OGH 1Ob525/84

OGH1Ob525/844.4.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Ingrid H*****, vertreten durch Dr. Heinrich Wille, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Gerhard H*****, vertreten durch Dr. Herwig Rainer Hanslik, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß §§ 81 ff EheG, infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 23. November 1983, GZ 44 R 171/83-81, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 9. Juni 1983, GZ 1 F 1/81-74, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs des Antragsgegners wird nicht Folge gegeben.

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird teilweise Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden insoweit, als die von der Antragstellerin dem Antragsgegner zu leistende Ausgleichszahlung mit 200.000 S bestimmt wurde, sowie im Kostenausspruch aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Streitteile schlossen am 8. April 1967 die Ehe, der die Kinder Maria Therese, geboren am 1. November 1967, und Anne Kathrin, geboren am 28. Juli 1970, entstammen. Die Ehe wurde am 18. November 1980 aus dem beiderseitigen Verschulden der Ehegatten geschieden. Die Antragstellerin absolvierte im Jahre 1969 die Goldschmiedemeisterprüfung und gründete im selben Jahr das Goldschmiedunternehmen Ingrid H*****. In diesem Unternehmen arbeitete der Antragsgegner mit zwei Arbeitern. Er bezog als Angestellter ein Monatsgehalt in der Höhe von 15.000 S; darüber hinaus war er auch als Heimarbeiter für andere Firmen tätig. Die Antragstellerin widmete sich vor allem der Führung des Haushalts und der Erziehung und Pflege der Kinder, sie half aber auch bei verschiedenen Arbeiten im Betrieb mit; so polierte sie Waren, besorgte deren Zustellung an Kunden und verrichtete Buchhaltungsarbeiten. Im Jahre 1970 erwarben die Streitteile je zur Hälfte die Liegenschaft ***** (EZ ***** KG *****), um den Betrag von 350.000 S. Für den Ankauf wurde ein Bauspardarlehen mit einer Vertragssumme von 600.000 S in Anspruch genommen. Ein Betrag von 350.000 S wurde für den Ankauf des Hauses, weitere 250.000 S wurden für die Reparatur des Hauses verwendet. Die Materialien für die Reparaturarbeiten wurden vom Onkel der Antragstellerin zum Großhandelspreis gekauft. Die Arbeiten wurden sowohl von Professionisten als auch von den Streitteilen, überwiegend vom Antragsgegner, durchgeführt. Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt 2,284.000 S. Zum 31. Dezember 1982 haftet ein Bauspardarlehen in der Höhe von 289.032,05 S aus. Die Rückzahlungen auf das gewährte Darlehen werden derzeit von der Antragstellerin und vom Antragsgegner je zur Hälfte geleistet. Der Antragsgegner ist im April 1982 aus dem Haus ausgezogen; er wohnt seit dieser Zeit in seiner Eigentumswohnung in ***** (EZ ***** KG *****), die er im Jahr 1974 um den Betrag von 205.000 S erworben hat. Als die Antragstellerin im Jahre 1975 ihr Gewerbe zurücklegte, gründete der Antragsgegner einen eigenen Goldschmiedebetrieb, den er in der vorgenannten Wohnung führt. Der Verkehrswert der Wohnung beträgt 846.000 S; es haften hypothetarische Belastungen in der Höhe von 370.651 S aus. Nach der Zurücklegung ihrer Gewerbeberechtigung arbeitete die Antragstellerin zunächst bis 1979 in einer Perlengroßhandlung, wo sie monatlich durchschnittlich 7.500 S verdiente; anschließend war sie in einer Gerberei und in einer Pelzhandlung mit einem Monatsverdienst von 8.500 S tätig. Bis Mai 1981 war die Antragstellerin arbeitslos; anschließend arbeitete sie als Angestellte im Österreichischen Gewerkschaftsbund mit einem Monatslohn von 7.000 S. Derzeit ist sie als Angestellte der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft tätig, wo sie monatlich 13.500 S verdient. Die beiden Kinder wohnen derzeit zusammen mit der Antragstellerin im Hause *****. Seit der Antragsgegner nicht mehr im Hause ***** wohnt, bezahlt die Antragstellerin sämtliche Betriebskosten und die Hälfte der Bauspardarlehensraten in der Höhe von 1.500 S monatlich. Insgesamt schätzt sie ihre Ausgaben für das Haus auf 5.000 S bis 6.000 S monatlich. Seit dem Auszug des Antragsgegners im April 1982 hat die Antragstellerin für Hausreparaturen etwas über 30.000 S aus eigenen Mitteln bezahlt. Im Mai 1980 erwarb der Antragsgegner die Liegenschaft ***** (EZ ***** KG *****), bestehend aus einem Haus mit Garten, um den Preis von 450.000 S zuzüglich einer monatlichen Leibrente von 4.000 S. Die Leibrentennehmerin ist derzeit 85 Jahre alt. Der Schätzwert der Liegenschaft beträgt 805.000 S. Der Antragsgegner baut dieses Haus zu einem Gasthaus um, das er in der Folge selbst betreiben oder verpachten will. Der Antragsgegner besaß einen PKW Marke BMW 633 CSI, den er im Jahre 1981 um 110.000 S verkaufte. Derzeit benützte er einen Leasingwagen, Marke Audi Coupé, die monatliche Leasingrate beträgt 6.000 S. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin während der Ehe zu verschiedenen Anlässen Schmuck im Wert von 230.700 S und auch Pelze geschenkt.

Das Erstgericht regelte die Rechtsverhältnisse am ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen dahingehend, dass es

1.) die dem Antragsgegner gehörige Hälfte der Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit sämtlichen mit dieser Liegenschaftshälfte verbundenen Rechten und Lasten der Antragstellerin zuwies. 2.) einen Teil des im Hause *****, befindlichen Hausrates dem Antragsgegner und 3.) die übrigen Hausratsgegenstände der Antragstellerin zuwies, 4.) der Antragstellerin die Leistung einer Ausgleichszahlung von 200.000 S binnen sechs Monaten auferlegte, 5.) das Begehren der Antragstellerin auf Entlassung aus der Haftung für einen Gewerbekredit abwies und 6.) die Verfahrenskosten gegeneinander aufhob. Das Grundstück *****, sei im Jahre 1970, somit zu einer Zeit erworben worden, als die Antragstellerin Inhaberin eines Goldschmiedeunternehmens gewesen sei, in dem der Antragsgegner nur als Angestellter gegen einen monatlichen Lohn von 15.000 S gearbeitet habe. Das Haus sei demgemäß aus gemeinsamen Mittel erworben worden. Die Eigentumswohnung im Hause ***** sei im Jahr 1974 erworben worden, als die Antragstellerin noch Inhaberin der Firma Ingrid H***** gewesen sei, sodass die Antragstellerin auch zur Anschaffung dieser Wohnung einen Beitrag geleistet habe. Der Antragsgegner habe zwar in dieser Eigentumswohnung seine Werkstätte geführt, er habe sie jedoch auch als Wohnung benützt, sodass diese Wohnung nicht als Sache, die zu einem Unternehmen gehöre, der Aufteilung entzogen sei. Bei der Aufteilung sei auch das Grundstück EZ ***** KG ***** zu berücksichtigen, das im Frühjahr 1980 während aufrechter Ehe vom Antragsgegner erworben worden sei. Die Antragstellerin sei zu dieser Zeit zwar nicht mehr Gewerbetreibende gewesen, habe jedoch den Haushalt geführt und die Erziehung und Pflege der Kinder besorgt. Durch ihre Arbeit habe sie dazu beigetragen, dass der Antragsgegner Ersparnisse machen und aus diesen die Liegenschaft erwerben konnte. Bei der Gegenüberstellung der Schätzwerte unter Berücksichtigung der darauf noch haftenden Lasten ergebe sich für die EZ ***** KG *****, Haus *****, ein Wert von 1,994.968 S, für die EZ ***** KG *****, Eigentumswohnung in *****, ein Schätzwert von 475.349 S und für die EZ ***** KG ***** ein Schätzwert von 805.000 S. Bei Zuteilung des dem Antragsgegner gehörigen Hälfteanteils an der Liegenschaft EZ ***** KG ***** erhalte die Antragstellerin einen Wert von 1,994.968 S, dem Antragsgegner verblieben Liegenschaften im Wert von 1,280.349 S sodass eine Wertdifferenz von 714.619 S bestehe. Die Zuteilung der dem Antragsgegner gehörigen Hälfte am Grundstück EZ ***** KG ***** erfolgte aus Billigkeitsgründen, weil die Antragstellerin und die beiden mj Kinder keine andere Wohnmöglichkeit hätten und daher auf diese Wohnung angewiesen seien. Der Antragstellerin sei aber im Hinblick auf die große Wertdifferenz eine Ausgleichszahlung in der Höhe von 200.000 S aufzuerlegen. Die Antragstellerin könne diese Ausgleichszahlung zwar nicht aus ihrem Monatseinkommen leisten, das lediglich 13.500 S betrage; es sei ihr aber zumutbar, ihren Schmuck teilweise zu veräußern. Auch bei der Verteilung der Hausratsgegenstände ergebe sich ein rechnerischer Überschuss zugunsten der Antragstellerin, doch müsse berücksichtigt werden, dass sie zusammen mit den beiden mj Kindern das Haus *****, weiter benützen müsse und daher auf die ihr zugewiesenen Gegenstände zur Sicherung ihrer und ihrer Kinder Lebensbedürfnisse angewiesen sei. Der Antrag auf Entlassung aus der Haftung für einen Gewerbekredit sei abzuweisen, weil ein Gewerbekredit nicht der Aufteilung unterliege. Das Rekursgericht gab den Rekursen beider Streitteile teilweise Folge. Es bestätigte den angefochtenen Beschluss in seinen Punkten 3, 4, 5 und 6 und änderte Punkt 1 dahin ab, dass die Antragstellerin verpflichtet wurde, das Darlehen der Bausparkasse der Österreichischen Sparkassen ab der im Monat April 1982 fällig gewordene Tilgungsrate zur Alleinzahlung zu übernehmen und den Antragsgegner im Innenverhältnis klag- und schadlos zu halten. Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses wurde teilweise bestätigt, teilweise ersatzlos aufgehoben. Das Rekursgericht hob die Kosten des Rekursverfahrens gegeneinander auf und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Die Zuteilung des dem Antragsgegner gehörigen Hälfteanteils am Grundstück *****, entspreche der Billigkeit. Der Antragsgegner sei von 1969 bis 1975 lediglich Angestellter im Unternehmen der Antragstellerin gewesen, die sich vor allem der Führung des Haushalts und der Erziehung und Pflege der Kinder gewidmet habe. Möge auch die Tätigkeit der Antragstellerin im Unternehmen umfänglich gering gewesen sein, so liege doch kein Grund vor, ihren in der Führung des gemeinsamen Haushalts und in der Pflege und Erziehung der Kinder gelegenen Beitrag geringer einzuschätzen als den der beruflichen Arbeit des Antragsgegners. Sinngemäß gelte dies auch für die Arbeiten zur Adaptierung des Hauses *****. Der Antragsgegner hätte nicht, wie er vorbringe, seine gesamte Freizeit ausschließlich der Adaptierung des Hauses widmen können, hätte nicht die Antragstellerin den gemeinsamen Haushalt geführt. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Antragstellerin mit den beiden mj Kinder keine andere Wohnmöglichkeit habe; § 83 Abs 1 EheG schreibe die Berücksichtigung des Wohls der Kinder ausdrücklich vor. Der bloßen Begründung eines Wohnrechts stehe entgegen, dass die Haltung der Parteien, die nicht einmal eine Einigung über die Aufteilung verhältnismäßig geringwertiger Fahrnisse erzielen konnten, befürchten lasse, dass sie auch künftig nicht in der Lage sein würden, in den Angelegenheiten der Liegenschaft gemeinschaftlich vorzugehen. Die vom Erstgericht getroffene Regelung entspreche auch dem Grundsatz des § 84 EheG, wonach die Aufteilung so vorgenommen werden soll, dass sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berühren. Die Auferlegung einer Ausgleichszahlung im Betrag von 200.000 S an die Antragstellerin sei gerechtfertigt. Die Ausgleichszahlung sei so auszumessen, dass ihre Leistung dem Leistungspflichtigen billigerweise zugemutet werden könne. Die Leistung eines Betrags von 200.000 S erscheine für die Antragstellerin wirtschaftlich tragbar, da sie während der Ehe zu verschiedenen Anlässen Schmuck geschenkt erhalten habe, der mit 230.700 S geschätzt worden sei; darüber hinaus habe ihr der Antragsgegner auch Pelze geschenkt, die gleichfalls zu berücksichtigen seien. Durch Veräußerung der Schmuckstücke und der Pelze könne die Antragstellerin einen Betrag in der Größenordnung von rund „200.000 S" aufbringen. Die Abweisung des Antrags, die Antragstellerin aus der Haftung für den vom Antragsgegner aufgenommenen Gewerbekredit zu entlassen, sei gerechtfertigt, weil dieser Kredit der Sicherung der gemeinsamen wirtschaftlichen Existenz beider Streitteile gedient habe, sodass es der Billigkeit widerspräche, die Antragstellerin aus der Haftung für diesen Kredit zu entlassen. Darüber hinaus könne das Gericht gemäß § 92 EheG nur bestimmen, welcher Ehegatte im Innenverhältnis zur Zahlung einer Schuld verpflichtet sei, das Verhältnis zum Gläubiger werde dadurch nicht berührt. Der Beschluss über die Aufteilung der im Hause ***** vorhandenen Gegenstände sei insoweit, als diese nach dem Gesetz nicht der Aufteilung unterlägen, zu beheben; im Übrigen entspreche die Verteilung der Billigkeit.

Rechtliche Beurteilung

Dem gegen den Beschluss des Rekursgerichts erhobenen Revisionsrekurs der Antragstellerin kommt teilweise Berechtigung zu, der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht gerechtfertigt. Die Antragstellerin wendet sich gegen die vom Rekursgericht vorgenommene Aufteilung einzelner Gegenstände des Gebrauchsvermögens (Pferdezaun, Kupferschüssel, Vorhänge im Herrenzimmer, Truhe, Bauernuhr, Augartenservice, zwei Perserbrücken), vermag jedoch nicht aufzuzeigen, inwiefern in der vom Rekursgericht getroffenen Entscheidung eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache, die allein Gegenstand der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof ist (§ 232 Abs 2 AußStrG), gelegen sein soll.

Das Schwergewicht der Ausführungen beider Teile liegt in der Bekämpfung der von den Vorinstanzen in Ansehung des Hauses in *****, vorgenommenen Verfügung. Die Antragstellerin strebt eine Herabsetzung der Ausgleichszahlung auf 70.000 S an, wogegen der Antragsgegner die Aufrechterhaltung der Miteigentumsverhältnisse unter Begründung eines dinglichen Wohnungsrechts für die Antragstellerin, in eventu die Übertragung des Miteigentumsanteils der Antragstellerin an ihn, in eventu an die Antragstellerin gegen Leistung einer Ausgleichszahlung von jeweils 1 Mill S begehrt. Die Übertragung des Miteigentumsanteils des Antragsgegners an die Antragstellerin ist zu billigen. Es kann nicht übersehen werden, dass die Antragstellerin einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung der Vermögenswerte während der Ehe geleistet hat. Zunächst war sie von 1969 bis 1975 Inhaberin eines Gewerbebetriebs, in dem der Antragsgegner zusammen mit zwei Arbeitern als Angestellte tätig war. Dass die Angestelltentätigkeit des Antragsgegners nur „auf dem Papier" gestanden wäre, tatsächlich das Unternehmen aber ihm gehört hätte, ist unrichtig, da der Antragsgegner zur Führung des Unternehmens gar nicht berechtigt war. Da der Antragsgegner die während der Ehe angeschaffte Eigentumswohnung in *****, und das Grundstück in ***** behält, entspricht es der Billigkeit, dass auch der Antragstellerin ein ihr allein zustehender Anteil an dem während der Ehe erworbenen Realsitz verbleibt. Bei der Unversönlichkeit, mit der sich die Streitteile gegenüberstehen, die sich, wie das Rekursgericht zutreffend hervorhob, darin dokumentiert, dass nicht einmal eine Einigung über die Aufteilung verhältnismäßig geringwertiger Fahrnisse zu erzielen war, erscheint die Aufrechterhaltung der Miteigentumsverhältnisse und die bloße Begründung einer Dienstbarkeit der Wohnung zugunsten der Antragstellerin nicht angezeigt. Die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten sollen sich insbesondere dann möglichst wenig berühren, wenn zwischen ihnen tiefgreifende persönliche Differenzen bestehen (RZ 1983/16). Der im § 90 Abs 1 EheG ausgedrückte Bewahrungsgrundsatz hat hinter dem leitenden Grundgedanken der gesetzlichen Aufteilungsregelung, dass die häufig eine ständige Quelle von Auseinandersetzungen bildenden vermögensrechtlichen Bindungen der früheren Ehegatten nach Möglichkeit aufgehoben werden sollen (§ 84 EheG), zurückzutreten (JBl 1983, 598). Für die Übertragung des Miteigentumsanteils des Antragsgegners an die Antragstellerin spricht auch die bereits von den Vorinstanzen hervorgehobene Erwägung, dass die Antragstellerin keine andere Wohnungsmöglichkeit besitzt, wogegen der Wohnbedarf des Antragstellers in der Eigentumswohnung in *****, gedeckt ist und im Sinne des im § 83 Abs 1 EheG verankerten Grundsatzes der Bedachtnahme auf das Wohl der Kinder diesen ihr bisherigen Lebensbereich erhalten bleiben soll (vgl JBl 1983, 488). Die Antragstellerin auf den allgemeinen Wohnungsmarkt zu verweisen, ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners bei Bestehen der Wohnmöglichkeit als dem Wesen der Aufteilung widersprechend nicht gerechtfertigt. Die laufenden Bausparverpflichtungen muss sie aber übernehmen.

Die Höhe der Ausgleichszahlung ist nach billigem Ermessen festzusetzen. Die hiebei zu beachtenden Erwägungen können der beispielsweisen Aufzählung des § 83 EheG, aber auch der Bestimmung des § 94 Abs 2 EheG entnommen werden, sind aber nicht darauf beschränkt. Es kommt daher nicht nur auf Gewicht und Umfang des Beitrags jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse sowie das Wohl der Kinder, sondern auch darauf an, den vormaligen Ehegatten den Beginn eines neuen Lebensabschnittes tunlichst zu erleichtern. Es ist daher anzustreben, die Folgen der Scheidung in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide Teile möglichst ausgeglichenen Weise zu regeln (1 Ob 776/83; EvBl 1982/195, EFSlg 38.906 ua). Die wirtschaftliche Grundlage der nunmehr getrennten Lebensführung soll nach dem konkreten Standard der beiderseitigen Lebensverhältnisse für beide Teile so weit als möglich gesichert werden. Jede Zahlungsverpflichtung eines Ehegatten, die diesen in seiner neuen wirtschaftlichen Lage, wenn auch unter äußerster Anspannung seiner Kräfte (EFSlg 41.423, 41.424), nicht wohl bestehen ließe, widerspreche der nach § 94 Abs 1 EheG zu beachtenden Billigkeit (EvBl 1982/195; EFSlg 41.421, 41.423 ua). Ziel der Billigkeitserwägungen ist es, ein individuell gerechtes Aufteilungsergebnis herbeizuführen (1 Ob 776/83; Migsch in Floretta, Das neue Ehe- und Kindschaftsrecht 73).

Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin nur über ein relativ geringes Einkommen verfügt. Die Mittel für die Leistung der Ausgleichszahlung kann die Antragstellerin daher nicht aus ihren laufenden Einkünften ersparen, sondern sich nur durch Veräußerung von Schmuckgegenständen, allenfalls von Pelzen, verschaffen. Wenn der Antragstellerin auch im Hinblick auf den Grundsatz der äußersten Anspannung eine Veräußerung solcher Gegenstände zuzumuten ist, darf doch nicht übersehen werden, dass der Verkaufswert des Schmucks jedenfalls weit unter dem geschätzten Wiederbeschaffungswert liegt und gebrauchte Pelze erfahrungsgemäß nur schwer und dann mit beträchtlichem Wertverlust zu veräußern sind. Schon unter diesem Gesichtspunkt erscheint die Auferlegung einer 100.000 S übersteigenden Ausgleichszahlung nicht zumutbar. Mehr könnte die Antragstellerin nur leisten, wenn sie tatsächlich, wie der Antragsgegner behauptet, über eheliche Ersparnisse (Prämiensparbuch) verfügen könnte, was er beweisen müsste.

Wie hoch die Ausgleichszahlung bemessen werden kann, hängt auch noch davon ab, ob die Antragstellerin Rückzahlungen auf den vom Antragsgegner aufgenommenen Gewerbekredit wird leisten müssen. Die von der Antragstellerin angestrebte Entlassung aus der Haftung für den vom Antragsgegner aufgenommenen Gewerbekredit kommt nicht in Betracht, denn § 92 EheG sieht nur im Innenverhältnis eine Regelung der Rechtsverhältnisse in Ansehung von Schulden vor, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen oder ehelichen Ersparnissen (§ 81 Abs 1 EheG) oder ehelichem Lebensaufwand (§ 83 Abs 1 EheG) in Zusammenhang stehen. All dies trifft für einen Gewerbekredit, der ein der Aufteilung entzogenes Unternehmen betrifft (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG), nicht zu. Eine Entlassung aus der Haftung oder ein Auftrag an den anderen Teil, für die Entlassung des früheren Ehegatten aus der Haftung für einen Kredit zu sorgen, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts wäre aber eine Belastung der Antragstellerin mit der Rückzahlung des Kredits, der allein dem Aufbau und der Fortführung des Unternehmens des Antragsgegners diente, nicht gerechtfertigt. Sollte daher der Antragsgegner, wie er in seinem Revisionsrekurs zum Ausdruck bringt, von der Antragstellerin nicht nur die formelle Mithaftung, sondern auch die (teilweise) Rückzahlung des Kredits begehren können, wären die von der Antragstellerin künftig zu leistenden Zahlungen von der Ausgleichszahlung abzuziehen. Soweit eine effektive Zahlung von ihr nicht begehrt wird oder begehrt werden kann, die Antragstellerin aber weiterhin dem Gläubiger haftet, wäre dem Risiko der allfälligen Uneinbringlichkeit ihrer Regressforderung gegen den Antragsgegner durch einen angemessenen Risikoabschlag von der Ausgleichszahlung Rechnung zu tragen. Da Feststellungen über die Zahlungspflicht der Antragstellerin im Innenverhältnis und die Vermögenslage des Antragsgegners, die für die Beurteilung des von der Antragstellerin zu tragenden Risikos wesentlich ist, fehlen, ist die Entscheidung der Vorinstanzen in Ansehung der Leistung der Ausgleichszahlung aufzuheben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zurückzuverweisen. Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 234 AußStrG.

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