OGH 5Ob556/84

OGH5Ob556/8429.5.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei R***** B*****, vertreten durch Dr. Herbert Thaler, Rechtsanwalt in Villach, wider die Gegner der gefährdeten Partei 1.) G***** C*****, 2.) Firma C*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Helmut Petsch und Dr. Günther Frosch, Rechtsanwälte in Wien, wegen einstweiliger Verfügung (Streitwert: 95.000.000 Lire = 1.140.000 S) infolge Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 15. März 1984, GZ 2 R 101/84‑37, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom 1. Februar 1984, GZ 14 C 46/82‑33, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00556.840.0529.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die gefährdete Partei ist schuldig, ihren Gegnern die mit 4.658,34 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin enthalten 600 S an Barauslagen und 368,94 S an USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der gefährdeten Partei wurde zur Sicherung des behaupteten Anspruchs auf Bezahlung von 95 Mio Lire wider die Antragsgegner die Verwahrung von beweglichen körperlichen Sachen, insbesondere von LKW‑Zügen und darauf befindlichen Fahrnissen, dieser Antragsgegner sowie die gerichtliche Hinterlegung von bei ihnen allenfalls vorgefundenem Bargeld in dem zur Deckung des behaupteten Anspruchs hinreichenden Umfang bewilligt, und zwar unter Auferlegung einer Sicherheitsleistung gemäß § 390 Abs 1 EO in der Höhe von 250.000 S. Das Nähere ist dem Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 22. 3. 1983, 5 Ob 555/83, zu entnehmen.

Bereits am 3. 1. 1983 war ein in den Sprengel des Erstgerichts gelangter LKW‑Zug in Verwahrung genommen worden. Die Sicherheitsleistung wurde von der gefährdeten Partei in der Folge erbracht.

Die Wirksamkeit der für die Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der gefährdeten Partei zu 28 Cg 2/83 des Landesgerichts Klagenfurt erhobene Klage, zunächst jedoch längstens bis zum 31. 12. 1983 bewilligten einstweiligen Verfügung wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 12. 12. 1983 bis zum 31. 12. 1984 verlängert.

Mit Beschluss vom 1. 2. 1984, ON 33, wies das Erstgericht den Antrag der Gegner der gefährdeten Partei, die dieser auferlegte Sicherheit um mindestens 800.000 S zu erhöhen, ab. Es hielt die auferlegte Sicherheit von 250.000 S trotz der mittlerweile beschlossenen Verlängerung der Wirksamkeitsdauer der einstweiligen Verfügung für ausreichend, um auch die den Antragsgegnern allenfalls durch die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung bis zum 31. 12. 1984 entstehenden Nachteile auszugleichen. Das von den Antragsgegnern vorgelegte Privatgutachten bilde keinen verlässlichen Schadensnachweis. Die Sicherheit dürfe auch nicht so hoch ausgemessen werden, dass damit der gefährdeten Partei, deren eingeschränkte Liquidität gerichtsbekannt sei, die Durchführung der einstweiligen Verfügung weitestgehend unmöglich gemacht würde.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegner, die mit ihrem Rechtsmittel nur mehr eine Erhöhung der Sicherheitsleistung um 250.000 S anstrebten, teilweise Folge. Es trug der gefährdeten Partei auf, durch gerichtlichen Erlag von weiteren 100.000 S Sicherheit zu leisten, und sprach aus, dass die einstweilige Verfügung aufgehoben werde, falls dieser Erhöhungsbetrag nicht binnen 14 Tagen nach Zustellung des Beschlusses erlegt werde. Das Rekursgericht führte aus:

Das Argument des Erstgerichts, es habe bei der bisherigen Sicherheitsleistung von 250.000 S zu verbleiben, weil die gefährdete Partei eine Erhöhung der Sicherheitsleistung nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht verkraften könnte, sei nicht stichhältig. Auf die Vermögensverhältnisse der gefährdeten Partei könne nämlich bei der Beurteilung der Frage, ob und in welcher Höhe eine Kaution aufzuerlegen oder auf welchen Betrag eine solche nachträglich zu erhöhen sei, grundsätzlich nicht Bedacht genommen werden. Nur dann, wenn die Auferlegung der Sicherheit auf § 390 Abs 2 EO gegründet werde, also der Anspruch ausreichend bescheinigt sei, dürfe die Kaution nicht so hoch sein, dass sie den Vollzug der einstweiligen Verfügung hindern könnte, sofern die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der gefährdeten Partei auf das Vorgehen des Antragsgegners bzw der Antragsgegner zurückzuführen seien (SZ 28/9; SZ 42/125; ÖBl 1971, 28; MietSlg 30.884). Im vorliegenden Fall sei jedoch der gefährdeten Partei die Sicherheitsleistung von 250.000 S nach § 390 Abs 1 EO auferlegt worden, weil die Anspruchsbescheinigung für zu wenig umfassend angesehen worden sei. Rücksicht auf eine schlechte wirtschaftliche Lage der gefährdeten Partei, auf das zu 5 Sa 7/84 des Landesgerichts Klagenfurt mittlerweile gegen sie eröffnete Ausgleichsverfahren sowie darauf, dass allenfalls auch das Verhalten der beiden Antragsgegner zu dieser Entwicklung beigetragen haben möge, könne daher nicht genommen werden.

Bei der Ermessensentscheidung, ob und in welchem Maß die bereits auferlegte Sicherheitsleistung zu erhöhen sei, könne nicht außer Acht gelassen werden, dass die vom Erstgericht bereits am 3. 1. 1983 durchgeführte Verwahrung eines LKW‑Zugs der Antragsgegner einen sehr bedeutenden Eingriff in deren Vermögenssphäre darstelle und für sie nicht unbeträchtliche finanzielle Einbußen bei der Führung ihres Geschäftsbetriebs schon bisher verursacht habe, aber auch noch in Zukunft verursachen könne. Erhebungen über den Umfang dieses möglichen Schadens seien allerdings im Zusammenhang mit der Bestimmung der Sicherheitsleistung und daher auch bei der Frage einer nachträglichen Erhöhung derselben nicht zu pflegen (SZ 42/125). Daher sei auch entgegen der in der Rekursbeantwortung vertretenen Meinung der gefährdeten Partei nicht zu überprüfen, ob die Antragsgegner durch den Stillstand des LKW‑Zugs nicht mehr geschädigt sein könnten, weil an dem Fahrzeug von der Verkäuferfirma Eigentumsvorbehalt geltend gemacht worden sei. Ganz abgesehen davon könnte auch dies nur eine Folge des in diesem Verfahren gesetzten Beschlagnahmeakts und ein Versuch, die Herausgabe des Lastzugs für die Antragsgegner zu erreichen, gewesen sein. Eine verlässliche Grundlage für die Beurteilung des den Antragsgegnern erwachsenden Schadens vermöge sicher auch die zu ihrem Erhöhungsantrag vorgelegte, von einem technischen Büro verfasste Schadensaufstellung nicht abzugeben; dies schon deshalb, weil bei der wesentlichsten Position, dem errechneten Verdienstentgang, denkbar sei, dass dieser Einnahmeentfall aus der Nichtbenützung des LKW‑Zugs durch verschiedene betriebliche Dispositionen und Gegebenheiten vermindert oder gar gänzlich abgewendet werden könnte. Dass eine Erhöhung der Sicherheitsleistung um 800.000 S irreal sei, hätten die Antragsgegner im Rekurs wohl selbst erkannt, weil sie darin nur noch die Erhöhung der Sicherheit um 250.000 S forderten. Auch dieses Begehren erscheine nach den aktenkundig gewordenen Umständen noch überhalten. Aufgrund der jedenfalls nicht auszuschließenden, in ihrer Höhe aber doch weitestgehend ungeklärten Schadensersatzansprüche der Antragsgegner sei es im Hinblick auf die Tatsache, dass die Wirksamkeitsdauer der einstweiligen Verfügung mittlerweile bis zum 31. 12. 1984 verlängert worden sei, angebracht, der gefährdeten Partei eine ergänzende Sicherheit von 100.000 S abzufordern. Es könne nicht gesagt werden, dass die Rechtsmittelinstanzen schon bei der Anordnung der Sicherheitsleistung von 250.000 S eine längere Dauer des von der gefährdeten Partei anhängig gemachten Rechtsstreits ins Kalkül gezogen hätten. Damals sei eben die einstweilige Verfügung nur für die Zeit bis längstens 31. 12. 1983 bewilligt worden. Andererseits dürfe nun, weil die Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung um höchstens ein Jahr verlängert worden sei, nicht der Standpunkt eingenommen werden, dass die Sicherheitsleistung einfach zu verdoppeln sei. Gewisse Faktoren in der Schadensberechnung vergrößerten sich nicht oder nicht im selben Maß wie die Zeit, in welcher der LKW‑Zug nicht zur Verfügung stehe. Außerdem müsste es, je länger der Vollzug dieser einstweiligen Verfügung fortdauere, umso leichter sein, durch betriebswirtschaftliche Maßnahmen Verdienstausfälle auszugleichen oder wenigstens zu mildern.

Gegen den abändernden Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses richtet sich der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegner beantragen, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Da der Verfahrensgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, an Geld 300.000 S übersteigt– Verfahrensgegenstand ist hier nicht nur die Frage, ob die der gefährdeten Partei auferlegte Sicherheitsleistung um 250.000 S erhöht werden soll, sondern der Fortbestand der zur Sicherung eines behaupteten Geldanspruchs in der Höhe von 95 Mio Lire bewilligten Verwahrung beweglicher körperlicher Sachen und Hinterlegung von Geld in dem zur Deckung des behaupteten Anspruchs hinreichenden Umfang –, ist der Revisionsrekurs gemäß § 402 Abs 2, § 78 EO, § 528 Abs 2, § 502 Abs 4 Z 2 ZPO als Vollrekurs zulässig. Die Zulässigkeit der Revisionsrekursbeantwortung ergibt sich aus § 402 Abs 1 EO und der Erwägung, dass die Entscheidung über den die Erhöhung der Sicherheitsleistung betreffenden Antrag der Gegner der gefährdeten Partei hier einer solchen über einen Antrag auf Aufhebung einer einstweiligen Verfügung gleichzuhalten ist.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Zunächst wendet sich die gefährdete Partei gegen die Auffassung des Rekursgerichts, auf ihre Vermögensverhältnisse könne bei der Beurteilung der Frage, ob und in welcher Höhe eine Kaution aufzuerlegen oder auf welchen Betrag eine solche nachträglich zu erhöhen sei, grundsätzlich nicht Bedacht genommen werden, nur dann, wenn die Auferlegung der Sicherheit auf § 390 Abs 2 ZPO gegründet werde, also der Anspruch ausreichend bescheinigt sei, dürfe die Kaution nicht so hoch sein, dass sie den Vollzug der einstweiligen Verfügung hindern könnte, sofern die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der gefährdeten Partei auf das Vorgehen der Antragsgegner zurückzuführen seien. Sie meint – unter Berufung darauf, dass im § 390 Abs 2 EO von einer solchen Sicherheitsleistung die Rede sei, womit auf die im § 390 Abs 1 EO behandelte Sicherheitsleistung verwiesen werde –, es sei dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass hinsichtlich der nach § 390 Abs 1 EO auferlegten Sicherheitsleistung andere Maßstäbe gelten sollten als hinsichtlich der Sicherheitsleistung nach § 390 Abs 2 EO.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Die vom Rekursgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen einer nach § 390 Abs 1 EO und einer nach § 390 Abs 2 EO auferlegten Sicherheitsleistung ist vielmehr in dem verschiedenen Grad der Anspruchsbescheinigung begründet; der im § 390 Abs 2 vorhandene und von der gefährdeten Partei hervorgehobene Hinweis auf die im § 390 Abs 1 EO geregelte Sicherheitsleistung steht dem nicht entgegen. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts ist auch in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gedeckt: Bereits in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 11. 8. 1971, 1 Ob 187/71, wurde unter Berufung auf Vorjudikatur ausgesprochen, dass die Sicherheitsleistung nur dann nicht so hart sein darf, dass sie den Vollzug der einstweiligen Verfügung hindern könnte, wenn diese einstweilige Verfügung an sich gerechtfertigt, der Anspruch also in genügender Art bescheinigt ist, ausnahmsweise aber doch eine Kaution auferlegt wird, und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der gefährdeten Partei auf ein Vorgehen des Antragsgegners zurückzuführen sind (ebenso MietSlg 30.884, 5 Ob 694/81).

Es sind aber auch die weiteren Argumente, welche die gefährdete Partei gegen die ohne besondere Erhebungen über die mögliche Höhe eines dem Gegner der gefährdeten Partei erwachsenden Schadens nach freiem Ermessen zu fällende (EvBl 1967/37, 1 Ob 187/71 ua) Entscheidung des Rekursgerichts über die Erhöhung der Sicherheitsleistung ins Treffen führt, nicht geeignet, einen dem Rekursgericht dabei unterlaufenen Ermessensfehler aufzuzeigen. Insbesondere würde selbst der von der gefährdeten Partei hervorgehobene und vom Rekursgericht keineswegs außer Acht gelassene Umstand, dass die Verkäuferin des LKW‑Zugs gegenüber der Zweitantragsgegnerin als dessen Käuferin wegen nicht fristgerechter Zahlung des Kaufpreises vom Kaufvertrag zurückgetreten sein und den hinsichtlich des LKW‑Zugs vereinbarten Eigentumsvorbehalt geltend gemacht haben soll, einen durch die Verlängerung der Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung drohenden weiteren Schaden der Antragsgegner nicht ausschließen.

Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung beruht auf § 402 Abs 2, § 78 EO, §§ 41, 50 ZPO.

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