Spruch:
Die Nebenintervention auf Seite des Beklagten kann nicht mit dem rechtlichen Interesse an dem Bestehen der eingewendeten Gegenforderung begrundet werden.
Entscheidung vom 16. Dezember 1969, 8 Ob 249/69.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt - Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Der Beklagte wendete gegen die Klagsforderung von 6387.50 S samt Anhang Verjährung und aufrechnungsweise aus einem Darlehen eine Gegenforderung von 15.000 S ein. Er verkundete in Ansehung der Gegenforderung der A. Hotelbetriebs-AG. den Streit.
Nach Schluß der Verhandlung in erster Instanz, jedoch vor Ausfertigung des Urteils trat die A. Hotelbetriebs-AG. mit Schriftsatz vom 3. Juni 1969 der beklagten Partei als Nebenintervenientin bei. Mit Urteil vom 30. Mai 1969 entschied das Erstgericht auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der Klagsforderung, wobei es das Bestehen der Gegenforderung verneinte.
Das Erstgericht gab nach einer weiteren Tagsatzung dem von der klagenden Partei gestellten Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention keine Folge.
Das Rekursgericht erkannte den Rekurs der klagenden Partei gegen die Zulassung der Nebenintervention als begrundet und wies die Nebenintervention zurück. Es führte im wesentlichen aus, die Nebenintervenientin habe ihr Interesse am Sieg der beklagten Partei nicht bestimmt angeführt. Die beklagte Partei habe im Prozeß behauptet, der Klägerin ein noch offenes Darlehen von 15.000 S gegeben zu haben. Dem habe die Klägerin entgegengehalten, dieser Betrag sei ihr vom Beklagten im Auftrag und für Rechnung der A. Hotelbetriebs-AG. zugekommen. Wesentlich sei, daß nach den Feststellungen im Ersturteil nicht erwiesen sei, der Beklagte habe der Klägerin ein Darlehen von 15.000 S gewährt. Die von der Nebenintervenientin erhobene Berufung habe in diesem Punkte das Ersturteil aber nicht angefochten, sondern bloß die Annahme des Erstgerichtes, die Klagsforderung sei nicht verjährt, bekämpft. Aus all dem ergebe sich, daß der Nebenintervenientin am Sieg der beklagten Partei kein rechtliches Interesse zukomme. Die Nebenintervention sei daher zurückzuweisen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Nebenintervenientin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Nebenintervenientin hat sich in ihrer Beitrittserklärung auf den Inhalt der schriftlichen Streitverkundung des Beklagten berufen, in der für den Fall, daß die Hingabe des Betrages von 15.000 S an die Klägerin nicht als Darlehen, sondern als Zahlung auf eine Schuld der Nebenintervenientin an die klagende Partei beurteilt werden sollte, ein Regreßanspruch des Beklagten gegen die A. Hotelbetriebs-AG. behauptet wurde. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob infolge Anfechtung des Ersturteils durch die Nebenintervenientin bloß in Ansehung der Frage der Verjährung der Klagsforderung ein rechtliches Interesse der Nebenintervenientin am Prozeßausgang zu verneinen ist, wenngleich die Frage der Zulassung einer Nebenintervention nach dem Stande des Verfahrens zur Zeit der Beschlußfassung durch das Gericht über den Zurückweisungsantrag einer Prozeßpartei zu beurteilen ist (EvBl. 1964 Nr. 86 S. 129). Dem Revisionsrekurs und damit auch dem Antrag auf Zulassung der Nebenintervention kann nämlich schon deshalb kein Erfolg zuteil werden, weil die eingewendete Gegenforderung, hinsichtlich welcher vom Beklagten der Streit verkundet worden ist und auf die sich die Beitrittserklärung der A. Hotelbetriebs-AG. bezogen hat, keinen Anlaß zur Nebenintervention bilden kann. Die Kompensandoeinwendung einer Gegenforderung zieht keine Streitanhängigkeit nach sich (SprRep. Nr. 40 neu = SZ. XXVIII 25). Nach § 17 (1) ZPO. hat aber die Geltendmachung eines Anspruches, hinsichtlich dessen der Nebenintervenient einer Partei beitreten will, streitanhängig zu sein. Eine Nebenintervention auf Seite des Beklagten, abgeleitet bloß von dem rechtlichen Interesse an dem Bestehen einer im Prozeß eingewendeten Gegenforderung, ist daher unzulässig (Fasching, Kommentar zu den ZP.-Gesetzen, II, zu § 17 ZPO. Anm. 3 S. 213; Neumann, Komm. zu den ZP.-Gesetzen[4], I, zu § 17 ZPO. S. 450). Schon aus diesem Gründe war die Beitrittserklärung der A. Hotelbetriebs-AG. zurückzuweisen.
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