OGH 8Ob579/84

OGH8Ob579/848.11.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Aloisia P*****, vertreten durch Dr. Hermann Fromherz, Rechtsanwalt in Linz, wider den Antragsgegner Ignaz P*****, vertreten durch Dr. Götz Schattenberg und Dr. Ernst Moser, Rechtsanwälte in Linz, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, Rekursinteresse Antragstellerin: 200.000 S sA, Antragsgegner: 300.000 S sA, infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 24. April 1984, GZ 13 R 143/84‑59, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom 9. Dezember 1983, GZ 21 F 25/81‑51, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00579.840.1108.000

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin an Kosten des Revisionsverfahrens 1.773,09 S (darin an USt 161,19 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Begründung:

Die am 19. 12. 1959 geschlossene Ehe der Streitteile wurde aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes geschieden. In dem am 25. 6. 1981 eingebrachten Aufteilungsantrag begehrte die Antragstellerin die Festsetzung einer Ausgleichszulage gemäß § 94 EheG von 650.000 S sA. Weiters verlangte sie die Aufteilung des Hausrates und des ehelichen Gebrauchsvermögens der Ehewohnung in der Form, dass ihr einige Gegenstände aus der Kücheneinrichtung, die Vorzimmerwand, der Spiegel und die Kühltruhe zugewiesen werden.

Das Erstgericht teilte das eheliche Gebrauchsvermögen und die Ersparnisse dergestalt auf, dass jeder Ehegatte diejenigen Sachen in sein Alleineigentum erhielt, die jetzt schon in seinem Besitz sind. Als Ausgleichszahlung wurde dem Antragsgegner ein Betrag von 263.000 S sA auferlegt, wobei 100.000 S binnen 4 Wochen, der restliche Betrag in monatlichen Raten von 5.000 S, beginnend ab 1. 1. 1984, jeweils zum Ersten eines jeden Monats im Vorhinein bei fünftägigem Respiro zu zahlen sind. Der Antragsgegner wurde auch verpflichtet, der Antragstellerin auf deren Kosten ob seines Liegenschaftsanteils KG *****, mit welchem Anteil untrennbar Wohnungseigentum an der Wohnung Nr 10 verbunden ist, ein Pfandrecht zugunsten der obigen Ausgleichszahlung samt Zinsen einverleiben zu lassen.

Das Rekursgericht gab den Rekursen beider Parteien teilweise Folge und änderte die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, dass es eine Ausgleichszahlung von 300.000 S sA festsetzte und dementsprechend auf Einverleibung des erwähnten Pfandrechts in dieser Höhe erkannte. Der Zinsenlauf wurde im Gegensatz zum Erstgericht nicht ab 1. 1. 1979, sondern ab Rechtskraft des rekursgerichtlichen Beschlusses festgelegt. Im Übrigen ließ es die weiteren Modifikationen des Erstgerichts unberührt.

Gegen den Beschluss des Gerichts zweiter Instanz richten sich die Rekurse beider Parteien. Die Antragstellerin beantragt die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, dass ihr eine Ausgleichszahlung von 500.000 S und die Einverleibung des Pfandrechts in dieser Höhe zuerkannt werden. Der Antragsgegner stellt den Antrag, der Antragstellerin jegliche Ausgleichszahlung abzuerkennen. Beide Parteien stellen hilfsweise Aufhebungsanträge. In ihren Rekursbeantwortungen beantragen die Parteien, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Die Revisionsrekurse sind nicht berechtigt.

Die Vorinstanzen gingen – zusammengefasst dargestellt – von nachstehendem Sachverhalt aus:

Der Antragsgegner erwarb 1958 seine erste Wohnung in der *****. Der Sohn Mario wurde am ***** geboren. Am 6. 12. 1958 zog die Antragstellerin in die Wohnung des Mannes ein. Am 19. 12. 1959 heirateten sie. Noch vor der Hochzeit war die Mietwohnung in eine Eigentumswohnung umgewidmet worden. Für das Renovieren der Wohnung brachte der Antragsteller 19.764 S auf. Am 12. 2. 1964 wurde der Sohn Max und am 3. 10. 1965 die Tochter Romana geboren. Am 20. 3. 1964 kaufte der Antragsteller die Eigentumswohnung in der *****. Er ist Alleineigentümer dieser Wohnung. Im Jahre 1965 übersiedelte die Familie in die neue Wohnung. Der Erlös der früheren Wohnung von 81.256 S wurde für die neue Eigentumswohnung verwendet. Der Mann zahlte damit die restliche Anzahlung, mit dem übriggebliebenen Betrag wurden neue Möbel angeschafft. Im Jahr 1973 war eine begünstigte Rückzahlung des Darlehens für die Eigentumswohnung möglich. Es waren noch 150.000 S offen. Diese wurden in drei Raten vom Antragsgegner zurückbezahlt. Die Wohnung hatte insgesamt ca 380.000 S gekostet. Zum Zeitpunkt der Auflösung der Lebensgemeinschaft hatte die Eigentumswohnung einen Verkehrswert von 649.000 S.

Als das erste Kind Mario geboren wurde, übte die Frau zunächst noch ihren Beruf als Schneiderin aus. Weil das Kind krank wurde, blieb sie ab März 1959 zu Hause und führte den Haushalt. Der Mann arbeitete als Fliesenleger. Die Ehe ging von Anfang an nicht gut. Während der 20 Ehejahre kam es häufig zu Streitigkeiten, die in den letzten Jahren vor der Scheidung in arge Beschimpfungen und Tätlichkeiten ausarteten. Ein wesentlicher Streitanlass war das Wirtschaftsgeld. Der Mann verdiente als Fliesenleger sehr gut. Noch dazu arbeitete er im „Pfusch“. Er war fleißig, insbesondere, als in den 60er‑Jahren die Eigentumswohnung angeschafft wurde. Er gab der Frau aber eher ein knappes, bescheidenes Wirtschaftsgeld. Daher begann die Frau, die bisher ausschließlich den Haushalt geführt und die Kinder betreut hatte, 1974 als Zeitungsausträgerin zu arbeiten. Damit war der Mann durchaus einverstanden, ja er drängte sie sogar dazu. Im Herbst 1977 übernahm die Klägerin einen zusätzlichen Rayon, sodass der Nettoverdienst zusammen mit dem Einkommen aus einer Tätigkeit als Masseuse in einer Sauna, die sie allerdings nach wenigen Monaten wieder aufgab, etwa 4.500 S betrug. Das Geld verwendete sie in erster Linie für die Kinder und den Haushalt. Durch die Nebenbeschäftigung der Frau und als Reaktion auf das Verhalten des Mannes vernachlässigte sie manchmal den Haushalt. Auch deswegen kam es oft zu Streitereien. Im Jänner 1979 wurde die Lebensgemeinschaft aufgelöst. Im März 1979 brachte die Ehefrau dann die Klage wegen Ehescheidung ein. Die Ehe wurde aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes geschieden. Die Frau traf eine Mitschuld. Der Prozess ging durch alle drei Instanzen. Die schweren Eheverfehlungen des Mannes sahen die Gerichte in den zahlreichen Misshandlungen und Beschimpfungen der Frau. Die Vernachlässigung des Haushalts legte man ihr zur Last.

Als die Antragstellerin im April 1981 erfuhr, dass ihre Ehe endgültig geschieden sei, gingen die Kinder Max und Romana zum Vater, um sich über die Wohnung zu erkundigen. Er weigerte sich strikt, die Wohnung der Frau und den Kindern zu überlassen. Also suchte die Antragstellerin eine neue Wohnung. Im Mai 1981 erhielt sie die Zuschrift, dass sie eine LAWOG‑Wohnung bekommen könne. Für diese Eigentumswohnung war eine Anzahlung von 329.200 S zu zahlen. Die Frau hatte vor, diesen Betrag aus Krediten zu finanzieren und zwar so lange, bis ihr der Mann eine Entschädigung für die Eigentumswohnung, die er behalten hatte, zahlte.

Die Anzahlung von 329.200 S war in drei Raten zu zahlen, wobei die erste Rate im August 1981 150.000 S betrug. Die Frau finanzierte sie durch die Aufnahme von zwei Krediten: Einen Wohnungskredit von der ***** in der Höhe von 50.000 S und ein Eigenmittelersatzdarlehen vom Amt der OÖ Landesregierung in der Höhe von 95.000 S. Die nächste Rate von 89.600 S war bis 30. 9. 1982 zu zahlen. Dazu nahm die Frau einen Privatkredit bei der ***** auf. Die dritte und letzte Rate von 89.600 S war bis 31. 3. 1983 fällig. In dieser rund 100 m 2 großen Eigentumswohnung wohnt die Frau nun seit 18. 12. 1981 mit den Kindern Max und Romana. Die laufenden Zahlungen für diese Eigentumswohnung betragen ca 4.200 S monatlich. Darin sind rund 1.300 S Betriebskosten enthalten.

Der Antragsgegner leistet der geschiedenen Ehefrau keinen Unterhalt. Sie ist nach wie vor bei der Firma O***** als Zeitungsausträgerin beschäftigt und verdient im Durchschnitt ohne Familienbeihilfe und Kilometergeld 5.578 S. Der Mann hatte während der Ehe immer gearbeitet. Er war als Fliesenleger bei der Firma H***** beschäftigt. Vom 25. 12. 1982 bis 11. 4. 1983 war er arbeitslos. Dann begann er wieder bei der Firma H***** zu arbeiten. 1981 verdiente er durchschnittlich im Monat 16.588 S. Von diesem Betrag ist die Familienbeihilfe abgezogen. Für die Kinder Max und Romana zahlte der Mann zunächst, beruhend auf den Vergleich vom 23. 1. 1980, GZ 1 P 417/79‑7, des Bezirksgerichts Linz, monatlich 2.000 S je Kind. Ab 1. 5. 1981 wurde er zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 2.300 S je Kind verpflichtet. Im August 1982 wurde der Unterhalt mit monatlich 3.100 S je Kind festgesetzt. Im März 1983 stellte der Mann einen Unterhaltsherabsetzungsantrag, weil er seinen Arbeitsplatz verloren habe und lediglich eine Arbeitslosenunterstützung erhalte. Anfang April 1983 teilte er aber seiner geschiedenen Frau mit, dass er bereit sei, 5.000 S monatlich an Unterhalt für die beiden Kinder zu leisten, weil er seine berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen wollte. Am 11. 4. 1983 begann er wieder bei der Firma H***** in L***** zu arbeiten.

Derzeit hat der Antragsgegner 30.000 S Schulden bei seinem Bruder Raimund B***** und 5.000 S Schulden bei seinem Chef. Dies deswegen, weil er arbeitslos war. Für die Eigentumswohnung in der ***** Straße zahlte der Mann für Hausverwaltung, Betriebskosten und Heizung monatlich rund 3.000 S.

Der Antragsgegner schloss eine Lebensversicherung, Polizze‑Nr *****, lautende auf Ignaz P*****, bei der ***** Versicherungsanstalt ab. Diese wurde am 1. 9. 1978 infolge Erlebens fällig. Am 4. 9. 1978 zahlte die Versicherungsanstalt den Betrag von 87.134 S an die ***** in L***** als Pfandgläubiger aus.

Bei der ***** unterhielt der Mann ein Wertpapierdepot Nr *****. Dieses Depot wurde am 20. 10. 1978 saldiert. Der Gegenwert aus dem Verkauf der Wertpapiere vom 4. 10. 1978 in Höhe von 49.567 S wurde dem Kreditkonto ***** gutgeschrieben. Dieser Kredit diente zur Finanzierung des Autokaufes.

Bei der ***** hatte der Mann das Bausparkonto *****, lautend auf Aloisia und Ignaz P*****. Dieses Bausparkonto wurde am 4. 3. 1980 aufgelöst. Am 31. 1. 1979 wies dieses Konto den Betrag von 7.056 S auf. Die Vertragssumme betrug 140.000 S. Bei der vorzeitigen Auflösung im März 1980 betrug die Rückzahlung 13.511 S. Im Mai 1981 musste der Mann für einen Rückforderungsanspruch des Finanzamts Linz wegen nicht bestimmungsgemäßer Verwendung im Sinn der Vorschriften des § 108 EStG 72 den Betrag von 2.380 S zurückzahlen.

Weiters hatte der Mann bei der ***** in ***** das Wertpapierdepot Nr *****, welches im Jänner 1979 ein Guthaben von Nominale 100.000 S aufwies. Es handelt sich dabei um Pfandbriefe.

Bei der ***** hat der Mann ein Gehaltskonto Nr *****. Dieses wies einen Kontostand von 12.706,51 S am 8. 1. 1979, 1.293,49 S am 11. 1. 1979 und minus 6.293,49 S am 25. 1. 1979 auf.

Die Antragstellerin hatte bei der ***** den Bausparvertrag Nr *****, welcher zum 31. 1. 1979 ein Bausparguthaben in Höhe von 7.589,20 S aufwies.

Das Gehaltskonto der Frau, Oberbankkonto *****, wies per 1. 1. 1979 einen Kontostand von 3.953,03 S auf. Am 31. 1. 1979 waren 3.638,88 S auf diesem Konto.

Darüber hinaus hatte die Frau bei der ***** ein Sparbuch Nr *****. Dieses Sparbuch wurde aus organisatorischen Gründen im Juni 1978 auf eine andere Nummer umgestellt: *****. Der Kontostand per 12. 1. 1979 war 30.316,80 S. Dieses Sparbuch wurde am 14. 12. 1981 saldiert.

Bei der ***** schloss die Frau am 1. 10. 1977 eine Lebensversicherung, Polizze‑Nr *****, lautend auf Aloisia P*****, ab. Die Beiträge dafür sind jedenfalls bis 30. 9. 1983 entrichtet. Aufgrund dieses Zahlungsstandes ergibt sich der Rückkaufswert in Höhe von 10.167 S zuzüglich Bargewinn in der Höhe von 1.425 S, das ergibt in Summe 11.592 S. Der Vertrag ist zugunsten der ***** verpfändet. Im Jänner 1979 hätte diese Lebensversicherung noch keinen Rückkaufswert, weil sie erst nach drei Jahren rückkauffähig ist. Diese Versicherung war nach Ablauf von 72 Monaten 11.592 S wert. Nach Ablauf von 15 Monaten, das ist der Jänner 1979, betrug ihr Wert dementsprechend nur 2.415 S.

Bei der ***** werden für die Frau folgende Depots und Konten geführt:

Das Wertpapierdepot Nr *****, das Wertpapierdepot Nr *****, das Darlehenskonto Nr *****, das Darlehenskonto Nr ***** und das Kontokorrentkreditkonto Nr *****. Diese Depots wurden seinerzeit aufgrund eines Sparplans, der die Kombination von Steuerbegünstigten Wertpapier‑ und Versicherungssparen darstellt, eröffnet. Die Wertpapiere sind zugunsten der Lombarddarlehen Nr ***** und *****, sowie des Kontokorrentkredits Nr ***** verpfändet. Auf dem Darlehenskonto Nr ***** hafteten im April 1983 eine Schuld von 49.236,60 S aus, auf dem Darlehenskonto Nr ***** eine Schuld von 52.800 S und auf dem Kontokorrentkreditkonto Nr ***** eine Schuld von 27.191,96 S.

Im Wertpapierdepot Nr ***** lagen zum 1. 1. 1979 100.000 S Nominale Investitionsanleihe 1978 mit einem Kurswert von 100.250 S. Das damit zusammenhängende Darlehenskonto der gleichen Nummer wies eine offene Schuld von 88.106,81 S auf.

Im Wertpapierdepot Nr ***** lagen während des Jahres 1979 gekaufte, also im Jänner 1979 noch gar nicht vorhandene Wertpapiere mit einem Nominale von 100.000 S.

Das Kontokorrentkreditkonto Nr ***** wies zum 1. 1. 1979 einen Sollstand von minus 7.944,38 S auf.

Der Hausrat der Ehewohnung in der ***** blieb teilweise beim Mann, teilweise nahm ihn die Frau bei ihren Auszug mit. Die Fahrnisse, die den Kindern gehören, befinden sich nun in der Wohnung *****, wo die Frau mit ihren Kindern lebt. Im August 1979 – also schon nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft –kaufte die Frau aus Erspartem ein Auto. Sie brauchte es, um zur Arbeit und mit den Kindern fortzufahren. Weil es kaputt ging, kaufte sie am 27. 12. 1979 ein weiteres Auto, wozu sie sich einen Kredit von 40.000 S bei der ***** aufnahm. Der Schätzwert des zweiten Autos Sunbeam 1300, Baujahr 1977, beträgt 7.000 S. Des weiteren hat die Antragstellerin ein Mofa der Marke Honda PA 50 mit Schrottwert. Bei Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft hatte der Mann ein Auto, Marke Ford Taunus 1300, mit einem Wert von 3.000 S und einen Motorroller Vespa‑Sprint, mit einem Wert von 1.200 S, welcher ihm verblieb.

Rechtlich stellte das Erstgericht ua einen Vermögenswert des Antragsgegners von insgesamt 587.695 S jenem der Antragstellerin von nur 62.020,61 S gegenüber, teilte den Vermögensüberhang in zwei gleiche Teile und gelangte zu einer Ausgleichszahlung von 263.000 S.

Das Rekursgericht berücksichtigte jedoch, dass die Startschwierigkeiten der Antragstellerin höher und schwieriger waren, als die des Antragsgegners. Dies rechtfertige unter Berücksichtigung der übrigen Umstände des Falls eine etwas höhere Ausgleichszahlung, und zwar von 300.000 S. Dabei seien die Vermögenswert von 586.359 S bzw 65.659 S einander gegenüberzustellen. Zinsen seien allerdings erst ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung zuzusprechen gewesen (EFSlg 36.486).

In ihren Revisionsrekursen strebt die Antragstellerin die Bezahlung einer höheren Ausgleichszahlung von 500.000 S, der Antragsgegner demgegenüber den gänzlichen Entfall einer solchen an. Beiden Rechtsmitteln sind jedoch zunächst folgende Rechtsgrundsätze entgegenzuhalten:

Die Vermögensauseinandersetzung zwischen vormaligen Ehegatten ist nicht streng rechnerisch nach dem Wert des aufzuteilenden Vermögens im Verhältnis von grundsätzlich 50 : 50, sondern nach Billigkeit vorzunehmen, wobei allerdings im Einzelfall auch eine Aufteilung in diesem Verhältnis gerechtfertigt sein kann (EvBl 1981/71, JAB zu § 83 EheG; 916 BlgNR 14. GP ; Ent in NZ 1979, 152 P 7.2.2.2.3.1). Die gesetzliche Regelung verfolgt auch das Ziel, den vormaligen Ehegatten die bisherigen Lebensgrundlagen möglichst zu bewahren und den Beginn eines neuen Lebensabschnitts tunlichst zu erleichtern ( Ent in NZ 1979, 151 P 7.2.2.1.3). Durch eine Ausgleichszahlung soll, soweit eine andere Art der Aufteilung nicht zu erzielen ist, ein einigermaßen billiger Ausgleich durch die Überlegung zustande kommen, welcher Geldbetrag dem Vorteil des Teiles entspricht, der bei der sonstigen Aufteilung besser weggekommen ist. Zu Lasten des ausgleichspflichtigen Ehegatten, dem die Ehewohnung überlassen wurde, ist dabei auch zu berücksichtigen, dass er sich den Aufwand für eine anderweitige Wohnungsmöglichkeit erspart (5 Ob 770/81; 8 Ob 579/83 ua). Es ist daher anzustreben, die Folgen der Scheidung in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide Teile möglichst ausgeglichenen Weise zu regeln (1 Ob 776/83; EvBl 1982/195; EFSlg 38.906 ua). Die wirtschaftliche Grundlage der nunmehr getrennten Lebensführung soll nach dem konkreten Standard der beiderseitigen Lebensverhältnisse für beide Teile so weit als möglich gesichert werden. Jede Zahlungsverpflichtung eines Ehegatten, die diesen in seiner neuen wirtschaftlichen Lage, wenn auch unter äußerster Anspannung seiner Kräfte (EFSlg 41.423, 41.424) nicht wohl bestehen ließe, widerspräche der nach § 94 EheG zu beachtenden Billigkeit (EvBl 1982/195; EFSlg 41.421, 41.423 ua). Ziel der Billigkeitserwägungen ist es, ein individuell gerechtes Aufteilungsergebnis herbeizuführen (1 Ob 776/83; 1 Ob 525/84; Migsch in Floretta , Das neue Ehe‑ und Kindschaftsrecht 73).

Diesen Grundsätzen hat das Rekursgericht in einer den Umständen des Falls angepassten Weise voll entsprochen. Es hat die bei den Aufteilungswerbern verbliebenen Vermögenswerte erhoben, sie einander gegenübergestellt und unter der zutreffenden Berücksichtigung der Tatsache, dass die Startschwierigkeiten der Antragstellerin für ihre nunmehrige getrennte Lebensführung größer waren als jene des Antragsgegners, zu ihren Gunsten einen etwas günstigeren Aufteilungsschlüssel angewandt, als es dem Verhältnis 50 : 50 entsprach. Soweit die Revisionsrekurswerber weitere Einzelheiten der Vorgangsweise des Rekursgerichts in Frage stellen, ist darüber hinaus Nachstehendes darzulegen:

 

Rechtliche Beurteilung

1.) Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin:

Die Antragstellerin vertritt die Ansicht, dass der in der EFSlg 36.486 und in den JBl 1981, 429 veröffentlichte Grundsatz, wonach Verzugszinsen bis zur Rechtskraft der die Ausgleichszahlung bestimmenden Entscheidung nicht zugesprochen werden können, unrichtig sei. Sie vermag jedoch gegen die in den JBl 1981, 429 dargelegten Erwägungen keine stichhältigen Argumente vorzubringen, weshalb es genügt, sie auf die Begründung der zitierten Entscheidung zu verweisen.

Die Antragstellerin erkennt zwar selbst, dass die Kostenentscheidung des Rekursgerichts nicht anfechtbar ist (SZ 54/149 uza); sie vermeint aber, dass ihr Kostenrisiko größer war, als jenes des Antragsgegners und dass auch zu berücksichtigen gewesen wäre, dass sie selbst für die Pfandrechtseinverleibung der Ausgleichszahlung aufkommen müsse, weshalb sie gegenüber dem Antragsgegner vom Rekursgericht benachteiligt worden sei. Dies ist jedoch nicht richtig. Die Antragstellerin versucht mit dieser Argumentation einerseits aus der gegenseitigen Kostenaufhebung des Rekursgerichts in unzulässiger Weise ein Mehr an Ausgleichszahlung abzuleiten und die Kostenentscheidung über den Umweg der Billigkeit doch noch anfechtbar zu gestalten; andererseits bekämpft sie damit die Erwägungen des Rekursgerichts über die Billigkeit der Ausgleichszahlung an sich, wobei sie jedoch übersieht, dass das Rekursgericht ihr ohnedies einen höheren Anteil an den auseinanderzusetzenden Vermögensteilen zubilligte. Die Antragstellerin ist daher diesbezüglich auf die oben dargestellten allgemeinen Grundsätze zu verweisen, die auch für ihren Fall zutreffen.

Gegen die Wertermittlung der Vorinstanzen über die Eigentumswohnung wendet sich die Antragstellerin nur insoweit, als sie nicht den Verkehrswert, sondern einen Sachwert der Wohnung berücksichtigt wissen wollte. Damit bekämpft sie im Grunde genommen die Wertermittlung der Eigentumswohnung durch den Sachverständigen, der deren Verkehrswert unter theoretischer Erörterung eines Sachwerts und eines Ertragswerts mit einem Betrag von 676.000 S schätzte (AS 51). Abgesehen davon, dass die Schätzwertermittlung als solche nicht revisibel ist (SZ 54/149), begegnet die Heranziehung des vom Sachverständigen angenommenen Verkehrswerts der Eigentumswohnung bei der Vermögensauseinandersetzung keinen Bedenken: Dafür, dass dessen Schätzwertermittlung im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz überholt gewesen wäre, findet sich kein Anhaltspunkt im Akt; auch die Antragstellerin selbst bringt diesbezüglich nichts vor. Ein Anlass zur Prüfung in dieser Hinsicht besteht daher nicht (JBl 1983, 316 ua).

 

2.) Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:

Der Antragsgegner wendet sich zunächst in umfassender Weise gegen die vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen. Dies ist jedoch zufolge der Bestimmung des § 232 Abs 2 AußStrG nicht zulässig (vgl auch SZ 54/149 uza). Seine weiteren Ausführungen zur Wertermittlung der Eigentumswohnung durch den Sachverständigen sind nicht recht verständlich: Einerseits berücksichtigten die Vorinstanzen ohnedies die vom Antragsgegner in die Ehe eingebrachten diesbezüglichen Mittel und zogen einen dementsprechenden Prozentsatz von 28,9 bei der Wertermittlung der Eigentumswohnung ab (S 23 der Erstentscheidung), andererseits verwies das Rekursgericht mit Recht darauf, dass diese „Eigenmittel“ des Antragsgegners in der Wertermittlung durch den Sachverständigen insoweit ihren Niederschlag fanden, als dabei auch die Geldwertverdünnung im gleichen Verhältnis beide Leistungsarten – sowohl die für die Vermögensauseinandersetzung anrechenbaren Leistungen, als auch die nicht anrechenbaren – betraf. Dies hat das Rekursgericht mit Recht hervorgehoben (S 13 des rekursgerichtlichen Beschlusses).

Abschließend wendet sich der Antragsgegner dagegen, dass das Rekursgericht zugunsten der Antragstellerin einen etwas günstigeren Aufteilungsschlüssel als jenen im Verhältnis 50 : 50 der Wertermittlung der Ausgleichszahlung zugrundelegte. Mit seinen Ausführungen ist er jedoch auf die oben dargestellten Grundsätze zu verweisen, wonach in diesem Fall in zutreffender Weise von den weit größeren Startschwierigkeiten der Ehefrau ausgegangen werden musste. Insoweit er schließlich darzustellen versucht, dass er nach der rekursgerichtlichen Entscheidung „nicht wohl bestehen könne“, steht er nach Ansicht des erkennenden Senats mit seinen Einkünften als Fliesenleger, die schon im Jahre 1981 monatlich 16.588 S betrugen, unter Berücksichtigung der übrigen festgestellten Umstände jedenfalls nicht schlechter dar, als seine geschiedene Ehegattin, die unter dem Neuaufbau ihrer Existenz bei einem monatlichen Verdienst von nur 5.578 S auf die zuerkannte Ausgleichszahlung im beträchtlichen Maße angewiesen ist. Die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz entspricht daher in jeder Hinsicht den Grundsätzen der Billigkeit, wie sie oben dargestellt wurden.

Beiden Rekursen war somit der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 234 AußStrG.

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