OGH 8Ob137/69

OGH8Ob137/6916.9.1969

SZ 42/125

 

 

Spruch:

Wurde das Belastungs- und Veräußerungsverbot gemäß § 362 Z. 6 EO. vom Erstgericht ohne Auferlegung einer Sicherheit bewilligt und gemäß § 384 (2) EO. im Grundbuch angemerkt, trägt jedoch das Rekursgericht der gefährdeten Partei eine Kaution auf, ist § 390 (3) EO. nicht anwendbar.

Entscheidung vom 16. September 1969, 8 Ob 137, 170/69.

I. Instanz: Bezirksgericht Innsbruck; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

 

Begründung:

Das Erstgericht hat mit einstweiliger Verfügung vom 27. März 1969 zur Sicherung der Übertragung des Eigentumes an dem 1/12-Anteil der Liegenschaft EZ. 514, II KG. W., der Antragsgegnerin verboten, über den Anspruch auf Herausgabe des Ranganmerkungsbeschlusses des Grundbuchsgerichtes vom 11. März 1969, zu verfügen, und an Notar Dr. Gottfried M. den Befehl gerichtet, weder diesen Ranganmerkungsbeschluß auszufolgen, noch sonst etwas zu unternehmen, was die Exekutionsführung auf die herauszugebende Sache vereiteln oder erschweren könnte. Diese Entscheidung wurde damit begründet, die gefährdete Partei habe ausreichend bescheinigt, daß der Antragsteller den 1/12-Anteil der Gegnerin an der Liegenschaft EZ. 514/II KG. W. gekauft habe. Weiters sei glaubhaft gemacht, daß die Antragsgegnerin der genannten Kaufvereinbarung zuwider ihren Liegenschaftsanteil auch an Johannes S. veräußert habe.

Diese einstweilige Verfügung wurde rechtskräftig.

Das Erstgericht hat nachträglich auf Antrag der gefährdeten Partei am 3. April 1969 eine ergänzende einstweilige Verfügung erlassen, wonach dem Grundbuchsgericht verboten wurde, den oben angeführten Ranganmerkungsbeschluß vom 11. März 1969 an Notar Dr. M. zuzustellen, und diesem Gericht aufgetragen wurde, diesen Beschluß dem Erstgericht zu übersenden. Der Antragsgegnerin wurde ferner untersagt, über ihren Liegenschaftsanteil zu verfügen. Zur Sicherstellung dieses Verbotes wurde ob dem genannten Liegenschaftsanteil die Anmerkung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes angeordnet.

Das Rekursgericht hat dem Rekurse der Gegnerin der gefährdeten Partei teilweise Folge gegeben, indem es die angefochtene einstweilige Verfügung dahin ergänzte, daß es der gefährdeten Partei auftrug, für alle deren Gegnerin durch die einstweilige Verfügung verursachten Nachteile durch gerichtlichen Erlag von 15.000 S Sicherheit zu leisten, und aussprach, daß dieser Beschluß dem Gegner der gefährdeten Partei erst nach Erlag der Sicherheit zugestellt werde und erst zu diesem Zeitpunkt das Verbot wirksam werde. Es führte aus, wenn auch der Anspruch der gefährdeten Partei hinreichend bescheinigt sei, so könnten mit der Eintragung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes im Grundbuch zu Gunsten der gefährdeten Partei auf Seite der Gegnerin Nachteile eintreten, weshalb gemäß § 390 (2) EO. die Auferlegung einer Sicherheitsleistung begründet sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß der Satz: "Zu diesem Zeitpunkt (nämlich zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Beschlusses an den Gegner der gefährdeten Partei nach Erlag der Sicherheit) wird das Verbot wirksam", zu entfallen hat.

Dem Revisionskurs der Gegnerin der gefährdeten Partei wurde nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Die gefährdete Partei hat den Antrag gestellt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die vom Rekursgericht vorgenommene Ergänzung der einstweiligen Verfügung behoben werde; die gefährdete Partei versucht darzutun, das verfügte Belastungs- und Veräußerungsverbot bezüglich des 1/12-Liegenschaftsanteiles bilde im Verhältnis zur Gefährdung des bescheinigten Anspruches eine nur geringfügige Einschränkung der Verfügungsberechtigung der Gegnerin. Es sei daher die Leistung eines Sicherheitsbetrages durch die gefährdete Partei entbehrlich.

Die nach § 390 (2) EO. trotz hinreichender Anspruchsbescheinigung vorgesehene Kaution dient der Sicherstellung der dem Gegner durch die sich etwa als unberechtigt erweisende einstweilige Verfügung entstehenden Ersatzansprüche und der Kosten. Solche Ansprüche können, solange über den zu sichernden Anspruch nicht rechtskräftig erkannt worden ist, nie ausgeschlossen werden. Die Kaution ist nach freiem Ermessen zu bestimmen (6 Ob 366/60, EvBl. 1967 Nr. 37 S. 48). Im vorliegenden Fall könnten durch die Blockierung der grundbürgerlichen Rechte der Antragsgegnerin auf Grund der einstweiligen Verfügung nicht unerhebliche Schäden rechtswidrig entstehen, sofern sich der vom Antragsteller behauptete Anspruch als unbegrundet herausstellen sollte. Die Auferlegung der Sicherheitsleistung erweist sich sohin als unbedenklich.

In einem Eventualantrag begehrt der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei anstelle des Ausspruches der zweiten Instanz, daß die einstweilige Verfügung vom 3. April 1969 erst mit dem Erlag der Sicherheit wirksam werde, die Aufnahme des Satzes in die Entscheidung, die einstweilige Verfügung werde, wenn nicht binnen acht Tagen nach Zustellung dieses Beschlusses der auferlegte Sicherheitsbetrag gerichtlich erlegt werden sollte, aufgehoben werden.

Im vorliegenden Fall war die Anordnung der Anmerkung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes bereits durch das Erstgericht erlassen und die Anmerkung auch im Grundbuch vollzogen worden. Die Bestimmung des § 390 (3) EO. kann in dem Fall, daß erst das Rekursgericht der gefährdeten Partei eine Kaution aufträgt, hinsichtlich der Invollzugsetzung der einstweiligen Verfügung nicht angewendet werden, wenn - wie hier - das Verbot im Grundbuch der auf Grund der Entscheidung des Erstgerichtes bereits vollzogen worden ist. Die entgegengesetzte Rechtsansicht würde den Sicherungszweck der einstweiligen Verfügung vereiteln. Infolge Erfüllung der vom Rekursgericht auferlegten Bedingung des Kautionserlages wurde der bereits vom Erstgericht verfügte Vollzug des Verbotes im Grundbuch auch der Entscheidung des Rekursgerichtes gerecht und erübrigt sich die Setzung einer Frist für den Kautionserlag bei sonstiger Aufhebung der einstweiligen Verfügung. Der Satz, daß das Verbot erst mit dem Erlag wirksam werden soll, hat demnach in der Entscheidung des Rekursgerichtes zu entfallen. Dem von der gefährdeten Partei gestellten Begehren, die angefochtene Entscheidung durch den Beisatz abzuändern, die einstweilige Verfügung werde aufgehoben, wenn nicht binnen acht Tagen die Kaution erlegt werde, fehlt deshalb, weil die Kaution bereits erlegt ist, jedes Rechtsschutzbedürfnis, sodaß von einem solchen Beisatz Abstand zu nehmen war.

Somit hatte der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei einen nur teilweisen Erfolg.

Dem Rechtsmittelantrag des Gegners der gefährdeten Partei, die von der gefährdeten Partei zu erlegende Sicherheit mit 25.000 S anstatt mit 15.000 S festzusetzen und die Dauer der einstweiligen Verfügung gemäß § 391 (1) EO. auf eine bestimmte Frist zu begrenzen, kann nicht gefolgt werden. Die vom Rekursgericht trotz hinreichender nspruchsbescheinigung gemäß § 390 (2) EO. mit 15.000 S bemessene Kaution, dient, wie oben bereits ausgeführt, der Sicherstellung der dem Gegner durch die einstweilige Verfügung allenfalls entstehenden Ersatzansprüche und der Kosten. Eine Kaution in dieser Höhe bietet für derartige Ersatzansprüche eine hinreichende Sicherheit. Sollte sich später die Kaution als unzureichend herausstellen, so ist immer noch die Möglichkeit einer Erhöhung gegeben.

Die Untergerichte haben entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin zutreffend zum Ausdruck gebracht, daß die einstweilige Verfügung dann erloschen sei, wenn der Antragsteller seinen Anspruch durch Zwangsvollstreckung oder durch Exekution zur Sicherstellung geltend machen könne. Eine kalendermäßige Bezeichnung des Ablaufes der Gültigkeit der einstweiligen Verfügung ist nicht unbedingt erforderlich (vgl. Neumann - Lichtblau, Komm. zur EO.[3], S. 1245).

Es war sohin dem Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei ein Erfolg zu versagen.

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