OGH 6Ob679/83

OGH6Ob679/839.6.1983

SZ 56/89

Normen

ABGB §822
III. TN ABGB §75
EO §379 Abs4
ABGB §822
III. TN ABGB §75
EO §379 Abs4

 

Spruch:

Der Antrag des Gläubigers eines Erben auf Erlassung von einstweiligen Verfügungen gemäß § 75 III. TN zum ABGB setzt voraus, daß der Erbe die Erbserklärung abgegeben hat

OGH 9. 6. 1983, 6 Ob 679/83 (KG Ried im Innkreis R 51/83; BG Mattighofen C 33/83 )

Text

Die gefährdete Partei beantragte, zur Sicherung ihrer Forderung gegen die Gegnerin der gefährdeten Partei im Betrage von 300 753 S sA, der Prozeßkosten von 13 972.84 S und der Kosten des Sicherungsverfahrens der Gegnerin der gefährdeten Partei jede Verfügung über das ihr nach ihrem am 12. 1. 1983 verstorbenen Vater Michael F angefallene Erbgut (Erbteil), insbesondere die Veräußerung oder die sonstige Übertragung der angefallenen Erbschaft an dritte Personen, ferner die gänzliche oder teilweise Einziehung des angefallenen Erbgutes (Erbteiles), jede Empfangnahme von Nachlaßwerten bzw. Einhebung des auf sie entfallenden Erlösanteiles, schließlich jede Veräußerung, Belastung oder Verpfändung der in den Nachlaß fallenden Liegenschaftsanteile zu verbieten. Weiter beantragte sie die Anmerkung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes auf den dem Erblasser Michael F gehörigen Hälfteanteilen der Liegenschaften EZ 389 KG G, EZ 54 und 191 je KG S. Schließlich beantragte sie, den Miterbinnen der Gegnerin der gefährdeten Partei Ernestine F, Elfriede S und Katharina F zu verbieten, an die Gegnerin der gefährdeten Partei auf Abschlag ihres Erbteiles Zahlungen zu leisten oder ihr das Erbe auszufolgen oder Zahlungen, die auf Grund einer Erbteilung zustehen, an sie zu leisten. Zur Begründung führte die gefährdete Partei aus, ihre Gegnerin schulde ihr auf Grund des rechtskräftigen und vollstreckbaren Versäumungsurteiles des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 29. 12. 1982 den Betrag von 300 753 S sA sowie Prozeßkosten in der Höhe von 13 972.84 S. Die Gegnerin der gefährdeten Partei sei die Tochter des am 12. 1. 1983 verstorbenen Michael F. Dieser sei ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorben, er habe seine Witwe sowie drei Töchter hinterlassen. Der Nachlaß falle zu 2/9tel an die Gegnerin der gefährdeten Partei. Der Nachlaß bestehe insbesondere aus dem Hälfteanteil an der EZ 389 KG G und den Hälfteanteilen an den Liegenschaften EZ 54 und 191 je KG S. Über das Vermögen des Gatten der Gegnerin der gefährdeten Partei sei am 8. 4. 1982 zu S 9/82 vom Kreisgericht Ried im Innkreis der Konkurs eröffnet worden. Gegen die Gegnerin der gefährdeten Partei seien beim Bezirksgericht Mattighofen zahllose Exekutionsverfahren anhängig. Es seien auch Konkursanträge gestellt worden, die jedoch mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden seien. Der der Gegnerin der gefährdeten Partei gehörige Hälfteanteil der Liegenschaft EZ 294 KG O sei weit über den Verkehrswert hinaus belastet. Die der Gegnerin der gefährdeten Partei aus dem Nachlaß ihres Vaters zufallenden Vermögenswerte stellten daher die einzige Möglichkeit für eine Befriedigung der Forderung der gefährdeten Partei dar. Es sei die Gefahr gegeben, daß andere Gläubiger der Gegnerin der gefährdeten Partei auf diese Vermögenswerte greifen. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, daß die Gegnerin der gefährdeten Partei durch irgendwelche Manipulationen die ihr zugefallenen Nachlaßwerte dem Zugriff ihrer Gläubiger zu entziehen versuche. Der Gatte der Beklagten strebe den Abschluß eines Zwangsausgleiches an, wobei die Gefahr bestehe, daß dieser aus den der Gegnerin der gefährdeten Partei zufallenden Werten des Nachlasses finanziert werden solle. Eine Einantwortung des Nachlasses des Michael F sei bisher nicht erfolgt, ebensowenig eine Überlassung einzelner Nachlaßstücke zur freien Verfügung. Der Antrag werde auf § 822 ABGB (§ 75 III. Teilnovelle) gestützt.

Das Erstgericht gab diesem Antrag ohne Anhörung der Gegnerin der gefährdeten Partei zur Gänze statt. Es nahm den Anspruch der gefährdeten Partei, die Erbberechtigung der Gegnerin der gefährdeten Partei nach Michael F ebenso als bescheinigt an wie daß zahlreiche Exekutionsverfahren gegen die Gegnerin der gefährdeten Partei anhängig sind, der Nachlaß nach Michael F für die gefährdete Partei die einzige Möglichkeit für eine Befriedigung der Forderung darstellt und auch andere Gläubiger vorhanden sind, die auf die Verlassenschaft greifen könnten, und eine Einantwortung des Nachlasses noch nicht erfolgt ist. In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht die Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung als gegeben.

Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses der Gegnerin der gefährdeten Partei den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne der Abweisung des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab. Gemäß § 75 der III. Teilnovelle zum ABGB könnten zur Sicherung von Forderungen gegen einen Erben bei Vorhandensein der im § 379 Abs. 2 EO angegebenen Voraussetzungen zugunsten der Gläubiger des Erben in Ansehung des ihm angefallenen Erbgutes vor der Einantwortung einstweilige Verfügungen getroffen werden. § 379 Abs. 2 EO verlange aber nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung eine subjektive Gefährdung. Es müßten Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich machten, daß durch das Verhalten des Schuldners die Hereinbringung der Forderung eines bestimmten Gläubigers vereitelt oder erheblich erschwert würde. Dies sei dann zu bejahen, wenn Eigenschaften oder ein Verhalten des Gegners bescheinigt würden, die ihn in einem Licht zeigten, aus dem sich die hohe Wahrscheinlichkeit der Vornahme von Vereitelungshandlungen ableiten ließe. Ein bloß passives Verhalten genüge nicht. Die gefährdete Partei habe lediglich darauf hingewiesen, daß die Vermögenslage der Antragsgegnerin äußerst schlecht sei. Sie habe aber weder behauptet noch bescheinigt, daß die Gegnerin der gefährdeten Partei irgendein positives Handeln beabsichtige, das eine Gefährdung der Ansprüche der Antragstellerin herbeiführen könnte. Daraus, daß sich die Gegnerin der gefährdeten Partei gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung wehre, könne keineswegs auf ihre Absicht geschlossen werden, die Hereinbringung der Forderung zu vereiteln oder zu erschweren. Die Voraussetzungen des § 379 Abs. 2 EO seien daher nicht erfüllt. Im übrigen wäre die begehrte einstweilige Verfügung auch deswegen unzulässig, weil die gefährdete Partei nicht bescheinigt habe, daß die Gegnerin der gefährdeten Partei den ihr angefallenen Nachlaß durch die Abgabe der Erbserklärung angetreten habe.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Rechtsgrundlage für die beantragte einstweilige Verfügung könnte - wie die gefährdete Partei in ihrem Antrag selbst erkannt hat - nur § 75 der III. Teilnovelle sein. Die Geltendmachung der in dieser Bestimmung normierten Rechte setzt nach herrschender Lehre voraus, daß der Erbe die Erbschaft angetreten hat (Schell in Klang[1] II/1, 837; Weiß in Klang[2] III 1063; Welser in Rummel, ABGB Rdz. 1 zu § 822; aM Langer in GZ 1919, 200). Der herrschenden Lehre ist zu folgen, weil der Erbe nicht zum Erbantritt gezwungen werden, sondern die Erbserklärung unterlassen (§ 120 AußStrG) oder die Erbschaft ausschlagen (§ 805 ABGB) kann, eine Erbserklärung des Erbengläubigers anstelle des Erben mangels diesbezüglicher gesetzlicher Regelung undenkbar und jede Sicherungsmaßnahme ohne Erbantritt sinnlos ist (vgl. auch Langer aaO). Ob eine Anfechtung der Unterlassung des Antritts der Erbschaft iS der §§ 36 KO, 7 AnfO einen Einfluß auf die Anwendbarkeit des § 75 der III. Teilnovelle hat, braucht hier nicht geprüft werden, weil diesbezüglich nichts behauptet wurde.

Geht man von diesen Grundsätzen aus und berücksichtigt man, daß die gefährdete Partei in ihrem Rechtsmittel selbst ausführt, sie habe weder behauptet noch bescheinigt, daß die Gegnerin der gefährdeten Partei den angefallenen Nachlaß durch Abgabe einer Erbserklärung angetreten habe, dann muß schon dieser Umstand zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses führen.

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