OGH 1Ob231/51

OGH1Ob231/514.4.1951

SZ 24/95

Normen

ABGB §438
ABGB §1072
ABGB §1073
ABGB §1074
ABGB §1075
Grundbuchsgesetz §26
Grundbuchsgesetz §27
Grundbuchsgesetz §35
Grundbuchsgesetz §61
Grundbuchsgesetz §123 Z1
Grundbuchsgesetz §126
ABGB §438
ABGB §1072
ABGB §1073
ABGB §1074
ABGB §1075
Grundbuchsgesetz §26
Grundbuchsgesetz §27
Grundbuchsgesetz §35
Grundbuchsgesetz §61
Grundbuchsgesetz §123 Z1
Grundbuchsgesetz §126

 

Spruch:

Gegen die Abweisung des Gesuches um Eigentumseinverleibung ist auch der bücherliche Vormann zum Rekurs berechtigt.

Die Anbietung der Liegenschaft an den Vorkaufsberechtigten hat unter Angabe des vollständigen Vertragsinhaltes mit allen Nebenbedingungen zu erfolgen, widrigenfalls die Frist für die Einlösung nicht zu laufen beginnt.

Wird das Erlöschen des Vorkaufsrechtes vom Antragsteller nicht im Grundbuchsgesuch nachgewiesen, so ist auch eine Vormerkung nicht möglich, sondern das Gesuch zur Gänze abzuweisen.

Entscheidung vom 4. April 1951, 1 Ob 231/51.

I. Instanz: Bezirksgericht Fünfhaus; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Josefine E. hat ihren Drittelanteil an der Liegenschaft EZ. 155 Grundbuch F. an das Ehepaar Rudolf und Stefanie Ke. veräußert. Unter Postzahl C 73 ist ein wechselseitiges Vorkaufsrecht der drei Liegenschaftseigentümer einverleibt.

Hinsichtlich des Dritteleigentümers mj. Hubert Ki. wurde im Grundbuchsgesuch um Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten der Käufer nachgewiesen, daß Ki. sein Vorkaufsrecht nicht ausgeübt habe, und daß daher dieses Vorkaufsrecht erloschen sei.

Bezüglich der Eigentümerin des letzten Drittels, das ist die gleichfalls Vorkaufsberechtigte Marie A., legten die Einverleibungswerber den Durchschlag eines Schreibens d. dto. S., 22. Juli 1950, vor, das die Anschrift "Liebe Mitzi", aber keine Unterschrift trägt und folgenden Inhalt hat: "Wie Du ja wissen wirst, war ich jetzt eine Woche in W. und habe, nachdem Du auf mein Angebot weder geschrieben noch sonst Dich geäußerst hast und die von mir gestellte Frist bis 12. Juli 1950 abgelaufen ist, meinen Anteil des Hauses in Wien XV. an Familie Ke. verkauft. Du kannst bestimmt nicht von einer Dich-Umgehung sprechen, da ich Dir nicht nur brieflich, sondern auch mündlich, als Du bei uns zu Gast warst, in Gegenwart meines Mannes u. Ch. vom Verkaufe meines Hausanteiles in Kenntnis gesetzt habe u. Du mir ausdrücklich erklärtest, daß Du nicht in der Lage bist, meinen Hausanteil zu kaufen, weil Du das Geld nicht aufbringen kannst. Ich ersuche Dich daher, mir sofort beiliegende Bestätigung unterschreiben zu wollen u. mir diese ehest wieder retour an mich zu senden." Mit dem Einverleibungsgesuch wurde auch ein Schreiben (in Durchschlag) vorgelegt, mit der Überschrift "Einverständniserklärung" d. dto. 23. Juli 1950, mit folgendem Inhalte: "Bestätige mit meiner Unterschrift, daß ich gegen den Abverkauf des 1/3 - Hausanteiles mit allen dazu gehörigen Rechten in Wien XV., das meiner Schwester Josefine E. in S. gehört, nichts einzuwenden habe u. jederzeit einverstanden bin. Meine Schwester hat mir ihren genannten Hausanteil wiederholt, befristet bis 12. Juli, käuflich angeboten, jedoch war ich nie in der Lage, diesen Hausanteil zu kaufen." Zu letzterem Schreiben legten die Einschreiter einen Aufgabeschein der Post mit Poststempel S. 24. 6. 1950, adressiert an Marie A. in G. (Kärnten), vor und schließlich ein Schreiben des Amtsvorstandes des Postamtes G. (Kärnten) ohne Datum mit folgendem Inhalt: "Postamt G. (Kärnten). Auf Ihre obige Anfrage teilen wir Ihnen mit, daß der Einschreibebrief Br. 418 dem Empfänger am 25. Juli 1950 persönlich ausgefolgt wurde. Postamt G. (Kärnten.) Der Amtsvorstand: Unterschrift." Hiezu behauptet das Grundbuchsgesuch, daß die Verkäuferin E. ihre Miteigentümerin A. aufgefordert habe, sich bis 12. Juli 1950 zu erklären, ob sie das Vorkaufsrecht ausübe; letztere habe auf diese Aufforderung nicht geantwortet, weshalb dann die bereits erwähnten Schreiben d. dto. S. 22. Juli 1950 und die ununterschrieben gebliebene "Einverständniserklärung" vom 22. Juli 1950 an Frau A. in G. (Kärnten) gemeinsam, aber ergebnislos abgesendet wurde.

Das Erstgericht bewilligte die Einverleibung laut Antrag. Das Rekursgericht gab dem Rekurse der Maria A. Folge und wies den Antrag mit der Begründung ab, daß der vorgelegte Durchschlag des Schreibens vom 22. Juli 1950 weder den Namen der Adressatin noch den der Absenderin, ferner keine Unterschrift enthalte, und daß vor allem die Urkunden nicht die nach den §§ 1072 ff. ABGB. notwendigen Voraussetzungen (Preis, Frist usw.) zwecks Nachweises der Nichtausübung des Vorkaufsrechtes erfüllen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Einverleibungswerber Rudolf und Stefanie Ke. und der Verkäuferin, die die Wiederherstellung des erstrichterlichen Beschlusses, allenfalls die Vormerkung des Eigentumsrechtes beantragen, keine Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Was zunächst die Rekurslegitimation der Verkäuferin E. anlangt, geht die Rechtsansicht allgemein dahin, daß alle jene Personen, deren Verständigung im § 123 GBG. angeordnet ist, auch zur Einbringung des Rekurses berechtigt sind. Das Erstgericht hat allerdings die Verkäuferin nur vom Vollzuge der Anmerkung der Rekursentscheidung verständigt. Gemäß § 123 Z. 1 GBG. ist jedoch die grundbücherliche Anmerkung der Rekursentscheidung auch gegen die Verkäuferin als Miteigentümerin erfolgt (Bartsch, Das Österreichische allgemeine Grundbuchsgesetz, 7. Auflage, 1923, zu § 123 GBG., S. 602). Da ferner bei Abweisung des Gesuches des Eigentümers um Pfandrechtseinverleibung auch der Gläubiger zum Rekurse legitimiert ist und um die Eintragung des Eigentumsrechtes nicht nur der Erwerber ansuchen kann, sondern auch der Veräußerer, weil er dem Erwerber die Sache zu übergeben hat und bei unbeweglichen Sachen die Übergabe in der Eintragung des Eigentumsrechtes für den Käufer besteht (Bartsch, ebenda, S. 41), muß auch im vorliegenden Falle dem Veräußerer, d. i. der Revisionswerberin E., die Legitimation zum Rekurse zugebilligt werden.

Nach der herrschenden Judikatur (Anm. 10 zu §§ 1073, 1074 ABGB. der Darstellung Bettelheim's in Klang's Komm., 1. Auflage) ist die Einverleibung des Eigentumsrechtes für einen Dritten nur mit der Zustimmung des Vorkaufsberechtigten oder gegen den - Nachweis zulässig, daß die Liegenschaft dem Berechtigten zum Kauf angeboten worden war. Dieser Nachweis wird nach Meinung des erwähnten Kommentars im Grundbuchsgesuche kaum zu erbringen sein, vielmehr bedarf es eines Urteiles auf Gestattung der Einverleibung (Oberster Gerichtshof, 2. Dezember 1931, JBl. 1931, S. 173 - NotZ. 1931, S. 61). Eine dennoch bewilligte Einverleibung kann nach dieser Entscheidung vom Vorkaufsberechtigten mit Löschungsklage nach § 61 GBG. bekämpft werden. Die Übertragungsbewilligung muß, wenn nicht der Nachweis der Zustimmung des Vorkaufsberechtigten und des ihm gemachten Einlösungsanbotes vorliegt, verweigert werden. Dies alles, trotzdem es gemäß § 1075 ABGB. bei der Anbietung keiner bestimmten Form bedarf. Dennoch setzt eine unvollständige Anbietung die Frist für die Einlösung nicht in Lauf. Zur gehörigen Anbietung ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes die Bekanntgabe des Inhaltes des etwa bereits abgeschlossenen Kaufvertrages mit dem Dritten erforderlich; ferner muß die Bekanntgabe alle Einzelheiten des vom Dritten gestellten Kaufanbotes enthalten, also auch allfällige Nebenbedingungen, denn der Vorkaufsberechtigte muß den vollen, durch irgendeinen anderen angebotenen Preis entrichten und auch die Nebenbedingungen erfüllen (Swoboda, Recht der Schuldverhältnisse, S. 287). Diesen Erfordernissen entspricht weder der Brief vom 22. Juli 1950 noch die Empfangsbestätigung vom 23. Juli 1950; es kann daher der Grundbuchsrichter in einem solchen Falle nur den Antrag auf Einverleibung mangels Nachweises der ordnungsgemäß erfolgten Ausübung des Vorkaufsrechtes abweisen. Eine Aufhebung zur Ergänzung des Verfahrens ist dem Grundbuchsrechte fremd. Für eine Vormerkung an Stelle der Einverleibung ist zufolge der Bestimmung des § 35 GBG., der die Erfüllung der Erfordernisse der §§ 26, 27 GBG., insbesondere des 2. Absatzes der letztgenannten Gesetzesstelle, vorausgesetzt, gleichfalls kein Raum.

Aus diesen Gründen war dem Revisionsrekurs der Verkäuferin und der Käufer der Erfolg zu versagen.

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