Normen
AO §11
AO §55c
AO §11
AO §55c
Spruch:
Auch auf ein Absonderungsrecht gestützte Klagen auf Zahlung bei Exekution in ein Vermögensstück, das in einem Liquidationsausgleich dem Sachwalter übertragen wurde, können bis zur Beendigung der Sachwalterschaft nur gegen den Sachwalter gerichtet werden OGH 11. November 1982, 7 Ob 770/82 (OLG Graz 5 R 79/82; KG Leoben, 8 Cg 168/81)
Text
Die klagende Sparkasse hat dem Beklagten am 22. 5. 1975 einen Kredit im Höchstbetrag von 300 000 S eingeräumt, der auf der Liegenschaft des Beklagten EZ 344 KG A sichergestellt worden ist.
In einem gegen den Beklagten anhängigen Ausgleichsverfahren wurde Rechtsanwalt Dr. Alois K zum Ausgleichsverwalter und nach Beendigung des Verfahrens zum Sachwalter der Gläubiger bestellt. Ihm wurde im Jahre 1977 zur Durchführung eines Liquidationsausgleiches das gesamte Vermögen des Beklagten, darunter auch die Liegenschaft EZ 344 KG A, treuhändig übergeben. Zu diesem Zeitpunkt war die Liegenschaft bereits mit dem den Kredit der Klägerin sichernden Pfandrecht belastet. Bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz war die Liegenschaft noch nicht verwertet und die Sachwalterschaft noch nicht beendet.
Die Klägerin begehrt die Rückzahlung des noch offenen Kredites in der Höhe von 246 558.80 S samt Anhang bei sonstiger Exekution in die Liegenschaft EZ 344 KG A.
Während das Erstgericht dem Klagebegehren stattgegeben hat, wurde dieses vom Berufungsgericht infolge Fehlens der Passivlegitimation des Beklagten mit der Begründung abgewiesen, beim Liquidationsausgleich könne eine auf Befriedigung aus einer zur Liquidationsmasse gehörenden Sache gerichtete Klage nur gegen den Sachwalter eingebracht werden.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Zweck des sogenannten Liquidationsausgleiches (§ 55c Abs. 2 AO) ist nicht die bloße Überwachung der Erfüllung des Ausgleiches durch den Schuldner, sondern die Sicherstellung der Ausgleichserfüllung durch einen Sachwalter, der also in diesem Falle (Vermögensübertragung) die Pflichten des Ausgleichsschuldners aus dem übertragenen Vermögen zu erfüllen hat (Bartsch - Pollak[3] II 474; SZ 43/42 ua.). Auf die Durchführung des Ausgleiches kann also in einem solchen Falle der Ausgleichsschuldner keinen Einfluß mehr nehmen (SZ 47/122; SZ 47/14 ua.). Sohin sind Klagen der auf das übertragene Vermögen verwiesenen Gläubiger gegen den Sachwalter persönlich zu richten (Bartsch - Pollak aaO 478). Zwar kann der Ausgleichsschuldner auch allein geklagt werden, doch verschafft das gegen ihn erwirkte Urteil dem Gläubiger keinen Zugriff auf das Ausgleichsvermögen und hat auch keine bindende Wirkung für den Sachwalter (SZ 47/122 ua.).
Es ist nun richtig, daß vor der Eröffnung des Ausgleiches an einzelnen Vermögensstücken des Schuldners erworbene Pfandrechte einen Absonderungsanspruch begrunden, der gemäß § 11 AO durch die Eröffnung des Ausgleichs nicht berührt wird. Die Befriedigung der Absonderungsgläubiger im Ausgleich obliegt dem Schuldner. Die Pflichten des Schuldners gehen beim Liquidationsausgleich aber auf den Sachwalter über. Dessen Tätigkeit bezieht sich auf die Ausgleichserfüllung und deren Sicherung. Da beim Liquidationsausgleich die Pflichten des Schuldners auf den Sachwalter übergehen, hat dieser für die Absonderungsgläubiger am übertragenen Vermögen so zu sorgen, wie es dem Schuldner oblegen wäre (Bartsch - Pollak aaO 480). Solange die Sachwalterschaft aufrecht ist, hätte der Schuldner gar nicht die Möglichkeit, Forderungen von Absonderungsgläubigern aus dem dem Sachwalter übertragenen Vermögen zu befriedigen. Demnach können ausschließlich auf eine Befriedigung aus einem der Sachwalterschaft unterworfenen Vermögen gerichtete Klagen während der Sachwalterschaft nur gegen den Sachwalter eingebracht werden (SZ 47/122; SZ 43/42 ua.), was auch für Klagen von Absonderungsgläubigern gilt. Dies hat mit dem Bestand des gemäß § 11 AO durch den Ausgleich unberührt gebliebenen Absonderungsrechtes an sich nichts zu tun. Das Recht als solches bleibt bestehen, doch kann es nur gegen den Sachwalter geltend gemacht werden.
Wie bereits ausgeführt wurde, schließt die Sachwalterschaft nicht grundsätzlich Klagen gegen den Schuldner aus, doch setzt die Zulassung derartiger Klagen voraus, daß Urteilswirkungen, die sonst den Sachwalter treffen, auch gegen den Schuldner erreicht werden können (Bartsch - Pollak aaO 478 f., SZ 47/122 ua.). Dies wäre dann der Fall, wenn ganz allgemein die Befriedigung einer Forderung ohne Beschränkung auf bestimmte Vermögensteile angestrebt wird, weil das Urteil diesfalls auch eine Exekution auf der Sachwalterschaft nicht unterliegende Sachen oder auf vom Schuldner erst später erworbenes Vermögen ermöglichen würde. Wird aber die Befriedigung ausschließlich aus der Sachwalterschaft unterworfenen Vermögensstücken angestrebt, so kann dieses Ziel bei aufrechter Sachwalterschaft mittels eines nur gegen den Schuldner erwirkten Urteiles nicht erreicht werden. Diesfalls fehlt es also an der geschilderten Voraussetzung für eine Klage gegen den Schuldner allein.
Die theoretische Möglichkeit, daß die in Anspruch genommene Liegenschaft durch den Sachwalter nicht verwertet und nach Aufhebung der Sachwalterschaft wieder in die freie Verfügung des Schuldners fallen könnte, begrundet dessen Passivlegitimation für Klagen auf Befriedigung auf dieser Liegenschaft bis zur Aufhebung der Sachwalterschaft nicht. Bis dahin hat nämlich der Gläubiger keinen Anspruch gegen den Schuldner selbst auf Befriedigung seiner Forderung aus dieser Liegenschaft. Dieser Anspruch besteht nur gegen den Sachwalter. Daß ein solcher Anspruch in Zukunft gegen den Schuldner entstehen könnte, ist unerheblich, weil eine Klage zur Durchsetzung erst in Zukunft vielleicht entstehender Ansprüche unzulässig ist (Fasching III 19). Entscheidungsgegenstand ist der Bestand oder Nichtbestand des Anspruches im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz (Fasching III 660).
Gemäß § 405 ZPO darf das Gericht nichts anderes zusprechen, als beantragt wurde. Es darf also kein aliud zuerkennen. Ob ein solches aliud vorliegt, ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem gestellten Begehren und dem Urteilsspruch unter Berücksichtigung der rechtserzeugenden Tatsachen. So stellt zB die Behandlung einer Pfandklage als persönliche Klage mit Beschränkung der Exekution ein aliud dar (Fasching III 647).
Daß die Verurteilung zur Leistung bei unbeschränkter Exekution gegenüber einer Verurteilung bei Exekution in einem bestimmten Gegenstand kein bloßes minus sein kann, bedarf wohl keiner näheren Begründung. Im übrigen ist eine der von der Klägerin behaupteten rechtserzeugenden Tatsachen die Einräumung eines Pfandrechtes ob einer bestimmten Liegenschaft und die dadurch erfolgte Begründung eines Absonderungsrechtes. Dieses Absonderungsrecht könnte im Hinblick auf den Ausgleich nur bei Exekution in die Liegenschaft geltend gemacht werden. Schon dies zeigt, daß ein auch nur teilweiser Zuspruch unter Weglassung der angeführten Exekutionsbeschränkung ein aliud wäre.
Eine Zustellung der Klage an den Sachwalter und dessen Verurteilung wäre im Hinblick auf die persönliche Inanspruchnahme des Beklagten nicht zulässig gewesen. Der Sachwalter ist nicht identisch mit dem Schuldner, weshalb das Gericht nicht von Amts wegen einen diesbezüglichen Parteiwechsel vornehmen darf.
Es ergibt sich sohin, daß die Klage nicht am Fehlen eines Rechtsschutzinteresses der Klägerin, sondern an der mangelnden Passivlegitimation des Beklagten scheitert. Die fehlende Sachlegitimation führt aber nicht zur Zurückweisung, sondern zur Abweisung der Klage.
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