OGH 1Ob506/85

OGH1Ob506/8527.2.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef A B C, Bludenz, vertreten durch Dr. Christian Konzett, Rechtsanwalt in Bludenz, wider die beklagte Partei D E C, Baden, Elisabethstraße 36, vertreten durch Dr. Franz und Dr. Friedrich Eckert, Rechtsanwälte in Baden, wegen S 4,358.243,63 s.A., infolge Rekurses der klagenden und der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 28. September 1984, GZ. 3 R 136/84-16, womit das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 31. März 1984, 3 Cg 74/83-11, aufgehoben wurde, 1.) den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben;

2.) zu Recht erkannt:

Dem Rekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben und der Beschluß des Berufungsgerichtes dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 105.583,83 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (hievon S 13.500,-

Barauslagen und S 8.371,25 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Schreiben vom 31.8.1982 bestellte die beklagte Partei bei der klagenden Partei zu den im Anhang I ihres Schreibens festgelegten kaufmännischen Bedingungen einen Kochermantel für Kamyr-Kocher, einen H-D Imprägnierturm laut der im Anhang II des Schreibens näher festgelegten technischen Spezifikation. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von S 9,350.000,-

zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Die Zahlungsbedingungen sahen die Leistung eines Betrages in Höhe von 10 % nach Erhalt der Auftragsbestätigung, die Leistung von 80 % innerhalb von 60 Tagen pro rata Lieferung bei fob-Stellung gegen Vorlage von Dokumenten und einen 10 %-igen Garantierückhalt bis Ende der mechanischen Garantie, jedoch maximal 32 Monate ab Endauslieferung bzw. Versandbereitschaft, ablösbar gegen Werkhaftbrief vor. Liefertermin war für die Fundamenteinbauten der 31.12.1982 fob, für den Kocher der 31.3.1983 fob und für den Imprägnierturm samt Kocherstutzen der 15.5.1983

fob. Dem Bestellschreiben waren weiters eine technische Dokumentation, technische Vorschriften und Versandbedingungen angeschlossen. Mit Schreiben vom 9.11.1982 erklärte die klagende Partei die Annahme dieses Offerts. Sie ersuchte um Retournierung der mit dem überprüfungsvermerk versehenen Zweitschrift der Auftragsbestätigung innerhalb von 14 Tagen, widrigenfalls übereinstimmung mit der von ihr erklärten Auftragsbestätigung und ihren allgemeinen Lieferbedingungen als gegeben angenommen werde. Die klagende Partei urgierte die Leistung des Betrages von 10 % der Auftragssumme mit ihren Schreiben vom 12.11.1982, 1.12.1982, 22.12.1982 und 11.1.1983. Da sie keine Antwort auf diese Schreiben erhielt, forderte sie mit Schreiben vom 26.1.1983

neuerlich unverzügliche Überweisung der vereinbarten 10 %-igen Anzahlung und teilte zugleich mit, daß sie zur Sicherstellung ihrer weiteren Forderung aus diesem Auftrag in Höhe von 90 % des Auftragswertes um Erstellung eines unwiderruflichen Akkreditivs, zahlbar gegen Dokumente oder durch übergabe einer Bankgarantie, ersuche. Auf Grund des außergewÄhnlichen Zahlungsverzuges müsse die Eröffnung des Akkreditifs bzw. die Ausfertigung des Bankhaftbriefes in den nächsten Tagen vor definitivem Konstruktionsbeginn erfolgen. Mit Fernschreiben vom 31.1.1983 teilte die beklagte Partei der klagenden Partei mit, daß die vereinbarte Anzahlung überwiesen worden sei. Mit dem Fernschreiben vom 1.2.1983 erwiderte die klagende Partei, daß sie sich im Hinblick auf den Verzug mit der Anzahlung gezwungen sehe, für die weiteren Zahlungen eine zusätzliche Sicherheit zu fordern. Sie habe bis zur Klärung dieser Angelegenheit sämtliche Arbeiten eingestellt, die laufenden Materialaufträge sistiert und ersuche um umgehende Telexnachricht, wie die weitere Zahlung reguliert werde, damit kein weiterer Verzug bei der Bearbeitung des Auftrages eintrete. Am 2.2.1983 erhielt die klagende Partei einen Betrag von S 400.000,- überwiesen. Mit Fernschreiben vom 3.2.1983 teilte die beklagte Partei der klagenden Partei mit, daß sich wegen der Weihnachtsfeiertage die Leistung der Anzahlung verzögert habe; ein Betrag von S 400.000,- sei überwiesen worden, der Rest werde aus firmeninternen Gründen nach dem 20.2.1983 überwiesen werden. Sollte bei der Bearbeitung des Auftrages ein Verzug auftreten, habe diesen allein die klagende Partei zu vertreten. In den Schreiben vom 4.2.1983 und 11.2.1983 wies die klagende Partei auf den eingetretenen Zahlungsverzug sowie darauf hin, daß sie auf der Bedeckung der restlichen 90 % des Auftragswertes mittels einer Bankgarantie bestehen müsse; sie erkläte sich zur Tragung der Kosten der Bankgarantie bereit. Mit Schreiben vom 8.2.1983 urgierte die klagende Partei den noch ausstehenden Betrag von S 535.000,- erklärte sich am 21.2.1983 neuerlich bereit, die Kosten einer allfälligen Bankgarantie zu übernehmen und urgierte am 22.2.1983 neuerlich die noch ausständige Teilzahlung von S 535.000,-. Am 24.2.1983 antwortete die beklagte Partei, daß die Frage der Anzahlung am Beginn der nächsten Woche geklärt werde, es bestünden keinerlei Gründe, die Produktion einzustellen, sämtliche Terminverzögerungen habe die klagende Partei zu vertreten. Am 25.2.1983 urgierte die klagende Partei neuerlich fernschriftlich die Leistung des ausstehenden Restbetrages von S 535.000,-. Am 2.3.1983 teilte die beklagte Partei der klagenden Partei mit, daß die Leistung einer Bankgarantie nicht vereinbart worden sei. Der Gegenvorschlag, die Ware Kassa gegen Dokumente auszuliefern oder bei Versandbereitschaft zu bezahlen, sei von der klagenden Partei abgelehnt worden. Die beklagte Partei trete daher vom Vertrag zurück.

Mit Schreiben vom 29.3.1983 erklärte die klagende Partei wegen Nichtleistung der bedungenen Anzahlung und im Hinblick auf die Rücktrittserklärung der beklagten Partei ihrerseits den Rücktritt vom Vertrag. Am 21.2.1983 wäre ein Betrag von S 384.800,- aus einer anderen Bestellung der beklagten Partei bei der klagenden Partei fällig geworden. Die Leistung dieses Betrages bildet Gegenstand des Rechtsstreits 3 Cg 52/83 des Erstgerichtes; in der Klagebeantwortung räumte die beklagte Partei ein, es sei richtig, daß sie der klagenden Partei den Betrag von S 384.800,- schulde, sie rechne jedoch mit dem Betrag von S 400.000,-, den sie für den in diesem Verfahren klagsgegenständlichen Auftrag als Anzahlung geleistet habe, als Gegenforderung auf.

Die klagende Partei begehrte zuletzt den Betrag von S 4,358.243,63 s. A.

und führte aus, auf Grund des von ihr wegen des Zahlungsverzugs der beklagten Partei erklärten Rücktritts vom Vertrag gebühre ihr gemäß § 1168 Abs 1 ABGB das vereinbarte Entgelt unter Anrechnung dessen, was sie zufolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt habe. Aus Gründen der Vorsicht mache sie als eingeschränkten Entgeltanspruch den Betrag von S 5,500.000,-

geltend, wovon der Erlös für anderweitig verkaufte Waren in Höhe von S 966.463,50 und S 296.329,45, weiters die von der beklagten Partei geleistete Teilzahlung in Höhe von S 400.000,- und ein Betrag von S 250.000,- für noch verwertbare Waren in Abzug gebracht werde, was unter Berücksichtigung von 18 % Mwst den Klagsbetrag ergebe. Die klagende Partei führte aus, nach Abschluß des Werkvertrages hätten sich die Vermögensverhältnisse der beklagten Partei wesentlich verschlechtert, die beklagte Partei habe bei der Fa. Waagner-Biro AG Wien einen Top Seperator (Auftragswert S 1,3 Mio.) bestellt, der mangels Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen der beklagten Partei seit Monaten nicht ausgeliefert werde. Die beklagte Partei habe auch die Fa. Westo Stahlblechhandelsgesellschaft mbH, Wien (im folgenden:

Fa. Westo) beauftragt, für sie, die beklagte Partei, die zur Herstellung des Werkes bereits angeschafften Waren zu erwerben. Nach Abnahme von drei LKW-Ladungen Mitte Juni 1983 habe die Fa. Westo weitere Abnahmen eingestellt.

Der Erlös der an die Fa. Westo getätigten Verkäufe werde der beklagten Partei gutgebracht. Am 21.2.1983 sei die beklagte Partei mit der ihr obliegenden Verpflichtung zur Leistung eines Betrages von S 384.800,- aus einem anderen mit der klagenden Partei abgeschlossenen Rechtsgeschäft in Verzug geraten.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. In dem mit der klagenden Partei abgeschlossenen Vertrag sei für die Bezahlung der Anzahlung in Höhe von 10 % keine Frist festgelegt worden, so daß insbesondere unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß die Auftragsbestätigung der klagenden Partei einer technischen überprüfung unterzogen werden sollte, ein Verzug der beklagten Partei nicht gegeben sei. Das Verlangen nach einer Bankgarantie sei vertragswidrig gewesen, sodaß der von der beklagten Partei ausgesprochene Rücktritt vom Vertrag gerechtfertigt sei. Darüber hinaus habe die klagende Partei Verkäufe an die Fa. Westo in Höhe von mindestens S 3,704.000,- getätigt und mehr als den vereinbarten Werklohn eingespart bzw. erlöst. Die beklagte Partei machte eine Gegenforderung in Höhe von S 2,970.000,- aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes geltend. Die Schadenssumme ergebe sich aus einem vorgenommenen Deckungskauf, aufgelaufenen Verwaltungskosten und einer Pönaleforderung an die klagende Partei.

Der Erstrichter sprach aus, daß die Forderung der klagenden Partei zu Recht, die einredeweise geltend gemachte Gegenforderung nicht zu Recht bestehe und erkannte die beklagte Partei im Sinne des Klagebegehrens schuldig.

In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, die Vereinbarung, nach Eingang der Auftragsbestätigung einen Betrag von 10 % des Auftragswertes als Anzahlung zu leisten, könne nur dahin verstanden werden, daß die Fälligkeit sogleich mit übernahme der Auftragsbestätigung eintreten sollte. Als die klagende Partei mit Schreiben vom 26.1.1983 Sicherstellung begehrte, sei die beklagte Partei mit der Leistung der Anzahlung bereits 76 Tage in Verzug gewesen. Im Hinblick auf die vereinbarten Liefertermine (31.12.1982 für die Fundamenteinbauten, 31.3.1983 für den Kocher und 15.5.1983 für den Imprägnierturm) sei dies eine sehr erhebliche Verzögerung gewesen. Da die beklagte Partei auf mehrere Mahnungen der klagenden Partei nicht reagiert habe und überdies am 21.2.1983 mit einer weiteren Verbindlichkeit in Höhe von S 384.800,- in Verzug geraten sei, könne davon ausgegangen werden, daß schlechte Vermögensverhältnisse der Beklagten schon am 26.1.1983 eingetreten seien. Wenn nicht einmal die 10 %-ige Anzahlung geleistet werde, dürfe eine Gefährdung der Restzahlung, die neunmal so hoch sei, angenommen werden. Die klagende Partei habe demnach aber zu Recht Sicherstellung begehrt. Der von der beklagten Partei ausgesprochene Rücktritt vom Vertrag sei nicht gerechtfertigt und daher unwirksam. Hingegen habe die klagende Partei berechtigterweise den Rücktritt erklärt, und zwar einerseits deshalb, weil die beklagte Partei die Vertragserfüllung durch ihren Rücktritt verweigert habe und andererseits, weil sie die zu Recht geforderte Sicherstellung abgelehnt habe. Der klagenden Partei stehe daher der verminderte Entgeltanspruch gemäß § 1168 Abs 1 ABGB zu. Die klagende Partei habe im Hinblick auf von ihr getätige Abverkäufe von sich aus Abzüge vom Entgelt vorgenmmen. Sache der beklagten Partei wäre es gewesen, konkret zu behaupten und zu beweisen, daß sich die klagende Partei weitere Beträge erspart habe. In dieser Richtung habe die beklagte Partei behauptet, die Fa. Westo habe von der klagenden Partei Waren in der Höhe von mindestens S 3,704.000,- gekauft, doch sei die Richtigkeit dieser Behauptung nicht erwiesen. Die Gegenforderung der beklagten Partei bestehe nicht zu Recht, weil die klagende Partei am Vertragsrücktritt der beklagten Partei kein Verschulden treffe. Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der beklagten Partei Folge, hob es unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht übernahm die getroffenen Tatsachenfeststellungen, billigte im wesentlichen die rechtliche Beurteilung des Erstrichters, erachtete jedoch das Verfahren noch insofern als ergänzungsbedürftig, als die beklagte Partei zu ergänzenden Beweisanträgen zum Nachweis ihrer Behauptung, die klagende Partei habe an die Fa. Westo Werkteile im Betrag von S 3,704.000,- verkauft, zu verhalten sein werde.

Rechtliche Beurteilung

Dem gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes erhobenen Rekurs der klagenden Partei kommt Berechtigung zu, der Rekurs der beklagten Partei ist nicht gerechtfertigt.

Die Vorinstanzen gingen zu Recht davon aus, daß der von der klagenden Partei erhobene Anspruch als (eingeschränkter) Entgeltanspruch gemäß § 1168 Abs 1 ABGB zu beurteilen ist. Dem Unternehmer gebührt demnach im Falle des Unterbleibens der Ausführung des Werkes das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände auf Seiten des Bestellers daran verhindert worden ist; er muß sich jedoch anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Die beklagte Partei stellt den rechtswirksamen Abschluß eines Werkvertrages in Frage und macht geltend, daß im Zeitpunkt der Annahmeerklärung der klagenden Partei der Leistungsinhalt des Werkvertrages nicht hinreichend geklärt gewesen sei. In Widerspruch damit führt sie freilich aus (S 7 des Rekurses), ihr Vorbringen sei nicht dahin zu verstehen, daß ein vertragsloser Zustand bestanden habe. Die beklagte Partei hat der klagenden Partei mit dem Schreiben vom 31.8.1982 das Anbot zum Abschluß eines Werkvertrages unterbreitet, dessen Inhalt sowohl in kaufmännischer Hinsicht (Anh. I zum Schreiben) als auch in technischer Hinsicht (Anh. II) detailliert niedergelegt war. Dieses Anbot hat die klagende Partei mit ihrem Schreiben vom 9.11.1982 unverändert angenommen. Auch beim Werkvertrag muß das Vertragsanbot hinlänglich bestimmt sein, was bedeutet, daß die Leistung des Unternehmers und die Gegenleistung des Bestellers so bezeichnet werden müssen, daß sich aus dem Vertrag selbst unter Heranziehung der Auslegungsregel des § 914 ABGB und der gesetzlichen Dispositivnormen der Leistungsumfang feststellen läßt (vgl SZ 54/112; SZ 45/102 u.a.). Es kann freilich im Einzelfall im erkennbaren Willen beider Parteien liegen, trotz Einigung den Vertrag noch als unvollständig zu erachten. Die Auslegung kann andererseits ergeben, daß sich die Kontrahenten schon vor Einigung über alle Einzelheiten binden wollen (SZ 54/112; JBl 1978, 424 u. a.). Der Behauptung der beklagten Partei, daß auch nach der Annahmeerklärung der klagenden Partei noch technische Details abzuklären waren, tritt die klagende Partei nicht entgegen. Dem kann aber hier nur die Bedeutung beigemessen werden, daß die grundsätzliche Bindung beider Teile an das Vereinbarte dadurch nicht hinausgeschoben werden sollte. Daß es sich dabei um derart grundlegende Fragen gehandelt haben sollte, daß eine Bindung an das Vereinbarte nicht anzunehmen war, hat die beklagte Partei nicht behauptet, sodaß der Vorwurf, diese Umstände hätten durch ein Beweisverfahren geklärt werden müssen (S 11 des Rekurses) ins Leere geht. In der Klagebeantwortung wurde der 'Inhalt des Kontrakts', den Behauptungen der klagenden Partei entsprechend, außer Streit gestellt. Aus den Schreiben der beklagten Partei vom 3.2. und 24.2.1984 ergibt sich, daß sie beklagte Partei die klagende Partei für Verzug in der Auftragsdurchführung verantwortlich machte; auch der gesamte übrige Schriftverkehr beider Streitteile geht von einem bindenden Vertragsabschluß aus. Darüber hinaus ist auch der Beginn der Erfüllung (hier durch Leistung einer Teilzahlung von S 400.000,-) im Regelfall ein Hinweis auf den Geltungswillen der Vertragsschließenden, selbst bei nur unvollständiger Einigung (1 Ob 606/84).

Der Entgeltanspruch des Unternehmers setzt freilich seine Leistungsbereitschaft voraus. Die Umstände, welche die Ausführung des Werkes hindern, müssen auf Seiten des Bestellers liegen (SZ 28/121; 5 Ob 755/82;

Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 7 u. 10 zu § 1168; Koziol-Welser, Grundriß 6 I 307). Zu Unrecht zieht die beklagte Partei die Leistungsbereitschaft der klagenden Partei in Zweifel. Eine besondere Erklärung der Leistungsbereitschaft ist im Regelfall nicht erforderlich, sie muß nur tatsächlich gegeben sein und kann insbesondere aus den Umständen erschlossen werden (Krejci a.a.O. Rdz 6 zu § 1168). Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme erbracht, daß andere Umstände als die auf Seiten der beklagten Partei eingetretenen, die auf ihre Relevanz für die Leistungsverweigerung der klagenden Partei noch zu prüfen sind, für das Unterbleiben der Ausführung des Werkvertrages ursächlich waren. Mit Recht erblickten die Vorinstanzen schon im Unterbleiben der zeitgerechten Leistung der bedungenen Teilzahlung von 10 % des Werklohns einen Umstand, der die klagende Partei berechtigt hätte, den Beginn der Ausführung der Werkleistung aufzuschieben. Die von den Streitteilen getroffene Vereinbarung war in dieser Hinsicht vollkommen eindeutig. Der Betrag in Höhe von 10 % des Auftragswertes war 'nach Erhalt der Auftragsbestätigung' zu leisten. Die Auftragsbestätigung der klagenden Partei datiert vom 9.11.1982. Richtig ist, daß der Erstrichter nicht festgestellt hat, wann diese Auftragsbestätigung der beklagten Partei zugekommen ist. Die beklagte Partei ist aber auch der Behauptung der klagenden Partei, daß sie die Auftragsbestätigung spätestens am 12.11.1982 erhalten habe (S 2 der Klage) nicht entgegengetreten. Demnach war aber auch die Anzahlung im Betrag von S 935.000,- unverzüglich nach dem vorgenannten Zeitpunkt zu leisten. Der abgeschlossene Vertrag enthält keinen Anhaltspunkt für die Annahme, die beklagte Partei wäre berechtigt gewesen, die Leistung der Anzahlung so lange hinauszuschieben, bis technische Zweifelsfragen die sich im Zuge der Vertragserfüllung ergeben haben mochten, ihrer Klärung zugeführt wurden. Die beklagte Partei hat auch - ungewÄhnlicherweise auf die mehrmaligen dringenden Mahnungen der klagenden Partei zunächst nicht reagiert. Im Hinblick auf die knappen Lieferfristen war eine Klarstellung, ob die beklagte Partei die Anzahlung leistet, dringend geboten.

Die beklagte Partei kann sich aber auch nicht darauf berufen, daß sie die (restliche) Teilzahlung wegen des Verlangens der klagenden Partei nach Beinringung einer Bankgarantie nicht erbracht habe und die Androhung der klagenden Partei, bis zur verlangten Sicherstellung die Arbeiten am übernommenen Auftrag nicht fortzusetzen, eine Leistungsverweigerung der klagenden Partei beinhalte, die dem geltend gemachten Entgeltanspruch nach § 1168 Abs 1 ABGB die Grundlage entziehe. Nach der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung wurde die gemäß § 1170 ABGB grundsätzlich bestehende Vorleistungspflicht des Unternehmers in Ansehung der Werkleistung (Aicher in Rummel aaO Rz 1 zu § 1052;

Ehrenzweig 2 II/1, 212;

Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz 92;

Jabornegg, Zurückbehaltungsrecht 177) dahin modifiziert, daß die beklagte Partei nach Erhalt der Auftragsbestätigung eine Anzahlung in Höhe von 10 % des Auftragswerts zu leisten hatte, wogegen der restliche Werklohn erst nach Fertigstellung des Werkes fällig war. Schon die Verzögerung mit der vollständigen Leistung der Anzahlung berechtigte die klagende Partei, mit der Erbringung der Werkleistung zuzuwarten. Sie machte zu Recht den Leistungsbeginn von der vollständigen Leistung der Anzahlung abhängig. Darüber hinaus kommt ihr aber auch die Unsicherheitseinrede des § 1052 ABGB zustatten. Die Beweislast dafür, daß die Gegenleistung durch Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des anderen Teils gefährdet ist und die schlechten Vermögensverhältnisse des Nachleistungspflichtigen bei Vertragsabschluß unbekannt waren, trägt der Vorleistungspflichtige (SZ 5/97; Wahle in Klang 2 IV/2 101; Aicher in Rummel aaO Rdz 31 zu § 1052). Es mag zutreffen, daß aus dem Verzug mit der Leistung einer Anzahlung allein im Regelfall noch nicht auf eine Gefährdung der Gegenleistung wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse geschlossen werden kann. Die Gefährdung der Gegenleistung setzt aber andererseits nicht gerade die Zahlungsunfähigkeit voraus, sie ist auch dann anzunehmen, wenn der zahlungsfähige Schuldner infolge unwirtschaftlicher Gebarung oder aus anderen Gründen über die zur Deckung seiner Schulden notwendigen Geldmittel nicht verfügt, so daß der Vorleistungspflichtige mit einer unverhältnismäßigen Verzögerung der Gegenleistung, wenn nicht mit deren Erzwingung im Exekutionswege rechnen muß (RZ 1932, 84; Wahle aaO 100 f; Aicher aaO Rdz 29 zu § 1052), oder sich so verhält, daß der Vorleistungspflichtige mit solchen Gefährdungen rechnen muß.

Im vorliegenden Fall hat die beklagte Partei, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, nicht behauptet, ihre Vermögensverhältnisse seien schon im Zeitpunkt der Bestellung schlecht gewesen; die klagende Partei war demnach aber auch nicht gehalten, zu beweisen, daß sie mit gehöriger Sorgfalt vor Vertragsabschluß die Vermögenslage der Beklagten überprüft habe. Ob eine Gefährdung im Sinne des § 1052 zweiter Satz ABGB vorliegt, ist auf Grund verständiger objektiver Beurteilung der gesamten Sachlage aus der Sicht des Vorleistungspflichtigen zu prüfen (Wahle aaO 100). Im vorliegenden Fall ist von Bedeutung, daß die beklagte Partei auf wiederholte Mahnungen nicht reagierte und in der Folge erst als Antwort auf das Sicherstellungsbegehren der klagenden Partei einen Teil der bedungenen Anzahlung von 10 % des Auftragswertes leistete. Im Hinblick auf die Kürze der vereinbarten Lieferfrist mußte dieser Umstand von der klagenden Partei als besorgniserregend angesehen werden. Darüber hinaus war der klagenden Partei nach ihrem substaniell nicht bestrittenen Vorbringen bekannt, daß die beklagte Partei auch Verbindlichkeiten gegenüber der Fa. Waagner-Biro nicht erfüllt hat, mag ihr auch der Grund der Nichterfüllung zunächst unbekannt gewesen sein. Die beklagte Partei hat aber auch in der Folge eine am 21.2.1983 fällig gewordene Schuld bei der klagenden Partei in Höhe von S 384.800,- nicht erfüllt. Wenn die beklagte Partei nunmehr einwendet, daß ihr nicht die Zahlungsfähigkeit, sondern möglicherweise nur die Zahlungswilligkeit gemangelt habe und diesem Umstand keine Bedeutung zukomme, so ist dem entgegenzuhalten, daß aus der Sicht eines verständigen Beurteilers die Nichteinhaltung einer getroffenen Anzahlungsvereinbarung unter Bedachtnahme auf die sonstigen der klagenden Partei bekannten Umstände im Sinne einer mangelnden Zahlungsfähigkeit gedeutet werden durfte. Dem Vorleistungspflichtigen steht bei begründeter Unsicherheitseinrede das Recht zu, Sicherstellung in angemessener Frist bei sonstigem Rücktritt zu begehren (SZ 44/167;

Rspr 1933/196; Ehrenzweig aaO 214; Geschnitzer Schuldrecht, Allgemeiner Teil 57; Aicher aaO Rdz 34 zu § 1052). Bis zur Leistung der geforderten Sicherheit ist der Vorleistungspflichtige nicht gehalten, mit der ihm obliegenden Leistung zu beginnen (Rspr 1932/360; Aicher in Rummel aaO Rdz 32), ohne dadurch in Schuldnerverzug zu geraten. Der Rücktritt der beklagten Partei vom Vertrag ist demnach nicht gerechtfertigt, wogegen die gesetzlichen Voraussetzungen für den eingeschränkten Engeltanspruch gemäß § 1168 Abs 1 ABGB gegeben sind.

Das Berufungsgericht ging von der dargestellten Rechtslage aus, meinte jedoch, daß es dem Erstrichter oblegen wäre, die beklagte Partei anzuleiten, weitere Beweise für ihr Vorbringen anzubieten, die klagende Partei habe Abverkäufe in der Höhe von S 3,704.000,-

vorgenommen, die sie sich auf den Entgeltanspruch anrechnen lassen müsse. Ein weiteres Vorbringen ging dahin, die klagende Partei habe sich mehr erspart als der vereinbarte Werklohn betragen habe. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15.9.1983 stellte die beklagte Partei eine genaue Darstellung ihres zunächst nur ganz allgemein erhobenen Prozeßvorbringens über die Anrechnungspflicht der klagenden Partei in Aussicht. Im vorbereitenden Schriftsatz vom 24.10.1983

machte sie geltend, daß die Fa. Westo von der klagenden Partei Materialien im Werte von S 3,704.000,- gekauft habe, wovon 30 % abgeholt und bezahlt worden seien, wogegen mit der Abnahme und Bezahlung der restlichen 70 % innerhalb der nächsten zwei Monate gerechnet werden könne. Die beklagte Partei berief sich für ihr Vorbringen ausschließlich auf die fernschriftliche Bestellung der Fa. Westo vom 9.6.1983, die sie unter einem vorlegte. Auch nachdem der Vertreter der klagenden Partei in der folgenden Tagsatzung vom 12.1.1984

vorgebracht hatte, daß die Fa. Westo (nur) laut Rechnung vom 23.11.1983

weitere Materialien um S 369.607,- gekauft habe und nunmehr Rechnungen über die von der Fa. Westo getätigten Käufe vorgelegt hatte, ergänzte die beklagte Partei ihr Beweisanbot nicht. Die Beweislast dafür, was sich die klagende Partei infolge Unterbleibens der Arbeit erspart hat, trifft die beklagte Partei (SZ 54/173; SZ 34/103; SZ 24/324; EvBl 1962/64; Krejci in Rummel aaO Rdz 19 zu § 1168). Im Fernschreiben vom 9.6.1983 werden Preise für die darin genannten Waren nicht genannt. Im Hinblick auf das präzise Vorbringen der klagenden Partei, die insgesamt nur vier derartige Verkäufe an die Fa. Westo behauptete und die entsprechenden Rechnungsbelege (Beilagen EE, FF, GG und HH) vorlegte, mußte der beklagten Partei klar sein, daß ihr ganz allgemein gehaltenes Vorbringen keinesfalls nur durch die Vorlage des Fernschreibens der Fa. Westo vom 9.6.1983 bewiesen werden konnte, zumal sich die darin bestellten Werkteile mit den von der klagenden Partei ohnehin bereits vorgelegten Rechnungen größtenteils decken. Die beklagte Partei hat auch sonst ihr Vorbringen unsubstantiiert erstattet. So hat sie für die einredeweise geltend gemachte Gegenforderung in Höhe von S 1,870.000,-

(Aufwendungen für Deckungskauf einschließlich darauf entfallende Verwaltungskosten) überhaupt keine Beweismittel angeboten. Wenngleich der Richter gemäß § 182 ZPO - auch im Anwaltsprozeß darauf hinzuwirken hat, daß alle entscheidungswesentlichen Behauptungen gemacht, unvollständige Angaben vervollständigt, entsprechende Beweisanbote gestellt und alle zur wahrheitsgemäßen Feststellung des Tatbestandes erforderlichen Aufchlüsse gegeben werden (Fasching LB RZ 655), so findet doch die Pflicht zur materiellen Prozeßleitung im Gebot der Verfahrenskonzentration ihre Grenze.

Das verfassungsrechtliche Grundrecht auf Rechtsschutzgewährung und rechtliches Gehör wird durch übergroße Prozeßlänge empfindlich beeinträchtigt. Es soll nur nicht die Verfahrensbeschleunigung so weit gehen, daß sie von allen prozeßführenden ein übergroßes Ausmaß an Aufmerksamkeit verlangt und sie überfordert (Fasching aaO Rz 706, 707). Im vorliegenden Fall trat die beklagte Partei dem Anspruch der klagenden Partei von vorneherein mit weithin unsubstantiierten Behauptungen entgegen. Hinreichende Beweismittel wurden entweder überhaupt nicht angeboten (zur einredeweise geltend gemachten Gegenforderung) oder doch nur solche, die offenkundig zum Beweis der behaupteten Tatsachen unzureichend waren (Einwand, die klagende Partei habe sich an Materialkosten S 3,704.000,- erspart). Bei dieser Sachlage konnte der Erstrichter davon ausgehen, daß der beklagten Partei weitere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen. Die auf die Unterlassung der materiellen Prozeßleitung gestützte Mängelrüge bedeutet damit nur einen Versuch der Prozeßverschleppung, dem entgegenzutreten ist.

Demzufolge bedarf es aber keiner Ergänzung des Verfahrens in erster Instanz. Die Rechtssache ist spruchreif im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstrichters (§ 519 Abs 2 zweiter Satz ZPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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