OGH 1Ob4/84

OGH1Ob4/8422.2.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Gerold K*****, vertreten durch Dr. Alois Heigl, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, wegen 5.995 S und Unterlassung (Streitwert 25.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 8. November 1983, GZ 5 R 211/83-26, womit der Beschluss des Kreisgerichts Wels vom 23. August 1983, GZ 2 Cg 27/82-20, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.700,15 S bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 223,25 S Umsatzsteuer und 240 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Begründung

Der Beklagte ist Inhaber eines Wasserbenutzungsrechts zum Betrieb der Wasserkraftanlage der Hammermühle am Innbach. Das Fischereirecht steht in diesem Gewässerbereich Elfriede F***** zu. Der Kläger begehrt vom Beklagten den Ersatz seines mit 5.995 S bezifferten Schadens und die Unterlassung des den Fischbestand gefährdenden Öffnens der Schleusen in der Kraftwerksanlage unterhalb des Fischereireviers des Klägers, ohne diesen vorher innerhalb angemessener Frist zu verständigen. Der Kläger habe das Fischereirecht von Elfriede F***** für die Dauer von drei Jahren gepachtet und 50 kg Jungforellen zur Aufzucht eingesetzt. Am 21. Oktober 1980 habe der Beklagte die Schleuse geöffnet, ohne den Kläger vorher zu verständigen; dadurch sei ein Teil der Fische mitgerissen worden. Am 14. November 1980 habe der Beklagte erneut die Schleuse geöffnet, wodurch der restliche Fischbestand abgetrieben worden sei. Der Kläger gründet sein Begehren ausdrücklich „auf die Bestimmungen des ABGB sowie auf § 26 Abs 2 WRG, weil bei der wasserrechtlichen Bewilligung mit dem Eintritt dieser nachteiligen Wirkung nicht oder in zu geringem Maße gerechnet worden" sei. Der Beklagte habe angekündigt, er werde auch in Hinkunft die Schleusen ohne Verständigung des Fischereiberechtigten öffnen; der Schaden des Klägers setze sich aus dem Kaufpreis der Forellen, dem Futteraufwand und dem Verdienstentgang des Klägers zusammen.

Der Beklagte erhob gegen das Unterlassungsbegehren die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs sowie gegen das Schadenersatzbegehren die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des Erstgerichts und beantragte hilfsweise Abweisung des Klagebegehrens. Über das Unterlassungsbegehren habe die Wasserrechtsbehörde, die dem Beklagten bzw seinen Rechtsvorgängern niemals die Verständigung des Fischereiberechtigten aufgetragen habe, zu entscheiden. Für das verbleibende Schadenersatzbegehren sei das angerufene Gericht sachlich unzuständig.

Das Erstgericht wies die Klage zurück. Es stellte fest, die Wasserbenützungsanlage des Beklagten bestehe schon seit langem.

Bereits am 28. Juli 1882 sei von der Wasserrechtsbehörde eine Verhaimung der Hammermühle angeordnet und diese am 21. Mai 1926 bei einem Ortsaugenschein überprüft worden. Dabei habe die Behörde festgestellt, dass die Anlage in der vorgefundenen Gestaltung öffentlichen Interessen nicht widerstreite; im Übrigen seien keine Einwendungen erhoben worden. Im Jahre 1930 sei anstelle des oberschlächtigen Wasserrades eine Fancisturbine eingebaut worden; auch damals hätten Fischereiberechtigte keine Einwendungen gegen den Umbau der Anlage erhoben. Die Wasserrechtsbehörde habe bei den einzelnen Bewilligungsverfahren nicht mit dem Eintritt des vom Kläger geltend gemachten Schadens gerechnet. Daraus folgerte das Erstgericht, dass Art und Zeit der Benützung von Wasserkraftanlagen von der Wasserrechtsbehörde zu regeln seien. Da das Unterlassungsbegehren auf eine Beschränkung der Handhabung der Schleuse abziele, habe die Verwaltungsbehörde hierüber zu entscheiden, so dass dem Kläger der Rechtsweg verwehrt sei. Für das verbleibende Schadenersatzbegehren sei das angerufene Gericht sachlich unzuständig.

Das Rekursgericht verwarf beide Prozesseinreden, sprach aus, dass der Streitwert zwar 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige, und ließ den Revisionsrekurs zu. Ob der Rechtsweg zulässig sei, entscheide die Natur des behaupteten Anspruchs, wie er sich aus dem Klagebegehren und dem vorgetragenen anspruchsbegründenden Sachverhalt ergebe. Nicht hingegen komme es auf die Einwendungen des Beklagten und die sachliche Berechtigung des Klagsanspruchs an. Soweit Wasserrecht anzuwenden sei, sei entscheidend, ob der Kläger seinen Anspruch auf einen Privatrechtstitel stütze. Der Kläger leite seinen Anspruch aus einem ihm zustehenden Fischereirecht am Innbach her. Dieses sei ein Privatrecht und, wo es vom Eigentum abgesondert in Erscheinung trete, ein selbständiges dingliches Recht. Sei es mit dem Eigentum an einer Liegenschaft verbunden, sei es als Grunddienstbarkeit, sonst als unregelmäßige, allenfalls veräußerliche und vererbliche Servitut zu behandeln. Ansprüche auf Erhaltung und Sicherung solcher Rechte seien im Zweifel bürgerliche Rechtssachen im Sinne des § 1 JN und könnten auch auf Unterlassung gerichtet werden. Dass es dem Fischereiberechtigten verwehrt sei, sich außerhalb des Verfahrens vor der Wasserrechtsbehörde gegen Eingriffe zur Wehr zu setzen, könne auch aus § 15 WRG nicht abgeleitet werden. Nach § 26 Abs 1 WRG sei das ABGB Grundlage für den Ersatz von Schäden, die durch schulhaftes Verhalten verursacht wurden; ein solches habe der Kläger auch behauptet. Hierüber abzusprechen, sei den ordentlichen Gerichten vorbehalten; das gleiche gelte auch für den auf Wiederholungsgefahr gestützten Unterlassungsanspruch. Da der Kläger beide nach § 55 JN zusammenzurechnenden Ansprüche auf einen Privatrechtstitel stütze, sei auch die sachliche Zuständigkeit des Erstgerichts gegeben. Ob die Ansprüche berechtigt sind, bleibe der Entscheidung in der Sache vorbehalten.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Beklagten erhobene Revisionsrekurs ist nicht zulässig. Das Rekursgericht hat das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärt, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des Verfahrensrechts abhänge, der zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukomme; eine den Sachverhalt genau treffende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei nicht bekannt.

Im Rechtsmittelverfahren ist allein die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs für Ansprüche des Fischereiberechtigten gegen den Inhaber eines Wasserbenutzungsrechts, die jener ausdrücklich auf das ABGB und auf die Bestimmungen des § 26 Abs 2 WRG stützt, zu beurteilen. Entgegen der Ansicht des Gerichts zweiter Instanz besteht darüber eine umfassende einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, die auch vom Rekursgericht herangezogen wurde: Für die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs sind ausschließlich die Klagsbehauptungen von Bedeutung. Entscheidend ist die Natur des geltend gemachten Anspruchs, wie sie sich aus dem Klagebegehren und dem vom Kläger vorgebrachten Sachverhalt ergibt. Auf die Einwendungen des Beklagten und die sachliche Berechtigung des behaupteten Anspruchs ist nicht Bedacht zu nehmen; hierüber ist er in der Sachentscheidung abzusprechen. Ob der Rechtsweg zulässig ist, hängt somit davon ab, ob der Kläger seine Ansprüche auf einen Privatrechtstitel stützt (SZ 51/183; SZ 46/82; SZ 45/139; SZ 44/40 und 165 uva).

Dass dem Kläger für das Schadenersatzbegehren der Rechtsweg offensteht, bezweifelt auch der Beklagte nicht. Der Kläger stützt sein Begehren auf das schuldhafte Handeln des Beklagten und auf § 26 Abs 2 WRG. Auch über letztere Ansprüche haben die ordentlichen Gerichte zu befinden (EvBl 1983/56; SZ 54/64; SZ 53/11; SZ 48/117 uva). Aber auch das weitere Begehren, mit dem der Kläger die Verständigungspflicht des Beklagten ins Treffen führt, kann der Kläger im Rechtsweg geltend machen, weil er den Anspruch ausdrücklich auf das ABGB gründet. Ob die vom Kläger geltend gemachte Verständigungspflicht auf das ABGB gestützt werden kann, ist Gegenstand der Sachentscheidung und nicht im Zwischenstreit über die Rechtswegzulässigkeit zu entscheiden.

Da die erwähnte verfahrensrechtliche Frage bereits durch einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gelöst ist, kommt ihr die nach den §§ 528 Abs 2, 502 Abs 4 Z 1 ZPO geforderte erhebliche Bedeutung nicht zu, weshalb der Revisionsrekurs trotz des Ausspruchs des Rekursgerichts, an welchen der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 526 Abs 2 ZPO), als unzulässig zurückzuweisen ist. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen und dementsprechend Anträge gestellt.

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