OGH 1Ob653/83

OGH1Ob653/8315.6.1983

SZ 56/96

Normen

ABGB §871
ABGB §1072
ABGB §871
ABGB §1072

 

Spruch:

Der Vorkaufsverpflichtete und der Dritte, die bei Abschluß eines Kaufvertrages irrtümlich von einem Verzicht des Berechtigten auf das Vorkaufsrecht ausgegangen sind, können den Kaufvertrag wegen des unterlaufenen gemeinsamen Irrtums mit der Wirkung einvernehmlich aufheben, daß der Vorkaufsfall dann nicht eingetreten ist

OGH 15. 6. 1983, 1 Ob 653/83 (OLG Linz 3 R 1/83; LG Linz 1 Cg 10/81)

Text

Die Erstbeklagte und ihr Ehemann Georg M waren sowohl (einzige) Kommanditisten der protokollierten Firma "Steinindustrie Albert F sen. Nachfolger G. & A. M Gesellschaft mbH & Co KG" (im folgenden: Firma F) als auch geschäftsführende Gesellschafter der Komplementärgesellschaft mbH. Die Erstbeklagte ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 436, 437 und 1257 KG L, die Liegenschaft EZ 713 KG U gehört den beklagten Parteien, der Erstbeklagten und der Verlassenschaft nach Georg M je zur Hälfte. Sämtliche Liegenschaften (die EZ 437 KG L nur zur Hälfte) sind dem Betriebsvermögen der Firma F eingegliedert. Als die Erstbeklagte und ihr Ehegatte im Jahre 1973 in den Ruhestand treten wollten, wäre bei Rückführung der Liegenschaften in das Privatvermögen ein beträchtlicher Veräußerungsgewinn zu versteuern gewesen. Steuerliche Erwägungen gaben den Ausschlag, den Betrieb verpachtet weiterzuführen. Der Kläger, der seinen eigenen Betrieb vergrößern wollte, kaufte alle beweglichen Güter der Firma F und schloß am 31. 8. 1973 einen Pachtvertrag auf unbestimmte Zeit in Ansehung der genannten Liegenschaften. Der Firma F verblieben nur mehr etwa 200 m2 Lagerplatz, ein Teil der Werkstätte und die Benützung des Büros zu einem Viertel. Als Pachtzins wurde ein wertgesicherter monatlicher Betrag von 25 000 S zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart. Die Erstbeklagte und ihr Ehegatte räumten dem Kläger als Gegenleistung dafür, daß der Kläger auf den Ausbau seines eigenen Betriebes verzichtete, an den vorgenannten Liegenschaften ein Vorkaufsrecht ein, das auch verbüchert wurde. Mit Notariatsakt vom 24. 10. 1980 schlossen die Erstbeklagte und ihr Ehegatte Georg M mit der Nichte der Erstbeklagten Dr. Herta D einen Abtretungsvertrag. Danach traten sie ihre Kommanditeinlagen und die als Sonderbetriebsvermögen angeführten Liegenschaften an Dr. Herta D gegen einen Preis von 206 412 S (Georg M) und 3074 712 S (Erstbeklagte) ab. Der Abtretungspreis der Kommanditanteile allein ohne das Sonderbetriebsvermögen betrug 27 224 S. Mit den auf Georg M entfallenden Anteilen sollten vorerst Steuern beglichen, der Rest sollte bis spätestens 31. 12. 1981 bezahlt werden. Vom Anteil der Erstbeklagten sollte ein Teilbetrag von 74 712 S gleichfalls zur Bezahlung von Steuerverpflichtungen verwendet und der Rest von 3 000 000 S in wertgesicherten monatlichen Raten von 25 000 S abgestattet werden. Überdies wurde der Erstbeklagten und Georg M ein Wohnungsrecht auf der EZ 437 KG L eingeräumt. Georg M verstarb am 13. 11. 1980, die Erstbeklagte ist kraft Testaments Alleinerbin, ihre unbedingte Erbserklärung wurde zu Gericht angenommen und ihr Erbrecht als ausgewiesen erkannt.

Der Kläger begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, den im Klagebegehren näher ausgeführten Vertrag über den Verkauf der Liegenschaften EZ 436, 437 (Hälfteanteil) und 1257 KG L sowie EZ 713 KG U zum Preise von 3 253 900 S und über die Büroausstattung sowie die Materialvorräte zum Preis von 27 224 S zu unterfertigen. Er stellt weiter das Eventualbegehren, die Beklagten schuldig zu erkennen, einen im einzelnen ausgeführten Abtretungsvertrag abzuschließen. Nach diesem, dem Inhalt des Notariatsaktes vom 24. 10. 1980 nachgebildeten Abtretungsvertrag haben ihm die Beklagten ihre Kommanditanteile einschließlich der erwähnten Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile als Sonderbetriebsvermögen um den Betrag von 3 281 124 S abzutreten. Der Kläger brachte zur Begründung des Begehrens vor, aus dem Abtretungsvertrag vom 24. 10. 1980 gehe eindeutig hervor, daß damit in Wirklichkeit nur die Liegenschaften verkauft werden sollten. Der Schätzwert dieser Liegenschaften betrage abzüglich des unentgeltlichen Wohnungsrechtes 3 127 970 S. Er sei als Vorkaufsberechtigter zunächst mit der unrichtigen Behauptung, er habe seine Zustimmung zum Verkauf erteilt, übergangen worden. Nach Erhalt einer Kopie des Abtretungsvertrages habe er aber iS der Bestimmung des § 1075 ABGB binnen Monatsfrist erklärt, von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen und die Zahlung des bedungenen Kaufpreises angeboten. Die Beklagten hätten die überwiesenen Kaufpreisraten nicht angenommen.

Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Sie machten geltend, daß der Abtretungsvertrag vom 24. 10. 1980 kein Kaufvertrag sei; es liege vielmehr eine "andere Veräußerungsart" gemäß § 1078 ABGB vor, auf welche das Vorkaufsrecht des Klägers mangels besonderer Vereinbarung nicht ausgedehnt werden könne. Gesellschaftsanteile könne der Kläger nicht beanspruchen; diese stunden auf Grund des besonderen Vertrauensverhältnisses nur der leiblichen Nichte der Erstbeklagten Dr. Herta D zu. Der weit unter dem Verkehrswert liegende Abtretungspreis verleihe dem Abtretungsvertrag auch den Charakter einer gemischten Schenkung bzw. eines Freundschaftskaufes. Der Kläger habe im übrigen der Abtretung durch Erklärung gegenüber dem öffentlichen Notar Dr. Erich G zugestimmt; er habe nur ersucht, daß sein Vorkaufsrecht aufrecht bleibe. Beide Vertragsteile seien daher davon ausgegangen, daß der Kläger auf die Geltendmachung seines Vorkaufsrechtes verzichtet habe. Da die Beklagten den Abtretungsvertrag überhaupt nur unter der Voraussetzung der vorliegenden Zustimmung des Klägers zur Veräußerung abgeschlossen hätten, sei der Vertragsabschluß für den Fall der mangelnden Zustimmung wegen Irrtums angefochten worden. Dr. Herta D habe diese Anfechtung ausdrücklich anerkannt. Der Kläger habe sein Einlösungsrecht auch verspätet und nicht wirksam geltend gemacht. Er habe von den zu entrichtenden Kaufpreisraten die von ihm zu entrichtenden Bestandzinszahlungen in Abzug gebracht, was unzulässig sei, weil der Bestandvertrag von der Firma F abgeschlossen worden sei, die Kaufpreisraten hingegen den beklagten Parteien zustunden.

Das Erstgericht wies das Hauptbegehren ab. Es stellte fest: In den letzten Jahren habe sich die Erstbeklagte mit der Betriebsführung durch den Kläger nicht zufrieden gezeigt. Wunsch ihres Gatten sei es gewesen, daß der Sohn der Dr. Herta D den Betrieb übernehmen solle. Die Erstbeklagte und ihr Mann wollten mit dem Betrieb nichts mehr zu tun haben und ihre Gesellschaftsanteile abgeben. Eine Herauslösung der ausschließlich betrieblich genutzten Liegenschaften aus dem Betriebsvermögen wäre mit erheblichen steuerlichen Belastungen verbunden gewesen. Es sei deshalb wegen des Verkaufes der Liegenschaften zu Gesprächen zwischen der Erstbeklagten und ihrer Nichte beim öffentlichen Notar Dr. Erich G gekommen, bei denen auch das Vorkaufsrecht des Klägers erörtert worden sei. Dr. Erich G habe gemeint, daß bei einem Abtretungsvertrag das Vorkaufsrecht ohnehin nicht wirksam werden könne. Dr. Herta D habe sich mit dieser Auskunft aber nicht zufrieden gegeben, sondern auf Klärung gedrängt. Das Vorkaufsrecht des Klägers sollte durch den Abtretungsvertrag nicht abgeschnitten werden, weshalb seine Zustimmung zur Veräußerung eingeholt werden sollte. Dr. Erich G habe dem Kläger telefonisch mitgeteilt, daß der Gatte der Erstbeklagten unheilbar krank sei und die Absicht bestehe, den Betrieb unentgeltlich oder gegen eine geringfügige Gegenleistung an einen Neffen weiterzugeben. Der Kläger solle in seine Kanzlei kommen und eine Zustimmungserklärung unterschreiben. Der Kläger sei der Auffassung gewesen, daß nur der Betrieb in U an den Neffen übergehen solle, und habe erklärt, daß er sich in diesem Falle der Veräußerung nicht entgegenstellen wolle; er habe ersucht, entsprechende Unterlagen seinem Vertreter, öffentlicher Notar Dr. Günter E zu übermitteln. Zu einer Übertragung des gesamten Betriebes und aller Liegenschaften hätte er keine Zustimmung erklärt. Am 17. 10. 1980 habe Dr. Erich G einen Vertragsentwurf in die Wohnung der Erstbeklagten und ihres Gatten gebracht. Er habe erklärt, daß der Kläger keinen Einwand gegen den Verkauf erhebe. Die im Abtretungsvertrag vom Übernehmer zu entrichtenden Leistungen seien unter Abwägung der Lebensbedürfnisse der Erstbeklagten und der Finanzierungsmöglichkeit der Erwerberin ermittelt worden. Ausgehend von der Annahme, daß der Kläger der Löschung seines Vorkaufsrechtes zugestimmt habe und ihm lediglich ein neues Vorkaufsrecht eingeräumt werden sollte, sei es am 24. 10. 1980 zur Unterfertigung des Abtretungsvertrages gekommen. Dem Kläger sei in der Folge eine vorbereitete Löschungserklärung übermittelt worden. Dr. Günter E habe um eine Kopie der Vertragsurkunde ersucht, um den Inhalt der Vereinbarung prüfen zu können. Ende Oktober 1980 habe der Kläger die Erstbeklagte und ihren Gatten besucht. Dabei habe er erstmals erfahren, daß der gesamte Betrieb an Dr. Herta D verkauft worden sei. Dr. Erich G habe den Kläger mit Schreiben vom 12. 11. 1980 aufgefordert, die Löschungserklärung zu unterfertigen, und eine Zustimmungserklärung Dr. Herta D zur Neueinräumung eines Vorkaufsrechtes beigelegt. Mit Schreiben vom 14. 11. 1980 habe der Kläger erklärt, daß er einer Liegenschaftsveräußerung nie zugestimmt habe, und um Übermittlung von Unterlagen ersucht. Am 18. 11. 1980 habe Dr. Erich G eine Kopie des Abtretungsvertrages an Dr. Günter E übermittelt. Mit Schreiben vom 15. 12. 1980 habe der Klagevertreter der Erstbeklagten mitgeteilt, daß der Kläger gemäß § 1075 ABGB von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen wolle und bereit sei, die Liegenschaft zu denselben Bedingungen zu erwerben, wie sie im Vertrag vom 24. 10. 1980 festgesetzt worden seien. Er habe um Abschluß eines Kaufvertrages und um Bekanntgabe ersucht, auf welches Konto die Kaufpreisrate von 25 000 S pro Monat zu überweisen sei. Am 29. 12. 1980 habe der Klagevertreter den Betrag von 11 188.72 S als Raten für November und Dezember 1980 abzüglich des Bestandzinses für Dezember 1980 an Dr. Erich G überwiesen, der diesen Betrag abzüglich seiner Kosten wieder zurücküberwiesen habe. Der Vertreter der beklagten Parteien Dr. Walter R habe im Auftrag der Erstbeklagten an Dr. Herta D am 27. 4. 1982 ein Schreiben gerichtet, in dem er ausgeführt habe, daß beide Teile davon ausgegangen seien, daß bei Unterfertigung des Abtretungsvertrages die Zustimmung des Klägers zum Verkauf der Liegenschaft vorgelegen sei. Sollte dies nicht zutreffen, werde der gesamte Vertrag wegen Irrtums angefochten. Dr. Herta D habe die Vertragsanfechtung wegen Irrtums anerkannt und ihrerseits erklärt, das Rechtsgeschäft als nicht zustandegekommen anzusehen.

In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, die Vertragsteile hätten sich bei Unterfertigung der Abtretungsvereinbarung in einem wesentlichen Irrtum befunden. Beide Teile seien nämlich der Ansicht gewesen, daß der Kläger der Veräußerung zugestimmt und auf sein Vorkaufsrecht verzichtet habe. Die Irrtumsanfechtung sei demnach zulässig und bewirke, daß der Abtretungsvertrag ex tunc aufgelöst sei. Damit fehle es aber am Vorliegen eines gültigen Abtretungsvertrages, sodaß die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechtes nicht gegeben seien.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge. Es bestätigte das angefochtene Urteil mit der Maßgabe, daß auch das Eventualbegehren, gerichtet auf Unterfertigung eines Vertrages über die Abtretung von Kommanditanteilen, abgewiesen wurde. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, 60 000 S übersteigt. Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils, insbesondere auch, daß sowohl die Vorkaufsverpflichteten als auch Dr. Herta D bei Unterfertigung der Abtretungsvereinbarung der Meinung gewesen seien, der Kläger habe auf die Geltendmachung seines Vorkaufsrechtes verzichtet. Es billigte die rechtliche Beurteilung des Erstrichters.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Gemäß § 1072 ABGB begrundet das Vorkaufsrecht das Recht des Vorkaufsberechtigten zum Erwerb der Sache für den Fall, daß der Verpflichtete die Sache verkaufen will. Es ist in Rechtsprechung und Lehre anerkannt, daß ein Vorkaufsrecht auch unabhängig von einem vorangegangenen Kaufvertrag eingeräumt werden kann (SZ 24/247; Aicher in Rummel, ABGB, Rdz. 4 zu § 1072; Bydlinski in Klang[2] IV/2, 758). Gemäß § 1072 ABGB entsteht die Anbietungspflicht, wenn der Vorkaufsverpflichtete "wieder verkaufen will", was von der herrschenden Rechtsprechung und Lehre dahin verstanden wird, daß der Verpflichtete entweder bereits einen gültigen Kaufvertrag mit dem Dritten abgeschlossen hat oder aber ein bindendes Offert des Dritten vorliegt und der Verpflichtete verkaufen will (NZ 1974, 122;

MietSlg. 25 091; SZ 36/128; SZ 24/95; Aicher aaO Rdz. 13 zu § 1072;

Bydlinski aaO 765 ff.). Daraus ist abzuleiten, daß ein wegen Dissenses, Geschäftsunfähigkeit, Unmöglichkeit oder Unerlaubtheit des Inhalts von vornherein nichtiger Kaufvertrag oder ein solches Offert den Vorkaufsfall nicht herstellt; die dennoch erfolgte Einlösungserklärung ist unwirksam, die ausgetauschten Leistungen sind kondizierbar (Aicher aaO Rdz. 15 zu § 1072; Bydlinski aaO 772). Den dargestellten Fällen der Nichtigkeit sind Anfechtungsgrunde nach erfolgreicher Anfechtung gleichzuhalten, weil auch dann zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und dem Dritten der Vertrag, der die Grundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechtes darstellt, mit Wirkung ex tunc beseitigt wird (Aicher aaO Rdz. 16 zu § 1072;

Bydlinski aaO 772). Sind der Vorkaufsverpflichtete und der Dritte bei Abschluß des Kaufvertrages irrtümlich von einem bereits vorliegenden Verzicht des Berechtigten auf das Vorkaufsrecht ausgegangen, ohne den der Dritte nicht abschließen wollte, und erweist sich der Verzicht in der Folge als nicht gegeben, so kann der Kaufvertrag wegen des unterlaufenen gemeinsamen Geschäftsirrtums bzw. Geschäftsgrundlagenirrtums angefochten werden (Bydlinski aaO 773 FN 102 unter Hinweis auf die Entscheidung des OGH 6 Ob 246, 247/72).

Nach den Feststellungen legten die Erstbeklagte und ihr Ehegatte sowie Dr. Herta D dem Vertragsabschluß ausdrücklich die Annahme zugrunde, daß der Kläger auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes verzichtet habe, sodaß der Irrtum hierüber als Geschäftsirrtum anzusehen ist (vgl. SZ 47/148; JBl. 1980, 316; Koziol - Welser, Grundriß[6] I 99). Es liegt ein Fall des gemeinsamen Irrtums vor, der nach herrschender Lehre und Rechtsprechung zur Anfechtung des Rechtsgeschäftes auch dann berechtigt, wenn die Voraussetzungen des § 871 ABGB nicht gegeben sind (VersRSch 1975, 193; SZ 44/59; EvBl. 1969/258; EvBl. 1966/352; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 133; Mayer - Maly in Klang[2] IV/2, 218; Ehrenzweig[2] I/1, 238). Eine gerichtliche Anfechtung wegen des unterlaufenen Irrtums ist dann nicht erforderlich, wenn die Parteien einvernehmlich den Vertrag aufheben (Gschnitzer aaO 136). Daß der Irrende den Vertrag ungeachtet des unterlaufenen Irrtums aufrecht erhalten kann und zur Anfechtung nicht gezwungen ist, wie dies der Revisionswerber ausführt, ist zutreffend, doch steht im vorliegenden Fall fest, daß beide Teile an dem unter irrtümlichen Voraussetzungen zustandegekommenen Vertrag nicht festhalten wollen.

Der Kläger macht weiters geltend, daß nach der Rechtsprechung (SZ 22/34) durch die Erklärung, das Vorkaufsrecht auszuüben, der Kaufvertrag zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und dem Dritten erlösche. Die Einlösungserklärung sei vom Kläger am 15. 12. 1980 abgegeben worden, wodurch der mit Dr. Herta D abgeschlossene Kaufvertrag hinfällig geworden sei und keinen Gegenstand der Anfechtung wegen Irrtums bilden habe können. Auch diesen Ausführungen kommt Berechtigung nicht zu. Ein Vertragsabschluß in Kenntnis des Vorkaufsrechtes wurde vom OGH in der Entscheidung SZ 22/34 als unter der Bedingung abgeschlossen abgesehen, daß der Vorkaufsberechtigte von seinem Vorkaufsrecht nicht Gebrauch macht; übt der Vorkaufsberechtigte sein Vorkaufsrecht aus, so wird der mit dem Dritten abgeschlossene Kaufwertrag hinfällig. Der vorliegende Fall ist aber anders gelagert. Hier gingen die Vorkaufsverpflichteten und Dr. Herta D nicht davon aus, daß ihr Vertrag deshalb (aufschiebend oder auflösend) bedingt sei, weil der Kläger von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen könnte, sie nahmen vielmehr im Gegenteil als sicher an, daß der Kläger auf die Ausübung des ihm zustehenden Vorkaufsrechtes verzichtet habe. Der Vertrag wurde demnach aber wegen der Annahme, der Vorkaufsberechtigte übe sein Recht nicht aus, unbedingt abgeschlossen. Die einvernehmliche Aufhebung dieses Vertrages wegen des unterlaufenen Irrtums bewirkte, daß dieser Vertrag ex tunc beseitigt wurde und der Vorkaufsfall nicht eingetreten ist. Es kann dann dahingestellt bleiben, ob die von den Vorkaufsverpflichteten und Dr. Herta D getroffene Vereinbarung eine "andere Veräußerungsart" iS des § 1078 ABGB darstellt.

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