OGH 7Ob40/81

OGH7Ob40/8126.11.1981

SZ 54/174

Normen

UStG §3
UStG §3

 

Spruch:

Die Schadensbehebung durch den Schädiger selbst ist nicht umsatzsteuerpflichtig, wohl aber der Entgeltanspruch des vom Schädiger mit der weiteren Schadensbehebung beauftragten Dritten. Ein Deckungsanspruch des Schädigers gegen seinen Haftpflichtversicherer umfaßt daher die an den Dritten geleistete Umsatzsteuer. Einen Vorsteuerabzug könnte in diesem Fall nur der Dritte, nicht aber der Schädiger, beim Finanzamt geltend machen

OGH 26. November 1981, 7 Ob 40/81 (OLG Innsbruck 1 R 73/81; LG Innsbruck 6 Cg 125/79)

Text

Die Klägerin schloß mit der Beklagten für ihren Betrieb mit Wirkung vom 1. Feber 1972 bis 1. September 1982 zur Polizzen-Nr. 76/1611401 eine Betriebshaftpflichtversicherung ab. In der Nacht vom 2. auf den 3. März 1978 platzte die Rundschweißnaht eines von der Klägerin im Jahre 1974 der Nebenintervenientin gelieferten und von dieser im Heizraum der Pädagogischen Akademie in I installierten Mischgefäßes, wodurch erheblicher Sachschaden entstand. Die Nebenintervenientin brachte für die von ihr vorgenommene Schadensbehebung von einer der Klägerin gegen sie zustehenden Forderung 99 034.03 S in Abzug und machte geltend, daß diese am Schadensfall schuldtragend sei.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten nach Klagsausdehnung bzw. Einschränkung des Klagebegehrens zuletzt unter Berücksichtigung des in der Haftpflichtversicherung vereinbarten 10%igen Selbstbehaltes die Zahlung von 89 130.63 S samt Anhang.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und bestritt zunächst sowohl ihre Leistungspflicht aus der Betriebshaftpflichtversicherung wie auch die Höhe des Klagsbetrages. Die Berechnung der Mehrwertsteuer von den Eigenrechnungen der Nebenintervenientin sei deshalb zu Unrecht erfolgt, weil es sich hiebei um eine nicht mehrwertsteuerpflichtige Schadenersatzforderung handle.

Das Erstgericht sprach die Beklagte schuldig, der Klägerin 62 866.17 S samt Anhang zu zahlen, und wies das Mehrbegehren von 26 264.48 S samt Anhang ab. Nach seinen Feststellungen sei die Klägerin vorsteuerabzugsberechtigt und habe den ihr von der Nebenintervenientin verrechneten Umsatzsteuerbetrag auch bereits als Vorsteuer in Abzug gebracht.

Das Erstgericht sprach der Klägerin nur die "Nettobeträge" zu, weil sie die in den Rechnungsbeträgen der Nebenintervenientin enthaltene Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzuges refundiert erhalten habe. Die 18% Umsatzsteuer von den begehrten 62 866.17 S sind im abgewiesenen Klagsteilbetrag von 26 264.48 S enthalten.

Das Berufungsgericht sprach der Klägerin 6809.97 S samt Anhang zu und wies das Mehrbegehren von 21 030.66 S samt Anhang ab. Das Berufungsgericht war gleich dem Erstgericht der Ansicht, daß der Klägerin vom zuerkannten Betrag die Umsatzsteuer nicht gebühre, weil sie von ihr bereits als Vorsteuer in Abzug gebracht worden sei. Auch das Berufungsgericht wies daher die vom zuerkannten Betrag von 68 099.97 S begehrte 18%ige Umsatzsteuer ab.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionen der klagenden Partei und der Nebenintervenientin teilweise Folge und änderte das Berufungsurteil in den Zuspruch weiterer 6490.03 S ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, daß die Nebenintervenientin den in der Pädagogischen Akademie in I durch das Platzen der Rundschweißnaht des installierten Mischgefäßes entstandenen Schaden teils durch Eigenleistungen, teils durch Heranziehen anderer Firmen behoben hat. Die Klägerin als Lieferantin des Mischgefäßes war ihrerseits verpflichtet, der Nebenintervenientin den ihr durch diese Leistungen entstandenen Schaden zu ersetzen. Sie hat aber im Hinblick auf die bestehende Betriebshaftpflichtversicherung gegenüber der Beklagten einen Befreiungsanspruch nach § 149 VersVG, Art. 1 AHVB, der auf Ersatz der von ihr erbrachten Leistungen an die Nebenintervenientin gerichtet ist (Prölss - Martin, VVG[22], 784; VersR 1966, 625; 1968, 289 u.a.).

Von entscheidender Bedeutung ist daher, ob die Klägerin verpflichtet war, die ihr von der Nebenintervenientin für die veranlaßte Schadensbehebung in Rechnung gestellte Umsatzsteuer zu ersetzen. Hiebei ist davon auszugehen, daß dem Bundesgesetz vom 15. Juni 1972 über die Besteuerung der Umsätze, BGBl. 223/1972 (Umsatzsteuergesetz 1972 = UStG), der Begriff des Schadenersatzes fremd ist. Ob ein umsatzsteuerrechtlicher Vorgang vorliegt, richtet sich vielmehr danach, ob der Leistung des Unternehmers eine Gegenleistung des Leistungsempfängers gegenübersteht, ob also ein Leistungsaustausch stattgefunden hat (Dorazil, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz 1972 I, 44; VwGH Slg. 2795/F, 3223/F, 3802/F, 4081/F u. a.). Behebt der Schädiger in Erfüllung der ihm vom Gesetz auferlegten Schadenersatzpflicht den entstandenen Schaden selbst, so fehlt es an einem Leistungsaustausch; es hat deshalb auch der Schädiger keinen Anspruch auf Entgelt. Es liegt ein umsatzsteuerrechtlicher Vorgang nicht vor (VwGH Slg. 4081/F).

Bedient sich hingegen der Schädiger zur Beseitigung des Schadens eines Dritten (Unternehmers), so kommt es ebenfalls im Verhältnis zum Geschädigten zu keinem Leistungsaustausch. Der Leistungsaustausch findet vielmehr zwischen dem Schädiger und dem Unternehmer statt, der für ihn tätig wird und daher einen Entgeltanspruch hat. Der Umsatzsteuerpflicht unterliegt in diesem Fall das vom Unternehmer in Rechnung gestellte Entgelt (VwGH Slg. 4081/F).

Geht man von diesen Erwägungen aus, so war die Nebenintervenientin nicht berechtigt, für die von ihr selbst vorgenommene Schadensbehebung eine Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, und die Klägerin daher auch nicht verpflichtet, eine solche zu ersetzen. Sofern die Nebenintervenientin mit der Schadensbehebung fremde Firmen beauftragte, war hingegen deren Entgeltanspruch mit Ausnahme eines umsatzsteuerfreien Betrages von 2900 S umsatzsteuerpflichtig.

Die Ausführungen der Untergerichte, daß die Klägerin im Vorsteuerabzugsweg die von der Nebenintervenientin entrichtete Umsatzsteuer ersetzt erhalten habe, sind wohl in das Gewand einer Tatsachenfeststellung gekleidet. Die Untergerichte gehen jedoch von der unrichtigen rechtlichen Annahme aus, daß die Klägerin unter der Voraussetzung ihrer grundsätzlichen Berechtigung zum Vorsteuerabzug jene Umsatzsteuer rückvergütet erhalten haben kann, die die Nebenintervenientin den von ihr beigezogenen Werkunternehmern zu zahlen hatte. Diese rechtliche Auffassung ist jedoch unzutreffend, weil das Recht zum Vorsteuerabzug hinsichtlich der von den Werkunternehmern in Rechnung gestellten Umsatzsteuer nur die Nebenintervenientin als deren Vertragspartner hätte geltend machen können. Daß diese einen solchen Vorsteuerabzug erhalten hätte, der auch die Schadenersatzpflicht der Klägerin hätte mindern können, hat die Beklagte nicht behauptet. Unter dem vorgenannten Gesichtspunkt war daher die Nebenintervenientin berechtigt, von der Klägerin den Ersatz der von ihr entrichteten 18%igen Umsatzsteuer zu begehren. Diese beträgt von dem vom Berufungsgericht für die Fremdleistungen der Werkunternehmer unter Berücksichtigung des 10%igen Selbstbehaltes zuerkannten Betrag von 36 055.74 S 6490.03 S. Mit diesem Betrag erweisen sich somit die Revisionen der Klägerin und der Nebenintervenientin als berechtigt.

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