OGH 5Ob509/83

OGH5Ob509/8322.2.1983

SZ 56/29

Normen

ABGB §879
ABGB §914
ABGB §879
ABGB §914

 

Spruch:

Die Anwendbarkeit des Wertmessers einer Wertsicherungsklausel (hier ua. des Pflegekostensatzes eines bestimmten Krankenhauses) ist nicht davon abhängig, daß die Entwicklung des dort herangezogenen Preises der nach irgendwelchen Indexziffern gemessenen allgemeinen Preisentwicklung entspricht. Das Beharren auf Vertragserfüllung kann aber sittenwidrig sein, wenn aus einem bei Vertragsabschluß nicht vorhersehbaren Grund ein Vertragspartner unverhältnismäßig bereichert würde

OGH 22. 2. 1983, 5 Ob 509/83 (OLG Innsbruck 5 R 330/82; LG Innsbruck 6 Cg 593/81)

Text

Am 29. 11 1952 schlossen die Beklagten als Bestandnehmer mit Franz L, dem Vater und Rechtsvorgänger des Klägers, als Bestandgeber einen als Pachtvertrag bezeichneten Bestandvertrag. Gegenstand dieses Vertrages war der im Erdgeschoß des Hauses Lienz, A K-Gasse 3, gelegene Gastgewerbebetrieb. Der den Pachtzins betreffende Vertragspunkt II lautet:

"Als Pachtzins für den Pachtgegenstand sind 6% (in Worten: sechs vom Hundert) des Umsatzes, den die Pächter aus dem Betriebe des unter Punkt I genannten Pachtobjektes erzielen, monatlich zu bezahlen.

Als Mindestbetrag ist an Pachtzins jedoch ein Betrag von mindestens 3000 S (in Worten: dreitausend Schilling) von den Pächtern pro Monat zu bezahlen, wenn auch die 6% aus dem Umsatz die Summe von 3000 S nicht erreichen sollten. Es ist daher monatlich ein sogenannter garantierter Mindestpachtzins in Höhe von 3000 S unbeschadet des Ausmaßes des Umsatzes zu bezahlen. Es beträgt daher der Mindestpacht für drei Monate, dh. pro Vierteljahr, beginnend ab 1. 1. 1953 bzw. am 1. 1. eines jeden Jahres, 9000 S (in Worten: neuntausend Schilling). Sollte der 6%ige Umsatz innerhalb eines jeden Vierteljahres nicht den Betrag von 9000 S erreichen, so ist dennoch für diese drei Monate des Vierteljahres der Betrag von 9000 S zu entrichten.

Der Pachtzins ist, wenn derselbe auch nach dem Umsatz errechnet wird, wertbeständig zu entrichten. Als Bemessungsgrundlage für die Wertbeständigkeit wird der Durchschnitt der Änderungen nachstehender Leistungen bzw. Vergütungen vereinbart:

1. Der vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung in Wien 1, Wipplingerstraße 34, herausgegebene Index für Lebenshaltung und Handel;

2. der Verpflegskostensatz in der dritten Klasse des Bezirkskrankenhauses Lienz nach dem Stand der jeweiligen Kundmachungen des Bezirkshauptmannes von Lienz, bzw. Landeshauptmannes von Tirol. Derzeit beträgt der Tagesverpflegskostensatz für Inländer in der dritten Klasse 39.50 S;

3. der Einstandspreis von einem Hektoliter hellem, sogenanntem vollgradigem Faßbier der Brauerei Göß in Falkenstein, welcher derzeit 299.20 S beträgt.

Um festzustellen, ob eine Änderung des vereinbarten Pachtzinses eintritt, werden die perzentuellen Änderungen aller drei bzw. der geänderten Vergleichsgruppen zusammengezählt und die so ermittelte Ziffer durch drei dividiert. Eine solche Wertsicherung tritt dann in Wirkung, sofern der Durchschnitt der Änderung 5 vH über- oder unterschreitet, sodaß Änderungen bis 5% vernachlässigt werden. Übersteigt aber eine Änderung 5%, tritt die Wertsicherung hinsichtlich der ganzen Erhöhung oder Ermäßigung in Kraft ....."

Mit der am 12. 10. 1981 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Klager, die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Bezahlung von 60 903.94 S samt 4% Zinsen seit 25. 9. 1981 zu verurteilen. Der auf Grund des Pachtvertrages zu entrichtende Mindestpachtzins belaufe sich für die Monate Jänner 1981 bis einschließlich Juni 1981 auf zusammen 201 217.80 S. Da nur 140 313.86 S bezahlt worden seien, sei ein seit spätestens 25. 9. 1981 fälliger Betrag von 60 903.94 S ausständig.

Das Erstgericht erkannte iS der Klage. Das Erstgericht grundete seine Entscheidung über den bereits angeführten und unbestrittenen Sachverhalt hinaus auf folgende Tatsachenfeststellungen: Franz L sen., der Vater des Klägers, erkrankte im Jahre 1950 an der Bauchspeicheldrüse und war im Jahre 1952 nicht mehr in der Lage, seinen im Hause Lienz, A K-Gasse 3, bis Frühjahr 1952 geführten und damals gerade im Auf- bzw. Umbau befindlichen Gastgewerbebetrieb weiterzuführen. Zufolge seiner Erkrankung war Franz L bei Abschluß des Bestandvertrages mit den Beklagten bestrebt, den Bestandzins derart wertzusichern, daß die Krankenhauskosten durch ihn jederzeit gedeckt werden könnten. Aus diesem Gründe wurde als dritte Komponente der Wertsicherung der Verpflegskostensatz in der dritten Klasse des Bezirkskrankenhauses Lienz vereinbart. Nach der im Bestandvertrag festgehaltenen Wertsicherungsberechnung hätte der monatliche Mindestbestandzins im Jahre 1981 33 536.30 S betragen. Für das erste Halbjahr 1981 ergibt sich somit ein Mindestbestandzins von 201 217.80 S. Da die Beklagten für diesen Zeitraum nur 140 313.86 S bezahlten, errechnet sich eine Differenz von 60 903.94 S. Im Zeitpunkt der Vertragserrichtung (29. 11. 1952) waren gemäß § 36 Abs. 1 Krankenanstaltengesetz, StGBl. 1920/327, mit den Verpflegsgebühren folgende Leistungen des Allgemeinen Öffentlichen Bezirkskrankenhauses Lienz abgegolten: Unterkunft, ärztliche Untersuchung und Behandlung, Beistellung von Heilmitteln, Pflege und Verköstigung. Nach § 40 Abs. 1 Tiroler Krankenanstaltengesetz, LGBl. 1958/5, sind mit den Pflegegebühren die Unterbringung, die ärztliche Untersuchung und Behandlung sowie die Beistellung der Heilmittel, Pflege und Verköstigung abgegolten. Der Verpflegskostensatz in der dritten Verpflegsklasse betrug am Krankenhaus Lienz im Jahre 1952 täglich 39.50 S. Im Jahre 1981 betrug dieser Satz in der allgemeinen Klasse (dritte Verpflegsklasse) 1000 S. Seit 1973 wird zu diesem Satz die Umsatzsteuer in Höhe von 8% dazugerechnet. Mit dem in Punkt 2 der im Bestandvertrag enthaltenen Wertsicherungsvereinbarung aufscheinenden Wort "Verpflegskostensatz" waren nicht nur die Verpflegung - also die Kosten mundgerecht zubereiteter Lebensmittel für einen Tag -, sondern die gesamten Aufwendungen im Krankenhaus gemeint.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß die im Bestandvertrag getroffene Wertsicherungsvereinbarung rechtswirksam sei und auch nicht gegen die guten Sitten verstoße. Da sich auf Grund dieser Vereinbarung die Berechtigung der Klageforderung ergebe, sei dem Klagebegehren im vollen Umfang stattzugeben.

Das Berufungsgericht bestätigte die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 29 246.14 S samt 4% Zinsen seit 25. 9. 1981 als Teilurteil und hob das Ersturteil im übrigen unter Zurückverweisung der Rechtssache in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht auf. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen mit Ausnahme der Feststellung, daß der Mietzinsrückstand 60 903.94 S betrage.

Das Erstgericht habe sich weder mit dem Einwand auseinandergesetzt, der am 29. November 1952 abgeschlossene Bestandvertrag habe keine Unternehmenspacht, sondern eine Raummiete beinhaltet, noch habe es die - bei Annahme einer Raummiete unter Umständen bedeutsame - Frage erörtert, ob die Bestandzinsbildung dem Mietengesetz oder den im Jahre 1952 in Kraft befindlichen Preisregelungsvorschriften bzw. ab 1. 7. 1954 dem Zinsstoppgesetz unterlegen sei. In der Berufung der Beklagten werde diese Frage nicht releviert, sondern ausdrücklich eingeräumt, daß es im vorliegenden Falle "sicher keine Rolle spiele", ob zwischen den Parteien im Rechtssinn Miete oder Pacht vereinbart worden sei. Für den Fall einer Unternehmenspacht wäre eine freie Bestandzinsvereinbarung und damit auch die Vereinbarung einer Wertsicherung jederzeit zulässig gewesen. Aber auch bei einer bloßen Raummiete sei dies unter bestimmten Voraussetzungen möglich gewesen. Ob diese Voraussetzungen hier vorgelegen seien, könne dahingestellt bleiben. In ihrer im vorliegenden Verfahren am 10. 12. 1981 - also noch vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes - erstatteten Klagebeantwortung hätten die Beklagten die Rechtsgültigkeit der im Bestandvertrag vom 29. 11. 1952 getroffenen Mietzinsabrede ausdrücklich bestätigt, was einer nach § 16 Abs. 1 MG zulässigen Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses gleichkomme. Strittig sei lediglich die Auslegung dieser Abrede. Zufolge des Grundsatzes der Vertragsfreiheit stehe es den Parteien frei, bei einer gesetzlich zulässigen Wertsicherungsvereinbarung einen Wertmesser nach ihrer Wahl festzulegen. Für den von dem Beklagten geltend gemachten Fall der unverhältnismäßigen Schwankung habe die Rechtsprechung bisher am vereinbarten Wertsicherungsmaßstab festgehalten. Das Bestehen auf dem vereinbarten Wertmesser könne nur dann als sittenwidrig und damit unzulässig angesehen werden, wenn dieser eine ganz unvorhergesehene Entwicklung nehme. Jede Wertsicherungsvereinbarung setze als bewußte Regelung eines Risikos eine Prognose voraus. Indexklauseln seien längst weithin bekannt. Eine solche Klausel sei auch den Parteien des Bestandvertrages vom 29. 11. 1952 geläufig gewesen und von ihnen auch herangezogen worden. Wenn die Parteien statt oder neben einem auf einer Vielzahl von Preisen beruhenden Index einen oder - wie hier - mehrere andere Wertsicherungsmaßstäbe wählten, müsse grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß dies ihren Intentionen besser entspreche. Es sei den Beklagten einzuräumen, daß die bei den Krankenhauskosten in den letzten 30 Jahren eingetretene Erhöhung die allgemeine Teuerungsrate um ein Vielfaches übersteige. Daß die Preise in bestimmten Lebensbereichen sehr stark anstiegen, in anderen aber fast gleichblieben bzw. sogar sänken, sei eine Tatsache, die allen intelligenten und auf die Verhältnisse ihrer Umgebung aufmerksamen Personen bekannt sein könne. Die von verschiedenen Institutionen laufend veröffentlichten Preisindices versuchten, die unterschiedliche Preisentwicklung durch die Bedachtnahme auf eine Vielzahl von Preisen auszugleichen. Im vorliegenden Fall hätten die Parteien als Wertmaßstab einen solchen Index zugrunde gelegt und ihm mit den Positionen "Krankenhauskosten" und "Bierpreis" verkettet. Folge man den sich aus dem Bericht des vom Kläger herangezogenen Wirtschaftstreuhänders und Steuerberaters Dipl.-Kfm. Werner N ergebenden Ziffern, so sei der vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung herausgegebene Index für Lebenshaltung und Handel zwischen Dezember 1952 und Jänner 1980 von 823.6 auf 2298.8 und der Einstandspreis von einem Hektoliter hellem, sogenanntem vollgradigem Faßbier der Brauerei Göß in Falkenstein von 299.20 S auf 706 S gestiegen. Daraus lasse sich für den genannten Index eine Steigerung von 179.11% und für den Bierpreis eine Steigerung von 135.96% errechnen. Bei den Krankenhaus-Pflegekosten habe die Steigerung im selben Zeitraum (von 39.50 S auf 920 S) aber 2229.1% betragen. Werde auf der Grundlage dieser Ziffern mit der keinen Streitpunkt bildenden (vereinbarten) Berechnungsmethode die Höhe der Aufwertung des Mindestzinses ermittelt, so ergebe sich eine Steigerungsrate von 848.06% (1/3 der Summe von 179.11, 2229.1 und 135.96). Der Mindestzins würde sich dadurch von monatlich 3000 S auf monatlich 28 441.80 S erhöhen, was einer Steigerung auf etwa das Neuneinhalbfache entspreche. Entgegen der vom Erstbeklagten verfochtenen Meinung entspreche eine in einem Zeitraum von 28 Jahren eingetretene Teuerung in diesem Ausmaß nicht einer Verteuerung von 30.3% jährlich; vielmehr liege die laufende Teuerungsrate bei etwas mehr als 8% jährlich. Die beim erwähnten Index eingetretene Steigerung von 823.6 auf 2298.8 entspreche einer durchschnittlichen Steigerung von etwa 3.75% jährlich. Daß Preissteigerungen in dem sich aus der Wertsicherungsklausel der Streitteile ergebenden Ausmaß in den letzten drei Jahrzehnten in einer ganzen Reihe von Lebensbereichen tatsächlich eingetreten seien, könne als offenkundig gelten (§ 269 ZPO). Ebenso offenkundig sei allerdings auch, daß eine derartige Preissteigerung die allgemeine Teuerungsrate weit überschreite. Dies mache das Beharren des Klägers auf der vereinbarten Wertsicherung aber noch nicht sittenwidrig und damit unzulässig. Wie bereits erwähnt, könnte eine Sittenwidrigkeit nur dann angenommen werden, wenn die von den Parteien vereinbarte Wertsicherung eine ganz unvorhergesehene Entwicklung genommen hätte. Dies könne aber nicht gesagt werden. Durch die zusätzliche Heranziehung der Krankenhauskosten und des Bierpreises als Wertmaßstab neben einem allgemeinen Lebenshaltungskostenindex hätten die Parteien bewußt in Kauf genommen, daß die bedungene Wertsicherung nicht mit der allgemeinen Teuerungsrate konform gehen werde, sondern neben dieser an die Preisentwicklung in ihnen besonders wichtig erscheinenden Bereichen gebunden sein werde. Das Ergebnis dieser bewußten Abkoppelung der Wertsicherung von der allgemeinen Teuerungsrate sei nicht so, daß es dem Rechtsgefühl der Rechtsgemeinschaft, das sei aller billig und gerecht Denkenden, widerspreche und damit als sittenwidrig zu beurteilen sei. In diesem Zusammenhang könne auch darauf verwiesen werden, daß der im Bestandvertrag in erster Linie vereinbarte und auf der Basis des Umsatzes zu ermittelnde Bestandzins nach den sich aus dem Bericht des Dipl.-Kfm. Werner N ergebenden Ziffern im zweiten Halbjahr des Jahres 1977, im ersten und dritten Quartal des Jahres 1978 und im dritten Quartal der Jahre 1979 und 1980 über dem von dem Genannten ermittelten Mindestzins gelegen sei. Der auf Grund der Wertsicherungsklausel für die erste Hälfte des Jahres 1981 - also dem von der Klageforderung erfaßten Zeitraum - vorhandene Zinsrückstand stehe noch nicht fest. Aber selbst bei Bedachtnahme auf die zwischen Jänner 1980 und dem ersten Halbjahr 1981 eingetretene allgemeine Teuerung und das inzwischen erfolgte Ansteigen der als Wertmaßstab festgelegten Krankenhauskosten (1000 S gegenüber 920 S) könne das Beharren des Klägers auf der bedungenen Wertsicherung nicht als sittenwidrig und damit unzulässig gelten. Soweit der Erstbeklagte darauf verweise, daß es den Vertragsteilen um eine Wertbeständigkeit des Mindestzinses gegangen sei, und meine, daß diese Wertbeständigkeit (nur) an die allgemeine Teuerungsrate bzw. den inneren Wert der österreichischen Währung geknüpft werden sollte, könne ihm auf Grund des in diesem Punkt eindeutigen und eine andere Auslegung nicht zulassenden Wortlautes der getroffenen Vereinbarung nicht gefolgt werden. Angesichts des eindeutigen Textes sei auch kein Raum für eine Vertragsergänzung iS des § 914 ABGB. In der Berufung werde von den Beklagten (rechnerisch) Einbeziehung der Wertsicherungskomponente "Verpflegskostensatz in der dritten Klasse des Bezirkskrankenhauses Lienz" für das erste Halbjahr 1981 ein Mietzinsrückstand von 29 246.14 S ergebe. Da auch die mit 25. 9. 1981 eingetretene Fälligkeit dieses Teilbetrages keinen Streitpunkt bilde, sei das Ersturteil insoweit als Teilurteil zu bestätigen. Im übrigen sei der Berufung Folge zu geben und die Rechtssache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen gewesen. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht die für die Ermittlung der Aufwertung des Mindestzinses im ersten Halbjahr 1981 notwendigen Komponenten (Indexziffern des im Vertrag vereinbarten Lebenshaltungskostenindexes sowie Höhe des im Vertrag erwähnten Bierpreises in diesem Zeitraum) festzustellen und in Form einer nachvollziehbaren und damit überprüfbaren Berechnung darzulegen haben, welcher Rückstand für den fraglichen Zeitraum noch bestehe, was bisher nicht geschehen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes Folge, hob das Teilurteil und das Urteil des Erstgerichtes, soweit es durch dieses Teilurteil bestätigt wurde, auf und verwies die Rechtssache auch in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach herrschender Auffassung sind Wertsicherungsklauseln grundsätzlich zulässig; sie verstoßen an sich weder gegen das Gesetz noch gegen die guten Sitten; sie haben nur dann und insoweit unberücksichtigt zu bleiben, als sie der Gesetzgeber ausdrücklich verboten hat oder als sie in einem bestimmten Fall mit § 879 ABGB nicht vereinbar sind (Stanzl in Klang[2] IV/1, 724 unter Hinweis auf Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 201 je mit weiteren Nachweisen; Ertl, Inflation, Privatrecht und Wertsicherung 56; SZ 38/164 uva.). Dies gilt auch für Wertsicherungsklauseln, die als Wertmesser oder einen der mehreren zu berücksichtigenden Wertmesser den Verpflegskostensatz (Pflegegebührensatz) eines Krankenhauses wählen (1 Ob 657/53; 3 Ob 513/56; 7 Ob 96/57; 3 Ob 220/59 ua.; zuletzt etwa 1 Ob 619/77; vgl Stanzl aaO 732 FN 143; Ertl aaO 103 FN 450, wo die Entscheidung 7 Ob 96/57 unrichtig als 1 Ob 96/57 zitiert ist).

Bei der Anwendung von Wertsicherungsklauseln ist davon auszugehen, daß sich die Höhe der vom Schuldner zu erbringenden Leistung grundsätzlich nach der Entwicklung des Preises des gewählten Wertmessers bestimmt. Das Gericht kann die Anwendbarkeit des gewählten Wertmessers nicht davon abhängig machen, daß die Entwicklung des Preises dieses Wertmessers der nach irgendwelchen Indexziffern gemessenen allgemeinen Preisentwicklung entspricht (Stanzl aaO 732 FN 145; Ertl aaO 62 FN 268; SZ 22/82; SZ 38/164; JBl. 1971, 260). Indexklauseln sind längst weithin bekannt; wenn die Parteien einen abweichenden oder kombinierten Wertmesser wählen, muß grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß er ihren Intentionen besser entspricht. Kein Wertmesser ist ideal; wer vom Verbraucherpreisindex abgeht, nimmt besondere Risken auf sich; er kann sich nicht gleichzeitig doch wieder an diesem orientieren. Macht der gewählte Wertmesser erstaunliche Sprünge, so kann nicht einfach das behauptete Motiv - die "Sicherung des inneren Geldwertes" - zum Vertragsinhalt erhoben werden (Ertl aaO 104; zur Bedeutungslosigkeit des Motivs ebenso 3 Ob 220/59). Grundsätzlich ist nicht zu untersuchen, welche Ursachen die Entwicklung des Preises des gewählten Wertmessers hat (Ertl aaO 62); dies wurde insbesondere auch für die Änderung als Wertmesser gewählter geregelter Preise ausgesprochen (EvBl. 1952/3; 1 Ob 657/53; Ertl aaO 103 FN 448 und 449). Hinsichtlich des Wertmessers "Verpflegskostensatz für Patienten der zweiten Klasse" wurde in 7 Ob 96/57 unter Berufung auf 1 Ob 657/53 der Einwand, aus verwaltungstechnischen Gründen sei eine Erhöhung des ursprünglich unter dem allgemeinen Preisniveau gelegenen Satzes in einem Ausmaß vorgenommen worden, das über jenes der allgemeinen Preissteigerungen hinausgehe, für unbeachtlich erklärt und ausgeführt, daß es nicht darauf ankommt, ob der Verwaltungsaufwand nicht nur infolge allgemeiner Preissteigerungen, sondern auch infolge der Neueinführung bestimmter Medikamente, der Vermehrung der Zahl der angestellten Ärzte usw. gestiegen ist. Auch in 3 Ob 220/59 wurde die Ansicht vertreten, daß es unerheblich ist, auf welcher Grundlage die Verpflegskosten berechnet werden; nach dieser Entscheidung kann nicht überprüft werden, ob der Verwaltungsaufwand des Krankenhauses nicht nur infolge einer allgemeinen Preissteigerung, sondern auch durch die besonderen Verhältnisse in den Krankenanstalten gestiegen ist; desgleichen nicht, ob der Verpflegssatz seinerzeit nicht kostendeckend war und im Laufe der Zeit zur Deckung der Kosten erhöht wurde; alle diese Faktoren nehmen die Parteien, die diesen Wertmesser vereinbaren, in Kauf. Diebereits genannte Entscheidung 1 Ob 657/53 gelangte gleichfalls zu dem Ergebnis, daß es für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung ist, ob die Parteien daran gedacht haben, daß sich der Verpflegskostensatz in größerem Ausmaß erhöhen werde als der Preis der Lebensmittel, weil die Parteien dadurch, daß sie den Verpflegskostensatz zum Wertmesser wählten, einverständlich zum Ausdruck brachten, daß eine Verminderung der Kaufkraft eben nach dem Verpflegskostensatz und nicht nach anderen Sachgütern zu berechnen sei, wodurch sie eine den Preis anderer Sachgüter übersteigende Erhöhung des Verpflegskostensatzes in Kauf nahmen.

Die äußerste Grenze, bis zu welcher die Parteien an ihrer Wertsicherungsvereinbarung festzuhalten sind, wird durch § 879 ABGB gezogen (1 Ob 657/53; vgl. auch SZ 38/164 ua.). Diese Grenze wurde von den Entscheidungen 3 Ob 513/56 und 7 Ob 96/57 darin gesehen, daß zwischen der Verpflegskostenerhöhung und der Geldwertänderung, die seit dem Vertragsabschluß eingetreten sind, kein krasses Mißverhältnis bestehen darf. Die neuere Rechtsprechung, der auch der erkennende Senat folgt, hält dafür, daß es auf das Verhältnis der Erhöhung der als Wertmesser vereinbarten Pflegegebühren zur Kaufkraft des Schillings nicht ankommt, das Beharren auf der Vertragserfüllung aber sittenwidrig sein kann, wenn aus einem Grund, der bei Vertragsabschluß unmöglich vorhergesehen werden konnte, der eine Kontrahend durch die Vertragserfüllung unverhältnismäßig bereichert würde (EvBl. 1967/175; JBl. 1971, 260; MietSlg. 29 120; 1 Ob 619/77; vgl. auch Ertl aaO 56).

Geht man von diesen Rechtsgrundsätzen und dem von den Vorinstanzen erhobenen Sachverhaltsbild aus, so ist nicht dem Rechtsstandpunkt der Beklagten, sondern der Rechtsmeinung des Klägers und der Vorinstanzen beizupflichten. Das Motiv der Vertragsparteien ist unerheblich. Welcher Prozentsatz des Verpflegskostensatzes bzw. Pflegegebührensatzes jeweils auf die reinen Lebensmittelkosten entfällt, ist - abgesehen davon, daß die Parteien hier unter den Verpflegskosten festgestelltermaßen nicht nur die Kosten mundgerecht zubereiteter Lebensmittel, sondern alle Aufwendungen im Krankenhaus (also neben der Verköstigung auch die Unterkunft, die ärztliche Untersuchung und Behandlung, die Beistellung der Heilmittel sowie die Pflege) meinten - gleichfalls nicht bedeutsam. Daß der von ihnen zu entrichtende Mindestbestandzins (unter Umständen erheblich) stärker steigt, als es der Geldwertänderung entspräche, haben die Beklagten durch Abschluß der streitgegenständlichen Wertsicherungsvereinbarung in Kauf genommen; sie können die demnach erfolgte Übernahme des Risikos einer solchen Entwicklung nicht mit dem Hinweis ungeschehen machen, dies nicht gewollt zu haben. Das Berufungsgericht hat richtig erkannt, daß angesichts der eindeutigen vertraglichen Regelung kein Raum für eine Vertragsergänzung iS des § 914 ABGB gegeben ist.

Das Bestehen des Klägers auf der Zuhaltung der Wertsicherungsvereinbarung ist schon deswegen nicht sittenwidrig, weil hiefür die Voraussetzung fehlt, daß die eingetretene Entwicklung bei Vertragsabschluß unmöglich vorhergesehen werden konnte. Der OGH hat bereits in der Entscheidung 1 Ob 619/77, der eine im Mai 1953 im Rahmen eines Leibrentenvertrages vereinbarte Wertsicherungsklausel zugrunde lag, die als Wertmesser den Verpflegskostensatz der zweiten Klasse für Privatpatienten eines Krankenhauses aufwies, hervorgehoben, daß die Verpflegskosten schon in den Jahren vor Vertragsabschluß immer wieder empfindlich erhöht wurden, die Parteien also mit weiteren Erhöhungen rechnen mußten. Auch Ertl (aaO 104) führt aus, daß die jeweiligen Änderungen kaum je unvorhersehbar sind, von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage also kaum je gesprochen werden kann; insbesondere mit der Änderung staatlich festgesetzter Preise muß jeder rechnen.

Auf Grund der Darlegungen des Berufungsgerichtes kann aber auch nicht gesagt werden, daß der Kläger durch die Vertragserfüllung unverhältnismäßig bereichert würde, zumal wenn man die lange Vertragsdauer und den Umstand mitberücksichtigt, daß infolge des kombinierten Wertmessers die stärkere Erhöhung der Pflegegebühren durch die geringere Erhöhung des Bierpreises und des Lebenshaltungskostenindexes in ihren Auswirkungen gemildert wird. Darauf, daß der im Bestandvertrag in erster Linie vereinbarte und auf der Basis des Umsatzes zu ermittelnde Bestandzins auch noch in den letzten Jahren zeitweise über dem Mindestbestandzins lag, was im wesentlichen auf die Tüchtigkeit der Beklagten zurückzuführen sein mag, kommt es bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht mehr entscheidend an. Einer in Zukunft aus der getroffenen Wertsicherungsvereinbarung allenfalls erwachsenden wirtschaftlich untragbaren Belastung werden die Beklagten durch die - mangels abweichender Vereinbarung nach § 560 Abs. Z 2 lit. c oder e ZPO vorzunehmende - Kündigung oder vorzeitige Auflösung des Bestandvertrages aus wichtigem Grund begegnen können.

Zutreffend weisen jedoch die Beklagten unter dem Gesichtspunkt des § 503 Z 2 ZPO darauf hin, daß sie in der Berufung nicht (rechnerisch) zugestanden haben, bei voller Einbeziehung der Wertsicherungskomponente "Verpflegskostensatz" ergebe sich für das erste Halbjahr 1981 ein Bestandzinsrückstand von 29 246.14 S, sondern daß es sich dabei nur um eine approximative Berechnung handle. Dies geht daraus hervor, daß die Beklagten in der Berufung die mathematische Berechnung des Bestandzinsrückstandes als fehlerhaft bezeichneten, als monatlichen Mindestbestandzins für das Jahr 1981 einen Betrag von zirka 28 260 S anführten und von einem arithmetischen Mittel der Steigerung der drei Wertsicherungskomponenten von "höchstens (Irrtum vorbehalten) 942%" bzw. "etwa 942%" gegenüber einem vom Kläger angenommenen von 1117.87% ausgingen. Es erweist sich daher als unumgänglich, in Stattgebung der Revision das angefochtene Teilurteil des Berufungsgerichtes und damit das Ersturteil zur Gänze aufzuheben und die Rechtssache in vollem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte