw. Entscheidungen vom Bezirksgericht, die die Zuständigkeit eines anderen Bezirksgerichtes verneinten, genannt waren, spricht die nunmehrige Fassung des § 45 JN allgemein von nach Eintritt der Streitanhängigkeit getroffenen Entscheidungen mit denen ein Gericht seine sachliche Zuständigkeit bejaht. Richtig ist, daß die Judikatur die Einrede des Vorliegens einer Schiedsgerichtsvereinbarung als Einrede der sachlichen Unzuständigkeit behandelt hat (JBl.1976, 377, EvBl.1958/103 u.a.). Dies könnte zu der Annahme verleiten, die Neufassung des § 45 JN beziehe sich auch auf Entscheidungen des Gerichtes, mit denen dieses seine Zuständigkeit im Gegensatz zu der behaupteten Schiedsgerichtsvereinbarung bejaht. Führt man sich jedoch den Zweck der Gesetzesänderung vor Augen, so ergibt sich, daß die erwähnte Bestimmung nicht in diesem Sinne auszulegen ist. Mit der Gesetzesänderung sollte allerdings eine weitere Einschränkung von Zuständigkeitsstreitigkeiten bewirkt werden. Der Gesetzgeber geht hiebei von der Erwägung aus, daß die Frage, welche Art von Gericht zu entscheiden hat, für eine Partei meist von geringer Bedeutung ist, zumal ja auch vor den Gerichtshöfen in der Mehrzahl der Fälle der Einzelrichter zu entscheiden hat (XV. GP, Beil.669 S 32 zu § 45 JN). Der Gesetzgeber hat also ein Interesse der Partei daran, welches von mehreren staatlichen, auch mit Berufsrichtern besetzten Gerichten zu entscheiden hat, gering eingeschätzt. Es ist aber ein Unterschied, ob man zwei staatliche Gerichte miteinander vergleicht oder solche Geriche mit einem Schiedsgericht, an dem schon nach § 578 ZPO aktive Richter nicht als Schiedsrichter teilnehmen dürfen. Ferner besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen staatlichen Gerichten einerseits, die an strenge Verfahrensregeln gebunden sind und deren Entscheidung meist einem Rechtszug unterliegt, und Schiedsgerichten andererseits, gegen deren Entscheidung ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig ist und die bezüglich der Gestaltung des Verfahrens wesentlich freier vorgehen können als die staatlichen Gerichte. Nur bei ganz groben Verstößen gegen die tragenden Grundsätze eines geordneten Verfahrens wäre eine Anfechtung möglich. Das oben aufgezeigte Motiv des Gesetzgebers für die Gesetzesänderung spricht also dagegen, daß der Gesetzgeber den Ausschluß der Anfechtungsmöglichkeit auch bezüglich solcher Entscheidungen einführen wollte, mit denen im Ergebnis das Vorliegen einer Schiedsvereinbarung verneint wird. Dies ergibt sich insbesondere auch aus einem Vergleich mit dem durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 eingeführten § 40 a JN. Die Aufnahme dieser Bestimmung in die Zivilverfahrens-Novelle 1983 geht auf den Bericht des Justizausschusses zurück. Ist nach dieser Bestimmung zweifelhaft, welches Verfahren anzuwenden ist, so hat das Gericht darüber zu entscheiden. Dieser Beschluß ist selbständig anfechtbar. Hiezu hat der Justizausschuß (XV. GP, Beil.1337, S 3 zu § 40 a) ausgeführt, daß die Jurisdiktionsnorm dem Begriff der Zuständigkeit in einem weiteren Sinn, als es in Lehre und Praxis üblich ist, verwendet. Durch den Einbau der Bestimmung des § 40 a JN soll klarer ausgedrückt werden, daß zuerst die Frage zu entscheiden ist, in welchem Verfahren das Gericht eine Eingabe zu behandeln hat und daß erst dann nach den besonderen Regeln dieses Verfahrens die Frage der Zuständigkeit im engeren Sinn zu prüfen ist. Diese Prüfung des anzuwendenden Verfahrens geschieht also zunächst unbeschadet der Frage der Zuständigkeit. Zu der Neuformulierung des § 45 JN führt der Justizausschuß aus, daß diese nur für die (sachliche) Zuständigkeit im engeren Sinn gilt, also nichts mit einer Entscheidung nach § 40 a zu tun hat.
Die Frage, ob über eine Rechtssache ein ordentliches Gericht oder ein Schiedsgericht zu entscheiden hat, ist der Frage vergleichbar, in welchem Verfahren das Gericht eine Eingabe zu behandeln hat. Auch daraus ergibt sich, daß für Entscheidungen, wie die vorliegende, der Rechtsmittelausschuß des § 45 JN auch in der Fassung der Zivilverfahrens-Novelle 1983 nicht gilt.
Der sohin an sich zulässige Revisionsrekurs der Beklagten ist jedoch nicht gerechtfertigt.
Im vorliegenden Fall konnten keine Feststellungen über den Willen der Parteien bezüglich der Auslegung der Schiedsgerichtsvereinbarung getroffen werden. Für den Wirkungsbereich einer Schiedsvereinbarung ist in erster Linie der Inhalt dieser Vereinbarung maßgebend. Entscheidend für die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes ist der Text der Schiedsgerichtsvereinbarung mit Berücksichtigung vernünftiger und den Zweck der Vereinbarung favorisierender Auslegung (7 Ob 631/82, Fasching IV, 881). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist daher zu entscheiden, ob ein bestimmter Streit unter eine Schiedsvereinbarung fällt oder nicht. Richtig hat das Rekursgericht erkannt, daß unter Berücksichtigung der festgestellten Umstände die Schiedsklausel so lange gelten sollte, als sich aus dem Vertrag Streitigkeiten ergeben könnten, also auch über die Geltungsdauer des materiellen Vertrages hinaus. Der Oberste Gerichtshof teilt nicht die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der Umstand der Ausstellung von Prolongationswechseln nach einvernehmlicher Auflösung des Vertrages einer Geltendmachung des durch die Wechsel verbrieften Anspruches vor dem Schiedsgericht grundsätzlich entgegenstünde. Vorerst ist dem Berufungsgericht entgegenzuhalten, daß eine einvernehmliche Auflösung der bestehenden Vereinbarung im Verfahren erster Instanz von keiner der Parteien behauptet worden ist. Sollte das Berufungsgericht mit seiner diesbezüglichen Wendung jedoch den schon seinerzeit vereinbarten zeitlichen Ablauf der vertraglichen Beziehungen im Auge haben, so ist dem entgegenzuhalten, daß der von vorneherein vorgesehene zeitliche Ablauf einer vertraglichen Beziehung nicht einer einvernehmlichen Auflösung gleichgehalten werden kann. Im übrigen hat gerade eine der vom Rekursgericht erwähnten Entscheidung (1 Ob 628/82) dargelegt, daß es bei der Beurteilung der Frage, ob eine Streitigkeit von einem Schiedsgericht zu entscheiden ist oder nicht, auf den Grund der Beendigung der vertraglichen Beziehungen ankommt. Selbstverständlich wird eine wirksame Schiedsgerichtsvereinbarung dann icht vorliegen, wenn die Parteien den Vertrag rückwirkend einvernehmlich aufheben oder wenn sie einvenehmlich von dessen Nichtigkeit ausgehen. In einem solchen Fall würde es nämlich überhaupt an einer wirksamen Schiedsgerichtsvereinbarung fehlen. Anders liegt die Sache jedoch, wenn ein Vertrag, wie ursprünglich vorgesehen, ausläuft, oder wenn die Parteien erst nach Verwirklichung jenes Sachverhaltes, der Gegenstand des Streites ist, eine Beendigung des Vertragsverhältnisses für die Zukunft vereinbaren. In solchen Fällen kann nicht davon ausgegangen werden, daß nach dem Willen der Parteien die für Vertragsstreitigkeiten vorgesehene Schiedsgerichtsvereinbarung keine Gültigkeit haben soll. Das Rekursgericht vertritt nun den Standpunkt, im vorliegenden Fall handle es sich nicht um eine Streitigkeit auf Grund eines während des Vertragsverhältnisses verwirklichten Sachverhaltes, weil Gegenstände des Verfahrens nach Beendigung des Vertrages ausgestellte Prolongationswechsel seien. In diesem Sinne kann jedoch der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag, dessen grundsätzliche Unwirksamkeit von niemandem behauptet worden ist, nicht ausgelegt werden. Nach den getroffenen Feststellungen ist Gegenstand des Verfahrens nach wie vor ein Streit über die in den Vertragszeitraum fallenden Geschäfte. Daß solche Streitigkeiten von einem Schiedsgericht zu entscheiden sind (ob dies auch für Wechselstreitigkeiten gelten soll, wird noch zu behandeln sein), kann nach dem Vertragswortlaut nicht strittig sein. Die Prolongationswechsel wurden nur deshalb ausgestellt, weil die Parteien noch eine einvernehmliche Regelung versuchten. Demnach sind Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nur formell außerhalb des Vertragszeitraumes liegende Sachverhalte. Materiell wurde der den Streit begründende Sachverhalt während des Vertragszeitraumes verwirklicht. Bei vernünftiger Auslegung des Vertrages ist daher davon auszugehen, daß die Parteien die materiell während ihres Vertragsverhältnisses entstehenden Streitigkeiten von einem Schiedsgericht entscheiden lassen wollten. Solange noch irgendwelche Streitigkeiten aus dem Bestande oder behaupteten Nichtbestande des der Vereinbarung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses oder Rechtes entstehen können, kann in der Regel die von den Parteien für die Streitigkeiten vereinbarte Gerichtszuständigkeit in Anspruch genommen werden.
Daran ändert auch der nachträgliche Abschluß eines Vergleiches nichts, der eine Zuständigkeitsvereinbarung nicht enthält (RZ 1966, 165). Diese für Gerichtsstandsvereinbarungen geltenden Erwägungen müssen aber auch für vereinbarte Schiedsgerichte berücksichtigt werden.
Daß auch für die Entscheidung von Wechselansprüchen ein Schiedsgericht wirksam vereinbart werden kann, hat das Rekursgericht richtig erkannt.
Allerdings können im Hinblick auf § 587 ZPO Schiedsgerichte keine Wechselzahlungsaufträge erlassen (Fasching IV, 722, Fasching, Zivilprozeßrecht Anm.2175). Wird demnach auch für Wechselansprüche ein Schiedsgericht vereinbart, so reduziert sich der Wechsel auf seine materiellrechtlichen Wirkungen. Dies bedeutet einen Verzicht auf die prozessualen Wirkungen des Wechsels. Grundsätzlich ist eine derartige Vereinbarung denkbar und zulässig.
Allerdings handelt es sich hiebei um etwas derart Ungewöhnliches, daß davon nich ohne eindeutigen Nachweis ausgegangen werden kann. Eine für alle Streitigkeiten aus einem bestimmten Vertrag geschlossene Schiedsvereinbarung bezieht sich also mangels gegenteiliger Vereinbarung nicht auf Wechselstreitigkeiten (EvBl.1966/169). Dies muß vor allem dann gelten, wenn die Möglichkeit, seine Schuld durch Hingabe eines Wechsels abzustatten, auf die Initiative einer der Vertragsparteien zurückgeht, diese Partei also diese Möglichkeit als Begünstigung für sich in Anspruch nimmt. Diese Partei wird dann die Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes zur Entscheidung über die Wechselstreitigkeit und den damit verbundenen Ausschluß der Wahrnehmung der sich aus det Wechsel im allgemeinen ergebenden prozessualen Vorteile nur dann in Anspruch nehmen können, wenn sie einwandfrei nachweist, daß sich auch ihr Gegner bei Vertragsabschluß einer derartigen Beschränkung seiner rechtlichen Möglichkeiten bewußt war und daß er eine solche Beschränkung in Kauf nehmen wollte. Einen solchen Nachweis hat die Beklagte im vorliegenden Verfahren nicht erbracht. Demnach ist das Rekursgericht im Ergebnis mit Recht davon ausgegangen, daß zur Entscheidung über die vorliegenden Wechselstreitigkeiten das ordentliche Gericht und nicht das Schiedsgericht berufen ist. Die Wechselzahlungsaufträge waren daher vorläufig aufrecht zu erhalten.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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