Spruch:
Die Nebengebührensicherstellung ist keine selbständige Höchstbetragshypothek. Für den infolge unterbliebener oder nicht gehöriger Anmeldung nicht ausgenützten Teil der Nebengebührensicherstellung findet eine Zuweisung im Meistbotsverteilungsverfahren nicht statt
OGH 15. September 1982, 3 Ob 79/82 (LG Klagenfurt 2 R 86/82; BG Villach 14 E 45/81)
Text
Das Erstgericht verteilte das im gegenständlichen Zwangsversteigerungsverfahren für die 1434/10 000 Anteile des Verpflichteten an der Liegenschaft EZ 86 KG V erzielte Meistbot. Es ließ die von der G-Bank im Rahmen der Nebengebührensicherstellung angemeldete Forderung von 85 153.63 S ("Förderung aus Konto 12606970-0") sowie die angemeldete Forderung an "Zinsen inclusive Zinseszinsen, Verzugszinsen und erhöhten Zinsen" von insgesamt 185 745.37 S wegen nicht gehöriger Anmeldung unberücksichtigt.
Das Rekursgericht änderte diesen Verteilungsbeschluß dahin ab, daß der G-Bank unter Punkt I/1/b/bb der als "Forderung aus Konto 12606970-0" angemeldete Betrag von 85 153.63 S und von den angemeldeten Zinsen der Teilbetrag von 106 828.37 S, zusammen daher 191 982 S mit der Maßgabe zugewiesen wird, daß dieser Betrag unter Ersichtlichmachung des Pfandrechtes der G-Bank bei der K- Bank, zinsbringend anzulegen sei.
Infolge dieser Mehrzuweisung an die G-Bank wurde die Zuweisung an die Pfandgläubigerin V-Sparkasse (I, 2) von 450 000 S auf 319 338.92 S gekürzt; die Zuweisung an die Raiffeisenkasse T (I, 3) von 61 320.92 S entfiel überhaupt zur Gänze. Der V-Sparkasse und der Raiffeisenkasse T wurden jedoch unter I. 3. a) und b) die Zinsen aus der zinsbringenden Anlegung des unter 1. b) bb) angeführten Betrages von 191 982 S und ein nach Erledigung des betreffenden "Kreditverhältnisses" von dieser Summe allenfalls verbleibender Restbetrag zugewiesen. Entsprechend diesen Änderungen der Zuweisungen wurde vom Rekursgericht auch die bereits in den Verteilungsbeschluß aufgenommene Anweisung an die Verwahrungsstelle nach § 236 EO geändert.
Das Rekursgericht vertrat zusammenfassend die Ansicht, die Forderung von 85 153.63 S und die Zinsenforderung von insgesamt 185 745.37 S seien zwar nicht gehörig angemeldet worden, dennoch hätte auf diese Ansprüche im Rahmen der Nebengebührensicherstellung iS des § 224 Abs. 2 EO Bedacht genommen werden müssen, hinsichtlich der Zinsen jedoch wegen Ausschöpfung der Nebengebührensicherstellung (bis 192 700 S) nur im Teilbetrag von 106 828.37 S. Daraus ergebe sich eine Kürzung der Folgezuweisungen und der Ersatzzuweisung iS des § 224 Abs. 2 und § 219 Abs. 2 EO (letztere im neuen Punkt 3 a und b).
Diesen Beschluß des Rekursgerichtes bekämpft die V-Sparkasse mit dem vorliegenden Revisionsrekurs insoweit, als der G-Bank durch die zweite Instanz unter 1. 1. b) bb) insgesamt mehr als 61 320.92 zugewiesen und daraus resultierend der Rekurswerberin statt 450 000 S nur 319 338.92 S zugewiesen wurden. Beantragt wird die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, daß die erstgerichtliche Zuweisung an die Revisionsrekurswerberin zur Gänze wiederhergestellt werde.
Der Oberste Gerichtshof änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß der Verteilungsbeschluß in den folgenden Punkten zu lauten hat:
Punkt I/1/b bb: "Zur Deckung weiterer Nebengebühren der Teilbetrag von 61 320.92 S mit der Maßgabe, daß dieser Betrag unter Ersichtlichmachung eines Pfandrechtes der G-Bank bei der K-Bank, zinsbringend anzulegen ist; somit insgesamt 62 038.92 S";
Punkt I/2: "Der Pfandgläubigerin V-Sparkasse im Range des zu COZ 83 auf Grund der Pfandbestellungsurkunde vom 30. Mai 1979 einverleibten Höchstbetragspfandrechtes der Betrag von 450 000 S zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung; das ergibt 1 850 000 S";
Punkt I/3: "Der Pfandgläubigerin Raiffeisenkasse T zur Verrechnung auf die zu COZ 84 auf Grund der Pfandbestellungsurkunde vom 21. Juli 1980 einverleibte Forderung die Zinsen aus der zinsbringenden Anlegung des unter 1. b) bb) angeführten Betrages von 61 320.92 S und ein nach Erledigung des betreffenden Kreditverhältnisses von dieser Summe allenfalls verbleibender Restbetrag."
2) Der Auftrag an die V-Sparkasse iS des § 236 EO wurde aufgehoben. Dem Erstgericht wurde aufgetragen, eine neue Anordnung iS des § 236 EO unter Berücksichtigung obiger Änderungen des Verteilungsbeschlusses zu treffen.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es ist zunächst festzustellen, daß die G-Bank die "Forderung aus Konto 126060970-0" von 85 153.63 S und die "Zinsen inclusive Zinseszinsen, Verzugszinsen und erhöhte Zinsen von insgesamt 185
745.37 S" nicht gehörig iS des § 210 EO angemeldet hat. Eine Zuweisung - durch Barzahlung - auf diese angemeldete Forderung hat das Erstgericht sohin mit Recht nicht vorgenommen. Diese Ansicht vertrat auch das Rekursgericht. Es meinte aber, der aus diesem Grund nicht aufgezehrte Teil der Nebengebührensicherstellung (191 982 S) hätte deshalb gemäß § 224 Abs. 2 EO durch Zuweisung eines entsprechenden Barbetrages berichtigt werden müssen. Dieser Ansicht ist nicht beizupflichten.
Das Wesen der Nebengebührensicherstellung besteht darin, Nebengebühren gewöhnlicher Hypothekarforderungen, welche im Verteilungsverfahren nicht gemäß § 216 Abs. 2 EO im gleichen Rang wie die Hauptforderung berücksichtigt werden können, diesen Rang zu verschaffen (Heller - Berger - Stix 1488). Durch eine solche vertragliche Nebengebührensicherstellung werden sohin weitere, im § 216 Abs. 2 EO nicht angeführte Arten von Nebengebühren den in dieser Bestimmung angeführten Nebengebühren exekutionsrechtlich gleichgestellt; im Unterschied zu § 216 Abs. 2 EO, welche Bestimmung eine betragliche Begrenzung der Pfandhaftung nicht kennt, muß die Pfandhaftung für diese vertraglich gesicherten Nebengebühren betraglich, wie bei Höchstbetragshypotheken (§ 14 Abs. 3 GBG 1955), der Höhe nach begrenzt sein. Aus diesen Grundsätzen kann nicht abgeleitet werden, daß eine Nebengebührensicherstellung eine selbständige Höchstbetragshypothek iS des § 14 Abs. 2 GBG 1955 bzw. § 224 EO wäre. Exekutionsrechtlich - und darum geht es hier nur - stellt die Nebengebührensicherstellung vielmehr nur eine - nach Lehre und Praxis zulässige - Erweiterung der gesetzlichen Pfandhaftung der Liegenschaft nach § 216 Abs. 2 und damit - im Ergebnis eine in der Spruchpraxis geschaffene Erweiterung bzw. Ergänzung der allgemeinen Verteilungsgrundsätze (insbesondere der §§ 216 Abs. 2 und 217 Abs. 1 Z 2 EO) dar. Nach diesen Grundsätzen ist die im Schrifttum (Dolensky, Gerichtshalle 1900, 367 ff. und 379 ff.; Paupie, Gerichtshalle 1907, Nr. 37 bis 39) und in der Judikatur (GlUNF 1714 und 1877) vertretene Rechtsansicht abzulehnen, die Nebengebührensicherstellung sei eine selbständige Höchstbetragshypothek. Zu verweisen ist hingegen auf die Lehre von der Nebengebührensicherstellung als unselbständiger Höchstbetragshypothek (Klang II 422 und die dort in Anm. 100 zitierten Belegstellen), die im wesentlichen auf die hier vertretenen Grundsätze hinausläuft.
Für die durch eine Nebengebührensicherstellung gesicherten Nebengebühren gilt daher ebenso wie für die im § 216 Abs. 2 EO angeführten Nebengebühren im Verteilungsverfahren der Grundsatz des § 210 EO, wonach die mit ihren Ansprüchen auf das Meistbot gewiesenen Personen ua. auch ihre Ansprüche an Zinsen, Kosten und sonstige Nebenforderungen vor oder bei der Verteilungstagsatzung anzumelden und die zum Nachweis ihrer Ansprüche dienenden Urkunden, falls sich dieselben nicht schon bei Gericht befinden, spätestens bei der Tagsatzung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorzulegen haben, widrigens ihre Ansprüche bei der Verteilungstagsatzung nur insoweit berücksichtigt würden, als sie aus dem öffentlichen Buch, den Pfändungs- und sonstigen Exekutionsakten als rechtsbeständig und zur Befriedigung geeignet ersichtlich sind. Die Bestimmung des § 224 Abs. 2 EO ist sohin auf Nebengebührensicherstellungen nicht anwendbar. Für den - infolge unterbliebener oder nicht gehöriger Anmeldung oder Anmeldung geringerer Ansprüche - nicht ausgenützten Teil einer Nebengebührensicherstellung kann somit eine Zuweisung iS des § 224 Abs. 2 EO nicht vorgenommen werden. Damit ist aber nicht gesagt, daß gesicherte Nebengebühren (insbesondere Zinsen), die erst nach der Verteilungstagsatzung bis zur endgültigen Ausfolgung des Zuweisungsbetrages noch auflaufen, nicht im Verteilungsbeschluß auf Grund einer nach § 210 EO gehörigen Anmeldung berücksichtigt werden können (Klang II 422 mit Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung).
Das Erstgericht hat sohin die von der G-Bank als Nebengebühren angemeldete Forderung von 85 153.63 S, sowie die Zinsenforderung von insgesamt 185 745.73 S in welcher übrigens - nicht aufgeschlüsselt - auch die Zinsen aus den letzten drei Jahren iS des § 216 Abs. 2 Satz 1 EO enthalten sind, mit Recht unberücksichtigt gelassen. Einer formellen "Abweisung" der diesbezüglichen Anmeldung bedurfte es nicht. Das Rekursgericht hat hingegen zu Unrecht die Zuweisung von 181 982 S auf die nicht voll ausgenützte Nebengebührensicherung iS des § 224 Abs. 2 EO vorgenommen.
In Anbetracht des Umstandes, daß, wie bereits erwähnt wurde, die Raiffeisenkasse T reg. Genossenschaft mbH den rekursgerichtlichen Beschluß nicht angefochten hat, war nur die (ansonsten unangefochten gebliebene) Zuweisung an die Revisionsrekurswerberin wiederherzustellen und die Zuweisung im Verteilungsbeschluß (idF des rekursgerichtlichen Beschlusses) in Punkt I/1/b/bb entsprechend zu kürzen. Entsprechend war auch Punkt I/3 (idF des rekursgerichtlichen Beschlusses) zu ändern. Den Ausfolgungsauftrag iS des § 236 EO hat das Erstgericht als Verwahrschaftsgericht nunmehr neu zu erteilen.
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