Spruch:
Der Antrag auf Bewilligung der Exekution nach § 355 EO muß einen Antrag auf Verhängung einer Strafe, nicht aber die Benennung einer bestimmten Höhe enthalten
OGH 26. August 1981, 3 Ob 92/81 (LGZ Wien 46 R 297/81; EG Wien 15 E 3641/81)
Text
Mit einstweiliger Verfügung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 12. März 1981, GZ 26 Cg 81/81-3, wurde der verpflichteten Partei zur Sicherung des Unterlassungsanspruches der betreibenden Partei ab sofort verboten, in Belangsendungen im ORF Zitate aus Entgegnungsschreiben der betreibenden Partei verlesen zu lassen, wenn die Veröffentlichung nicht als Entgegnung bezeichnet wird, nicht den Namen des Entgegnungswerbers nennt, nicht einen Hinweis darauf enthält, auf welche Sendung sich die Entgegnung bezieht und/oder die Veröffentlichung nicht durch Verlesung des gesamten Textes durch einen Sprecher geschieht.
Unter Vorlage einer mit der Bestätigung, daß diese Verfügung seit dem 23. März 1981, 16 Uhr, vollstreckbar sei, versehenen Ausfertigung der einstweiligen Verfügung beantragte die betreibende Partei am 30. März 1981 beim Exekutionsgericht die Bewilligung der Exekution nach dem § 355 Abs. 1 EO und die Verhängung einer Geldstrafe über die verpflichtete Partei, ohne einen bestimmten Betrag der zu verhängenden Geldstrafe zu nennen. Die Verpflichtete habe in ihrer Belangsendung im ORF-Programm Ö-Regional am 26. März 1981 nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels diesem zuwidergehandelt, weil ein Auszug aus einem Entgegnungsschreiben der betreibenden Partei vom 26. Jänner 1981 veröffentlicht und nicht der gesamte Text durch einen Sprecher verlesen wurde.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution und verhängte über die verpflichtete Partei wegen dieses Zuwiderhandelns eine Geldstrafe von 10 000 S. Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß infolge des Rekurses der verpflichteten Partei dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen werde. Es erachtete zwar die Ausführungen der verpflichteten Partei in ihrem Rekurs, die meinte, es treffe nicht zu, daß die einstweilige Verfügung bereits in Rechtskraft erwachsen sei, weil sie am 27. März 1981 diese mit Rekurs bekämpfte, der Verstoß gegen die einstweilige Verfügung am 26. März 1981 sei ohne ihr Verschulden erfolgt, weil ihre zuständige Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit erst nach dem 28. März 1981 von der einstweiligen Verfügung Kenntnis erlangte und sich dieser beugte, als rechtlich unbeachtlich, hielt aber den Exekutionsantrag für inhaltlich unvollständig. Nach dem § 54 Abs. 1 Z 3 EO müsse die betreibende Partei in einem Antrag auf Bewilligung der Exekution nach dem § 355 EO die Höhe der Geldstrafe, deren Verhängung begehrt wird, konkret angeben. Die nach Ermessen des Exekutionsgerichtes zu verhängende Geldstrafe müsse durch einen ziffernmäßig klar fixierten Antrag der betreibenden Partei gedeckt sein, weil sonst die Verhängung der Geldstrafe mit dem Verdacht einer Verletzung der Bestimmung des § 405 ZPO behaftet wäre. Diese führe auf Grund amtswegiger Prüfung durch das Exekutionsgericht zur Abweisung des Antrags.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei Folge und änderte den Beschluß des Rekursgerichtes im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes ab.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, daß das Exekutionsgericht, dem eine mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit seit 23. März 1981 versehene Ausfertigung der einstweiligen Verfügung vorlag, bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag die Richtigkeit der vom Titelgericht bestätigten Tatsachen nicht überprüfen konnte (Heller - Berger - Stix, 207). Abgesehen davon, daß ein Rekurs gegen die einstweilige Verfügung allein keine die Vollstreckbarkeit aufschiebende Wirkung hat (SZ 26/197), kann bei irrtümlicher Bestätigung der Vollstreckbarkeit nur im Wege des § 7 Abs. 3 EO Abhilfe gefunden werden.
Daß das Zuwiderhandeln gegen die Unterlassungsverpflichtung ohne jedes Verschulden der verpflichteten Partei erfolgte (vgl. Heller - Berger - Stix, 2580; Pollak, System, 1032; SZ 45/84 u. a.), kann sie nicht mit Erfolg im Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung geltend machen. Dies scheitert schon am Verbot, im Rekurs neue Tatsachen und Beweise vorzubringen (Heller - Berger - Stix, 649; SZ 28/41 u. v. a.). Das Rekursgericht hat daher richtig die Behauptung, zu der von der betreibenden Partei im Antrag konkret behaupteten und von der verpflichteten Partei gar nicht in Abrede gestellten, dem Untersagungsauftrag in der einstweiligen Verfügung zuwider gerichteten Verlesung sei es nur wegen unvermeidbarer Zeitverluste bei der internen Übermittlung des Verbotes an die zuständige Stelle der verpflichteten Partei gekommen, nicht beachtet.
Der Meinung des Rekursgerichtes, der Exekutionsantrag leide an einem der Bewilligung der Exekution entgegenstehenden Inhaltsmangel, kann nicht beigetreten werden. In Anlehnung an JM zu § 355 Punkt 2, wonach das Exekutionsgericht bei der Anwendung der Zwangsmittel nur an die Grenzen gebunden ist, welche das Gesetz der in jeder einzelnen Strafverfügung androhbaren Geldstrafe und der Gesamtdauer der Haft setzt, ist es allgemeine - wenn auch nicht klar ausgedrückte - Ansicht zu § 355 EO in der bis 31. März 1980 geltenden Fassung, daß Auswahl und Zumessung der Strafen in dem nur durch § 355 Abs. 1 und Abs. 3 sowie § 361 EO (alter Fassung) begrenzten Ermessen des Richters liegt und daß der Antrag auf Bestrafung bestimmt genug ist, wenn er weder Strafart noch Strafhöhe nennt (Jelinek, Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Unterlassungen, 193; Neumann - Lichtblau, Kommentar[3], 1107; Petschek - Hämmerle - Ludwig, Zwangsvollstreckungsrecht, 219). In seiner in EvBl. 1960/27 veröffentlichten Entscheidung hat der OGH die Verhängung einer Geldstrafe mit dem Hinweis, daß Auswahl und Bemessung der einzelnen Strafe nur dem zweckgebundenen Ermessen des Gerichtes obliegen, gebilligt, obgleich die betreibende Partei wegen eines weiteren Zuwiderhandelns gegen eine Unterlassungsverpflichtung die Verhängung einer Haftstrafe beantragt hat. Nur Pollak (System[2], 1033) meint, der betreibende Gläubiger dürfe nicht im gleichen Antrag Geldstrafe und Haft beantragen, er müsse einer der beiden Strafarten nennen; auch von ihm wird also nicht verlangt, daß im Antrag die Strafhöhe anzugeben sei.
Der Hinweis des Revisionsrekurswerbers auf die im Strafverfahrensrecht geltenden Normen würde hingegen nicht durchschlagen, weil die Strafverhängung nach § 355 Abs. 1 EO nicht der Verstoß des Verpflichteten gegen das gerichtliche Gebot oder Verbot vergelten, sondern den Willen des Verpflichteten auf Erfüllung ausrichten soll. § 355 EO enthält somit keine Kriminalstrafen (Heller - Berger - Stix, 2591, 2574; Jelinek, Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Unterlassungen, 131; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht[2], 277; EvBl. 1965/207 u. a.). Auch ist ein Vergleich mit dem deutschen Recht wegen abweichender Regelungen nicht angebracht (vgl. Jelinek a.a.O., 198).
Es bedarf vorliegend nicht der Untersuchung, welche Folgerungen sich ergeben, wenn der betreibende Gläubiger im Antrag auf Bestrafung eine bestimmte Strafhöhe nennt. Daß schon der Exekutionsantrag einen Strafantrag enthalten muß und bei Fehlen eines solchen mangels des notwendigen Inhalts nicht zur Bewilligung der Exekutionsführung führen kann, folgt aus der mit BGBl. 120/1980 erfolgten Neufassung des § 355 Abs. 1 EO (so auch Berger, Die Exekutionsnovelle 1980, ÖRZ 1980, 185; Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht[2], 278). Dem Gesetz ist aber nicht zu entnehmen, daß dieser Antrag auf Verhängung einer Geldstrafe, auf welchen uneingeschränkt die bereits bisher zu den Vollzugsanträgen bei einem der Exekutionsbewilligung nach § 355 Abs. 1 EO nachfolgenden weiteren Zuwiderhandeln entwickelten Grundsätze anwendbar sind, eine bestimmte Höhe der Geldstrafe nennen muß. Da Auswahl und Bemessung der als Beugemittel anzuwendenden Strafen dem zweckgebundenen Ermessen des Exekutionsgerichtes obliegt, das nur an die nunmehr im § 359 Abs. 1 EO bezeichnete Strafgrenze gebunden ist (EvBl. 1960/27), läßt sich aus § 54 Abs. 1 Z. 3 EO nicht ableiten, der Bestrafungsantrag müsse zwingend auch die Strafhöhe angeben. Die Amtswegigkeit des Vollzugs erleidet dabei keinen Nachteil, wenn ohnehin die Bindungswirkung in Ansehung der Strafhöhe eher verneint wird (Jelinek a.a.O., 200; Petschek - Hämmerle - Ludwig a.a.O., 219).
Da gegen die Höhe der vom Erstgericht verhängten Geldstrafe keine Bedenken bestehen, ist der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.
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