Spruch:
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen (Freispruch) unberührt bleibt, im Schuldspruch (zur Gänze) aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Rechtsmitteln wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die 32-jährige Elfriede A des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen - im Hinblick auf die nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB erfolgte Strafbemessung ersichtlich gemeint 'gewerbsmäßigen schweren' - Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2 (richtig Abs 3), 148 zweiter Deliktsfall StGB schuldig erkannt und hiefür nach § 148 'zweiter Deliktsfall' (gemeint zweiter - höherer - Strafsatz) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt.
Darnach hat sie von Mitte bis Ende 1981 in Wien als Inhaberin eines Adressenbüros gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, (zunächst) in 45 Fällen Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, eine redliche Adressenvermittlerin zu sein und ihren Kunden taugliche Adressen zu vermitteln, an welchen seitens der in den Adressen genannten Personen der Abschluß von Mietverträgen beabsichtigt sei, sowie willens und in der Lage zu sein, die nur für den Fall des Abschlusses eines Mietvertrages fälligen, schon im voraus kassierten Beträge zurückzuzahlen, zur Bezahlung von (jeweils 5.000 S nicht übersteigenden) Geldbeträgen verleitet, wodurch diese Personen einen Schaden von insgesamt 153.000 S erlitten (Punkt A I des Urteilssatzes), sowie außerdem in den Jahren 1980 und 1981 fünf (weitere) Personen zu Handlungen, nämlich zur Vermietung eines Hauses und eines Geschäftslokales, ferner (in zwei Fällen) zur Leistung von Mietzinsvorauszahlungen und in einem Fall zur Gewährung eines Darlehens veranlaßt, woraus ein (in jedem Einzelfall 5.000 S übersteigender weiterer) Schaden in der Höhe von insgesamt 128.904 S entstand (Punkt A II und III).
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß der von der Angeklagten gegen dieses Urteil ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß zum Nachteil der Beschwerdeführerin das Strafgesetz insofern unrichtig angewendet wurde, als das Ersturteil zur Frage des Schädigungsvorsatzes nach § 146 StGB mit (in diese Richtung in einer der Porzeßordnung entsprechenden Weise) nicht relevierten Feststellungsmängel gemäß § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO behaftet ist.
Zur Erfüllung des Tatbestandes des Betruges nach §§ 146 ff. StGB wird auf der subjektiven Tatseite ein (zumindest bedingter) Vorsatz des Täters verlangt, der das Bewußtsein zu umfassen hat, durch Täuschung über Tatsachen einen Irrtum hervorzurufen (oder zu bestärken), gerade durch die Erregung (oder Bestärkung) des Irrtums eine Vermögensverfügung des Getäuschten und dadurch eine unmittelbare Vermögensschädigung hervorzurufen, sowie durch das bewirkte Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern (vgl. Leukauf-Steininger Kommentar2 § 146 RN. 40 ff.).
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen (zu den Fakten A I) kassierte die Angeklagte für die Weitergabe von Adressen von (zu vermietenden) Wohnungen Geldbeträge zwischen 3.000 und 4.000 S, wobei sie sich 'in den wenigsten Fällen davon unterrichtete, ob das angebotene Objekt noch vermietbar oder überhaupt bewohnbar war', sodaß sie, wenngleich sich 'unter den zahlreichen Geschäftsvorfällen auch taugliches Adressenmaterial' befand, in einigen Fällen 'total verwahrloste' oder 'unbewohnbare' Wohnungen anbot. Mitunter konnte an den Adressen niemand angetroffen werden bzw. scheiterte der Abschluß eines Mietvertrages daran, daß die Objekte bereits vergeben waren oder 'nicht den Wünschen des Kunden' entsprachen. Im Fall von Reklamationen stellte sie weitere Adressen zur Verfügung, leistete in einigen Fällen (Teil-) Rückzahlungen an die Kunden bzw. folgte Rückzahlungsbestätigungen aus, die jedoch nicht realisiert werden konnten, weil die Angeklagte die Kunden vertröstete, sich 'derartigen berechtigten Forderungen' dadurch entzog, daß sie im Büro 'großteils nicht mehr anwesend war' oder aber Schecks ausstellte, die mangels Deckung nicht honoriert wurden. Das Erstgericht beschränkte sich in Ansehung des Schädigungsvorsatzes auf die Feststellung, daß die Angeklagte 'bereits aus ihrer früheren Tätigkeit und aus den Verurteilungen, welche auf derselben beruhten, auch subjektiv durchaus wissen mußte, daß sie aus derartigen Geschäften straffällig wird' (vgl. S. 284 f.), wobei es das Vorgehen der Angeklagten unter Hinweis auf ihre angespannte wirtschaftliche Situation und den Umstand, daß sie 'aus dem Einkommen des Inseratenbüros ihren Unterhalt zog' für 'subjektiv erklärlich' befand (S. 283). Hinsichtlich der von Punkt A II und III des Urteilssatzes erfaßten Fakten begnügte sich das Schöffengericht mit der Formulierung 'zur subjektiven Tatseite darf auf ihre (der Angeklagten) allgemeine materielle Situation in diesem Zeitraum neuerlich verwiesen werden' (S. 286).
Allgemeine Redewendungen der vom Erstgericht gebrauchten Art decken auch die Schuldform bewußter Fahrlässigkeit ab und stellen daher (für sich allein noch) keine tragfähige Grundlage für die Annahme eines auf Schädigung der Kunden (Vertragspartner) bezogenen dolus eventualis (§ 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB ) in Form eines alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllenden Tatsachensubstrats, insbesondere auch darüber dar, ob die Angeklagte den Schaden der Getäuschten als naheliegende Folge ihres Tatverhaltens in Betracht zog (vgl. SSt 46/8 u. a.). Denn durch die im Ersturteil, welches zudem bei Erörterung der einzelnen Fakten in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle die Beweismittel, insbesondere auch die Verantwortung der Angeklagten, ohne jegliche Würdigung (bloß) wiedergibt, verwendeten Formulierungen 'wissen mußte' und 'damit rechnen konnte' wird, worauf der Oberste Gerichtshof schon zu wiederholten Malen hingewiesen hat (vgl. EvBl 1975/282, RZ 1978/47 u.v.a.), bloß die Wissenskomponente des bedingten Vorsatzes umschrieben, die für sich allein zu dessen Annahme nicht ausreicht.
Dazu muß sich vielmehr der Täter mit der Tatbildverwirklichung auch innerlich - bewußt und damit positiv, obgleich nicht unbedingt billigend (vgl. 10 Os 33/83, 10 Os 10/82 u.a.) - abgefunden haben (§ 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB ). Konstatierungen über eine dahingehende Willensbildung der Angeklagten läßt das angefochtene Urteil indessen - obwohl Verfahrensergebnisse in diese Richtung weisen - vermissen; sie können auch aus dem Zusammenhang der übrigen Entscheidungsgründe nicht abgeleitet werden.
Schon diese (von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemachten, jedoch zu ihren Gunsten) von Amts wegen wahrzunehmenden Feststellungsmängel machen eine Verfahrenerneuerung in erster Instanz unerläßlich, sodaß nach Anhörung der Generalprokuratur bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen war (§§ 290 Abs 1, 285 e StPO.), ohne daß es einer Erörterung des Beschwerdevorbringens bedarf.
Nur der Vollständigkeit halber sei im gegebenen Zusammenhang noch darauf hingewiesen, daß dem Ersturteil - von der Beschwerde gleichfalls ungerügt - auch Feststellungen hinsichtlich der der Angeklagten angelasteten gewerbsmäßigen Begehung der Betrugshandlungen mangeln.
Das Erstgericht beschränkte sich nämlich bezüglich der angenommenen Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB
lediglich auf die zweimalige Verwendung des Wortes 'gewerbsmäßig' (vgl. S. 237, 284). Nach der Legaldefinition des § 70 StGB begeht eine strafbare Handlung gewerbsmäßig, wer sie in der Absicht vornimmt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Eine Feststellung der Absicht (§ 5 Abs 2 StGB ) der Angeklagten sich durch die wiederkehrende Begehung von (schweren) Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, fehlt zur Gänze.
Mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde und mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
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