OGH 2Ob625/84

OGH2Ob625/8425.9.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Pflegebefohlenen Franz S*****, geboren am *****, infolge Revisionsrekurses des Raimund S***** und der Elfriede S*****, ebendort, gegen den Beschluss des Kreisgerichts Wels als Rekursgericht vom 20. Juni 1984, GZ R 508/84-17, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Gmunden vom 15. Mai 1984, GZ P 204/83 (nunmehr 5 W 174/84)-14, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluss des Bezirksgerichts Gmunden vom 27. 9. 1983, L 9/83-8, wurde Franz S*****, geboren am *****, wohnhaft in *****, wegen Geisteskrankheit voll entmündigt. Mehrere vom Erstgericht zum Kurator bestellte Personen lehnten die Übernahme dieses Amts unter Hinweis auf den im § 195 ABGB in der vor dem BGBl 1983/136 geltenden Fassung genannten Entschuldigungsgrund ihrer Stellung als öffentliche Beamte ab. Das Gemeindeamt O***** hat dem gerichtlichen Ersuchen, eine für die Kuratorstelle geeignete Person namhaft zu machen, nicht entsprochen. Aus einer Liste der im Sozialausschuss der Gemeinde O***** tätigen Mandatare hat das Erstgericht schließlich Raimund S***** in *****, ausgewählt und mit Beschluss ON 14 vom 15. 5. 1984 zum Kurator bestellt.

Mit dem angefochtenen Beschluss ON 17 vom 20. 6. 1984 gab das Rekursgericht dem von Raimund S***** und seiner Ehefrau Elfriede S***** gegen die Kuratorbestellung erhobenen Rekurs nicht Folge.

Die Entscheidung des Rekursgerichts wurde dem Raimund S***** am 24. 8. 1984 und seiner Ehefrau am 28. 8. 1984 zugestellt. Die von beiden erhobenen, jeweils am 7. 9. 1984 zur Post gegebenen und an das Rekursgericht adressierten außerordentlichen Revisionsrekurse langten dort am 10. 9. 1984 ein und wurden an das Erstgericht weitergeleitet, bei welchem sie sodann am 12. 9. 1984 eintrafen.

Da die unterinstanzlichen Beschlussfassungen vor dem 1. 7. 1984, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl 1983/137 über die Sachwalterschaft für behinderte Personen, erfolgte, sind vorliegendenfalls - maßgeblich ist bei einem außerordentlichen Revisionsrekurs die Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Tatsacheninstanzen (EvBl 1957/125; 5 Ob 16/73, 1 Ob 244/71, 2 Ob 532/81) - noch die Bestimmungen der §§ 280, 281 und 193 ABGB in der bis zum obgenannten Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden. Nach der letztgenannten Bestimmung kam dem Ehegatten grundsätzlich das Recht zu, die Zustimmung zur Übernahme einer Vormundschaft bzw Kuratel zu verweigern. Demgemäß steht hier der Elfriede S***** hinsichtlich der vorliegenden Kuratorbestellung grundsätzlich ebenso wie dem Raimund S***** selbst die Rechtsmittelbefugnis zu (EvBl 1955/334; 2 Ob 545/82). Die beiden außerordentlichen Revisionsrekurse sind jedoch verspätet:

Nach ständiger Judikatur sind auch im Außerstreitverfahren die Tage des Postenlaufs nur dann nicht in die Rechtsmittelfrist einzurechnen, wenn das Rechtsmittel an das zuständige Gericht adressiert ist (5 Ob 252/69, 3 Ob 545/77, 6 Ob 584/80, 2 Ob 527/84 ua). Die Rechtzeitigkeit eines gegen die Entscheidung zweiter Instanz bei dieser selbst eingebrachten und von dieser von Amts wegen weitergeleiteten Rechtsmittels ist somit nach dem Zeitpunkt seines Einlangens beim Gericht erster Instanz zu beurteilen (6 Ob 160/71, 1 Ob 705/76, 7 Ob 748/78, 6 Ob 682/79 ua). Langt das Rechtsmittel dort erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist ein, so ist es als verspätet zurückzuweisen (EvBl 1961/153; ÖamtsVmd 1977, 155; EF 34.932; 1 Ob 573/81, 3 Ob 507/82 uva).

Vorliegendenfalls langten die zwar rechtzeitig zur Post gegebenen, jedoch an das Rekursgericht gerichteten außerordentlichen Revisionsrekurse erst am 19. bzw 15. Tage nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung und somit nach Ablauf der vierzehntätigen Rekursfrist des § 14 Abs 1 AußStrG, demnach aber verspätet, beim Erstgericht ein.

Gemäß § 11 Abs 2 AußStrG kann zwar auch auf ein verspätetes Rechtsmittel - so auch auf einen Revisionsrekurs (JBl 1978, 269; EF 21.291; 2 Ob 562/80 ua) - Bedacht genommen werden, jedoch nur dann, wenn sich die angefochtene Entscheidung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern lässt. Als Dritter ist jeder vom Rechtsmittelwerber verschiedene Beteiligte anzusehen (EvBl 1962/122; NZ 1965, 11; RZ 1978/93 ua, zuletzt 7 Ob 623/84).

Die Bestellung zum Kurator bzw Sachwalter erfolgt im Interesse des Kuranden, weil dieser hiedurch das Recht erwirbt, durch ersteren vertreten zu werden (2 Ob 561/83; 7 Ob 276/65).

Vorliegendenfalls hat somit Franz S***** durch die Bestellung des Raimund S***** zu seinem Kurator - numehr gemäß Art X Z 3 Abs 1 des Bundesgesetzes BGBl 1983/136 zum Sachwalter - bereits Rechte erworben. Demgemäß kann aber auf die verspäteten Revisionsrekurse nicht Bedacht genommen werden. Da die Frage der Rechtzeitigkeit eines Revisionsrekurses vor jener nach seiner Zulässigkeit zu prüfen ist (1 Ob 802/54, 5 Ob 25/82, 1 Ob 548/83 ua) bedarf es keiner Untersuchung, ob die vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurse im Sinne der Bestimmungen des § 16 AußStrG überhaupt zulässig wären. Sie sind vielmehr als verspätet zurückzuweisen.

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