OGH 3Ob646/80

OGH3Ob646/803.12.1980

SZ 53/165

Normen

AußstrG §229
EheG §81
EheG §83 Abs2
EheG §87 Abs2
AußstrG §229
EheG §81
EheG §83 Abs2
EheG §87 Abs2

 

Spruch:

Über einen Antrag, den Eintritt eines Ehegatten an Stelle des anderen in das der Benützung der Ehewohnung zugrunde liegende Mietverhältnis anzuordnen, kommt dem Vermieter Beteiligtenstellung zu. Er kann sich aber lediglich gegen unzulässige, über den § 87 Abs. 2 EheG hinausgehende Anordnungen des Gerichtes zur Wehr setzen

OGH 3. Dezember 1980, 3 Ob 646/80 (LG Klagenfurt 2 R 187/80; BG Villach F 14/79)

Text

Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 5. Dezember 1978 gemäß § 55 Abs. 3 EheG geschieden. Am 3. Dezember 1979, somit innerhalb der Jahresfrist des § 95 EheG, stellte die Antragstellerin beim Erstgericht den Antrag, die im Hause Villach, P-Gasse 3, gelegene, aus Küche, drei Zimmern, Bad, WC und Vorraum bestehende Ehewohnung samt Zubehör ihr zuzuweisen.

Der Antragsteller erklärte sich damit unter der Voraussetzung einverstanden, daß die Antragstellerin auf ihr vertragliches Wohnungs- und Nutzungsrecht am Hause L 17, in welchem er nunmehr mit seiner zweiten Gattin wohne, für die Dauer der Lebenszeit des Antragsgegners verzichte. Dies ist in Form eines vor dem Erstgericht geschlossenen Vergleiches auch geschehen.

Die dem Verfahren gemäß § 229 Abs. 1 AußStrG als Beteiligte beigezogenen Vermieter Dr. Karl und Dr. Traude W sprachen sich gegen die Übertragung der Mietrechte an der Ehewohnung auf die Antragstellerin aus, weil diese sich unleidlich verhalten habe und überdies über eine zweite Wohnung in Villach verfüge.

Das Erstgericht wies die Ehewohnung samt Zubehör der Antragstellerin zu und sprach aus, daß die Antragstellerin anstelle des Antragsgegners in das der Benützung der Ehewohnung zugrundeliegende Bestandverhältnis eintrete. Es stellte fest, daß der Antragsgegner Mieter der Ehewohnung sei, aber im August 1972 aus dieser ausgezogen sei und nunmehr im Hause L 17 wohne, in welchem ihm ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnungs- und Nutzungsrecht zustehe. Bezüglich der Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin selbst stützte sich das Erstgericht auf das - nach vergleichsweiser Regelung des beiden Teilen zustehenden Wohnungs- und Nutzungsrechtes am Hause L 17 erklärte - Einverständnis der Ehegatten. Die Einwände der Vermieter gegen die Mietrechtsübertragung seien in diesem Verfahren nicht zu prüfen; sie könnten gegebenenfalls zum Anlaß für eine Kündigung genommen werden.

Das Rekursgericht bestätigte infolge Rekurses der beteiligten Vermieter die angefochtene erstgerichtliche Entscheidung und erklärte den Rekurs an den OGH für zulässig (§ 232 Abs. 1 AußStrG). Es war der Ansicht, daß die dem Verfahren als Beteiligte beizuziehenden Vermieter nur insoweit Einwendungen gegen die Zuweisung der Ehewohnung an einen der Ehegatten erheben könnten, als damit in ihre Rechte als Vermieter eingegriffen werde. Eine Einflußnahme auf die Auswahl des Ehegatten bei der Wohnungszuweisung stehe ihnen nicht zu. Soweit die Vermieter in ihrem Rechtsmittel ins Treffen führten, daß die Antragstellerin grundlos auf ihr Wohnungsrecht verzichtet habe und auch noch anderweitig wohnversorgt sei, machten sie - abgesehen von der Unrichtigkeit dieser Behauptungen - damit nichts geltend, was auf eine Beeinträchtigung ihrer Rechte als Vermieter hindeuten könnte.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Vermieter nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Da die Zulassung des Revisionsrekurses durch das Rekursgericht keine Entscheidung über die Rekurslegitimation der Revisionsrekurswerber darstellt, ist diese zunächst zu prüfen und im Hinblick auf den weiten Beteiligtenbegriff des § 229 Abs. 1 AußStrG auch zu bejahen. Im Verfahren über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens, wozu gemäß § 81 Abs. 2 EheG auch die Ehewohnung gehört, ist jeder Beteiligter, dessen Rechte hiedurch berührt werden. Zweifellos trifft dies bei der Entscheidung über die Zuweisung einer gemieteten Ehewohnung auf den Vermieter zu (vgl. Ent, Die Eherechtsreform 1978, NZ 1979, 151, 169; JBl. 1980, 536). Die Rekurslegitimation eines Verfahrensbeteiligten ist aber nach § 9 AußStrG schon dann gegeben, wenn er sich durch die angefochtene Verfügung, von der er nach dem Gesetz in Kenntnis zu setzen war, beschwert findet (SZ 23/5; JBl. 1973, 581 u.a.).

Die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens, also auch die Zuweisung der Ehewohnung, hat gemäß § 83 EheG nach Billigkeit zu erfolgen. Dabei ist besonders auf Gewicht und Umfang des Beitrages jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens sowie auf das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen. Die Ehewohnung und der Hausrat, auf dessen Weiterbenützung ein Ehegatte zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist, sind - anders als das übrige eheliche Gebrauchsvermögen (§ 82 Abs. 1 Z. 1 EheG) - nach § 82 Abs. 2 EheG auch dann in die Aufteilung einzubeziehen, wenn sie ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder ihm ein Dritter geschenkt hat. Bezüglich der Ehewohnung kann das Gericht - von dem im § 87 Abs. 1 EheG geregelten, hier nicht gegebenen Fall der Benützung kraft dinglichen Rechtes abgesehen - ohne Rücksicht auf eine Regelung durch Vertrag oder Satzung anordnen, daß ein Ehegatte anstelle des anderen in das der Benützung der Ehewohnung zugrunde liegende Rechtsverhältnis eintritt oder das bisher gemeinsame Rechtsverhältnis allein fortsetzt (§ 87 Abs. 2 EheG; vgl. Ent a.a.O., 155). Auf eine innerhalb dieser Grenzen getroffene Entscheidung steht dem Vermieter grundsätzlich keine Einflußnahme zu. Nur wenn es sich bei der Ehewohnung um eine Dienstwohnung handelt, ist eine Zuweisung in den im § 88 Abs. 1 EheG angeführten Fällen lediglich mit Zustimmung des Dienstgebers oder des für die Vergabe der Wohnung zuständigen Rechtsträgers zulässig und die neu begrundete Rechtsstellung des Ehegatten, der nicht Dienstnehmer ist, auf die im § 88 Abs. 2 EheG angeführte Weise beschränkt. Von diesen Sonderfällen abgesehen ist eine Bedachtnahme auf die Interessen des Vermieters bei der Zuweisung der Ehewohnung im Gesetz nicht vorgesehen. Der Vermieter kann sich im Zusammenhang mit der Zuweisung der Ehewohnung lediglich gegen unzulässige Anordnungen des Gerichtes zur Wehr setzen, das sind solche, die über den Rahmen des § 87 Abs. 2 EheG hinausgehen.

Daß die Vorinstanzen bei der Entscheidung über die Zuweisung der Ehewohnung der geschiedenen Gatten die vorstehend dargelegten Grenzen der Entscheidungsbefugnis überschritten hätten, vermögen die Vermieter in ihrem Revisionsrekurs nicht aufzuzeigen. Ob ihnen der frühere Ehegatte ihres Mieters als nunmehriger Vertragspartner genehm ist, ist, wie erwähnt, nicht zu prüfen. Gegen ein allfälliges rechtswidriges Verhalten des neuen Mieters können sie sich nur mit den ihnen sonst zu Gebote stehenden Rechtsbehelfen zur Wehr setzen. Die Frage, ob die Antragstellerin allenfalls anderweitig wohnversorgt ist, könnte nur bei einem Streit der Ehegatten über die Ehewohnung bei der sodann erforderlichen Billigkeitsentscheidung nach § 83 EheG eine Rolle spielen. Eine solche ist aber hier im Hinblick auf die Einigkeit der Ehegatten über die Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin nicht zu treffen (§ 85 EheG).

Stichworte