OGH 7Ob725/80

OGH7Ob725/8011.12.1980

SZ 53/168

Normen

ZPO §17
ZPO §41
ZPO §17
ZPO §41

 

Spruch:

Das Interesse an einer bestimmten Beweislage und an der Lösung von Rechtsfragen in einem Musterprozeß rechtfertigt eine Nebenintervention nicht

Im Zwischenstreit über seine Zulassung ist der unterliegende Nebenintervenient kostenersatzpflichtig

OGH 11. Dezember 1980, 7 Ob 725/80 (OLG Wien 13 R 2029/78; LGZ Wien 16 Cg 202/77)

Text

Der Beklagte ist Wohnungseigentumswerber hinsichtlich der Wohnung Nr. 7 in der von der Klägerin als Wohnungseigentumsorganisator errichteten Wohnhausanlage Wien 7, Z-Gasse 41.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung der vom Beklagten aufzubringenden restlichen Eigenmittel von 12 608 S und die Erstattung der von ihr für den Beklagten vorläufig geleisteten Entgeltzahlungen (Darlehensrückzahlung, Zinsen, Betriebskosten, Instandhaltungsreserve) von 20 815 S, insgesamt daher 33 423 S samt Anhang. Der Beklagte beantragt Klagsabweisung und behauptet, daß es sich bei dem Betrag von 12 608 S um Zinsen handle, zu deren Zahlung er nicht verpflichtet sei. Bis zur Höhe des weiteren Klagsbetrages von 13 000 S (richtig: 20 815 S) wendet der Beklagte aufrechnungsweise eine Gegenforderung ein, weil die Klägerin einen von ihr bezogenen Annuitätenzuschuß nicht ordnungsgemäß abgerechnet habe. In dem gegen sie angestrengten Rechtsstreit wegen Einverleibung des Wohnungseigentums des Beklagten habe die Klägerin das Klagebegehren anerkannt. Trotzdem sei der Beklagte derzeit noch nicht Wohnungseigentümer, weil die Bestimmung der Mindestanteile und der Nutzwerte der einzelnen Wohnungen noch nicht erfolgt sei. Die von der Klägerin behauptete Baukostensteigerung liege nicht vor und beruhe nur auf Fehlern der von ihr gelegten Schlußrechnung. Die ursprünglich vereinbarten Baukosten seien von allen Wohnungseigentumswerbern bereits längst entrichtet worden.

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 1978 erklärten Friedrich K., Elisabeth L., Kurt M., Ernst W., Erich W. und Hermine L. im vorliegenden Rechtsstreit ihren Beitritt als Nebenintervenienten auf Seite des Beklagten. Sie seien wie der Beklagte Inhaber einer im Haus Wien 7, Z-Gasse 41, gelegenen Eigentumswohnung. Die in dem Rechtsstreit zu klärenden Streit- und Verrechnungsfragen seien für die eigenen Auseinandersetzungen der Nebenintervenienten mit der Klägerin von präjudizieller Bedeutung.

Das Erstgericht wies die Nebenintervention zurück. Nach seiner Ansicht werde die Rechtssphäre der Nebenintervenienten durch den Ausgang des Rechtsstreites nicht berührt.

Das Rekursgericht ließ die Nebenintervention zu. Es war im Gegensatz zum Erstgericht der Ansicht, daß durch die Führung des Rechtsstreites die Rechtssphäre der Nebenintervenienten zumindest mittelbar berührt werde. Es werde nämlich zu klären sein, ob die von der Klägerin begehrten Zinsen und höheren Baukosten berechtigt seien. Die Nebenintervenienten hätten daher am Ausgang des Rechtsstreites ein konkretes und nicht nur ein abstraktes Interesse. Auch vom Standpunkt einer einheitlichen Rechtsprechung wäre eine Beurteilung der Ansprüche der Klägerin gegen alle Wohnungseigentumswerber nach gleichen rechtlichen Gesichtspunkten begrüßenswert. Dies werde durch die Zulassung der Nebenintervention im vorliegenden Rechtsstreit erreicht.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der klagenden Partei Folge und stellte die Entscheidung des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Beschluß des Rekursgerichtes, mit dem die Nebenintervention für zulässig erklärt wurde, ist durch ein abgesondertes Rechtsmittel nicht anfechtbar (§ 18 Abs. 4 ZPO). Die Klägerin konnte daher ihre Beschwerden gegen die Zulassung der Nebenintervention erst mit dem gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung eingebrachten Rechtsmittel verbinden (§ 515 ZPO). Eine durch die Klägerin anfechtbare Entscheidung kann aber im vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr ergehen, weil das Erstgericht bereits mit Urteil ON 27 dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben hat. In diesem Falle kann ein aufgeschobener Rekurs selbständig überreicht werden (Fasching, IV, 393; ZBl. 1934, 384; RSpr. 1937/13 u. a. m.). Die Rechtsmittelfrist für die Erhebung des Rekurses gegen den nunmehr selbständig anfechtbar gewordenen Beschluß beginnt mit der Zustellung der prozeßbeendenden Entscheidung (hier: Endurteil des Erstgerichtes) zu laufen (Fasching, IV, 393). Da das Ersturteil der Klägerin am 14. August 1980 zugestellt wurde, ist der von ihr am 8. September 1980 zur Post gegebene Revisionsrekurs unter Berücksichtigung der Verlängerung der Rechtmittelfrist durch die Gerichtsferien (§ 225 ZPO) rechtzeitig.

Dem Rekursgericht ist wohl darin beizupflichten, daß bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Nebenintervention kein strenger Maßstab anzulegen ist. Es genügt daher schon, wenn der anhängige Rechtsstreit die Rechtssphäre des Nebenintervenienten berührt (Fasching II, 209; JBl. 1967, 154; EvBl. 1967/10; ZVR 1978/40; 3 Ob 651/79). Die bloße Entscheidung der in einem von Nebenintervenienten anzustrengenden Rechtsstreit gleichfalls zu lösenden Rechtsfrage und das Interesse an einer bestimmten Beweislage in einem Musterprozeß berühren aber nur die wirtschaftlichen, nicht jedoch auch die rechtlichen Interessen des Nebenintervenienten (Fasching II, 209; JBl. 1961, 91; ZVR 1978/40; 8 Ob 27/79). Dies ist hier der Fall. Der Sachentscheidung in dem vorliegenden Rechtsstreit kommt nämlich für einen Prozeß der Nebenintervenienten gegen die Rekurswerberin weder eine Rechtskraft- noch eine Bindungswirkung zu. Im Falle einer Bestreitung des Klagsanspruches müßten daher alle im vorliegenden Verfahren entschiedenen Rechtsfragen neuerlich aufgerollt werden (ZVR 1978/40; 8 Ob 27/79). Die Meinung der Nebenintervenienten, sie könnten sich nach Abschluß dieses Rechtsstreites eine Prozeßführung gegen die Rekurswerberin ersparen, begrundet bloß ein wirtschaftliches Interesse am Obsiegen des Beklagten, das jedoch für die Zulassung der Nebenintervention nicht ausreicht. Auch die vom Rekursgericht ins Treffen geführten prozeßökonomischen Gesichtspunkte rechtfertigen nur die Annahme eines wirtschaftlichen Interesses der Nebenintervenienten. Sofern diese ein rechtliches Interesse am Obsiegen des Beklagten mit seiner Gegenforderung behaupten, ist die Nebenintervention schon deshalb unzulässig, weil die Kompensationseinwendung hinsichtlich der geltend gemachten Gegenforderung keine Streitanhängigkeit nach sich zieht (Fasching II, 213; SZ 28/25; SZ 42/191; SZ 49/42).

Die Kostenentscheidung grundet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Nebenintervenienten sind in dem Zwischenstreit über die Zulassung der Nebenintervention unterlegen und haben daher der Klägerin die Kosten ihres Revisionsrekurses zu ersetzen. Die gegenteilige Meinung Faschings, der eine Kostenersatzpflicht des Nebenintervenienten grundsätzlich verneint, wird vom OGH nicht geteilt.

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