Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Martin A wurde des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs 1 StGB (1), des Verbrechens des Zwangs zur Unzucht nach § 203 Abs 1 StGB (2), des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs 1, 129 Z. 1 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (3 - 7) schuldig erkannt.
Mit seiner auf die Z. 9 lit a (der Sache nach Z. 10) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte den Schuldspruch wegen der Annahme einer Realkonkurrenz (Tatmehrheit) der Verbrechen nach den § 201 Abs 1 und 203 Abs 1
StGB
Nach den wesentlichen Tatsachenfeststellungen befahl der Angeklagte am 2.Mai 1981 um etwa 3 Uhr früh Sonja B, nachdem er diese in den vorangegangenen Stunden wiederholt schwer mißhandelt und sie hiedurch auch zur Zubereitung und zum Verzehren eines Breies genötigt hatte (4 und 3 a), sich nackt auszuziehen und mit ihm geschlechtlich zu verkehren. B befolgte in ihrer Angst alles, was der Angeklagte von ihr verlangte. Da der Beschwerdeführer mit dem Geschlechtsverkehr, bei welchem er auf dem Rücken lag, während B auf seinem erigierten Glied sitzen mußte, nicht zufrieden war, verlangte er in der Folge einen Mundverkehr. Als sich B weigerte, würgte sie der Angeklagte und drohte ihr, sie langsam mit einem Messer umzubringen. Daraufhin kam B dem Verlangen nach dem Mundverkehr ebenfalls nach. Weil es beim Angeklagten nicht zu einem Samenerguß kam, mußte die Frau mit ihm neuerlich, wie zuvor geschildert, geschlechtlich verkehren und letztlich versuchen, ihn mit der Hand zu befriedigen (Urteilsseiten 7 und 8).
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem Beschwerdeeinwand ist die vom Schuldspruch wegen § 203 Abs 1 StGB erfaßte Erzwingung des Oralverkehrs und des Onanierens nicht von der Notzucht konsumiert. Zunächst ist selbst bei einem einheitlichen geschlechtlichen Angriff Realkonkurrenz (§ 201 und 203 StGB) anzunehmen, wenn die den Notzuchtsakten vorangegangenen, sie begleitenden oder nachfolgenden Unzuchtshandlungen auf gesonderten, auf geschlechtlichen Mißbrauch des Opfers teils durch Beischlaf, teils auf andere Art, gerichteten Willensentschlüssen beruhen und solcherart selbständige Tathandlungen darstellen (so die ständige Judikatur, zuletzt vor allem 13 Os 72/80).
Eben dies trifft im gegenständlichen Fall, den erstgerichtlichen Feststellungen nach, zu Ergibt sich doch aus diesen mit voller Deutlichkeit, daß der Angeklagte, weil er durch die Beischlafsakte keine Befriedigung fand, sein Opfer zu den anderen Unzuchtshandlungen zwang. Der Annahme der Tatmehrheit steht nicht entgegen, daß es der Beschwerdeführer möglicherweise von vornherein auf einen durch Erzwingung von Beischlaf und Mund- bzw. Handverkehr differenzierten Mißbrauch des Opfers abgesehen hatte, den er dann, dem unterschiedlichen Vorhaben gemäß, durch jeweils vom speziellen Vorsatz getragene, den Tatbeständen der Notzucht (§ 201 Abs 1 StGB) und des Zwangs zur Unzucht (§ 203 Abs 1 StGB) entsprechende, getrennte Handlungen verwirklichte (vgl. 13 Os 72/80).
Die Beschwerde wendet ferner ein, daß Sonja B bereits vor dem ersten Geschlechtsverkehr widerstandsunfähig gewesen sei (was zur Beurteilung des Oral- und Handverkehrs als geschlechtlicher Mißbrauch einer bereits Widerstandsunfähigen gemäß § 205 Abs 2 StGB führen würde).
Dabei übersieht der Rechtsmittelwerber, daß, den Urteilsfeststellungen zufolge, den Unzuchtshandlungen ein neuerlicher Gewaltakt und eine Drohung vorangingen, welche im Zusammenhang mit den früheren Handlungen das Opfer zum Widerstand gegen die spezielle Unzuchtshandlung von neuem unfähig machten (vgl. abermals 13 Os 72/80). Der Tatbeurteilung als Verbrechen nach § 203 Abs 1 StGB haftet sonach auch insofern ein Rechtsirrtum nicht an. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte Martin A nach § 28, 201 Abs 1 StGB zu sechs Jahren Freiheitsstrafe.
Bei deren Bemessung nahm es als erschwerend den raschen Rückfall, das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen und Vergehen, die Wiederholung der Nötigungen und Sachbeschädigungen sowie der Diebstähle und Körperverletzungen, die besondere Brutalität, die einschlägigen Vorstrafen sowie die Herbeiführung und Aufrechterhaltung eines mehrtägigen qualvollen Zustands der Sonja B, die der Angeklagte fast zum Selbstmord trieb, an; als mildernd hingegen das reumütige Geständnis zu einem Großteil der angeklagten Fakten und die abnorme Persönlichkeit des Angeklagten. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.
Es wird jedoch nichts aufgezeigt, was eine Strafermäßigung begründen könnte. Unzutreffend ist die Behauptung, daß nach dem Gutachten des Univ.Prof. Dr. Klaus C die Dispositionsfähigkeit des Angeklagten infolge des Alkoholkonsums zeitweilig 'bis an die Grenze der Zurechnungsfähigkeit aufgehoben' gewesen sei; nach den Ausführungen des Sachverständigen sprechen vielmehr das zielstrebige Vorgehen des Berufungswerbers und die bei ihm vorhandene längere Erektion gegen die behauptete starke Alkoholisierung (S. 219, 221). An dieser Stelle muß eingefügt werden, daß der Alkoholismus die Gefährlichkeit des vom Angeklagten verkörperten Tätertyps nicht mindert, sondern sie im Gegenteil steigert (Gutachten S. 139), weshalb ein Rauschzustand diesfalls nicht mildernd sein kann (§ 35 StGB). Auch kann davon, daß Sonja B die Taten durch die Aufnahme des Angeklagten in die Wohnung erleichtert habe, nicht die Rede sein: Hat er doch die angeführte Zeugin - eine, wie das Erstgericht dazu ausführt, leicht einzuschüchternde und willensschwache Frau - in deren Wohnung aufgesucht und war dort ohne Erlaubnis bis zu seiner Verhaftung geblieben. Das Geständnis fällt im Gegensatz zum Vorbringen in der Berufung nicht allzusehr ins Gewicht, weil es nur auf Grund der erdrückenden Beweislage zustande kam.
Die Täterpersönlichkeit des Berufungswerbers ist in mehrfacher Beziehung spezifisch konturiert: Erstens durch acht, samt und sonders einschlägige, Vorverurteilungen wegen Raubs, leichter und schwerer Körperverletzung, gefährlicher Drohung, versuchter Brandstiftung, Sachbeschädigung und wegen vielfach qualifizierter Diebstähle mit Einzelstrafen bis zu viereinhalb Jahren; zweitens dadurch, daß er, nach der Verbüßung einer viereinhalbjährigen Freiheitsstrafe am 7.Jänner 1981 auf freien Fuß gesetzt, nur zwei Tage gearbeitet und dann schon wieder eine Körperverletzung begangen hat; drittens dadurch, daß er sich nach der neuerlichen Strafvollstreckung ab 27.März 1981 wiederum bloß 36 Tage straffrei halten konnte, denn am 2.Mai 1981
wurde er abermals rückfällig; viertens dadurch, daß dieser Rückfall ein solcher in nicht weniger als drei Verbrechen und vier Vergehen war, wovon ein Verbrechen mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist; fünftens durch eine bei ihm ausgeprägt in Erscheinung tretende sadistischaggressive Triebhaftigkeit (Gutachten S. 218, 221).
Der Berufungswerber hat die von ihm tagelang gepeinigte Frau, wie die Tatrichter zutreffend als erschwerend hervorhoben, bis an den Rand des Selbstmords getrieben (siehe auch Gutachten S. 216). Die zahlreichen, unendlich abstoßenden Verletzungen der Menschenwürde seines Opfers (Schuheküssen, zur Decke Starren, bewegungsloses Sitzen, Breiessen usw.) zeigen den Angeklagten ebenso deutlich wie die zuvor aufgeführten Umstände als einen gesellschaftlichen Außenseiter ärgster Art; seine Sozialgefährlichkeit ist nach all dem äußerst hoch zu veranschlagen.
Die in erster Instanz gefundene Strafe liegt um ein Zehntel des gesetzlichen Strafrahmens über dessen Hälfte.
Hält man sich vor Augen, daß das erst vor wenigen Jahren in Kraft getretene Strafgesetzbuch mit der erklärten Normierung lebensnaher Strafdrohungen einbegleitet wurde, so entspricht es folgerichtig dem oft bekundeten Gesetzesziel, in Fällen schwerer Rechtsbrüche seitens hartnäckiger Rückfäller, wie hier, die notwendige Sanktion aus dem oberen Strafbereich zu schöpfen.
Darnach mußte die Berufung an der schuldbezogenen Eigenart des Täters (§ 32 Abs 1 und 2 StGB) wie an dem von seinen Straftaten repräsentierten außerordentlichen Unrechtsgehalt (§ 32 Abs 3 StGB, vgl. 13 Os 103/81) scheitern.
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