OGH 10Os120/81

OGH10Os120/8129.9.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 29.September 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Gerstberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1

StGB. über die vom Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5.Mai 1981, GZ. 4 a Vr 6869/79-61, erhobenen Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Josef Wegrostek und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Berufung des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und die über ihn (bereits als Zusatzstrafe) verhängte Freiheitsstrafe gemäß §§ 31, 40 StGB. unter weiterer Bedachtnahme auf das Urteil des Bezirksgerichtes Schwechat vom 8.Oktober 1980, GZ. U 625/80-8, auf 6 1/2 (sechseinhalb) Monate herabgesetzt; im übrigen wird seiner Berufung nicht Folge gegeben.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird ebenfalls teilweise Folge gegeben und der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht aus dem Ersturteil ausgeschieden; im übrigen wird sie mit ihrer Berufung auf die obige Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84

Abs 1 StGB. schuldig erkannt wurde, ist vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 12.August 1981, GZ. 10 Os 120/81-6, schon in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen worden.

Gegenstand des Gerichtstages waren daher nur noch die Berufungen; der Angeklagte strebt eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe 'und deren Umwandlung in eine Geldstrafe', die Staatsanwaltschaft hingegen eine Erhöhung des Strafmaßes und die Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht an.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 84 Abs 1 StGB. zu neun Monaten (Zusatz-) Freiheitsstrafe, wobei es gemäß §§ 31, 40 StGB. auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. Februar 1979, AZ. 8 a E Vr 10.130/76, Rücksicht nahm, mit dem er wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde nach § 289 StGB. zu (einer Geldstrafe von) 150 Tagessätzen zu je 100 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 75 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden war. Bei der Strafzumessung wertete es keinen Umstand als mildernd, jedoch eine Vorverurteilung des Angeklagten wegen des Vergehens der Körperverletzung und die 'Wiederholung in bezug auf die Bedacht zu nehmende Straftat' als erschwerend.

Rechtliche Beurteilung

Beiden Berufungen kommt teilweise Berechtigung zu.

Für eine vom Angeklagten als Milderungsgrund reklamierte 'Provokation durch die Gegenseite' bieten die schöffengerichtlichen Konstatierungen allerdings keinen Raum. Die vom Erstgericht in Ansehung der (berücksichtigten) Verurteilung wegen § 289 StGB. ins Treffen geführte 'Wiederholung' (ersichtlich gemeint: ungleichartige Deliktskonkurrenz) kann zwar nicht formell als Erschwerungsgrund im Sinne des § 33 Z. 1 StGB. gewertet werden, weil die angefochtene Entscheidung, auch wenn damit eine Zusatzstrafe ausgesprochen wurde, ein selbständiges - nur einen Schuldspruch wegen einer einzigen strafbaren Handlung (§§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB.) enthaltendes - Urteil mit einem selbständigen Strafausspruch ist (Leukauf-Steininger, Komm.2, S. 307 RN. 2 zu § 31 StGB.); die angeführte Deliktskonkurrenz ist daher sachlich als - im Rahmen der gemäß § 40 StGB. gebotenen Erwägungen allerdings zu Recht angestellte - Überlegung zu betrachten, was im Falle gemeinsamer Ahndung aller von den im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB. stehenden Urteilen erfaßten Taten bei der Straffestsetzung zusätzlich als erschwerend in Betracht gekommen wäre (so auch 10 Os 64/81, 10 Os 126/80). Ferner hat der Angeklagte in der Zeit zwischen der Fällung des angefochtenen Urteils und der Begehung der damit geahndeten Straftat nicht nur die schon vom Erstgericht berücksichtigte vorerwähnte Verurteilung erlitten, sondern außerdem noch eine weitere wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB. und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB. durch das Bezirksgericht Schwechat am 8.Oktober 1980, GZ. U 125/80-8, zu (einer Geldstrafe von) 60 Tagessätzen zu je 100 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 30 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe. Hierauf war daher bei der Entscheidung über die Berufung des Angeklagten ebenfalls gemäß § 31 StGB. zusätzlich Rücksicht zu nehmen. Da bei gemeinsamer Aburteilung aller von den in Betracht kommenden Urteilen erfaßten Taten nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes eine Freiheitsstrafe in der Gesamtdauer von zehn Monaten der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB.) Rechnung getragen hätte, war dementsprechend die im vorliegenden Verfahren über ihn verhängte (Zusatz-) Freiheitsstrafe unter rechnungsmäßiger Heranziehung der in den beiden fraglichen Urteilen (bereits) rechtskräftig ausgesprochenen Ersatzfreiheitsstrafen (von 75 zuzüglich 30 Tagen und demnach insgesamt 3 1/2 Monaten) in Stattgebung der insoweit begründeten Berufung des Angeklagten auf 6 1/2

Monate zu reduzieren (§ 40 StGB.). Eine geringere Strafe kam nicht in Betracht. Damit aber ist gleichzeitig dem weiteren Begehren des Angeklagten auf Verhängung einer Geldstrafe anstelle einer Freiheitsstrafe (§ 37 StGB.: 'von nicht mehr als 6 Monaten') mangels Vorliegens einer der gesetzlichen Grundvoraussetzungen der Boden entzogen. Soweit die Berufung der Staatsanwaltschaft das Strafmaß betrifft, war sie auf die Erledigung des entsprechenden Abschnitts des Rechtsmittels des Angeklagten zu verweisen; im übrigen ist sie jedoch ebenfalls begründet:

Nach Art der Aggressionshandlungen des - wegen des Vergehens der Körperverletzung bereits vorbestraften - Angeklagten sowie angesichts der Tatsache, daß er am 8.März 1980, also knapp über 4 Monate nach Kundmachung der (auf das Verbrechen der schweren Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1, 85 Z. 2 zweiter Fall StGB. lautenden) Anklageschrift (ON. 10) am 30. Oktober 1979 (vgl. ON. 14), abermals auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende (nämlich die durch das Bezirksgericht Schwechat zum AZ. U 625/80 abgeurteilten) Straftaten begangen hat, bedarf es zur Erreichung der Strafzwecke bei dem - die rechtlich geschützten Werte der körperlichen Unversehrtheit offensichtlich sehr gering einschätzenden - Angeklagten jedenfalls der Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft war sohin insoferne Folge zu geben und die bedingte Strafnachsicht aus dem Ersturteil auszuschalten.

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