Spruch:
Der Unternehmer, der zur Leistung bereit war und den Werklohn einklagt, weil die Erbringung der Leistung durch Umstände auf seiten des Bestellers vereitelt wurde, muß nicht behaupten, daß er durch das Unterbleiben der Arbeit nichts erspart und auch durch anderweitige Verwendung nichts erworben habe. Es ist vielmehr Sache des Bestellers, Einwendungen in dieser Richtung zu erheben.
Entscheidung vom 28. November 1951, 1 Ob 816/51.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die Untergerichte haben als erwiesen angenommen, daß die klagende Partei mit dem Generalrepräsentanten der beklagten südamerikanischen Firma für Österreich übereingekommen ist, daß die beklagte Partei der Klägerin insgesamt 11.800 Häute zur Veredelung durch Gerbung übergeben solle, wofür der Klägerin ein Betrag von 25.000 S zugesichert wurde. Zufolge dieses Übereinkommens sollte die Klägerin "nur die Veredelung veranlassen", wobei die Gerbung der Felle von Eugen G. durchgeführt werden sollte, der den Gerberlohn zu tragen hatte und dafür selbst 20% der Ware ins Eigentum erhalten sollte. Die klagende Partei hatte nur den Verkauf der Ware durchzuführen, wobei sie an das Einverständnis des Eugen G. gebunden war. Als die Klägerin zufolge der Befristung durch die Zollbehörde auf die Durchführung des Gerbens drängte und ihr Anerbieten, selbst die Felle in eine Gerberei zu geben, von Eugen G. abgelehnt wurde, ließ letzterer durch einen Spediteur die Felle abholen und in eine Gerberei nach B. bringen. Die klagende Partei ist eine "Handels"- Firma und kam selbst für das Gerben nicht in Betracht, was der Beklagten bekannt war. Auf Grund dieser Vereinbarung hatte die Klägerin bei der Finanzlandesdirektion und bei der Nationalbank um die Erteilung der "Ausübungsgenehmigung zum aktiven Veredelungsverkehr mit Reptilienhäuten usw." anzusuchen. Sie hat auch die "Genehmigung" für die Dauer von sechs Monaten erhalten.
Das Erstgericht gab der Klage auf Zahlung des vereinbarten Entgeltes von 25.000 S mit der Begründung statt, daß die Klägerin zur Erfüllung des Vertrages bereit gewesen sei, keinerlei Vertragsbestimmungen verletzt habe und daß sie ausschließlich durch das Verhalten des bevollmächtigten Eugen G. an der Vertragserfüllung verhindert worden sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und bestätigte das angefochtene Urteil aus dessen Gründen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Eine unrichtige Beurteilung sieht die Revision darin, daß die Untergerichte Feststellungen darüber unterlassen haben, was der Unternehmer (klagende Partei) infolge Unterbleibens der Arbeit erspart habe oder bei ordnungsmäßigen Vorgehen hätte ersparen können, ferner, daß nicht festgestellt wurde, was die klagende Partei infolge Unterbleibens der Arbeit durch anderseitige Verwendung erworben habe. Diese Ausführungen gehen jedoch fehl. Vor allem ist es verfehlt, wenn die Revisionswerberin jetzt behauptet, sie habe während des Rechtsstreites diesbezüglich eine Feststellung beantragt, was wohl bedeuten soll, daß sie diesbezüglich Behauptungen aufgestellt habe. Deshalb aber, weil ein derartiges Vorbringen tatsächlich unterlassen wurde, war das Gericht von Amts wegen nicht etwa genötigt, diese fehlenden Überprüfungen und Feststellungen vorzunehmen. Denn es handelt sich in dieser Beziehung um eine Einrede rechtlicher Natur, die in der Rechtsmittelinstanz erhoben wurde, wobei jedoch die diese Rüge begrundenden Tatsachen im Verfahren vor dem Prozeßgerichte weder behauptet noch erörtert wurden. Es handelt sich somit um ein im Revisionsverfahren im Sinne des § 504 Abs. 2 ZPO. unzulässiges Vorbringen (ZBl. 1917, Nr. 159). Denn es ist nicht Sache des Unternehmers, zu beweisen, daß er einen solchen Erwerb nicht gehabt habe, die Beweislast trifft vielmehr den Besteller, das ist im vorliegenden Falle die beklagte Partei (Klang, 1. Aufl. zu § 1168, S. 380, Anm. 18). In der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ZBl. 1927, Nr. 344, wurde ausgesprochen, daß zur Klagebegründung nach § 1168 ABGB. die Angabe dessen, was der Besteller allenfalls im Falle des Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben ...... habe, nicht erforderlich sei; vielmehr sei es Sache des Bestellers, so wie jedes anderen Beklagten, selbst die Abzugsposten gegenüber dem Klagebegehren geltend zu machen und zu erweisen, wobei im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben kann, worin - gerade zufolge der sogenannten zweiten Vereinbarung - die Ersparungen und der anderweitige Verdienst der Klägerin gelegen sein sollen. Es haben sich deshalb beide Untergerichte mit Recht mit dieser erst in der Revision aufgeworfenen Frage nicht befaßt. Somit erweist sich auch in diesem Punkte die Rechtsrüge als verfehlt, weshalb der Revision nicht Folge gegeben werden konnte.
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